Agatha Christie


Agatha wurde am 15. September 1890 als jüngstes Kind des reichen „Nichtstuers“ (Agatha Christie) Frederick Miller und seiner Frau Clara geboren, und zwar auf dem Familiensitz Ashfield in Torquay, einem Seebad an der englischen Südküste.

Wie es in der feinen englischen Gesellschaft üblich war, widmete sich die Mutter nur selten ihren Kindern, sondern überließ sie weitgehend einem Kindermädchen. Agatha brachte sich mit fünf Jahren selbst das Lesen bei, aber der Besuch einer Schule kam für sie aus gesellschaftlichen Gründen nicht in Frage.

Als ihr Vater an einer Lungenentzündung starb, war sie elf. Die Mutter hätte Ashfield verkaufen müssen, wenn nicht Madge, die elf Jahre ältere Schwester Agathas, die Ehefrau eines reichen Fabrikantensohn geworden wäre, der bereit und in der Lage war, finanziell zu helfen.

Da ein Arzt Clara Miller wegen ihrer angeschlagenen Gesundheit einen Klimawechsel empfohlen hatte, reiste sie im Winter 1910 mit Agatha nach Kairo. Unter den zahlreichen Landsleuten der gehobenen Gesellschaftsklasse, die in dem britischen Protektorat anzutreffen waren, hoffte sie, bei dieser Gelegenheit auch einen Bräutigam für ihre zwanzigjährige Tochter zu finden.

Doch es dauerte noch zwei Jahre, bis die Spröde sich endlich in einen Mann verliebte, in den ein Jahr älteren Archibald Christie, einen Hauptmann der Königlichen Feldartillerie, der sich soeben für das Königliche Fliegercorps qualifiziert hatte. Im Ersten Weltkrieg wurde Archibald Christie nach Frankreich versetzt. Während des Weihnachtsurlaubs 1914 heirateten er und Agatha überstürzt mit zufälligen Passanten als Trauzeugen. Bereits am folgenden Tag mussten sie erneut Abschied nehmen.

Die jungvermählte Frau arbeitete zunächst als Schwesternhelferin und später als Apothekengehilfin beim Freiwilligen Hilfskomitee in Torquay. Zum Zeitvertreib schrieb sie einen Kriminalroman und entwickelte dabei gleich ein Muster, das sie auch später beibehielt: Es geht um die Aufklärung eines Verbrechens. Dabei deuten alle Indizien auf den Täter hin, aber zugleich scheint er es aus bestimmten Gründen nicht gewesen sein zu können. Erst am Ende durchschaut der ermittelnde Detektiv die wahren Zusammenhänge.

Nach dem Ersten Weltkrieg mieteten Archibald und Agatha Christie eine Wohnung in London. Als Bankangestellter verdiente er zwar nicht genügend Geld, um Dienstboten beschäftigen zu können, aber es reichte für ein bescheidenes Leben, und nach der Geburt der Tochter Rosalind am 5. August 1919 leistete sich das Ehepaar sogar ein Kindermädchen. 1920 wurde Agatha Christies erster Kriminalroman veröffentlicht: „The Mysterious Affair at Styles“ („Das fehlende Glied in der Kette“). Von da an folgten in kurzen Abständen mehr als achtzig weitere Kriminalromane, dazu Kurzgeschichten und Theaterstücke, die Agatha Christie sehr viel Geld einbrachten.

Major Belcher plante für 1924 eine Empire-Ausstellung in London und fragte seinen Bekannten Archibald Christie, ob er ihn nicht auf einer Weltreise zur Vorbereitung, Werbung und Finanzierung als Berater begleiten wolle. Obwohl Archibald Christie dafür seine gute Stelle in London aufgeben musste, ließ er sich auf den Vorschlag ein und nahm auch Agatha mit auf die Reise, die von Januar bis Dezember 1923 dauerte. Ihre kleine Tochter Rosalind ließen sie unbekümmert bei Madge und dem Kindermädchen zurück.

Im Jahr darauf mieteten sie eine Wohnung in Sunningdale, 45 km südwestlich von London. Agatha Christie stellte eine Privatsekretärin ein – Charlotte („Carlo“) Fisher – und kaufte sich ein eigenes Auto. Dann zogen sie von der Wohnung auf einen Landsitz in Sunningdale um, den sie nach Agatha Christies Debütroman „Styles“ nannten.

Im Frühjahr 1926 erkrankte Agatha Christie an einer hartnäckigen Bronchitis, von der sie sich nie mehr ganz erholte. Nach dem Tod ihrer Mutter erbte sie Ashfield, aber sie gab das Familienanwesen auf. Zur selben Zeit erfuhr sie, dass ihr Mann eine Affäre mit einer anderen Frau namens Nancy Neele hatte. Er zog nach London und ließ sie mit ihrer Tochter Rosalind in Sunningdale zurück.

Als Charlotte Fisher am Ende ihres freien Tages am 3. Dezember 1926 nach Styles zurückkehrte, hieß es, die Hausherrin sei am Vormittag mit dem Auto weggefahren, habe aber keine Nachricht hinterlassen. Am nächsten Morgen erschienen zwei Polizisten und berichteten, das verlassene Auto sei ein Stück neben der Straße bei Newlands Corner gefunden worden. Erst am 14. Dezember stellte sich heraus, dass die Gesuchte seit zehn Tagen unter dem Namen „Teresa Neele“ im Hydropathic Hotel in Harrogate (North Yorkshire) wohnte. Wir wissen nicht, ob es sich um einen bewussten PR-Gag handelte, eine Panikreaktion oder eine Gedächtnisstörung.

Nach der Scheidung im April 1928 wollte Agatha Christie verreisen. Sie fuhr mit dem Zug nach Dover, setzte mit einer Fähre nach Calais über und nahm den „Orient-Express“ nach Istanbul. Drei Tage dauerte die 3300 km lange Bahnreise. Nach einer Nacht in einem türkischen Hotel reiste sie mit dem „Taurus-Express“ weiter nach Bagdad. (Auf dieser Strecke gab es allerdings noch keine durchgehende Zugverbindung. Für einige Streckenabschnitte mussten die Reisenden in Busse umsteigen.)

Anfang 1929 darauf verkaufte sie Styles und zog mit Tochter und Privatsekretärin nach Chelsea. Dort beherbergte sie im Sommer das Archäologen-Ehepaar Leonard und Katherine Woolley, die sie dafür nach Ur einluden.

Im Februar 1930 reiste sie erneut nach Bagdad und von dort nach Ur, wo die 39-Jährige Leonard Woolleys 14 Jahre jüngeren wissenschaftlichen Mitarbeiter Max Mallowan kennen lernte, der sie auf Exkursionen im Orient und nach Griechenland begleitete. In Athen erhielt Agatha Christie die telegrafische Mitteilung, Rosalind sei an einer Lungenentzündung erkrankt. Sie eilte zum Reisebüro, verstauchte sich dabei in der Aufregung einen Knöchel, und kehrte nach England zurück. Glücklicherweise hatte sich Rosalind schon wieder etwas erholt, als sie in London eintraf, wo das zehnjährige Mädchen von seiner Tante Madge gepflegt wurde.

Max Mallowan war bis Paris mitgekommen und begann dann vorübergehend im British Museum in London zu arbeiten. Am 11. September 1930 heirateten er und Agatha Christie. Aber am 15. Oktober musste er wieder bei Leonard Woolley in Ur sein.

Seine Frau besuchte ihn im Frühjahr 1931. Max Mallowan beendete seine Mitarbeit bei den Ausgrabungen in Ur und reiste mit ihr durch Persien und die Sowjetunion. Dann begann er mit dem Archäologen Reginald Campbell Thompson in Ninive zu arbeiten. Von da an verbrachte Agatha Christie jedes Jahr einige Monate mit ihrem Mann in Ninive und die übrige Zeit in London.

Im Zweiten Weltkrieg betätigte Max Mallowan sich als Nahost-Experte in Kairo, während Agatha Christie freiwillig in einem Krankenhaus in London half. Vier Jahre lang konnten sie nur Briefe wechseln. Aber im Mai 1945 kehrte Max Mallowan aus Ägypten zurück. Von 1949 bis 1958 grub er im Auftrag der Universität London in Nimrud.

Unter dem Titel „Three Blind Mice“ sendete die BBC am 26. Mai 1947 ein halbstündiges Hörspiel von Agatha Christie. Daraus machte sie später ein Bühnenstück mit dem Titel „The Mousetrap“ („Die Mausefalle“), das am 25. November 1952 uraufgeführt wurde. Mit 20 000 Vorstellungen bis zum 16. November 2000 gilt „The Mousetrap“ als eines der erfolgreichsten Theaterstücke weltweit.

1956 erhielt Agatha Christie den Orden des Britischen Weltreichs, fünf Jahre später verlieh ihr die Universität Exeter die Ehrendoktorwürde, und 1971 wurde sie zur „Dame of the British Empire“ ernannt.

Ein Schlaganfall beendete 1973 die Schriftstellerkarriere Agatha Christies. Am 12. Januar 1976 starb sie im Alter von 85 Jahren.

Agatha Christie: Bibliografie (Auswahl)

  • Das fehlende Glied in der Kette (The Mysterious Affair at Styles, 1920)
  • Alibi (The Murder of Roger Ackroyd, 1926)
  • Die großen Vier (The Big Four, 1927)
  • Mord im Pfarrhaus (Murder at the Vicarage, 1930)
  • Dreizehn bei Tisch (Lord Edgware Dies, 1933)
  • Mord im Orient-Express (Murder on the Orient Express, 1934)
  • Tod auf dem Nil (Death on the Nile, 1937)
  • Zehn kleine Negerlein (Ten Little Niggers, 1939 / Ten Litte Indians)
  • Das Böse unter der Sonne (Evil under the Sun, 1941)
  • Die Mausefalle (The Mousetrap, Hörspiel: 1947, Theaterstück: 1952)
  • Zeugin der Anklage (Witness for the Prosecution, 1953)
  • Lauter reizende alte Damen (By the Pricking of my Thumbs, 1968)
  • Ruhe unsanft (Sleeping Murder, 1976)
  • Meine gute alte Zeit (An Autobiography, 1977)

Literatur über Agatha Christie

  • Monika Gripenberg: Agatha Christie (Rowohlt Bildmonographie)

Verfilmungen von Romanen bzw. Bühnenstücken:
Sidney Lumet: Mord im Orient-Express
John Guillermin: Tod auf dem Nil
Billy Wilder: Zeugin der Anklage

Kurzbiografie über Agatha Christie:
Karin Feuerstein-Praßer: „Ich gehe immer aufs Ganze“. 10 Frauenporträts

Karen Russell - Swamplandia
"Swamplandia" ist eine von Karen Russell episch breit angelegte Mischung aus Familiensaga, Coming-of-Age-Geschichte, Schauerroman, Märchen und Groteske.
Swamplandia