Die Klasse

Die Klasse
Inhaltsangabe
Kritik
In dem sarkastischen Roman „Die Klasse“, der fast nur aus umgangssprachlichen Dialogen besteht, stellt François Bégaudeau (* 1971) den zermürbenden Schulalltag aus Sicht eines frustrierten Lehrers dar. Laurent Cantet hat das Buch verfilmt. Dabei arbeitete der ehemalige Französischlehrer François Bégaudeau nicht nur am Drehbuch mit, sondern übernahm auch die Hauptrolle.
Die bunt zusammengewürfelte Schulklasse an einem sozialen Brennpunkt in Paris, in der dreizehn bis fünfzehn Jahre alte Schülerinnen und Schüler sitzen, von
denen die meisten einen Migrationshintergrund haben, dient als Abbild der Gesellschaft: Auch hier müssen sich Personen mit verschiedenen kulturellen und sozialen Hintergründen zusammenraufen, sich in einem Geflecht von Beziehungen zurechtfinden, sich integrieren und lernen, Andersdenkende zu tolerieren, statt sie auszugrenzen. Der Lehrer nutzt die Konflikte, um den Schülerinnen und Schülern Zusammenhänge aufzuzeigen.
Dabei wird der Lehrer François Marin nicht zum Helden verklärt. Das ist ganz anders als beispielsweise in „Der Club der toten Dichter“, „Dangerous Minds. Wilde Gedanken“ oder „Die Welle“. In „Die Klasse“ überzeugt kein idealistischer Lehrer die widerspenstigen Schüler durch Einfallsreichtum und innovative Erziehungsmethoden. François Marin macht Fehler, zeigt Schwächen und lässt uns seine Überforderung nachvollziehen. Ein großer Erfolg bleibt ihm verwehrt. Die „Null-Bock-Mentalität“ und unterschwellige Aggressionen kann er nicht aus der Welt schaffen, zumal kaum einer der Jugendlichen eine Zukunftsperspektive hat.
Eine Handlung im strengen Sinn des Wortes gibt es in „Die Klasse“ nicht. Im Mittelpunkt steht die alltägliche Auseinandersetzung zwischen dem Lehrer und seiner Klasse. Allerdings ist diese authentisch wirkende Darstellung eine verdichtete und pointierte Wiedergabe der Wirklichkeit. „Die Klasse“ steht in der Tradition des cinéma vérité. Laurant Cantet und François Bégaudeau zeigen den Schulalltag, ohne über die Zustände zu klagen, gesellschaftliche Verhältnisse anzuprangern oder irgendwelche Thesen aufzustellen.
Der Film wurde mit Laiendarstellern gedreht. Nicht nur François Bégaudeau stand zum ersten Mal vor der Kamera: die Schüler, Lehrer und Eltern kamen fast ausschließlich von der Françoise-Dolto-Schule im 20. Arrondissement von Paris, einem mit Berlin-Neukölln vergleichbaren Problemviertel.
Bevor die Dreharbeiten begannen, haben François Bégaudeau, der den Lehrer spielt, und ich sehr viel mit den Schülern gearbeitet. Wir haben uns ein Jahr lang jeden Mittwochnachmittag getroffen und den Film anhand gemeinsamer Improvisationen entwickelt. So kamen immer mehr Sätze und Szenen zustande, die ich die Schüler dann auch im Film spielen ließ. (Laurent Cantet im Interview mit Doris Kuhn, Süddeutsche Zeitung, 15. Januar 2009)
Zum Einsatz kamen drei Videokameras. Eine davon nahm den Lehrer auf, die zweite wurde auf die gerade agierenden Schüler gerichtet, und mit der dritten Kamera hielt man weitere Eindrücke fest.
Bei den Filmfestspielen in Cannes gewann „Die Klasse“ eine „Goldene Palme“.
Um eine durch die Respektlosigkeit und Gewaltbereitschaft ihrer Klasse überforderte Lehrerin geht es in dem Film „Heute trage ich Rock!“.
nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2010
François Bégaudeau: Die Klasse
Laurent Cantet (kurze Biografie / Filmografie)
Laurent Cantet: Auszeit
Laurent Cantet: In den Süden