Shooting Dogs

Shooting Dogs

Shooting Dogs

Shooting Dogs. Mord unter Zeugen – Originaltitel: Shooting Dogs – Regie: Michael Caton-Jones – Drehbuch: David Wolstencroft, nach einer Story von Richard Alwyn und David Belton – Kamera: Ivan Strasburg – Schnitt: Christian Lonk – Musik: Dario Marianelli – Darsteller: John Hurt, Hugh Dancy, Dominique Horwitz, Nicola Walker, Clare-Hope Ashitey, Louis Mahoney, Steve Toussaint, David Gyasi, Susan Nalwoga, Victor Power u.a. – 2005; 105 Minuten

Inhaltsangabe

In Kigali, der Hauptstadt von Ruanda, leitet Pater Christopher mit Hilfe des idealistischen Junglehrers Joe Connor eine École Technique Officielle. Als am 6. April 1994 Hutu-Milizen mit Macheten über Tutsi herfallen, suchen 2500 Flüchtlinge auf dem Schulgelände Schutz, weil dort eine belgische Einheit von UN-Beobachtern stationiert ist. Tagelang halten die Blauhelm-Soldaten die Belagerer in Schach, aber am 11. April ziehen sie ab und lassen ein Blutbad unter den Flüchtlingen zu ...
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Kritik

Die Figuren in "Shooting Dogs" sind zwar fiktiv, aber die Handlung basiert auf Tatsachen. Michael Caton-Jones mutet den Zuschauern auch grausame Szenen zu, um die Erinnerung an den Völkermord in Ruanda und das Versagen der UN wachzuhalten.
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In Kigali, der Hauptstadt von Ruanda, leitet Pater Christopher (John Hurt) eine École Technique Officielle der Salesianer Don Boscos. Er lebt seit fast dreißig Jahren in Afrika. Einen Großteil des Unterrichts hält der idealistische und engagierte Nachwuchslehrer Joe Connor (Hugh Dancy). Auf dem Schulgelände sind im Rahmen einer Friedensmission der UN (MINUAR) belgische Soldaten unter dem Kommando von Capitaine Charles Delon (Dominique Horwitz) stationiert.

Am 6. April 1994 erhält Capitaine Delon die Nachricht, dass Staatspräsident Juvénal Habyarimana bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam. Ob es sich um ein Attentat handelt, ist noch nicht bekannt. Aus Furcht vor Unruhen verschanzen sich die UN-Beobachter auf dem Schulgelände. Tatsächlich wirkt der Tod des Hutu-Präsidenten wie ein Fanal: Juvénal Habyarimanas Leibgarde ermordet gemäßigte Politiker in den eigenen Reihen, darunter auch die Premierministerin Agathe Uwilingiyimana. Von den zehn belgischen UN-Soldaten, die zum Schutz der Regierungschefin abgestellt waren, fehlt zunächst jede Spur. Hutu durchkämmen Kigali und verschonen bei ihrer Jagd auf Tutsi auch keine Frauen und Kinder. Vor den verschlossenen Toren der École Technique Officielle drängen sich spät abends Tutsi, die vor marodierenden Hutu-Milizen auf der Flucht sind. Delon will sie zunächst nicht aufs Schulgelände lassen, aber Pater Christopher verlangt die Öffnung der Tore und nimmt mehr als zweitausendfünfhundert Schutz suchende Tutsi und vierzig Weiße auf.

Joe macht sich Sorgen um seine Lieblingsschülerin Marie (Clare-Hope Ashitey), weil er sie unter den Afrikanern auf dem Schulgelände nicht entdeckt. Ungeachtet der Gefahr, zwischen die Fronten des Bürgerkriegs zu geraten, fährt er mit dem Kleinlaster der Schule los, um nach ihr zu sehen. Das Haus, in dem sie mit ihrem Vater Roland (Steve Toussaint) wohnt, wurde offenbar fluchtartig verlassen. Im ganzen Dorf ist kein Mensch zu sehen. Als er zur Schule zurückkommt, sind Roland und Marie bereits da und berichten, dass sie sich auf ihrer Flucht mehrmals vor Hutu verstecken mussten.

Vor den längst wieder verriegelten Toren der Schule versammeln sich immer mehr Hutu, die Gewehre, Macheten und Nagelkeulen schwingen, herumtanzen und Drohgesänge anstimmen. Allerdings halten sie sich in sicherer Entfernung von den belgischen Soldaten, die den Zaun des Schulgeländes mit ihren Gewehren im Anschlag bewachen.

Pater Christopher drängt Capitaine Delon, etwas zu unternehmen, aber der Kommandant der UN-Truppe erklärt ihm, sein Mandat sei auf Beobachten beschränkt. Nur wenn man seine Männer angreifen würde, dürften sie zur Selbstverteidigung schießen.

Christopher und Joe können nirgendwo anrufen, denn die Telefonverbindung wurde unterbrochen. In der Annahme, dass Öffentlichkeit ein guter Schutz sei, will Joe die Fernsehreporterin Rachel (Nicola Walker) holen. Delon, der soeben erfahren hat, dass die zehn vermissten belgischen Soldaten ermordet wurden, verweigert ihm eine Eskorte. Trotzdem fährt Joe los. Rachel steigt mit ihrem Kameramann Mark (Jack Pierce) zu ihm in den LKW. Unterwegs halten sie an, um am Straßenrand liegende, zum Teil verstümmelte Leichen zu filmen. An einer Straßensperre der Hutu werden sie brutal aus dem Fahrzeug gezerrt. Vor Joes Augen schlachten die Hutu einen gefangenen Tutsi mit Macheten ab. Unter den Mördern entdeckt er auch François (David Gyasi), den Hausmeister der Schule. Fassungslos fährt er weiter, sobald die Hutu es erlauben.

Während eines Stromausfalls bringt eine junge Afrikanerin namens Edda (Susan Nalwoga) ein Kind zur Welt, und Pater Christopher hilft ihr dabei. Unglücklicherweise ist der Säugling krank.

Christopher, der ohnehin im Kloster der Salesianerinnen nachsehen will, fährt los, um Medizin für das kranke Baby zu besorgen. Bevor ihm der Apotheker Julius (Victor Power), ein Hutu, das Medikament aushändigt, lässt er sich versichern, dass es nicht für eine oder einen Tutsi ist. Das Kloster wurde zerstört. Zwei Nonnen liegen mit gespreizten Beinen und entblößtem Unterkörper tot auf dem Rücken.

Französische Soldaten rasen mit mehreren Lastwagen auf das Schulgelände. Ihr Kommandant hat Befehl, nur die Franzosen in Sicherheit zu bringen, aber Delon streitet so lange mit ihm, bis er bereit ist, alle Weißen mitzunehmen. Rachel steigt mit ein. Joe lässt sich nicht von ihr dazu überreden, die Schule zu verlassen. Er bleibt mit Pater Christopher zurück.

Eine Gruppe von Tutsi, die befürchten, dass die belgischen UN-Soldaten die Belagerer nicht auf Dauer in Schach halten können, bricht aus. Aber das bleibt nicht unbemerkt. Hutu entdecken sie und fallen mit ihren Macheten über sie her. Hilflos muss Joe zusehen, wie auch Edda mit ihrem Säugling ermordet wird.

Über die herumliegenden Leichen machen sich Hunde her. Weil Delon befürchtet, dass die Tiere Krankheiten verbreiten könnten, befiehlt er, sie zu erschießen. „Haben die Hunde auf sie geschossen?“, fragt Pater Christopher zynisch und bezieht sich dabei auf die Aussage des Capitaines über das UN-Mandat.

Am 11. April erhält Delon den Befehl, mit seiner Einheit zum Flughafen abzurücken. Die UN-Flagge wird eingeholt. Christopher liest noch eine letzte Messe für die Totgeweihten. Verstört packt Joe seinen Rucksack und klettert auf einen der Lastwagen. Marie beobachtet es bestürzt. Ihr Vater bittet den Capitaine im Namen auch der anderen Flüchtlinge auf dem Schulgelände, sie nicht von den Hutus verstümmeln, vergewaltigen und abschlachten zu lassen, sondern seinen Männern zu befehlen, sie alle zu erschießen. Delon lehnt das verzweifelte Ansinnen ab.

Pater Christopher bleibt als einziger Weißer zurück. Rasch versteckt er ein halbes Dutzend Kinder – auch Marie ist dabei – unter einer Plane auf der Ladefläche seines Lastwagens und fährt los. Inzwischen wird es dunkel. An einer Straßensperre muss er anhalten. Während er Julius, der hier das Kommando führt, durch ein Gespräch ablenkt, klettern Marie und die anderen Kinder unbemerkt vom Lastwagen und laufen davon. Pater Christopher wird von Julius erschossen. Er hat sich für die Kinder geopfert.

Für die anderen zweitausendfünfhundert Flüchtlinge kann er nichts mehr tun. Sobald die letzten UN-Soldaten das Schulgelände verlassen haben, stürmen es die Hutu und metzeln die Tutsi nieder.

Fünf Jahre später treffen Joe und Marie sich in England wieder. Marie meint, sie müssten die verbleibende Zeit gut nutzen.

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Wie Terry George in „Hotel Ruanda“, macht auch Michael Caton-Jones den Völkermord in Ruanda zum Thema eines Kinofilms. Gewiss wird es Kritiker geben, die es ablehnen, eine der schlimmsten humanitären Katastrophen (800 000 Tote) nach dem Zweiten Weltkrieg zum Hintergrund eines letztlich doch auch unterhaltsamen Kinoabends zu machen. Wenn man jedoch ein breiteres Publikum auf solche historischen Ereignisse aufmerksam machen möchte, reicht eine Dokumentation wahrscheinlich nicht aus.

Die Handlung von „Shooting Dogs“ (Original- und deutscher Kino-Titel) bzw. „Mord unter Zeugen“ (Titel im deutschen Fernsehen) beginnt am 7. April 1994 und endet vier Tage später. Michael Caton-Jones prangert vor allem die Tatenlosigkeit der Blauhelm-Soldaten in Ruanda an.

Die Figuren sind zwar fiktiv, aber die Handlung basiert auf Tatsachen bzw. Aussagen von Zeitzeugen, und gedreht wurde an Originalschauplätzen in Ruanda. Die École Technique Officielle der Salesianer Don Boscos gab es wirklich, und es stimmt auch, dass dort 1994 mehr als zweitausendfünfhundert Schutz suchende Tutsi niedergemetzelt wurden. Heute handelt es sich bei der École Technique Officielle in Kigali um eine staatliche Bildungseinrichtung.

„Shooting Dogs“ / „Mord unter Zeugen“ beginnt beinahe idyllisch, aber dann entwickelt sich das Geschehen rasch zur Tragödie. Der engagierte, idealistische Nachwuchslehrer Joe gerät in den Albtraum eines Genozids. Ihm stehen ein weiser, erfahrener und illusionsloser Geistlicher, eine professionell-selbstbeherrschte Kriegsberichterstatterin und ein auf das Befolgen von Befehlen gedrillter UN-Offizier gegenüber. Diese Figuren werden von Hugh Dancy, John Hurt, Nicola Walker und Dominique Horwitz überzeugend dargestellt. Die Inszenierung ist eher konventionell, aber Michael Caton-Jones mutet den Zuschauern auch grausame Szenen zu. Mit ansehen zu müssen, wie die UN-Soldaten am Ende abziehen und es zulassen, dass mehr als zweitausendfünfhundert Tutsi, die bei ihnen Schutz gesucht hatten, von Hutu-Milizen abgeschlachtet werden, ist kaum erträglich, zumal, wenn man weiß, dass es sich nicht um eine Fiktion handelt.

„Shooting Dogs“ / „Mord unter Zeugen“ (bzw. „Beyond the Gates“, so der Titel in den USA) hält die Erinnerung an den Völkermord in Ruanda und das Versagen der UN wach.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2010

Genozid / Völkermord in Ruanda

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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.