Tödliche Versprechen

Tödliche Versprechen

Tödliche Versprechen

Tödliche Versprechen – Originaltitel: Eastern Promises – Regie: David Cronenberg – Drehbuch: Steve Knight – Kamera: Peter Suschitzky – Schnitt: Ronald Sanders – Musik: Howard Shore – Darsteller: Viggo Mortensen, Naomi Watts, Vincent Cassel, Armin Mueller-Stahl, Sinéad Cusack, Jerzy Skolimowski, Sarah-Jeanne Labrosse u.a. – 2007; 100 Minuten

Inhaltsangabe

Die junge, in einem Londoner Krankenhaus tätige Hebamme Anna ist dabei, als eine 14-jährige Ausländerin bei der Frühgeburt ihres Kindes stirbt. Um zu verhindern, dass das verwaiste Baby von den Behörden einer Pflegefamilie übergeben wird, durchsucht Anna die Tasche der toten Mutter, um Angehörige ausfindig zu machen. Dabei stößt sie auf ein Tagebuch, aus dem hervorgeht, dass die Ukrainerin von Menschenhändlern nach London verschleppt und vergewaltigt wurde. Die Spur führt zu dem russischen Restaurantbesitzer Semyon ...
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Kritik

Sehenswert ist der Gangsterfilm "Tödliche Versprechen. Eastern Promises" von David Cronenberg nicht nur wegen des stringenten Drehbuchs und der konzentrierten, stilsicheren Inszenierung, sondern auch wegen der hervorragenden Besetzung.

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Nachdem sich die junge Hebamme Anna Chitrowa (Naomi Watts) von ihrem Freund, einem Arzt, getrennt hat, wohnt sie bei ihrer verwitweten Mutter Helen (Sinéad Cusack) in London. Oft ist Helens Schwager Stepan (Jerzy Skolimowski) bei ihnen, der wie sein verstorbener Bruder in Russland aufgewachsen war und für den KGB gearbeitet hatte.

Anna ist in einem Londoner Krankenhaus tätig. Dort wird eines Tages eine schwangere Vierzehnjährige (Sarah-Jeanne Labrosse) eingeliefert, bei der sich die Plazenta abgelöst hat. Die Ärzte können zwar das Kind retten, nicht aber das Leben der Mutter. Weil Anna selbst vor einiger Zeit einen Embryo verlor, geht ihr das Schicksal der Jugendlichen und des frühgeborenen Babys besonders nah. Auf der Suche nach Hinweisen auf Angehörige durchsucht sie die Tasche der unbekannten Toten. Sie findet ein Tagebuch in russischer Sprache und eine Geschäftskarte eines von dem Russen Semyon (Armin Mueller-Stahl) geführten Restaurants. Weil Onkel Stepan nichts davon hält, sich in fremde Angelegenheiten einzumischen, sträubt er sich zunächst dagegen, das Tagebuch zu übersetzen. Semyon behauptet, nichts von einer schwangeren Vierzehnjährigen zu wissen, doch als er von dem Tagebuch hört, bietet er Anna an, es für sie zu übersetzen.

Am nächsten Tag bringt Anna ihm eine Fotokopie der Seiten aus dem Tagebuch. Unter dem Vorwand, ihr die Übersetzung bringen zu wollen, erkundigt Semyon sich nach Annas Adresse. Als sie das Restaurant verlässt, zerrt Semyons Chauffeur Nikolai Luschin (Viggo Mortensen) gerade Kirill (Vincent Cassel), den völlig betrunkenen Sohn des Patrons, vom Auto zum Eingang. Annas Motorrad springt nicht an. Nikolai fährt sie nach Hause.

Stepan, der inzwischen in das Tagebuch geschaut hat, bestürmt seine Nichte, sich nicht weiter um die Tote bzw. ihr Baby zu kümmern und ist sehr besorgt, als Anna erzählt, ein russischer Restaurantbesitzer sei dabei, den Text für sie zu übersetzen. Stepan weiß nämlich inzwischen, dass die Tagebuchschreiberin Tatjana hieß, von Mädchenhändlern aus der Ukraine nach England gebracht wurde, mit der zur Russenmafia gehörenden Bruderschaft Wory w Sakone zu tun hatte und durch eine Vergewaltigung schwanger wurde. Anna weist Stepan darauf hin, dass sie unbedingt Verwandte des verwaisten Babys finden müsse, dem sie den Namen Christine gegeben hat, denn sonst würden die Behörden den Säugling Pflegeeltern übergeben.

Anna ahnt nicht, dass es sich bei Semyon um den Paten der Wory w Sakone handelt.

Semyon erfährt wiederum erst jetzt, dass sein labiler, alkoholkranker Sohn Kirill vor ein paar Tagen den tschetschenischen Gangster Soyka (Aleksander Mikic) ermorden ließ. Soyka hatte Kirill unterstellt, schwul zu sein. Das wollte dieser nicht auf sich sitzen lassen. Deshalb bot er dem türkischen Verbrecher Azim (Mina E. Mina) Geld für die Ermordung Soykas. Als dieser sich in dem Frisörsalon, den Azim zur Tarnung in London betreibt, die Haare kürzen ließ, schnitt ihm Azims Neffe Ekrem (Josef Altin) mit einem Rasiermesser seines Onkels die Kehle durch. Nikolai, der zwar immer wieder betont, er sei nur ein Fahrer, sich jedoch in Wirklichkeit darum bemüht, dass Kirills undurchdachte Entscheidungen folgenlos bleiben, holte Soykas Leiche aus Azims Gefriertruhe, löste mit einem Föhn die Brieftasche aus dem Jackett und zwickte dem Toten die Fingerspitzen ab, bevor er ihn mit Kirills Hilfe in die Themse warf. Auf diese Weise verhinderte er eine Identifizierung der Leiche durch die Polizei.

Statt Nikolai dankbar zu sein, verlangt Kirill von ihm, mit der ukrainischen Prostituierten Kirilenko (Tereza Srbova) zu beweisen, dass er nicht schwul ist.

Überraschend sucht Semyon Anna im Krankenhaus auf. Sein Sohn Kirill werde in dem Tagebuch erwähnt, berichtet er mit sorgenvoller Miene, und es sei zu befürchten, dass der junge Mann, dessen Mutter früh gestorben sei, Gesetze übertreten habe. Semyon möchte die Angelegenheit mit seinem Sohn allein regeln. Um Anna davon abzuhalten, die Polizei einzuschalten, verspricht er ihr für das Original des Tagebuchs die Adresse von Tatjanas Familie in Russland und weist drohend darauf hin, dass er jetzt wisse, wo Anna zu finden sei.

Stepan hat inzwischen weiter in dem Tagebuch gelesen. Tatjana wurde von Semyons Menschenhändler-Bande von Russland nach England gelockt. Dort spritzte man ihr jeden Tag Heroin und machte sie süchtig. Als Kirill sie vergewaltigen wollte, jedoch keine Erektion zustande brachte, wurde Tatjana von seinem Vater vergewaltigt. Offenbar wollte Semyon seinem Sohn zeigen, was ein Mann ist.

Helen und Stepan begleiten Anna zu der Übergabe des Tagebuchs an Nikolai in einem Schnellrestaurant. Als Anna als Gegenleistung die Adresse von Tatjanas Familie verlangt, tut Nikolai so, als wisse er von nichts. Wütend spuckt Stepan ihm ins Gesicht.

Nachdem Nikolai das Tagebuch auszugsweise gelesen hat, übergibt er es Semyon. Der verbrennt es und beauftragt Nikolai, sicherheitshalber Annas russischen Onkel Stepan zu töten.

Statt Stepan umzubringen, warnt Nikolai ihn und drängt ihn, sich ohne Wissen seiner Schwägerin und seiner Nichte nach Edinburgh abzusetzen. Außerdem bringt er Anna die Adresse von Tatjanas Angehörigen in Russland, rät ihr jedoch davon ab, das Baby dorthin zu bringen. Das Mädchen wäre bei Anna in London besser aufgehoben, meint er.

Soykas Brüder (David Papava, Tamer Hassan) schneiden Azims Neffen Ekrem aus Rache die Kehle durch.

Auf Betreiben Semyons wird Nikolai einer Examination von Mafia-Bossen unterzogen, in den engeren Kreis aufgenommen und entsprechend tätowiert. Dabei handelt es sich jedoch um eine Intrige Semyons. Kurz darauf verabredet Azim sich in seinem Auftrag mit Nikolai in einem türkischen Bad. Während des Treffens tut er so, als gehe er nur kurz hinaus. Tatsächlich zieht er sich an und beschreibt Soykas Brüdern, die nach Kirill suchen, aber nicht wissen, wie er aussieht, Nikolais Tätowierungen. Sie überraschen Nikolai und attackieren ihn mit einem Messer. Nikolai wehrt sich und obwohl er nackt und unbewaffnet ist, gelingt es ihm, die Angreifer nacheinander zu töten.

Verletzt wird er in ein Krankenhaus gebracht.

Anne besucht ihn dort, fragt ihn nach ihrem verschwundenen Onkel und erfährt, wo dieser sich aufhält.

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Bei Nikolai handelt es sich um einen Undercover-Agenten des russischen Geheimdienstes FSB (Federalnaja Sluschba Besopasnosti Rossijskoj Federazii), der sich in die Wory w Sakone einschleuste. Um an seine bisherigen Erfolge anknüpfen zu können, will Nikolai seine Rolle weiterspielen und Semyon in Zusammenarbeit mit Scotland Yard wenn schon nicht für Menschen- und Drogenhandel, dann zumindest wegen der Vergewaltigung einer Minderjährigen vor Gericht bringen.

Nachdem die Polizei von Semyon eine Blutprobe nahm, verlangt dieser von Kirill, seine kleine Tochter zu ermorden. Er hofft, dass man dem Mädchen noch kein Blut für den DNA-Vergleich abgenommen hat.

Zufällig bemerkt Anna den Sohn des Paten im Aufzug des Krankenhauses. Gleich darauf bestätigt sich ihr Verdacht, dass er Christine entführt hat. Mit Nikolai als Sozius auf ihrem Motorrad verfolgt sie Kirill, der das Baby an der Stelle in der Themse ertränken will, an der er zusammen mit Nikolai Soykas Leiche ins Wasser warf. Anna und Nikolai gelingt es, ihn daran zu hindern und ihm den Säugling abzunehmen.

Christine wächst bei Anna und deren Mutter auf. Stepan kehrt aus Edinburgh zurück.

Während Semyon im Gefängnis auf seine Verurteilung wartet, übernimmt Nikolai – in seiner Rolle als Undercover-Agent – die Leitung des verwaisten russischen Restaurants.

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David Cronenberg hat den Gangsterfilm „Tödliche Versprechen. Eastern Promises“ stilsicher inszeniert. Es handelt sich um ein stringent, temporeich und atmosphärisch dicht erzähltes Panorama der Russenmafia in London. Im Fokus steht nicht zuletzt die Homophobie der Gangster, die sich ihrer Männlichkeit nicht sicher sind und sich an überkommene Traditionen klammern. Die einzelnen Ereignisse, die hier gezeigt werden – darunter zwei außergewöhnlich brutale explizite Gewaltszenen – fügen sich im Lauf der Zeit zu einem schlüssigen Gesamtbild. Dabei beschränkt David Cronenberg sich auf das Wichtigste und treibt die Handlung schnörkellos voran. Statt beispielsweise die traumatischen Erlebnisse der vierzehnjährigen Tatjana in Rückblenden zu visualisieren, lässt er sie nur aus dem Off einige Texte aus ihrem Tagebuch sprechen.

Sehenswert ist „Tödliche Versprechen. Eastern Promises“ nicht nur wegen des stringenten Drehbuchs und der konzentrierten Inszenierung, sondern auch wegen der hervorragenden Besetzung mit Viggo Mortensen, Naomi Watts, Vincent Cassel, Armin Mueller-Stahl und anderen.

Das türkische Bad, das in „Tödliche Versprechen. Eastern Promises“ eine Rolle spielt, gibt es tatsächlich. Es befindet sich in der Ironmonger Row im Londoner Stadtteil Finsbury und stammt aus den Dreißigerjahren.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2010

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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon einen Monat, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte. Aus familiären Gründen reduziere ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik.