Kirschblüten – Hanami

Kirschblüten – Hanami

Kirschblüten – Hanami

Originaltitel: Kirschblüten – Hanami – Regie: Doris Dörrie – Drehbuch: Doris Dörrie – Kamera: Hanno Lentz – Schnitt: Inez Regnier, Frank Müller – Musik: – Darsteller: Elmar Wepper, Hannelore Elsner, Nadja Uhl, Maximilian Brückner, Aya Irizuki, Birgit Minichmayr, Floriane Daniel, Felix Eitner, Celine Tannenberger, Robert Döhlert, Tadashi Endo u.a. – 2008; 120 Minuten

Inhaltsangabe

Rudi und Trudi Angermeier, ein älteres Ehepaar, haben ein Haus in Schongau. Zwei der erwachsenen Kinder wohnen in Berlin, der Sohn Karl lebt in Tokio. Als Trudi vom Arzt erfährt, dass Rudi nicht mehr lang zu leben hat, verschweigt sie es ihm, überredet ihn aber, mit ihr die Kinder in Berlin zu besuchen. Auf der Weiterreise stirbt Trudi unerwartet in einem Hotel. Als Rudi begreift, wie sehr Trudi sich gewünscht hätte, die Kirschblüten in Japan zu sehen und Butoh zu tanzen, fliegt er nach Tokio ...
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Kritik

"Kirschblüten – Hanami" ist eine Mischung aus Familienmelodram, Romanze und Roadmovie, ein ruhiger, bedächtiger und poetischer Film nicht ganz ohne Sentimentalitäten. Elmar Wepper zeigt hier eine Glanzleistung.
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Rudi Angermeier (Elmar Wepper) leitet beim Landratsamt in Weilheim die Abteilung Abfallbeseitigung. Ganz im Gegensatz zu seiner Frau Trudi (Hannelore Elsner) schätzt er geordnete, immer gleiche Abläufe. Das schon etwas ältere Ehepaar wohnt in einem Bauernhaus in Schongau. Zwei ihrer erwachsenen Kinder leben in Berlin, und Karl (Maximilian Brückner), der jüngste Sohn, zog vor fünf Jahren nach Tokio.

Die Routine wird jäh durchbrochen, als Trudi von den Ärzten (Gerhard Wittmann, Veith von Fürstenberg) erfährt, dass Rudi unheilbar an Krebs erkrankt ist und nicht mehr lange leben wird. Sie bringt es nicht übers Herz, es ihm zu sagen, überredet ihn aber, die Kinder und Enkel in Berlin zu besuchen. Es werde seine letzte Reise sein, meint sie.

Rudi und Trudi merken rasch, dass sie weder ihre Tochter Karolin (Birgit Minichmayr) und deren Lebensgefährtin Franzi (Nadja Uhl) noch ihr Sohn Klaus (Felix Eitner) und dessen Ehefrau Emma (Floriane Daniel) Zeit für sie haben. Und da sie im Kinderzimmer einquartiert werden, fragen auch Celine (Celine Tanneberger) und Robert (Robert Döhlert), wann die Großeltern endlich wieder abreisen. Deshalb überredet Trudi ihren Mann, noch für ein paar Tage nach Ahlbeck zu fahren.

Am Morgen liegt Trudi tot im Hotelbett.

Allein kehrt Rudi nach Schongau zurück. Über den unerwarteten Tod seiner Frau kommt er nicht hinweg.

Von Franzi erfährt Rudi, dass seine Frau ihm zuliebe ihre Sehnsüchte unterdrückte. Früher einmal hatte sie den Ausdruckstanz Butoh erlernen wollen, und weil sie die japanische Kultur bewunderte, träumte sie davon, Karl in Tokio zu besuchen, ließ sich aber von ihrem Mann auf die Zeit nach der Pensionierung vertrösten. Rudi findet Fotos, auf denen Trudi wie eine Butoh-Tänzerin geschminkt zu sehen ist.

Er löst seine Konten auf und nimmt das Geld in bar mit nach Tokio.

Weil sein Sohn Karl viel zu tun hat und sich deshalb nicht um ihn kümmern kann, streift Rudi auf eigene Faust herum. Dabei trägt er unter dem Mantel einen Rock und eine Strickjacke seiner verstorbenen Frau, und sobald er etwas Schönes sieht, öffnet er den Mantel, damit das Bild auf Trudis Sachen wirken kann, so auch, als er die Kirschblüten bewundert, die Trudi so gern gesehen hätte.

Im Park begegnet Rudi der obdachlosen achtzehnjährigen Butoh-Tänzerin Yu (Aya Irizuki), die mit einem altmodischen Telefon tanzend um ihre tote Mutter trauert.

Nachdem sie ihn mit ihrer Kunst vertraut gemacht hat, reist er mit ihr zum Fuji. Der Berg ist wolkenverhangen und nicht zu sehen. In einem Hotelzimmer warten sie tagelang auf schöneres Wetter. Als Rudi zu fiebern beginnt, pflegt ihn Yu.

Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.

In der Nacht schaut Rudi aus dem Fenster. Der Himmel ist klar, und der Fuji deutlich zu sehen. Rudi zieht ein Nachthemd und einen Morgenrock seiner Frau an und schminkt sich das Gesicht, bis er so aussieht wie Trudi auf den Fotos als Butoh-Tänzerin. Dann schleicht er sich unbemerkt aus dem Hotel und geht hinunter zum See, in dem sich der Berg spiegelt. Am Ufer tanzt er, wie er es von Yu gelernt hat und glaubt schließlich, dabei Trudi in den Armen zu halten.

Am Morgen sucht Yu nach ihm. Rudi liegt tot am Seeufer.

Zurück im Zimmer, zieht Yu seinen Mantel an und setzt seinen Hut auf. In seinen Sachen findet sie bündelweise Euro-Scheine.

Im Krematorium legen Yu und Karl zusammen einige der nach der Verbrennung der Leiche übriggebliebenen Knochen in eine Urne. Sie kehren zusammen nach Tokio zurück und verabschieden sich dort voneinander. Karl fliegt mit der Urne nach Deutschland. Nach der Bestattung sitzen Karl, Klaus, Karolin und Franzi in ihrem Elternhaus zusammen. Die Geschwister wundern sich über ihren toten Vater. Entrüstet reden sie darüber, wie er in Frauenkleidern und in Begleitung einer achtzehnjährigen Japanerin aufgefunden wurde. Franzi meint allerdings: „Vielleicht war er am Ende glücklich.“


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„Kirschblüten – Hanami“ ist eine Mischung aus Familienmelodram, Romanze und Roadmovie. Doris Dörrie thematisiert das Sterben und Abschiednehmen. Es ist kein Zufall, dass der Name der Ehefrau (Trudi) den des Ehemanns (Rudi) enthält. „Kirschblüten – Hanami“ ist ein ruhiger, bedächtiger und poetischer Film nicht ganz ohne Längen und Sentimentalitäten. Sehenswert ist er vor allem wegen der schauspielerischen Leistung von Elmar Wepper.

Herr Wepper ist sehr, sehr gut. Und Frau Dörrie gelingt es, genau das zu zeigen.
Herr Wepper, der Rudi, der durch Tokyo taumelt, verloren und trauernd, wie nur Männer trauern können, so rührend und bedingungslos – das könnte man sich 10 Stunden lang ansehen. Ohne andere Schauspieler. Ohne Musik. Und am besten auch ohne Worte. Denn nichts davon benötigt er bei seinem wunderbaren Spiel. Auch der größte Filmlaie, also ich, versteht alles […] Und so viele Momente, in denen man sich schämen könnte vor der Unbehaglichkeit, Herrn Wepper in Damenkleidern zu sehen. Tut man aber nicht, und das ist eine wirklich große Leistung. (Sibylle Berg, Die Zeit, 5. März 2008)

Die japanische Kirsche blüht meistens Ende Februar oder Anfang März. Essbare Früchte entstehen dabei keine. Etwa zehn Tage dauert Hanami, die japanische Kirschblüte. Traditionsgemäß feiern die Japaner dann in den Parks das Kirschblütenfest. Hanami verstehen sie als Gleichnis für die Schönheit und Vergänglichkeit des Lebens.

Bei Butoh handelt es sich um ein Tanztheater, das in den Fünfzigerjahren in Japan nach dem Vorbild des westlichen Ausdruckstanzes (Isadora Duncan, Mary Wigman, Harald Kreutzberg u. a.) von Tatsumi Hijikata und Kazuo Ohno entwickelt wurde. Die Formen reichen von der Meditation bis zur Groteske.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2008

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