Die Rückkehr des Tanzlehrers
Die Rückkehr des Tanzlehrers
Inhaltsangabe
Kritik
Dem an Zungenkrebs erkrankten schwedischen Polizeikommissar Stefan Lindman (Tobias Moretti) wird an seinem Wohnort, der südschwedischen Stadt Borås, eine Gewebeprobe entnommen. In drei Wochen muss der Siebenunddreißigjährige sich einer Chemotherapie unterziehen. Die Zeit bis dahin will er mit seiner Lebensgefährtin Elena Bromwich (Ingar Sigvardsdotter) und deren Tochter Fanny (Rebecca Hetzer) auf Mallorca verbringen.
Am Tag vor dem Abflug erhält er einen Anruf aus dem nordschwedischen Sveg. Dort wurde sein früherer Mentor und Kollege Herbert Molin (Werner Prinz) im Alter von siebenundsiebzig Jahren grausam zu Tode gefoltert. Stefan hatte mit ihm zehn Jahre zusammengearbeitet. Der beurlaubte Kommissar fährt noch in der Nacht zum Tatort und ruft unterwegs Elena an, um die Mallorcareise abzusagen. Er kann nicht anders. Vielleicht muss er in Sveg auch nicht ständig über seine lebensgefährliche Krankheit grübeln.
Molins Haus liegt an einem Waldsee. Am gegenüberliegenden Ufer findet Stefan den Abdruck eines Zeltes und einige Zigarettenkippen auf einem Hochsitz daneben, von dem Molins Anwesen gut zu sehen ist. Das lässt darauf schließen, dass der Ermordete längere Zeit observiert wurde. Jonas Andersson (John Wood), der Bewohner des Nachbargrundstücks, der zwanzig Jahre lang im Sinfonieorchester von Uppsala die erste Geige spielte und sich – wie Herbert Molin – in dieser einsamen Gegend zur Ruhe setzte, stellt Stefan argwöhnisch zur Rede, als er mit dem Kahn zurückkommt.
Die zuständigen Kriminalbeamten lassen Stefan aus seinem Hotelzimmer aufs Revier bringen und drohen ihm für den Fall, dass er sich in ihre Ermittlungen einmische, mit einer Beschwerde bei seinem Chef. Doch als er Giuseppe Larsson (Matthew Marsh), der die Untersuchungen leitet, von seinen Feststellungen am anderen Seeufer berichtet, gewinnt er das Vertrauen des Inspektors. Gegen den ausdrücklichen Willen des Chefs der Mordkommission beginnt Giuseppe Larsson, mit dem gut geschulten Kollegen aus Borås zusammenzuarbeiten.
Beim Frühstück im Hotel trifft Stefan auf Veronica Molin (Veronica Ferres), die Tochter des Ermordeten, die aus Frankfurt am Main gekommen ist, wo sie ihr Büro als international tätige Finanzberaterin hat. Sie waren sich vor dreizehn Jahren schon einmal begegnet. Seither – sagt Veronica Molin – habe sie ihren einsiedlerischen Vater nur noch dreimal gesehen.
Als Stefan in Molins Haus den CD-Player einschaltet, begreift Giuseppe Larsson, dass es sich bei den blutigen Fußspuren auf dem Boden um Tangoschritte handelt. Molin war ein leidenschaftlicher Tänzer. Die Polizei fand in einem der Zimmer eine lebensgroße Stoffpuppe mit Schlaufen an den Füßen, die ihm augenscheinlich bis zuletzt als Tanzpartnerin gedient hatte. Die Fußspuren und das Blut an der Puppe deuten darauf hin, dass der Mörder sein Opfer gezwungen hatte, mit ihr einen letzten Tango zu tanzen.
Bei den polizeilichen Ermittlungen stellt sich heraus, dass der Ermordete bis 1951 einen anderen Namen trug. Nach der Pensionierung zog er sich in das abgelegene Haus zurück, das die ebenfalls in Sveg lebende Tanzlehrerin Elsa Berggren (Bibi Andersson) in seinem Auftrag gekauft hatte. Wollte er sich vor jemand verstecken? Hatte er Angst?
Stefan sucht Elsa Berggren auf. Sie hatte Herbert Molin durch eine Schulfreundin, die seine erste Frau wurde, kennen gelernt und den Kontakt zu ihm auch nach seiner Ehescheidung nicht abgebrochen. Während sie am Abend ein Kirchenkonzert besucht, dringt Stefan in ihr Haus ein – und findet in einem Schrank eine SS-Uniform. Als Larsson sie einige Tage später nach der Uniform fragt, behauptet sie, sie habe ihrem verstorbenen Vater gehört.
In Elsa Berggrens Tanzschule spielt Jonas Andersson Klavier. Er fordert Stefan flüsternd zu einem Besuch am nächsten Morgen auf, er habe ihm etwas Wichtiges mitzuteilen. Zur vereinbarten Zeit fährt Stefan zu Anderssons Haus. Niemand öffnet. Sobald er den Hofhund von der Kette befreit, führt dieser ihn zu Jonas Anderssons Leiche: Man hatte ihn an einen Baum gefesselt und regelrecht hingerichtet.
Fernando Hereira (Maximilian Schell), von dem zwar die Polizei nichts weiß, den jedoch die Zuschauer von Anfang an als Mörder Herbert Molins kennen, ist auf dem Weg zum Flughafen und will zu seiner Frau Maria (Brigitte Antonius) nach Buenos Aires zurückkehren. In einer Gaststätte erfährt er durch die Fernsehnachrichten von dem Mord an Jonas Andersson. Die Polizei geht davon aus, dass sowohl Molin als auch Andersson von ein und demselben Täter ermordet wurden. „Das ist nicht wahr!“, schimpft Hereira, verlässt das Lokal und kehrt aufgebracht nach Sveg zurück, um auf eigene Faust nach Anderssons Mörder zu suchen. Er zündet Molins Haus an und hinterlässt einen Zettel: „Ich habe Jonas nicht umgebracht.“
Unter den Dielen in Herbert Molins Haus findet Stefan schließlich ein Soldbuch der deutschen Wehrmacht, alte Tagebücher, Fotos und Ausweispapiere, die beweisen, dass der Ermordete im Zweiten Weltkrieg bei der SS gewesen war. Gehörte ihm die Uniform in Elsa Berggrens Schrank?
In einer Gaststätte lässt Stefan versehentlich seinen Notizblock liegen. Als er Minuten später zurückkehrt, ist der Block ebenso verschwunden wie der Mann vom Nachbartisch, den nur die Zuschauer erkannt haben: Es war Fernando Hereira. Aufgrund von Stefans Notizen vermutet er, dass Herbert Molins Gesinnungsfreunde Jonas Andersson umgebracht haben, um ihn am Sprechen zu hindern. Fernando Hereira überfällt Elsa Berggren, fesselt sie auf einen Stuhl und will sie mit Gewalt zwingen, die Namen der Mörder zu nennen. Zufällig kommt Stefan in diesem Augenblick zu Elsa Berggrens Haus. Hereira schlägt ihn nieder und flüchtet. Die Gerettete zeigt sich wenig dankbar und behauptet vermutlich wahrheitswidrig, nichts über die rechtsradikale Organisation „Schwedens Heil“ zu wissen.
Unter den Papieren, die Stefan in Herbert Molins Haus fand, ist auch eine Ansichtskarte von dem schwedischen Maler Emil Wetterstedt (Michael Byrne). Stefan sucht ihn auf, aber der aalglatte Künstler lässt sich nicht in die Karten schauen. Tatsächlich führt er die Geheimorganisation „Schwedens Heil“ und lässt Stefan schon seit einiger Zeit durch seine Assistenten Holger Klackberg (Per Morberg) und Magnus Holmström (Peter Andersson) beschatten. Nachdem sie beobachtet hatten, wie Jonas Andersson auf einem Parkplatz von Stefan angesprochen worden war, ermordeten sie den Musiker, weil sie befürchteten, er könne die Ermittler auf ihre Spur bringen.
Unerschrocken bricht Stefan bei Wetterstedt ein und findet ein mit Klebestreifen unter einem Schubfach befestigtes Notizbuch, in dem Mitglieder der rechtsradikalen Organisation aufgelistet sind. Elsa Berggren gehört dazu, aber auch angesehene Politiker, Richter und Journalisten.
Während einer Autofahrt wird Stefan beschossen, verliert die Kontrolle über seinen Wagen und überschlägt sich. Nur leicht verletzt, kriecht er aus dem Wrack.
Stefan erliegt Veronicas Reizen und geht mit ihr ins Bett. Als er jedoch zufällig sieht, wie sie mit Elsa Berggren auf der Straße spricht, wird er argwöhnisch. Er fragt sie, ob sie von der rechtsradikalen Vergangenheit ihres Vaters wusste. Sie leugnet es und weist selbst jeden rechtsradikalen Gedanken von sich. Könnte sie sonst so erfolgreich in allen Erdteilen mit Menschen anderer Kulturen zusammenarbeiten?
Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.
Auf einem Zettel fordert Fernando Hereira Stefan zu einem Treffen vor Molins abgebranntem Haus auf. Dort wird Stefan von Magnus Holmström überrascht. Es kommt zu einem Kampf auf Leben und Tod. Im letzten Augenblick erschießt Hereira den Angreifer und überwältigt dann Stefan. Er erklärt ihm, warum er Herbert Molin getötet hat.
Fernando Hereira war mit seiner Mutter aus dem Deutschen Reich nach Argentinien emigriert. Als Kind – damals hieß er noch Aaron Silberstein – hatte er in Berlin mit ansehen müssen, wie sein Vater (Roland Jaeger) vor seiner Ermordnung von einem fanatischen SS-Mann zu einem letzten Tango gezwungen worden war. Vor einiger Zeit gastierte das Sinfonieorchester von Uppsala in Buenos Aires. Bei dieser Gelegenheit erkannte er den Geiger Jonas Andersson wieder, der auch in Berlin gespielt hatte. Er sprach ihn an und fand heraus, dass der Mörder seines Vaters sich inzwischen Herbert Molin nannte und in Sveg lebte. Fernando Hereira flog nach Schweden. Vom gegenüberliegenden Seeufer aus beobachtete er Herbert Molin und sah zum Beispiel, wie dieser mit einer Stoffpuppe Tango tanzte. Als er sich sicher war, den Gesuchten gefunden zu haben, schwamm er nachts über den See und rächte seinen Vater.
Während Fernando Hereira mit Stefan redet, pirschen sich Giuseppe Larsson und Veronica Molin an. Sie stoßen auf Holmströms Leiche. Als Larsson das Handy des Toten aufnimmt und auf Wahlwiederholung drückt, klingelt Veronicas Handy. Gehört sie auch zu der Geheimorganisation? Bevor Larsson einen klaren Gedanken fassen kann, sticht Veronica mit einem Messer auf ihn ein. Er geht zu Boden. Veronica überrascht Stefan und Fernando Hereira, doch als sie die beiden Männer erschießen will, feuert Larsson – der sich ihr nachgeschleppt hat – auf sie. Veronica flieht. Stefan verfolgt sie. Er stürzt. Sie hebt die Pistole und zielt auf ihn. Er hört einen Schuss knallen. Veronica sackt zusammen: Ein Polizist hat auf sie geschossen.
Sie und Giuseppe Larsson werden in ein Krankenhaus gebracht.
Stefan kehrt zu Elena Bromwich und Fanny nach Borås zurück. Kurz darauf unterzieht er sich der verordneten Chemotherapie.
nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)In seinem Kriminalroman „Die Rückkehr des Tanzlehrers“ (deutsche Ausgabe: Zsolnay Verlag, Wien 2002) führt Henning Mankell einen neuen Kriminalkommissar ein: Den siebenunddreißigjährigen Stefan Lindman aus der südschwedischen Stadt Borås, der gerade erfuhr, dass er an Zungenkrebs leidet. Stefan Lindman lebt zwar mit einer Freundin und deren Tochter zusammen, doch wie Kommissar Kurt Wallander ist er im Grunde ein wortkarger Einzelgänger, ein „einsamer Wolf“, sagt sein Kollege aus Sveg. In seiner Verfilmung des Romans veranschaulicht Urs Egger das Gefühlschaos, die Depressionen, Stimmungsschwankungen und Panikattacken des Kommissars.
Es stellt sich heraus, „dass der Täter ein Opfer und das Opfer ein gewissenloser Täter ist“ („Der Spiegel“, 47/2002). Wie in anderen Romanen von Henning Mankell geht es in „Die Rückkehr des Tanzlehrers“ nicht nur um zwei Mordfälle, sondern auch um Gesellschaftskritik. Eine Tanzlehrerin äußert im Jahr 2000 unbekümmert, sie verabscheue das Schwache in der schwedischen Gesellschaft. Einer rechtsradikalen Geheimorganisation mit dem Namen „Schwedens Heil“ gehören unauffällige Bürger ebenso an wie angesehene Politiker, Richter, Journalisten und Künstler.
Die Wiedergabe aller Aspekte und Nebenhandlungen des über fünfhundert Seiten dicken Romans wäre selbst in einem zweiteiligen Fernsehfilm nicht möglich. Urs Egger verzichtete deshalb beispielsweise auf die Erinnerungen Stefans an seinen verstorbenen Vater, der wie sein jetzt ermordeter früherer Mentor zum rechtsradikalen Netzwerk in Schweden gehört hatte.
„Die Rückkehr des Tanzlehrers“ ist ein spannender, gesellschaftskritischer und realistischer Thriller.
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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2004
Urs Egger (kurze Biografie / Filmografie)
Urs Egger: Tod eines Keilers
Urs Egger: Kennedys Hirn
Urs Egger: Der letzte Kronzeuge. Flucht in die Alpen
Henning Mankell (Kurzbiografie)