Jean-Jacques Rousseau


Jean-Jacques Rousseau wurde am 28. Juni 1712 in Genf als Sohn des Uhrmachers Isaac Rousseau (1672 – 1747) und dessen Ehefrau, der Pastorentochter Suzanne Bernard (1673 – 1712), geboren. Weil seine Mutter neun Tage nach der Niederkunft starb, kümmerte sich eine jüngere Schwester seines Vaters um den Haushalt, und als sein Vater 1722 nach einer Prügelei mit einem Offizier aus Genf floh, kam Jean-Jacques Rousseau für zwei Jahre als Pflegekind zu einem Pastor, dann zu einer Tante. Als Zwölfjähriger begann Jean-Jacques Rousseau eine Ausbildung zum Gerichtsschreiber, wechselte aber im Jahr darauf zu einem Graveur in Genf. Sein Vater, der 1726 in Nyon noch einmal heiratete, kümmerte sich kaum um ihn.

Im Alter von sechzehn Jahren ging Jean-Jacques Rousseau auf Wanderschaft. Nach einigen Tagen begegnete er in Savoyen einem katholischen Priester, der ihn Madame de Warens in Annecy empfahl. Die Katholikin, die dreizehn Jahre älter war als Jean-Jacques Rousseau, nahm den jungen Mann kurz bei sich auf und schickte ihn drei Tage später nach Turin, wo er sich im „Hospice des catéchumènes“ taufen ließ.

Nachdem Jean-Jacques Rousseau sich in Turin ein Jahr lang als Diener und Sekretär durchgeschlagen hatte, kehrte er zu Madame de Warens zurück und folgte ihrem Rat, sich in das Priesterseminar von Annecy aufnehmen zu lassen. Nach kurzer Zeit wechselte Jean-Jacques Rousseau jedoch zum Leiter der Dom-Musikschule und erlernte die Grundlagen der Musik.

Eine erneute Wanderung führte Jean-Jacques Rousseau nach Lausanne, Neuchâtel und Paris. Weil er keine Anstellung als Musiklehrer fand, verdingte er sich 1731 als Diener eines jungen Schweizers.

Als er erfuhr, dass Madame de Warens inzwischen von einem längeren Paris-Aufenthalt nach Savoyen zurückgekehrt war, allerdings nicht nach Annecy, sondern nach Chambéry, zog er erneut zu ihr, und sie verschaffte ihm eine Stelle als Schreiber beim Katasteramt. Die warf der Zwanzigjährige allerdings nach acht Monaten hin, wohnte aber weiter bei seiner Gönnerin, die ihn wohl auch in die Liebe eingeführt hatte.

Bei einem chemischen Experiment verletzte sich Jean-Jacques Rousseau im Sommer 1737 am Auge. Deshalb reiste er zu einem Arzt nach Montpellier. Als er Anfang 1738 von dort zurückkehrte, hatte ihn Madame de Warens durch einen anderen Liebhaber ersetzt. Dennoch blieb Jean-Jacques Rousseau noch zwei Jahre in Chambéry.

Im Frühjahr 1740 zog er nach Lyon und trat dort eine Stelle als Hauslehrer an. Zwei Jahre später reiste er nach Paris, und im Sommer 1743 kam er als Privatsekretär des französischen Botschafters nach Venedig. Dort blieb er nur ein gutes Jahr, dann kehrte er nach Paris zurück.

1745 wurde die Wäscherin Thérèse Levasseur (1721 – 1801) seine Lebensgefährtin. Ihre 1746, 1748 bzw. 1751 geborenen Kinder ließ Jean-Jacques Rousseau in ein Heim für Findelkinder bringen.

Jean le Rond d’Alembert forderte Jean-Jacques Rousseau 1749 auf, für Beiträge über Musik für die „Encyclopédie“ zu schreiben.

Im Herbst las er in der Zeitschrift „Mercure de France“ die Preisfrage der Académie von Dijon: „Hat die Wiederherstellung der Wissenschaften und Künste dazu beigetragen, die Sitten zu reinigen?“ Selbstverständlich wurde eine positive Antwort erwartet, aber Jean-Jacques Rousseau verneinte die Frage in seiner „Abhandlung über die Wissenschaften und die Künste“. Durch diese Provokation fand er große Beachtung und gewann den ausgesetzten Preis.

Seine Oper „Der Dorfwahrsager“ wurde 1752 am königlichen Hof in Versailles und im Jahr darauf auch in Paris aufgeführt. Einer Einladung, vor dem König zu erscheinen, folgte Jean-Jacques Rousseau jedoch nicht. Statt die Chance zu nutzen, steigerte er sich in kritische Auffassungen über die französische Gesellschaft hinein.

1754 kehrte er nach Genf zurück und konvertierte vom katholischen zum reformatorischen Bekenntnis.

Mit der 1755 in Amsterdam veröffentlichten „Abhandlung über Ursprünge und Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen“ wurde Jean-Jacques Rousseau zum Vorreiter des Sozialismus.

Statt die von der Stadt Genf angebotene Stelle eines Bibliothekars anzunehmen, zog Jean-Jacques Rousseau Anfang 1756 nach Montmorency nördlich von Paris. Dort mietete er 1758 ein Haus und schrieb seine wichtigsten Werke, darunter „Julie oder Die neue Heloïse“, „Émile“ und „Vom Gesellschaftsvertrag oder Prinzipien des Staatsrechtes“ („Du contrat social“).

Während Thomas Hobbes (1588 – 1679) gelehrt hatte, im Naturzustand sei der Mensch des Menschen Wolf („homo homini lupus“), war Jean-Jacques Rousseau davon überzeugt, dass das Böse erst mit der Vergesellschaftung begann. Erst in der Gesellschaft hassen sich die Menschen, betrügen einander und trachten sich gegenseitig nach dem Leben. Die Vernunft zeigt dem Menschen nicht das Gute, sondern was für ihn vorteilhaft ist. Weil Jean-Jacques Rousseau die Rückkehr zur Natur allerdings für unmöglich hielt, setzte er sich mit der Frage auseinander, wie der Einzelne auch in der Gesellschaft seine Freiheit behalten kann – und entwickelte dabei die Idee von der Volkssouveränität, der „volonté générale“.

Sowohl der Bildungsroman „Émile“ als auch die staatstheoretische Schrift „Du contrat social“ wurden in Frankreich und in Genf verboten.

Um der Verhaftung zu entgehen, flüchtete Jean-Jacques Rousseau 1762 nach Bern und appellierte an Friedrich den Großen, der ihm in der preußischen Exklave Neuchâtel Asyl gewährte. Der Philosoph ließ sich daraufhin in der Kleinstadt Môtiers nieder und holte Thérèse nach.

Auf Einladung von David Hume (1711 – 1776) hielt Jean-Jacques Rousseau sich ab Anfang 1766 im Vereinigten Königreich auf. Er überwarf sich zwar mit dem schottischen Philosophen, blieb aber eineinhalb Jahre in Großbritannien. Dann reiste er unter falschem Namen durch Frankreich, heiratete im August 1768 Thérèse und lebte mit ihr bis zum Frühjahr 1770 auf einem Bergbauernhof in der Dauphiné.

Jean-Jacques Rousseau litt unter Verfolgungswahn und versuchte obsessiv, sich in verschiedenen Schriften wie „Bekenntnisse“ zu rechtfertigen.

Ab Juni 1770 lebten Jean-Jacques Rousseau und Thérèse wieder in Paris.

Im Mai 1778 folgten sie einer Einladung des Marquis de Girardin, der ihnen ein Nebenhaus seines schlossähnlichen Anwesens Ermenonville bei Paris zur Verfügung stellte. Dort starb Jean-Jacques Rousseau am 2. Juli 1778, vermutlich an einem Schlaganfall. Er wurde im Park bestattet. (Diese Episode bildet den Ausgangspunkt des Romans „Narrenweisheit“ von Lion Feuchtwanger.)

Die Jakobiner ließen Rousseaus sterbliche Überreste 1794 ins Panthéon in Paris überführen, denn sie verehrten ihn als Wegbereiter der Großen Revolution.

Literatur über Jean-Jacques Rousseau

  • Iring Fetscher: Rousseaus politische Philosophie (Suhrkamp, Frankfurt/M 1989)
  • Christiane Landgrebe: „Ich bin nicht käuflich“. Das Leben des Jean-Jacques Rousseau (Beltz, Weinheim 2004)
  • Günther Mensching: Rousseau zur Einführung (Junius, Hamburg 2003)
  • Dieter Sturma: Jean-Jacques Rousseau (C. H. Beck, München 2001)

© Dieter Wunderlich 2008

Lion Feuchtwanger: Narrenweisheit oder Tod und Verklärung des Jean-Jacques Rousseau

Michael Zeller - Falschspieler
Der Roman "Falschspieler" ist eine witzige Satire auf den Literatur­betrieb, tangiert aber auch ernst gemeinte Fragen über die Rolle von Dichtern und Schriftstellern. Augenzwinkernd hat Michael Zeller die Eckdaten eines Literaturskandals der 50er-Jahre eingebaut.
Falschspieler