Sein oder Nichtsein

Sein oder Nichtsein

Sein oder Nichtsein

Sein oder Nichtsein – Originaltitel: To Be or Not to Be – Regie: Ernst Lubitsch – Drehbuch: Edwin Justus Mayer, nach einer Story von Melchior Lengyel – Kamera: Rudolf Maté – Schnitt: Dorothy Spencer – Musik: Werner R. Heymann – Darsteller: Carole Lombard, Jack Benny, Robert Stack, Felix Bressart, Stanley Ridges, Sig Ruman, Tom Dugan, Charles Halton, Henry Victor, Maude Eburne u.a. – 1942; 95 Minuten

Inhaltsangabe

Kurz vor Kriegsbeginn wird die Aufführung eines Anti-Hitler-Stücks in Warschau verboten. Das Theater-Ensemble schließt sich dem Widerstand an. Die Talente sind gefragt, als ein Kollaborateur mit Unterlagen über die Widerstandskämpfer nach Warschau kommt. Um zu verhindern, dass er das Material der Gestapo übergibt, verkleiden sich die polnischen Schauspieler selbst als Gestapo-Offiziere und wagen sich in die Höhle des Löwen ...
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Kritik

"Sein oder Nichtsein" ist eine turbulente, einfallsreiche, witzige und treffsichere Satire von Ernst Lubitsch auf nationalsozialistische Machthaber. Sie wirkt noch kein bisschen angestaubt.
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Im August 1939 schlendert Hitler über einen Bürgersteig in Warschau. Die Leute begaffen ihn. Schließlich nähert sich ihm ein Kind: „Bitte ein Autogramm, Herr Bronski.“ Es handelt sich um den Theaterschauspieler Bronski (Tom Dugan), der Hitler in einem satirischen Stück mit dem Titel „Gestapo“ spielen soll. Die polnische Regierung hält die Aufführung eines gegen die Nationalsozialisten gerichteten Bühnenstücks nicht für opportun und setzt es deshalb ab. Das Ensemble spielt stattdessen „Hamlet“.

Immer wenn der selbstverliebte Joseph Tura (Jack Benny) in der Rolle Hamlets zu seinem großen Monolog „Sein oder Nichtsein“ ansetzt, steht in der zweiten Reihe ein gut aussehender Luftwaffenleutnant auf und verlässt den Saal. Tura interpretiert das als Missfallenskundgebung gegen seine Darstellung. Das kränkt ihn. Er ahnt nicht, dass der junge Offizier – er heißt Stanislav Sobinski (Robert Stack) – jedes Mal zu seiner Frau, der Schauspielerin Maria Tura (Carole Lombard), in die Garderobe eilt, wo sie ungestört sind, solange der Monolog dauert.

Nach mehreren Abenden beschließt Sobinski, in der Garderobe auf Joseph Tura zu warten: Er liebt Maria und will ihren Mann auffordern, sie freizugeben. Bevor jedoch Tura seinen Monolog beendet, wird Fliegeralarm ausgelöst: Die Deutschen haben Polen angegriffen. Es herrscht Krieg.

Das Theater wird geschlossen. Die Schauspieler tun sich mit den Untergrundkämpfern zusammen. Sobinski entkommt nach London. Von dort aus fliegt er mit anderen polnischen Luftwaffenoffizieren für die „Royal Air Force“ Bombenangriffe gegen das Deutsche Reich.

Eines Tages lernt er den angeblichen polnischen Widerstandskämpfer Professor Alexander Siletzky (Stanley Ridges) kennen, der auf dem Weg nach Warschau ist, sich von den polnischen Piloten Namen von Angehörigen geben lässt und verspricht, sich nach diesen zu erkundigen. Sobinski bittet ihn, Maria Tura die Worte „Sein oder Nichtsein“ auszurichten – und wundert sich, dass der angeblich aus Warschau stammende Pole die berühmte polnische Schauspielerin nicht kennt.

Zunächst zögert Sobinski, dann wendet er sich an den MI5 und meldet General Armstrong (Halliwell Hobbes) seinen Verdacht, dass es sich bei Professor Siletzky um einen Doppelagenten handelt. Es stellt sich heraus, dass Siletzky umfangreiches Material gegen die polnische Widerstandsorganisation gesammelt hat und über Stockholm nach Warschau unterwegs ist, um es dort der Gestapo zu übergeben. Das wäre das Ende der Untergrundorganisation! Sobinski wird deshalb beauftragt, dem Professor in einer Militärmaschine zuvorzukommen und die Widerständler in Warschau rechtzeitig zu warnen.

Als Sobinsky in der Nähe von Warschau mit dem Fallschirm abspringt, ist Siletzky bereits da, denn die Deutschen haben ihn mit einer Sondermaschine in Stockholm abgeholt. Er wohnt in dem von der SS scharf bewachten Hotel „Europejski“ und ist am nächsten Vormittag mit dem Gestapochef SS-Gruppenführer Erhardt (Sig Ruman) verabredet.

Am Abend lässt Siletzky die schöne Schauspielerin von zwei Gestapo-Offizieren ins Hotel holen, um ihr das „Sein oder Nichtsein“ von Sobinski auszurichten und sich mit ihr zu vergnügen. Unter dem Vorwand, sich für ihn umkleiden zu wollen, kann Maria Tura das Hotel noch einmal verlassen und nach Hause eilen. Dort trifft sie auf ihren aufgebrachten Mann, der soeben den in ihrem Bett schlafenden Luftwaffenoffizier entdeckte, der im Theater auf das Stichwort „Sein oder Nichtsein“ aufgestanden war. Rasch erklärt Maria den beiden Männern die Situation. Während sie zu Siletzky zurückkehrt, alarmieren Tura und Sobinsky das Theaterensemble und bauen im leeren Theater das Gestapo-Hauptquartier nach. Weil Gruppenführer Erhardt angeblich seine Termine umstellen musste und Siletzky sofort sprechen möchte, holen zwei als Gestapo-Offiziere verkleidete Schauspieler den Kollaborateur ab und bringen ihn zu der Imitation des Gestapo-Hauptquartiers, wo sich Joseph Tura als Gruppenführer Erhardt ausgibt.

Durch seine Eifersucht verrät Tura sich jedoch. Siletzky versucht zu fliehen und wird noch im Theater von den Widerstandskämpfern getötet. Einen Satz der Unterlagen können die Schauspieler sicherstellen, aber Siletzky hat noch eine Kopie der Dokumente im Hotel.

Um die Kopie zu rauben und seine Frau aus dem von der Gestapo abgeriegelten Hotel herauszubekommen, verkleidet Tura sich nun als Siletzky. In dessen Suite trifft er jedoch nicht nur auf Maria, sondern auch auf einen echten Gestapo-Offizier, der den Befehl hat, Siletzky sofort zu Erhardt zu bringen, weil dieser am nächsten Vormittag keine Zeit für ihn hat. Tura bleibt nichts anderes übrig, als weiterzuspielen.

Es ist der Anfang eines Spiels auf Leben und Tod, bei dem alle Mitglieder des Ensembles ihr Können und Improvisationstalent unter Beweis stellen müssen.

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Mit „Sein oder Nichtsein“ schufen Edwin Justus Mayer (Drehbuch) und Ernst Lubitsch (Regie) 1942 eine der witzigsten Verwechslungskomödien in der Geschichte des Kinos. Wie Charlie Chaplin in „Der große Diktator“ versuchten sie, Hitler das Dämonische zu nehmen, indem sie den Führerkult parodierten und einen Gestapo-Chef als Einfaltspinsel darstellten. Dabei verharmlosten sie die Nationalsozialisten nicht, aber sie gaben sie der Lächerlichkeit preis. Zugleich zeigten sie mit satirischen Mitteln die Erbärmlichkeit und Devotion, die Skrupel- und Gewissenlosigkeit nationalsozialistischer Machthaber, die sich von einer Gruppe mittelmäßiger polnischer Schauspieler an der Nase herumführen lassen. Die tragikomischen Schauspieler – allen voran Joseph Tura – sind zwar nicht frei von Eitelkeiten und Rivalitäten, aber wenn es darauf ankommt, stehen sie mutig zusammen.

Erstaunlich ist, dass diese turbulente, einfallsreiche und präzise inszenierte Satire mit ihren vielen unerwarteten Wendungen nach mehr als sechs Jahrzehnten noch immer funktioniert und überhaupt nicht angestaubt wirkt. Der Wortwitz ist böse und pointiert, und über die Slapstick-Szenen könnte man herzhaft lachen, wenn einem das Lachen nicht immer wieder im Hals stecken bliebe.

Werner R. Heymann, der Komponist der Filmmusik von „Sein oder Nichtsein“, wurde für einen „Oscar“ nominiert.

Ein Remake kam 1983 in die Kinos, ebenfalls unter dem Titel „Sein oder Nichtsein“:

Sein oder Nichtsein – Originaltitel: To Be or Not to Be – Regie: Alan Johnson – Drehbuch: Ronny Graham und Thomas Meehan, nach einer Story von Melchior Lengyel und einem Drehbuch von Edwin Justus Mayer – Kamera: Gerald Hirschfeld – Schnitt: Alan Balsam – Musik: John Morris – Darsteller: Mel Brooks (Dr. Frederick Bronski), Anne Bancroft (Anna Bronski), Tim Matheson (Andre Sobinski), Charles Durning (Erhardt), Christopher Lloyd (Schultz), José Ferrer (Professor Siletzky), Ronny Graham, Estelle Reiner, Zale Kessler, Jack Riley, Lewis J. Stadlen, George Gaynes, George Wyner, James („Gypsy“) Haake, Earl Boen, Ivor Barry, William Glover, Marley Sims, Larry Rosenberg, Max Brooks, Roy Goldman, Robert Goldberg u.a. – 1983

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2007

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