Mein Name ist Bach

Mein Name ist Bach

Mein Name ist Bach

Originaltitel: Mein Name ist Bach – Regie: Dominique de Rivaz – Drehbuch: Jean-Luc Bourgeois, Dominique de Rivaz, Leo Raat – Kamera: Ciro Cappellari – Schnitt: Isabel Meier – Musik: Frédéric Devreese – Darsteller: Vadim Glowna, Jürgen Vogel, Karoline Herfurth, Anatole Taubman, Detlev Buck, Paul Herwig, Bernard Liègme, Gilles Tschudi, Philippe Vuilleumier, Antje Westerman u.a. – 2003; 100 Minuten

Inhaltsangabe

Im Mai 1747 reist Johann Sebastian Bach mit seinem ältesten Sohn Friedemann zur Taufe seines Enkels nach Berlin. Gleich nach seiner Ankunft wird er zum König befohlen. Friedrich der Große spielt ein musikalisches Thema an und fordert Bach auf, dazu eine Fuge zu improvisieren. Doch statt sich der Herausforderung zu stellen, empfiehlt sich der von der Reise erschöpfte 62-Jährige. Trotz einer anfänglichen Animosität entwickelt sich in den folgenden Tagen eine Vater-Sohn-Beziehung zwischen Bach und Friedrich II.
mehr erfahren

Kritik

Eine Begegnung von Johann Sebastian Bach mit Friedrich dem Großen im Mai 1747 verwendet Dominique de Rivaz in "Mein Name ist Bach" als Aufhänger für eine fiktive Geschichte über gestörte Vater-Sohn-Beziehungen.
mehr erfahren

Im Mai 1747 reist Johann Sebastian Bach (Vadim Glowna), der zweiundsechzigjährige, nahezu erblindete Thomaskantor in Leipzig, mit seinem ältesten Sohn Wilhelm Friedemann (Anatole Taubman) nach Berlin. Dort gebar seine Schwiegertochter Johanna (Antje Westermann) kürzlich ihr erstes Kind, und er soll als Taufpate fungieren. Johanna ist die Ehefrau von Carl Philipp Emanuel Bach (Paul Herwig), dem Kammercembalisten von König Friedrich II.

Drei Tage lang sind Johann Sebastian und Friedemann Bach mit der Kutsche unterwegs, bis sie im strömenden Regen auf einen preußischen Grenzbeamten (Detlev Buck) stoßen, der die Einreise der Fremden sogleich an den Königshof meldet, der gerade den Umzug in das neue Schloss Sanssouci in Potsdam vorbereitet.

Der alte Bach ist erschöpft, doch kurz nach seiner Ankunft bei Emanuel und Johanna wird er zu Friedrich dem Großen gerufen. Stolz führt der fünfunddreißigjährige Preußenkönig dem berühmten Musiker drei seiner fünfzehn von Gottfried Silbermann gebauten Pianofortes vor – und ist enttäuscht über die ausbleibende Begeisterung des Besuchers. Dann spielt Friedrich der Große ein musikalisches Thema, das ihm vor wenigen Stunden einfiel, als der Arzt Schröpfköpfe von seinem Rücken abnahm und die Gläser in verschiedenen Tonhöhen erklangen. Der König fordert Johann Sebastian Bach auf, dazu eine dreistimmige Fuge zu improvisieren, oder besser noch: eine sechsstimmige. Der für seine Improvisationen berühmte Thomaskantor weiß, dass Friedrich II. ihn bloßstellen möchte. Er fühlt sich zu müde, um sich der Herausforderung sofort zu stellen: Stattdessen empfiehlt er sich. Glücklicherweise nimmt der König den Affront hin.

Dabei ist mit Friedrich II. nicht zu spaßen. Die despotische Erziehung durch seinen Vater, den „Soldatenkönig“ Friedrich Wilhelm I., hat aus ihm einen verbitterten Mann gemacht. Darüber, dass sein Vater ihn zwang, am 6. November 1730 bei der Enthauptung seines Freundes Hans Hermann von Katte in Küstrin zuzusehen, kommt er nicht hinweg. Nun steht er selbst dabei, wenn einer seiner Untertanen ausgepeitscht wird, bis ihm die Haut des Rückens in blutigen Fetzen herunterhängt. Und wenn ihm seine jüngere Schwester Anna Amalie (Karoline Herfurth) nicht auf der Stelle gehorcht, ohrfeigt er sie vor den Anwesenden. Die siebzehnjährige Prinzessin rebelliert zwar frech gegen den König und hebt beim Hinausgehen schon mal die Röcke, um ihm als Antwort ihre nackten Pobacken zu zeigen, aber die erstrebte Freiheit erhält sie nicht.

Friedrichs früherer Flötenlehrer und jetziger Hofkomponist Johann Joachim Quantz (Philippe Vuilleumier) warnt Prinzessin Amalie davor, sich in Friedemann Bach zu verlieben. Sie beginnt eine Liebesaffäre mit dem Sechsunddreißigjährigen und möchte mit ihm aus Preußen fliehen, doch das ist dem Musiker zu riskant.

Nicht zuletzt aufgrund der Rivalität zwischen seinen Söhnen Friedemann und Emanuel – die beide frustriert sind, weil es ihnen nicht gelingt, aus dem Schatten des berühmten Vaters herauszutreten – glaubt Johann Sebastian Bach, bei der Erziehung seiner Söhne versagt zu haben. Darunter leidet er.

Fieberhaft und mit tränenden Augen arbeitet Johann Sebastian Bach an einer Fuge über das königliche Thema. Eines Abends spielt er seine neue Komposition auf der Orgel an und fordert Friedrich den Großen auf, die dazu gehörende Flötenstimme vom Blatt zu spielen. Um sich für den Versuch der Bloßstellung zu rächen, hat er eine musikalische Falle eingebaut. Der König tappt prompt hinein und blamiert sich. Zornig zertrümmert er daraufhin die wertvolle Flöte.

„Ich hasse diesen Bach“, murmelt Friedrich II. einmal, doch er beginnt in dem Musikgenie eine Art Vaterersatz zu sehen. Johann Sebastian Bach fühlt sich dadurch geschmeichelt, und es entwickelt sich etwas wie Freundschaft zwischen den beiden Männern. Sie laufen barfuß durch den Park, reiten miteinander auf einem Kamel, das Friedrich II. von Zarin Katharina der Großen geschenkt bekam und albern mit Trommel, Horn und Panflöte in einer Dachkammer herum, als wären sie bei Orffs Schulwerk.

Diese Freundschaft zwischen dem König von Preußen und dem Thomaskantor rettet Friedemann Bach das Leben: Als Friedrich der Große ihn mit Prinzessin Amalie in flagranti im Pferdestall erwischt, verzichtet er aus Rücksicht auf seinen neuen väterlichen Freund darauf, dessen Sohn totpeitschen zu lassen. Friedemann Bach versucht, sich die homosexuelle Neigung des Königs zunutze zu machen, aber der befiehlt ihm, Potsdam sofort zu verlassen.

An der Grenze kommt Johann Sebastian und Friedemann Bach eine andere Kutsche entgegen: Voltaire ist auf dem Weg nach Sanssouci.

nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)

Johann Sebastian Bach (1685 – 1750) wurde am 7. Mai 1747 von Friedrich dem Großen (1712/1740 – 1780) empfangen (Das musikalische Opfer). Von dieser Tatsache ausgehend, fabulieren Dominique de Rivaz, Jean-Luc Bourgeois und Leo Raat in „Mein Name ist Bach“ über die näheren Umstände der Begegnung, wobei sie allerdings historische Fakten weitgehend ignorieren.

Dazu ein paar Beispiele: Der berühmte Komponist, der seit 1723 als Thomaskantor fungierte, kam nicht wegen einer Taufe nach Potsdam, sondern weil er aufgrund von Meinungsverschiedenheiten mit dem Leipziger Stadtrat hoffte, an den preußischen Königshof wechseln zu können. Daraus wurde jedoch nichts, und er blieb bis zu seinem Lebensende Thomaskantor. Im Film bereitet Friedrich der Große den Umzug nach Sanssouci vor; tatsächlich war der Hof jedoch bereits eine Woche vor Bachs Besuch in das neue Schloss verlegt worden. Anna Amalie (1723 – 1787) war zu diesem Zeitpunkt nicht siebzehn, sondern bereits vierundzwanzig Jahre alt. Als Johann Sebastian Bach im Film nach einem kurzen Aufenthalt Potsdam 1747 verlässt, begegnet er an der Grenze einem senilen Greis, der Voltaire sein soll. In Wahrheit kam Voltaire (1694 – 1778) jedoch erst am 10. Juli 1750 nach Sanssouci. Das Kamel, auf dem Friedrich der Große mit Bach zusammen reitet, soll ein Geschenk der Zarin Katharina der Großen sein – die jedoch erst fünfzehn Jahre später, 1762, russische Zarin wurde. Statt eines Spießrutenlaufs inszeniert Dominique de Rivaz eine Auspeitschung durch königliche Soldaten, die im Kreis um den angebundenden Delinquenten herumgehen und nacheinander zuschlagen. (Beim Spießrutenlauf taumelte der Verurteilte durch ein Spalier von bis zu dreihundert Soldaten, die mit Haselruten auf seinen nackten Rücken einpeitschten. Nach mehreren Durchgängen hing dem Delinquenten die Haut in blutigen Fetzen vom Rücken. Brach er vorzeitig zusammen, wurde das Spießrutenlaufen am nächsten Tag fortgesetzt. Kaum jemand überlebte die Tortur.)

Die Schweizer Filmregisseurin Dominique de Rivaz (*1953) hat ihren Debütfilm „Mein Name ist Bach“ offenbar nicht für den Geschichtsunterricht inszeniert, sondern es geht ihr um gestörte Vater-Sohn-Beziehungen. Wilhelm Friedemann (1710 – 1784) und Carl Philipp Emanuel Bach (1714 – 1788), die beiden Söhne von Johann Sebastian und Maria Barbara Bach (1684 – 1720), die ebenfalls Musiker geworden sind, stehen im Schatten ihres berühmten Vaters und konkurrieren zugleich miteinander. Angesichts der fortwährenden Streitigkeiten glaubt Johann Sebastian Bach, bei ihrer Erziehung versagt zu haben. Den preußischen König karikiert Dominique de Rivaz als schrulligen Neurotiker, der durch die brutale Erziehung seines Vaters Friedrich Wilhelm I. (1688 – 1740) schwer traumatisiert wurde und nach anfänglichen Animositäten in dem alten Bach einen väterlichen Freund findet (was frei erfunden ist). Diese Vater-Sohn-Thematik kontrastiert in „Mein Name ist Bach“ mit der (ebenfalls fiktiven) Beziehung zwischen der aufmüpfigen Prinzessin Anna Amalie und ihrem despotischen Bruder.

nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)
Françoise Sagan - Bonjour tristesse
Die von Françoise Sagan mit leichter Hand geschriebene Geschichte vermittelt eine ganz besondere Atmosphäre, in der sich das Lebensgefühl einer dem Existenzialismus nahestehenden Jugend ausdrückt: "Bonjour tristesse".
Bonjour tristesse