Rosa Parks


12. April 1912: Der Zimmermann James McCauley und die Lehrerin Leona Edwards, beide 24, heirateten in Pine Level, vierzig Kilometer südlich von Montgomery, Alabama.

4. Februar 1913: Rosa Louise McCauley wurde in Tuskegee, vierzig Kilometer östlich von Montgomery, Alabama, geboren.

1915: Sie war zweieinhalb Jahre alt, als ihr Vater die Familie und die Stadt verließ. Leona McCauley, die erneut schwanger war, suchte daraufhin mit ihrer Tochter Rosa Zuflucht auf der Farm ihrer Eltern in Pine Level.

September 1915: Rosas Bruder Sylvester wurde geboren.

Da Leona McCauley bald darauf wieder außerhalb von Pine Level als Lehrerin tätig war, wuchs Rosa weitgehend unter der Obhut ihrer Großeltern auf.

1918: Rosa wurde in einer Zwergschule für Afroamerikaner in Pine Level eingeschult. Es gab nur einen einzigen Lehrer für alle Jahrgänge, und der Unterricht war auf fünf Monate von Spätherbst bis Frühjahr beschränkt, weil die meisten Schüler den Eltern in der Landwirtschaft helfen mussten. Rosa arbeitete vom sechsten oder siebten Lebensjahr an auf der Baumwollplantage von Moses Hudson, dem reichsten Grundbesitzer in Pine Level, um das Haushaltseinkommen ihrer Großeltern aufzubessern.

1921: Rosa fuhr zum ersten Mal mit ihrer Mutter nach Montgomery. Sie ließen sich von einem afroamerikanischen Autobesitzer hinbringen, denn öffentliche Busse transportierten Schwarze nur zusammen mit dem Gepäck auf dem Dach.

1923: Als ein weißer Junge Rosa auf der Straße Prügel androhte, hob sie einen Stein auf und vertrieb ihn damit. Ihre Großmutter war entsetzt, als sie davon erfuhr und versuchte, ihrer Enkelin klar zu machen, dass es gefährlich war, sich Weißen zu widersetzen.

1924: Nachdem die Schule für Afroamerikaner in Pine Level geschlossen worden war, musste Rosa zur acht Meilen entfernten Schule in Spring Hill, wo ihre Mutter inzwischen als Lehrerin arbeitete. Als Leona McCauley die Tätigkeit beendete, schickte sie Rosa zu Verwandten nach Montgomery und in die von Alice L. White gegründete und geleitete »Industrial School for Girls«. Obwohl es sich bei der Schulleiterin und den Lehrerinnen um Weiße handelte, wurde die Schule ausschließlich von afroamerikanischen Schülerinnen besucht.

1928: Die »Industrial School for Girls« wurde geschlossen.

1929: Nach dem Abschluss der »Booker T. Washington Junior High School« schrieb Rosa sich am »Alabama State Teachers College for Negroes« in Montgomery ein. (Eine High School für Afroamerikaner gab es in Montgomery erst ab 1938.)

Rosa McCauley brach das Studium nach kurzer Zeit ab, weil sie sich in Pine Level um ihre schwer erkrankte Großmutter Rose kümmern musste.

Rose Edwards starb nach kurzer Zeit.

Als Putzfrau und Näherin verdiente Rosa gelegenheitlich etwas Geld.

Frühjahr 1931: Rosa McCauley lernte den fast auf den Tag genau zehn Jahre älteren Friseur Raymond Parks kennen, der zwar Afroamerikaner war, aber eine so helle Haut hatte, dass ihn manche für weiß hielten.

Raymond Parks engagierte sich in der am 12. Februar 1909 – Abraham Lincolns 100. Geburtstag – gegründeten »National Association for the Advancement of Colored People« (NAACP), die sich für die Aufhebung der Rassendiskriminierung einsetzte. Die wenigen Weißen, die sich der Organisation anschlossen, mussten mit Anfeindungen anderer Menschen ihrer Hautfarbe rechnen.

Dezember 1932: Rosa McCauley und Raymond Parks heirateten in Pine Level und zogen nach Montgomery, wo Raymond seinen Arbeitsplatz hatte.

1933: Rosa Parks schloss die High School ab, aber einen adäquaten Job bekam sie nicht. Sie arbeitete als Näherin und ab 1941 als Sekretärin bei der Air Force.

Zu den konspirativen Versammlungen der Aktivisten, die Raymond Parks besuchte, waren Frauen nicht zugelassen, denn die Teilnahme galt als gefährlich.

1943: Vergeblich versuchte Rosa Parks, sich in die Wählerliste eintragen zu lassen.

Damals lebten die Rassen in Alabama noch strikt getrennt. Schulbusse waren grundsätzlich weißen Kindern vorbehalten; farbige mussten laufen. In Zügen unterschied man zwischen Abteilen für Weiße und Farbige,

öffentliche Trinkbrunnen waren nach Rassen getrennt, die Schilder »Whites Only« hingen an Parkbänken und Aufzügen. In den öffentlichen Bussen von Montgomery mit 36 Sitzplätzen waren die vorderen vier Reihen für Weiße reserviert, von denen es die meisten allerdings vorzogen, mit dem Taxi oder dem eigenen Wagen zu fahren. Es kam deshalb häufig vor, dass die Weißen vorbehaltenen Plätze unbesetzt blieben, während sich im hinteren Teil des Busses Afroamerikaner drängten. Im mittleren Teil der Busse durften sich Farbige zwar aufhalten, aber nur, bis eine weiße Person sich dort setzen wollte. In diesem Fall mussten die Schwarzen aufstehen und nicht nur einen Sitzplatz, sondern die ganze Reihe freimachen. Saßen bereits Weiße im vorderen Teil eines Busses, mussten Afroamerikaner nach dem Lösen des Fahrscheins wieder aussteigen und zur hinteren Tür gehen. Die erreichten sie nicht immer: Mitunter machte sich ein Fahrer einen Spaß daraus, sie auf der Straße stehen zu lassen.

November 1943: Rosa Parks bestieg einen im hinteren Teil voll besetzten Bus. Weil selbst auf den Stufen der hinteren Tür Fahrgäste standen, ging sie nach dem Lösen der Fahrkarte im Inneren des Fahrzeugs nach hinten durch. Der weiße Fahrer James F. Blake, der 1939 mit seiner Ehefrau Edna nach Montgomery gezogen und seit 1942 bei dem Verkehrsbetrieb tätig war, folgte ihr jedoch, packte sie am Ärmel ihres Mantels und zerrte sie aus »seinem« Bus.

Dezember 1943: Als einzige Frau nahm Rosa Parks an der offiziellen Jahresversammlung der »National Association for the Advancement of Colored People« in Montgomery teil, beantragte die Mitgliedschaft und wurde gebeten, das Protokoll zu führen. Edgar D. Nixon (1899 – 1987), der hauptberuflich als Schlafwagenschaffner arbeitende Präsident der NAACP, stellte Rosa Parks als Sekretärin ein.

1944: Auch ihr zweiter Versuch, sich in die Wählerliste eintragen zu lassen, scheiterte.

April 1945: Beim dritten Anlauf gelang es Rosa Parks, sich in die Wählerliste eintragen zu lassen.

Ende 1945: Rosa Parks Bruder Sylvester McCauley kehrte aus dem Krieg zu seiner Ehefrau Daisy und den beiden Kindern Sylvester jr. und Mary zurück.

1946: Weil Afroamerikaner in den Südstaaten benachteiligt und nicht selten misshandelt wurden, selbst wenn es sich um Kriegsveteranen handelte, zog Sylvester McCauley mit seiner Familie nach Detroit und fing bei Chrysler am Fließband an. Rosa besuchte ihre Verwandten dort zwei Wochen lang.

1948: Rosa Parks hielt eine Rede auf einer Versammlung der NAACP in Mobile, Alabama.

Mai 1949: Um sich mehr um ihre kranke Mutter kümmern zu können, stellte Rosa Parks ihre Tätigkeit als Sekretärin der NAACP ein, war aber inoffiziell weiter für Edgar Nixon tätig.

1949: Rosa Parks wurde Beraterin einer Jugendgruppe, aus der vier Jahre später die offizielle Jugendorganisation der NAACP hervorging.

Neben ihrer Arbeit als Näherin und ihrer Tätigkeit für die NAACP engagierte sich Rosa Parks in ihrer Gemeinde der African Methodist Episcopal Church.

1950: Edgar Nixon wurde nicht wiedergewählt und übergab das Amt des Präsidenten der NAACP an Robert L. Matthews. Damit er mit seiner Arbeit für die Bürgerrechtsbewegung weitermachen konnte, stellte ihm »The Brotherhood of Sleeping Car Porters«, der er angehörte, ein Büro in Montgomery zur Verfügung.

1952: Rosa Parks begann erneut, als Sekretärin für die NAACP zu arbeiten und setzte zugleich ihre Tätigkeit in Nixons Büro fort.

Juni 1953: In Baton Rouge, Louisiana, wo die weißen Busfahrer die zuvor von der Stadt erlassene Lockerung der Rassentrennung in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht akzeptierten, weigerte sich Reverend T. J. Jemison, seinen Sitzplatz für einen Weißen freizumachen. Der Fahrer steuerte daraufhin eine Polizeiwache an, aber der afroamerikanische Geistliche bekam Recht. Daraufhin streikten die weißen Busfahrer vom 15. bis 19. Juni. Anschließend – vom 20. bis 25. Juni – boykottierten die Afroamerikaner die Busse in Baton Rouge, um gegen das Verhalten der Busfahrer zu demonstrieren.

23. Februar 1954: Afroamerikanische Geschäftsleute in Montgomery protestierten gegen den respektlosen Umgang mit afroamerikanischen Fahrgästen in den öffentlichen Bussen.

21. Mai 1954: Jo Ann Robinson (1912 – 1992), die am Alabama State College unterrichtete und Präsidentin des »Women’s Political Council« in Montgomery war, drohte in einem Brief an W. A. (»Tacky«) Gayle, den Bürgermeister von Montgomery, mit einem Boykott für den Fall, dass die Übergriffe gegen afroamerikanische Fahrgäste nicht aufhören sollten.

1954: Durch Edgar Nixon lernte Rosa Parks das seit 1926 verheiratete Ehepaar Clifford und Virginia Durr kennen. Obwohl es sich um Weiße handelte, engagierten sie sich für die Rechte der Afroamerikaner. Clifford Durr war Anwalt. Seine Frau stellte Rosa Parks als Haushaltshilfe ein. Sie arbeitete ein Jahr lang für die Familie und freundete sich mit Virginia Durr an.

31. Oktober 1954: Martin Luther King (1929 – 1968) zog mit seiner Frau Coretta, mit der er seit dem 18. Juni 1953 verheiratet war, nach Montgomery und übernahm dort das Amt des Pastors der Dexter Avenue Baptist Church.

2. März 1955: Die fünfzehnjährige Schülerin Claudette Colvin wurde festgenommen und in Handschellen abgeführt, weil sie sich geweigert hatte, ihren Sitzplatz im mittleren Teil eines Busses für einen Weißen freizumachen. Die »National Association for the Advancement of Colored People« wollte den Fall zum einem Fanal für den Kampf gegen Rassendiskriminierung machen – bis Edgar D. Nixon herausfand, dass die Schülerin schwanger war. Als Symbolfigur kam sie deshalb nicht mehr in Frage.

August 1955: Auf Anregung und auf Kosten von Virgina Durr nahm Rosa Parks an einem zehntägigen Workshop zum Thema »Racial Desegregation« an der Highlander Folk School in Monteagle, Tennessee, teil.

Inzwischen arbeitete Rosa Parks in der Schneiderei eines Kaufshauses in Montgomery.

18. Oktober 1955: Die achtzehnjährige afroamerikanische Schulabbrecherin Mary Louise Smith weigerte sich, ihren Sitzplatz in einem Bus für eine Weiße freizumachen und wurde deshalb gerichtlich belangt. Dieser Fall blieb wie der von Claudette Colvin ohne größere Resonanz, weil man Louise Smiths Vater bei der »National Association for the Advancement of Colored People« irrtümlich für einen Alkoholiker hielt.

1. Dezember 1955: Als Rosa Parks gegen 18 Uhr von der Arbeit nach Hause fuhr, saß zufällig James F. Blake hinter dem Steuer des Busses, der Mann, der sie zwölf Jahre zuvor aus dem Fahrzeug gezerrt hatte. An der Haltestelle vor dem Empire Theater stiegen Weiße ein, und einer von ihnen – Jim Crow – fand keinen Sitzplatz mehr. Also forderte der Fahrer die vier in der fünften Reihe sitzenden Afroamerikaner auf, ihre Plätze freizumachen, denn kein Schwarzer durfte mit einem Weißen zusammen auch nur in einer Reihe sitzen: »Move y’all!« Ein Mann und zwei Frauen standen auf; Rosa Parks blieb sitzen. Vergeblich redete der Busfahrer James F. Blake auf die Zweiundvierzigjährige ein. Sie sei es leid gewesen, immer nur nachzugeben, wird sie später in ihrer Autobiografie »My Story« schreiben. Schließlich verließ der Fahrer den Bus und kam mit zwei Polizisten zurück, die Rosa Parks verhafteten und ins Rathaus von Montgomery brachten. Dort protokollierte man den Vorgang, fotografierte sie und nahm ihre Fingerabdrücke. Dann sperrte man sie ins Stadtgefängnis.

Nachdem sie endlich telefonieren durfte, lieh sich ihr Ehemann ein Auto und eilte zu ihr. Edgar D. Nixon und Clifford Durr waren bereits von einem Augenzeugen des Vorfalls alarmiert worden. Gegen eine Kaution bekam Edgar Nixon seine Sekretärin noch am selben Abend bis zur Gerichtsverhandlung in vier Tagen frei.

Nixon hielt die unbescholtene afroamerikanische Näherin, die der 1816 von Richard Allen gegründeten African Methodist Episcopal Church angehörte und regelmäßig zur Kirche ging, für besonders geeignet, dem gewaltfreien Widerstand gegen die Rassendiskriminierung ein Gesicht zu geben. Er fragte sie, ob sie damit einverstanden wäre, ihren Fall publik zu machen. Rosa Parks zögerte, weil sie wusste, dass sie damit nicht nur sich selbst, sondern auch ihren Ehemann und ihre Mutter in Schwierigkeiten bringen würde, aber am Ende willigte sie ein.

Als Jo Ann Robinson von dem neuen Vorfall hörte, schrieb sie sofort einen Handzettel, von dem sie noch in der Nacht am Alabama State College 35 000 Kopien zog. Sie rief die Afroamerikaner in Montgomery dazu auf, am 5. Dezember keine öffentlichen Busse zu benutzen.

2. Dezember 1955: Die Schlagzeile im »The Montgomery Advertiser« lautete »Negro Jailed for ›Overlooking‹ Bus Segregation«. An diesem Freitag benutzte Rosa Parks nicht den Bus, sondern rief den schwarzen Taxiunternehmer Felix Thomas an und ließ sich von ihm zur Arbeit bringen – wo ihr Chef John Ballgar gar nicht mit ihrem Erscheinen gerechnet hätte.

Übers Wochenende erfuhr man überall in der Stadt von der geplanten Aktion, denn die Zeitung »The Montgomery Advertiser« berichtete darüber auf der Titelseite, und die afroamerikanischen Geistlichen mobilisierten ihre Gemeinden.

5. Dezember 1955: Obwohl es regnete, benutzte kaum einer der 40 000 afroamerikanischen Bewohner von Montgomery einen Bus. Stattdessen bildeten sie Fahrgemeinschaften, stellten sich als Anhalter an den Straßenrand oder nahmen ein Taxi von einem der achtzehn von Afroamerikanern geführten Taxiunternehmen in Montgomery, die aus Solidarität nur den Preis einer Busfahrkarte verlangten. Viele Afroamerikaner gingen zu Fuß, nicht selten singend und in Gruppen. Die an diesem Tag von Motorradstreifen der Polizei eskortierten Busse blieben so gut wie leer.

Die einzigen beiden afroamerikanischen Rechtsanwälte in Montgomery, Fred Gray und Charles Langford, standen Rosa Parks zur Seite, als sie an diesem Vormittag vor Gericht erscheinen musste. In einer halbstündigen Verhandlung verurteilte der Richter sie zu einer Geldstrafe in Höhe von 10 Dollar. Außerdem musste sie 4 Dollar für die Gerichtskosten entrichten.

Am Nachmittag gründeten Organisatoren des Bus-Boykotts und andere Aktivisten der Bürgerrechtsbewegung die »Montgomery Improvement Association« (MIA) und wählten Martin Luther King jr., der seit 17. November Vater war, zum Präsidenten.

8. Dezember 1955: Martin Luther King und andere Vertreter der MIA verhandelten mit der Stadt und dem Busunternehmen, aber es kam auch nicht ansatzweise zu einer Einigung.

Eigentlich war der Boykott nur für einen Tag geplant gewesen, doch die Afroamerikaner machten weiter. Weil die Fahrgäste ausblieben, fuhren die Verkehrsbetriebe von Montgomery Tag für Tag Verluste ein. Die Geschäfte in Montgomery klagten über Umsatzeinbußen. Aufgebrachte Weiße bedrohten die Organisatoren des Boykotts anonym am Telefon. Weiße Frauen, die nicht auf die Dienste ihre afroamerikanischen Hausangestellten verzichten wollten und sie mit dem Auto abholten, wurden gemobbt. Die Polizei nahm Taxifahrer fest, die von Afroamerikanern nicht den vollen Fahrpreis verlangten, aber die Kirchen sammelten Geld und organisierten mit Freiwilligen zusätzliche Fahrdienste. Daraufhin wurden zwar die Versicherungen der dafür benutzten Fahrzeuge gekündigt, doch es gelang den Besitzern, neue Policen von anderen Versicherungsunternehmen zu bekommen.

7. Januar 1956: Das Warenhaus schräg gegenüber dem Rathaus von Montgomery, in dem Rosa Parks als Näherin beschäftigt war, schloss die Schneiderei, und sie verlor ihren Arbeitsplatz.

Mitte Januar 1956: Raymond Parks kündigte seine Stelle, weil der Besitzer des Friseursalons, in dem er arbeitete, jedes Gespräch über den Bus-Boykott und Rosa Parks verboten hatte.

26. Januar 1956: Die Polizei nahm Martin Luther King fest, weil er 5 Meilen pro Stunde zu schnell gefahren war. Als sich eine aufgebrachte Menschenmenge vor dem Gefängnis zusammenrottete, wurde er wieder freigelassen.

30. Januar 1956: Als Martin Luther King erfuhr, dass jemand auf sein Haus einen Sprengstoffanschlag verübt hatte, eilte er von der Kirche zu seiner Frau und seiner kleinen Tochter, um sich zu vergewissern, dass sie unverletzt waren.

31. Januar 1956: Eine Bombe explodierte vor Edgar Nixons Haus. Zum Glück wurde auch in diesem Fall niemand verletzt.

21. Februar 1956: Rosa Parks und achtundachtzig weitere Mitglieder der »Montgomery Improvement Association« wurden wegen des Boykotts angeklagt.

22. Februar 1956: Rosa Parks wurde erneut festgenommen. Damit sie gleich wieder freikam, stellte die MIA eine Kaution für sie.

19. März 1956: Im Prozess gegen die angeklagten Mitglieder der MIA wurde nur Martin Luther King verurteilt. Aber er brauchte weder die 500 Dollar Strafe zu bezahlen noch für 386 Tage ins Arbeitslager, weil seine Berufung gegen das Urteil erfolgreich war.

Mai 1956: Myles Horton, der Gründer der Highlander Folk School in Monteagle, lud Rosa Parks nach New York ein. Zum ersten Mal stieg sie in ein Flugzeug. In New York wurde sie Eleanor Roosevelt vorgestellt.

Die psychische Belastung war groß, denn Rosa Parks war es nicht gewohnt, in der Öffentlichkeit zu stehen. Als ein rassistischer Reporter sie bei einem Interview in San Francisco verbal attackierte, verlor sie die Nerven und weinte.

Juni 1956: Als Rosa Parks von ihrer Reise nach Montgomery zurückkehrte, erschrak sie, weil Raymond noch mehr trank als zuvor und unbezahlte Rechnungen auf dem Tisch lagen. Sie hatte zwar Reisespesen, aber keine Honorare für ihre Reden und Interviews bekommen. Virginia und Clifford Durr halfen ihr fürs Erste mit 600 Dollar aus. Trotz ihrer finanziellen Probleme unternahm Rosa Parks auch in den folgenden Monaten Reisen, um Geld für den Bus-Boykott zu sammeln.

19. Juni 1956: Das zuständige Bundesbezirksgericht erklärte die Gesetze des Staates Alabama über die Rassentrennung in öffentlichen Verkehrsmitteln für verfassungswidrig, aber dagegen riefen Rassisten den Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten an.

13. November 1956: Rosa Parks und ihre Mitstreiter erfuhren, dass der Supreme Court das Urteil bestätigt hatte.

20. Dezember 1956: Das schriftliche Urteil des Supreme Court traf ein: Die Rassentrennung in den Bussen von Montgomery musste aufgehoben werden.

21. Dezember 1956: Die Afroamerikaner beendeten nach 382 Tagen den Boykott. Martin Luther King, Edgar Nixon und andere Führer der »Montgomery Improvement Association« benutzten den ersten öffentlichen Bus in Montgomery ohne Rassentrennung. Reporter fragten sich zu Rosa Parks Adresse durch, holten sie ab und fotografierten sie in einem Bus, wobei einer der weißen Journalisten sich hinter sie setzte.


Dieter Wunderlich: AußerOrdentliche Frauen. © Piper Verlag 2009

Ein literarisches Porträt von Rosa Parks finden Sie in dem Buch
„AußerOrdentliche Frauen. 18 Porträts“ von Dieter Wunderlich.
Piper Verlag, München 2009 – Leseprobe


10. Januar 1957: Sprengstoffanschlag auf das Pfarrhaus des afroamerikanischen Geistlichen Ralph Abernathy in Montgomery.

1957: Heckenschützen schossen auf Busse. Eine Gruppe von Weißen versuchte, ein eigenes Busunternehmen zu gründen. Aber ihre Bemühungen scheiterten, und die Aggressionen flauten allmählich ab.

Der Bus-Boykott in Montgomery ermutigte die Afroamerikaner im ganzen Land zu weiteren gewaltfreien Aktionen. Durch den Erfolg, über den die Medien weltweit berichteten, wurde Rosa Parks zu einer Ikone der Bürgerrechtsbewegung in den USA (»Mother of the Civil Rights Movement«), und Martin Luther King jr. entwickelte sich zu einem ihrer weltbekannten Führer.

Juli 1957: Raymond Parks litt sehr unter den Morddrohungen, die er und seine Frau am Telefon erhielten. Sein Alkoholproblem hatte sich durch die Belastung verstärkt. Weil die Parks von den Rassisten als Störenfriede betrachtet wurden, konnten sie nicht damit rechnen, in Montgomery wieder einen Job zu finden. Dazu kam, dass Rosa sich über einige der afroamerikanischen Geistlichen ärgerte, die ihre Rolle und die anderer Frauen wie zum Beispiel die von Jo Ann Robinson herunterspielten. Rosa Parks sei nichts weiter als ein Mittel zum Zweck gewesen, behauptete Reverend Ralph Abernathy. Rosa Parks folgte deshalb mit ihrem Mann und ihrer Mutter einer Anregung ihres Bruders Sylvester, nach Detroit zu kommen. Im Haus von Daisy und Sylvester McCauley, die inzwischen dreizehn Kinder hatten, mussten sie einen Monat lang zu dritt in einem Zimmer schlafen. Dann konnten sie in ein Apartment ziehen.

Oktober 1957: Während eines Aufenthalts in Boston lernte Rosa Parks Alonzo G. Moron kennen, den Präsidenten von »Virginia’s Hampton Institute«, und er bot ihr die Stelle der Wirtin des Gästehauses an. Rosa Parks hätte die Aufgabe gern übernommen, aber ihr Ehemann wollte in Detroit bleiben, wo er vorhatte, einen eigenen Friseursalon zu eröffnen. Rosa Parks fand in Detroit wieder eine Stelle als Näherin, und sie trat weiterhin als Rednerin bei Bürgerrechts-Veranstaltungen auf.

23. Juni 1963: Martin Luther King kam nach Detroit und traf sich bei dieser Gelegenheit auch wieder mit Rosa Parks.

28. August 1963: Rosa Parks beteiligte sich am Civil Rights March nach Washington.

2. Juli 1964: US-Präsident Lyndon B. Johnson unterzeichnete das »Civil Rights Law«, das die Gleichberechtigung der Geschlechter, Rassen, ethnischen und religiösen Minderheiten endgültig vorschrieb.

1. März 1965: Rosa Parks beendete ihre Tätigkeit als Näherin in der Stockton Sewing Company und begann als Sekretärin für John Conyers (* 1929) zu arbeiten, einen führenden afroamerikanischen Bürgerrechtler, der 1964 ins US-Repräsentantenhaus gewählt worden war.

7. März 1965: Rosa Parks beteiligte sich am »Selma to Montgomery March«.

4. April 1968: Martin Luther King wurde in Memphis, Tennessee, von einem weißen Fanatiker erschossen. Rosa Parks reiste sofort nach Memphis. Harry Belafonte nahm sie im Privatflugzeug mit zur Trauerfeier in Atlanta. Dort wurde sie Robert und Ethel Kennedy vorgestellt.

1977: Raymond Parks erlag nach fünfjähriger Krankheit im Alter von vierundsiebzig Jahren einer Krebserkrankung. Drei Monate später starb Rosas Bruder Sylvester, ebenfalls an einem Karzinom. Und ihre krebskranke Mutter musste in ein Heim.

1978: Nachdem Rosa Parks ein Apartment in einem Seniorenheim in Detroit bekommen hatte, holte sie ihre Mutter wieder zu sich.

1979: Leona McCauley starb mit einundneunzig Jahren an Krebs.

1983: Für ihr Engagement in der Bürgerrechtsbewegung wurde Rosa Parks 1983 in die »Michigan Women’s Hall of Fame« aufgenommen.

1987: Rosa Parks gründete »The Rosa and Raymond Parks Institute for Self-Development« in Detroit, das Jugendlichen die Möglichkeit gibt, sich auf einer Busreise durch die USA mit der Geschichte der Bürgerrechtsbewegung zu beschäftigen (»Pathways to Freedom«).

30. September 1988: Rosa Parks gab ihre Beschäftigung für John Conyers auf.

Juni 1990: Als der südafrikanische Freiheitskämpfer Nelson Mandela nach seiner Freilassung aus dem Gefängnis die USA besuchte und auch nach Detroit kam, gehörte Rosa Parks zum Empfangskomitee und wurde von dem späteren südafrikanischen Staatspräsidenten herzlich umarmt.

Mai 1994: Auf Einladung von Daisaku Ikeda (* 1928), des Präsidenten der buddhistischen Religionsgemeinschaft Soka Gakkai International, flog Rosa Parks nach Tokio.

30. August 1994: Die Einundachtzigjährige hörte Geräusche in ihrem Haus und dann einen Mann rufen. Als sie nach unten ging, behauptete der in ihr Haus eingedrungene afroamerikanische Kleinkriminelle Joseph Skipper, er habe gerade einen Einbrecher ertappt und davongejagt. Dafür wollte er nun drei oder fünf Dollar. Offenbar ahnte er nicht, wer die Bewohnerin war. Als sie nach oben ins Schlafzimmer ging, um Geld zu holen, folgte er ihr, schlug sie ins Gesicht, warf sie aufs Bett und schüttelte sie, bevor er mit etwa 100 Dollar davonlief. – Der Überfall schockierte die Nation. Joseph Skipper wurde gefasst und am 8. August 1995 zu acht bis fünfzehn Jahren Haft verurteilt.

30. Mai 1998: Rosa Parks wurde bewusstlos in ihrem Apartment in Detroit aufgefunden und ins Harper Hospital gebracht. Sie erholte sich zwar wieder von dem Schlaganfall, aber von da an war sie auf einen Rollstuhl angewiesen.

Mai 1999: Nach mehreren anderen Auszeichnungen verlieh ihr US-Präsident Bill Clinton die Goldene Ehrenmedaille des Kongresses, und im selben Jahr zählte das Magazin »Time« die Sechsundachtzigjährige zu den hundert bedeutendsten Menschen des 20. Jahrhunderts.

Von dem Ruhm Rosa Parks versuchten auch Geschäftsleute zu profitieren. Sie verkauften beispielsweise Telefonkarten mit ihrem Foto. Ungewollt wurde sie zur Figur in einer Filmkomödie.

Frühjahr 1999: Weil sie um ihren Ruf fürchtete, klagte Rosa Parks gegen die Verwendung ihres Namens als Titel eines Songs. Ein Gericht wies die Klage jedoch am 18. November ab. Die Auseinandersetzung zog sich jahrelang hin, bis sich die Parteien am 15. April 2005 außergerichtlich einigten.

24. Oktober 2005: Die seit längerer Zeit an Altersdemenz erkrankte Bürgerrechtlerin Rosa Parks starb im Alter von zweiundneunzig Jahren in ihrem Apartment in Detroit.

29. Oktober 2005: Der nach Montgomery geflogene Sarg mit der Toten wurde dort in einem feierlichen Leichenzug zu einer Kirche gebracht und dort aufgebahrt.

30. Oktober 2005: Nach einer Trauerfeier in Montgomery transportierte man den Sarg nach Washington, D. C., und fuhr ihn in einem alten Bus ähnlich dem, den Rosa Parks am 1. Dezember 1955 in Montgomery benutzt hatte, zum Capitol, wo die Tote gemäß eines Beschlusses der beiden Häuser des Kongresses noch einmal aufgebahrt wurde. Diese seltene Ehre, die in der Regel US-Präsidenten und Regierungsmitgliedern vorbehalten ist, war vor ihr erst einem einzigen Afroamerikaner (Jacob Chestnut) und noch keiner Frau zuteil geworden. 50 000 Menschen zogen an ihrem Sarg im Capitol vorbei.

31. Oktober 2005: Nach einer Trauerfeier in der Bundeshauptstadt bahrte man Rosa Parks auch in Detroit auf.

2. November 2005: Rosa Parks wurde zwischen ihrer Mutter und ihrem Ehemann auf dem Woodlawn Friedhof in Detroit beigesetzt. US-Präsident George W. Bush hatte für diesen Tag Trauerbeflaggung angeordnet, und an den vorderen Sitzreihen der Busse in Detroit und Montgomery waren Trauerflore angebracht worden.

Der Bus, in dem Rosa Parks am 1. Dezember 1955 Geschichte geschrieben hatte, steht inzwischen im »National Civil Rights Museum« in Memphis. Die Cleveland Avenue in Montgomery, die der Bus damals befahren hatte, heißt heute Rosa Parks Boulevard.

© Dieter Wunderlich 2008

Rassismus in den USA

Rosa Parks: My Story
Douglas Brinkley: Rosa Parks. A Life
Dieter Wunderlich: AußerOrdentliche Frauen. 18 Porträts

Paula Fox - Was am Ende bleibt
Die Geschichte, die sich auf drei Nerven anspannende Tage erstreckt, wird vornehmlich aus der Sicht der Protagonistin erzählt. Der Stil von "Was am Ende bleibt" ist meistenteils unaufgeregt, wobei aber eine untergründige Emotion durchaus zu spüren ist.
Was am Ende bleibt