Schweigeminute

Schweigeminute

Schweigeminute

Originaltitel: Schweigeminute – Regie: Thorsten M. Schmidt – Drehbuch: André Georgi, Claudia Kratochvil, Thorsten M. Schmidt, nach der Novelle "Schweigeminute" von Siegfried Lenz – Kamera: Hannes Hubach – Schnitt: Andreas Althoff – Musik: Gert Wilden jr. – Darsteller: Julia Koschitz, Jonas Nay, Alexander Held, Uwe Preuss, Nina Petri, Johannes Allmayer, Henny Reents, Hermann Beyer, Thure Lindhardt u.a. – 2016; 90 Minuten

Inhaltsangabe

Der Abiturient Christian Voigt, Sohn eines Steinfischers an der Ostsee, verliebt sich in die neue Englisch-Lehrerin Stella Peter­sen. Sie verbrachte die letzten 14 Jahre in London und ist eine liberalere Gesell­schaft gewohnt. Das Getuschel der Dorfbewohner über ihre Beziehung mit einem Schüler kümmert sie zwar nicht weiter, aber ihre Anstellung möchte sie nicht verlieren. Für Christian ist diese erste – mit Glück ebenso wie mit Schmerz und Trauer verbundene – Liebeserfahrung auch ein Schritt auf dem Weg zum Erwachsenwerden ...
mehr erfahren

Kritik

Thorsten M. Schmidt verfilmte die Novelle "Schweigeminute" von Siegfried Lenz. Wie in der lite­ra­ri­schen Vorlage wird die Geschichte auch im Film konsequent aus der subjektiven Sicht des Jungen und in Form einer Rückblende erzählt.
mehr erfahren

Die Handlung spielt Ende der Fünfziger- oder Anfang der Sechzigerjahre. Wilhelm Voigt (Uwe Preuss) arbeitet in Hirtshafen an der Ostsee als Steinfischer. Das heißt, er senkt von einem Lastkahn aus Steine ins Meer, die zu Wellenbrechern aufgeschichtet werden. Sein 18-jähriger Sohn Christian (Jonas Nay) hilft ihm dabei in den Sommerferien. Kurz vor dem Beginn des letzten Schuljahrs für Christian am Lessing-Gymnasium taucht die neue Englisch-Lehrerin Stella Petersen (Julia Koschitz) am Hafen auf und schaut den Männern bei der Arbeit zu. Christian verliebt sich auf den ersten Blick in die junge Frau, die zwar in dem Fischerdorf aufwuchs, aber die letzten 14 Jahre in London lebte, zunächst als Au-pair-Mädchen, dann als Studentin und schließlich als Lehrerin. Nun ist sie zurückgekehrt, um nach ihrem alten und kranken Vater Johann Petersen (Hermann Beyer) schauen zu können. Ihre Beziehung mit einem Mann namens Colin in London ist ohnehin gescheitert.

Beim Hafenfest bedrängt der als Meerungeheuer verkleidete Steinfischer Ulrik Quedens (Thure Lindhardt) die attraktive Frau, beleidigt sie und versucht sie ins Wasser zu werfen. Aber sie wehrt sich, und Christian Voigt schlägt Ulrik Quedens nieder, um Stella Petersen aus dessen Umklammerung zu befreien. Frauke Bruns (Henny Reents), in deren Hotel Stella vorübergehend wohnt, wirft ihrer Jugendfreundin vor, die Menschen um ihren Spaß gebracht zu haben. Beim Dorffest sei es üblich, eine junge Frau ins Wasser zu werfen.

Am nächsten Morgen belädt Christian ein Boot mit Bojen, und als Stella zu ihm kommt, lädt er sie ein, mit ihm hinauszufahren. Während sie auf dem Wasser sind, zieht ein Unwetter auf. Christian steuert die Vogelinsel an. Die letzten Meter müssen sie schwimmen. Klatschnass suchen sie Zuflucht in der alten Hütte des Vogelwarts. Schüchtern setzt Christian sich neben die Lehrerin. Aber dann werden beide von ihren Gefühlen überwältigt. Sie reißen sich die nasse Kleidung vom Leib und lieben sich.

Im Unterricht wird Christian von Stella nicht weiter beachtet. Stella hat in London eine unkonventionellere Gesellschaft kennengelernt und trägt auch in Hirtshafen außerhalb der Schule Shorts statt Röcken, aber sie weiß, dass die Liebesbeziehung mit einem Schüler in dem Fischerdorf einen Skandal auslösen könnte. Das Getuschel der Leute und die Anspielungen ihres eifersüchtigen Kollegen Jürgen Kugler (Johannes Allmayer) kümmern sie zwar nicht weiter, ihre Anstellung möchte sie jedoch nicht verlieren. Deshalb trifft sie sich nur heimlich mit Christian. Aber sie werden von Ulrik Quedens gesehen.

Der Vogelwart hat sich ohne Nachfolger zur Ruhe gesetzt. Christian träumt davon, die Hütte auf der Vogelinsel als Liebesnest einzurichten. Er fordert seinen Vater auf, ihn für die Arbeit zu bezahlen. Seine Mutter Jutta (Nina Petri) verlangt zwar im Gegenzug einen finanziellen Beitrag des Sohnes für Kost und Logis, aber Christian kann die Hütte pachten. Obwohl Wilhelm Voigt von Ulrik Quedens und Jürgen Kugler auf die Beziehung der Lehrerin und des Schülers aufmerksam gemacht wurde, zeigt er Verständnis für den Sohn und sagt zu seiner Frau: „Manchmal bist du wehrlos und es passiert einfach.“ Und als Jutta Voigt ein Foto von Stella und Christian entdeckt, meint sie: „Ihr habt Gefallen aneinander, das sieht man.“

Frauke Bruns‘ kleine Tochter Sonja (Carlotta von Falkenhayn) schenkt Christian einen Bernstein, den sie am Strand fand. Darin sind eine Mücke und ein Käfer eingeschlossen; von einem Harztropfen aus dem Leben gerissen, sind sie für immer vereint.

Bei der Rückkehr von einem Segeltörn wird Stella vom Baum am Kopf getroffen und über Bord geschleudert. Christian sieht es vom Kai aus. Er springt sofort ins Wasser und taucht nach Stella. Sobald er sie an Land gezogen hat, wird sie mit dem Rettungswagen ins Kreiskrankenhaus gebracht.

Christian gehört zu einer vom Schulleiter (Alexander Held) angeführten Delegation, die Stella am Krankenbett besucht. Zu seinem Entsetzen reagiert die Patientin weder auf Worte noch Geschenke.

Nachts schreckt Christian aus einem Albtraum hoch. Er radelt zum Krankenhaus und schleicht sich in das Krankenzimmer, aber Stellas Bett ist leer.

Sie ist an ihrer schweren Kopfverletzung gestorben.

Während der Trauerfeier verlässt Christian die Kirche, eilt zum Hafen und fährt mit dem Boot hinaus, um an der Seebestattung der Asche wenigstens in einigem Abstand teilzunehmen. Als Blüten vorbeitreiben, lässt er sich rücklings über Bord fallen, um sich zu ertränken.

Unter Wasser glaubt er Stella zu sehen. Sie küsst ihn zum Abschied und sinkt dann weiter in die Tiefe, während Christian wieder auftaucht.

nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)

Thorsten M. Schmidt verfilmte die Novelle „Schweigeminute“ von Siegfried Lenz. Der Film und die literarische Vorlage drehen sich um die Liebe eines 18-jährigen Schülers zu einer jungen Lehrerin. Mit der Beziehung missachten sie die Konventionen in der engen Welt eines Fischerdorfs an der Ostsee. Für Christian ist diese erste – mit Glück ebenso wie mit Schmerz und Trauer verbundene – Liebeserfahrung auch ein Schritt auf dem Weg zum Erwachsenwerden.

Wie Siegfried Lenz erzählt auch Thorsten M. Schmidt die Geschichte konsequent aus der subjektiven Perspektive des Jungen Christian. Der Film „Schweigeminute“ beginnt mit Stellas Unfall. Dann wird der Schriftzug „Drei Wochen zuvor“ eingeblendet: Christian ruft sich die Ereignisse der letzten Wochen noch einmal in Erinnerung und kommentiert:

Eine einzige Minute kann alles bedeuten – einen flüchtigen Moment und eine ganze Ewigkeit. Wenn ein Unglück geschieht oder ein großes Glück, dann vergeht die Zeit anders als sonst. Sie rast, sie bleibt stehen, sie dehnt sich unendlich aus. Nur zurückdrehen lässt sie sich nicht.

André Georgi, Claudia Kratochvil und Thorsten M. Schmidt halten sich an den Aufbau und die Grundzüge der Novelle „Schweigeminute“ von Siegfried Lenz. Ebenso wie der Schriftsteller zeigen sie das Geschehen, ohne es zu interpretieren oder psychologisch zu erklären. In den einzelnen Szenen orientieren sie sich allerdings nur locker an der Vorlage.

Julia Koschitz und Jonas Nay spielen die beiden Hauptrollen sehr überzeugend.

Bemerkenswert ist auch die auf das Zeitkolorit verwandte Sorgfalt der Filmemacher.

Die Dreharbeiten für „Schweigeminute“ fanden vom 2. September bis 5. Oktober 2015 auf der Insel Bornholm, an der Ostseeküste, in Berlin und Umgebung statt.

Titel aus der Filmmusik: „Mr Sandman“ (The Chordettes), „Teenager in Love“ (Dion and the Belmonts), „Diana“ (Paul Anka), „Bird Song“ (The Everly Brothers), „Beyond under the Sea“ (Bobby Darin), „Runaway“ (Del Shannon).

nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)

Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2016

Siegfried Lenz: Schweigeminute

Elisabeth Florin - Commissario Pavarotti trifft keinen Ton
Mit überbordender Fabulierlaune und spürbarer Liebe zu Südtirol ent­wickelt Elisabeth Florin eine unter­halt­same Kriminalgeschichte. Allerdings sind einige Zusammen­hänge in dem überfrachteten Krimi "Commissario Pavarotti trifft keinen Ton" unplausibel.
Commissario Pavarotti trifft keinen Ton

 

(Startseite)

 

Nobelpreis für Literatur

 

Literaturagenturen

 

Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.