Weimarer Klassik


Unter dem Begriff „Klassik“ (von lat. classicus: zur ersten Steuerklasse gehörig) versteht man die höchste Blüte einer Nationalkultur im Allgemeinen und die Höhepunkte der antiken Kulturen in Griechenland (griechische Klassik) bzw. Rom (römische Klassik) im Besonderen.

Als Weimarer Klassik (auch: Deutsche Klassik, Hochklassik) gilt in der Literaturgeschichte die Zeit von 1794 bis 1805, vom Beginn der Freundschaft zwischen Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller bis zu Schillers Tod. Die von dem Publizisten Heinrich Laube (1806 – 1884) 1839 geprägte Bezeichnung „Weimarer Klassik“ wurde durch den Literaturhistoriker Hermann Hettner (1821 – 1882) verbreitet. Leitbild der Weimarer Klassik war der (humanistisch) gebildete, maßvoll und human handelnde, im Einklang mit Natur und Gesellschaft lebende Mensch. Die Kunst, der in der Weimarer Klassik grundlegende Bedeutung zukam, sollte das Allgemeingültige herausarbeiten und die Spannung zwischen dem Ideal und der Wirklichkeit darstellen.

Epochenmerkmale der Weimarer Klassik bilden die Aneignung des antiken Kunstideals, die Ästhetisierung der Wirklichkeit und die – in der Frühaufklärung begonnene – anthropozentrische Deutung der Welt. Das ästhetische Credo besteht auf der Autonomie der Kunst, die ihre Eigenschaft erschafft. Die Dichtung will die Konstanten des Menschlichen demonstrieren und transparent sein für das Typische, das Goethe an der Natur, Schiller an der Geschichte abliest. Der Wille zur poetologischen Gesetzgebung gründet in einem Ethos, das auf Maß, Ausgleich und Einordnung ins gesellschaftliche Ganze ausgeht. In der Weimarer Klassik findet der Wunschgedanke der Humanität und der allseits gebildeten Persönlichkeit seine angemessenste Kunstform; ihre zentralen Themen sind die Kollision der unbedingten Leidenschaft mit dem bedingenden Ordo, die Freisetzung des Ideellen durch das am wertblinden Reellen tragisch scheiternde Individuum und das Zerbrechen des exponierten Subjekts an den Gegenkräften der Geschichte wie am eigenen Unmaß. Die Weimarer Klassik vollendete die von G. E. Lessing ausformulierte Aufklärung; in ihr gipfelte die europäische Antikerezeption. (Harenbergs Lexikon der Weltliteratur, Dortmund 1989, Band 5, S. 3043f)

© Dieter Wunderlich 2007

Johann Wolfgang von Goethe (Kurzbiografie)
Friedrich Schiller (Kurzbiografie)
Rüdiger Safranski: Goethe & Schiller. Geschichte einer Freundschaft

Georg M. Oswald - Vorleben
In seinem Roman "Vorleben" beschäftigt sich Georg M. Oswald mit der Frage, wie viel man in einer neuen Liebesbeziehung über den Partner bzw. die Partnerin erfahren sollte. Das Buch beginnt als Liebesgeschichte, mutiert dann zu einer grüblerischen Studie und endet als Psychothriller. Zugleich kann man es als Milieustudie und Großstadtroman lesen.
Vorleben