Open Hearts

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Open Hearts

Open Hearts / TV-Titel: Für immer und ewig - Originaltitel: Elsker dig for evigt - Regie: Susanne Bier - Drehbuch: Anders Thomas Jensen - Kamera: Morten Søberg - Schnitt: Pernille Bech Christensen - Musik: Jesper Winge Leisner - Darsteller: Sonja Richter, Mads Mikkelsen, Paprika Steen, Nikolaj Lie Kaas, Stine Bjerregaard u.a. - 2002; 115 Minuten

Inhaltsangabe

Durch einen Verkehrsunfall wird der Student Joachim vom Hals abwärts gelähmt. Weder er noch seine Freundin Cecilie wissen, mit der neuen Situation umzugehen. Aus der Fürsorge des Arztes Niels – dessen Ehefrau Joachim anfuhr – entwickelt sich allmählich eine Liebesbeziehung zwischen ihm und Cecilie. Joachim beginnt sich mit seinem Schicksal abzufinden, aber auch Cecilie, Niels und Marie müssen sich neu orientieren.
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Kritik

Susanne Bier verzichtet in "Open Hearts" auf Kulissen, künstliches Licht und überhaupt alle Illusionstricks aus Hollywood. Das Ergebnis ist ein eindringliches, von hervorragenden Schauspielern getragenes Drama über die Zerbrechlichkeit von Liebe und Leben.
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Kopenhagen. Die 23-jährige Köchin Cecilie (Sonja Richter) und der Geographie-Student Joachim (Nikolaj Lie Kaas) wollen heiraten. Vorher plant er noch eine Bergtour in Patagonien und beruhigt Cecilie: da sei es auch nicht gefährlicher als in ihrer Küche.

Sie fahren zusammen in die Stadt. Joachim steigt aus; Cecilie muss noch ein Stück weiter. Sie verabschieden sich. Dann öffnet Joachim noch einmal die Tür, um sie zu küssen. Als er zurück auf die Straße tritt, wird er von einem anderen Auto erfasst.

Marie (Paprika Steen) sitzt am Steuer des anderen Wagens. Sie war gerade mit ihrer Beifahrerin, ihrer Tochter Stine (Stine Bjerregaard), in Streit geraten, und das Mädchen hatte sie aufgefordert, mehr Gas zu geben. Marie sah Joachim nicht, sie hörte nur den Knall.

Cecilie wartet im Krankenhaus, während Joachim stundenlang operiert wird. Marie wird mit einem Schockzustand in dasselbe Krankenhaus eingeliefert, und ihr Ehemann Niels (Mads Mikkelsen), der dort als Arzt arbeitet, kümmert sich um sie. Sie erzählt ihm, was geschehen ist und bittet ihn, sich um die Freundin des Verletzten zu kümmern.

Er findet Cecilie in der Wartehalle, stellt sich vor und gibt ihr seine Karte mit der Privatnummer für den Fall, dass sie Hilfe braucht.

Joachim ist vom Hals abwärts gelähmt. In seiner Hilflosigkeit fühlt er sich durch Cecilies Besuche, ihre Küsse und ihr Mitleid gedemütigt und reagiert aggressiv. Schließlich schickt er sie fort und sagt den Schwestern, er wolle Cecilie nicht mehr sehen. Sie kann es nicht glauben, besucht ihn trotz des Verbots, legt sich weinend auf seinen Körper und versucht verzweifelt, seine schlaffen Arme um sich herumzulegen. Ein von den Schwestern alarmierter Arzt führt sie hinaus.

Cecilie, die – irritiert durch das Verhalten Joachims – inzwischen mehrmals mit Niels gesprochen hat, ruft den Arzt mitten in der Nacht an und bittet ihn verzweifelt, zu ihr zu kommen. Marie drängt ihren Mann, der jungen Frau beizustehen. Sie fühlt sich schuldig, obwohl ihr verkehrsrechtlich nichts vorzuwerfen ist.

Aus der ärztlichen Fürsorge entwickelt sich allmählich eine Liebesbeziehung. Niels hat seine Frau bis dahin noch nie betrogen. Er ist glücklich verheiratet und hat eine Tochter und zwei Söhne. Heimlich trifft er sich mit Cecilie in ihrer Wohnung und kauft ihr schließlich ein Sofa, zwei Lampen und ein Doppelbett.

Die Rechnung wird von seiner argwöhnischen Tochter Stine gefunden. Vor dem in der Lieferadresse angegebenen Mietshaus lauert sie ihm auf, stellt ihn zur Rede und läuft davon. Während Marie sich Sorgen um Stine macht, läutet diese bei Cecilie und fordert sie barsch auf, ihren Vater in Ruhe zu lassen. Cecilie geht auf sie ein und spricht mit ihr. Stine macht sich Vorwürfe, weil sie die Mutter aufgefordert hatte, schneller zu fahren. Als Marie kurz darauf einen Anruf von Cecilie erhält und erfährt, dass ihre Tochter bei ihr ist, wundert sie sich und fragt ihren Mann, was das zu bedeuten habe. Dann begreift sie, und Niels leugnet nicht, mehrmals mit Cecilie geschlafen zu haben. Marie holt Stine bei Cecilie ab und möchte Niels verzeihen. Der verlässt aber seine Familie und zieht zu seiner Geliebten.

Während sich Niels und Cecilie in den Armen liegen, ruft eine Krankenschwester an: Joachim habe seine Meinung geändert und wolle seine Freundin jetzt gern sehen. Sofort steht sie auf, zieht sich an und eilt ins Krankenhaus. Nun sitzt sie wieder tagelang an seinem Bett.

Niels quartiert sich bei einem Kollegen ein. Als der ihn zu beruhigen versucht, indem er versichert, Marie werde ihn bestimmt nach einiger Zeit wieder bei sich aufnehmen, entgegnet er gallig: „Du weißt doch gar nicht, ob ich Marie zurückgewinnen möchte.“

Als Joachim auffällt, dass Cecilie mit den Gedanken anderswo ist, macht er ihr klar, dass eine Heirat nicht mehr in Frage kommt. Er gibt sie frei und bittet sie nur darum, ihn noch einige Zeit hin und wieder zu besuchen.

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Ein Verkehrsunfall ereignet sich. Niemand ist ein Vorwurf zu machen: es handelt sich um ein Unglück, einen banalen Zufall. Genauso zeigt Susanne Bier das Ereignis: Es passiert einfach, ohne Ankündigung durch Zwischenschnitte, eine entsprechende Hintergrundmusik oder auch nur eine Änderung des Erzähltempos. Die Folgen sind verheerend: Der Student Joachim ist vom Hals abwärts gelähmt. Weder er noch seine Freundin Cecilie wissen, mit der neuen Situation umzugehen. Marie, die Frau, die Joachim anfuhr, bittet ihren Mann Niels, der als Arzt dafür prädestiniert ist, sich um Cecilie zu kümmern. Als er bei einem Gespräch mit ihr zwei Äpfel auspackt, ihr einen davon reicht, und sie beide von den Äpfeln essen, deutet sich an, dass aus der ärztlichen Fürsorge allmählich eine Liebesbeziehung wird. Schließlich trennt Niels sich von seiner Familie, aber auch bei Cecilie zieht er kurz danach wieder aus. Die Ordnung ist zerstört, alle Beziehungen sind zerrüttet. Joachim beginnt sich mit seinem Schicksal abzufinden, aber auch Cecilie, Niels und Marie müssen sich neu orientieren.

Eine Sekunde Unaufmerksamkeit, ein nicht vorhersehbares Ereignis hat das Leben aller Beteiligten von Grund auf verändert.

Susanne Bier gibt in „Open Hearts“ (Kino-Titel) bzw. „Für immer und ewig“ (TV-Titel) nicht vor, Antworten zu haben.

Dem „Dogma“ entsprechend, verzichtet Susanne Bier in „Open Hearts. Für immer und ewig“ auf Kulissen, künstliches Licht und überhaupt alle Illusionstricks aus Hollywood. Das Ergebnis ist ein eindringlicher und von hervorragenden Schauspielern getragenes Drama über die Zerbrechlichkeit von Liebe und Leben.

„In ‚Open Hearts‘ beschreiben wir nicht die äußeren Effekte des Dramas“, erläutert Susanne Bier. „Wir hätten den Film mit Martinshörnern und Ambulanzen vollstopfen können, aber das interessierte uns nicht. Wir wollten die inneren Veränderungen aufzeigen. […] Was passiert, wenn die Richtung, von der du glaubst, dass sich dein Leben hinbewegt, auf einmal zur Sackgasse wird?“

Susanne Bier (*1960) studierte in Jerusalem Kunst und Design und in London Architektur, bevor sie sich an der Nationalen Filmschule in Kopenhagen für das Fach Regie einschrieb. Mit ihrem Abschlussfilm (1987) gewann sie den ersten Preis beim Internationalen Festival der Filmhochschulen in München.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2003

Dogma 95

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