Zwei Tage, eine Nacht

Zwei Tage, eine Nacht

Zwei Tage, eine Nacht

Zwei Tage, eine Nacht – Originaltitel: Deux jours, une nuit – Regie: Jean-Pierre Dardenne und Luc Dardenne – Drehbuch: Jean-Pierre Dardenne und Luc Dardenne– Kamera: Alain Marcoen – Schnitt: Marie-Hélène Dozo – Darsteller: Marion Cotillard, Fabrizio Rongione, Catherine Salée, Christelle Cornil, Timur Magomedgadzhiev, Serge Koto, Batiste Sornin, Olivier Gourmet, Hicham Slaoui, Hassaba Halibi u.a. – 2014; 95 Minuten

Inhaltsangabe

Während Sandra krankgeschrieben ist, bietet ihr Abteilungsleiter den Kolleginnen und Kollegen für die Zustimmung zu Sandras Entlassung eine Prämie an. Bis auf zwei votieren alle für die Prämie, denn sie können das Geld gut gebrauchen, zum Beispiel für dringende Anschaffungen oder das Studium der Tochter. Sandra erreicht, dass die Abstimmung wiederholt werden soll und nutzt das Wochenende davor, um möglichst viele Kollegen aufzusuchen. Die von ihr Angesprochenen reagieren recht unterschiedlich ...
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Kritik

Mit einem vielleicht etwas zu schlichten Sozialdrama veranschau­lichen Jean-Pierre und Luc Dardenne die Entsolidarisierung in der neo­liberalen Gesellschaft. Getragen wird "Zwei Tage, eine Nacht" von der Hauptdarstellerin Marion Cotillard.
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Sandra (Marion Cotillard) und ihr Ehemann Manu (Fabrizio Rongione) wohnen mit den beiden kleinen Kindern Estelle (Pili Groyne) und Maxime (Simon Caudry) seit einiger Zeit im eigenen Haus. Die Raten können sie nur bezahlen, weil sie beide Geld verdienen. Manu arbeitet als Koch in einem Imbiss, und Sandra ist in einem mittelständischen Betrieb der Solarindustrie angestellt. Weil sie unter Depressionen leidet, ist sie allerdings seit einiger Zeit krankgeschrieben.

An einem Freitag erfährt sie durch einen Anruf ihrer Kollegin Juliette (Catherine Salée), dass der Abteilungsleiter, Monsieur Dumont (Batiste Sornin), während Sandras Abwesenheit zu dem Schluss kam, 16 statt 17 Mitarbeiter würden ausreichen. Deshalb, und weil das Unternehmen durch die chinesische Konkurrenz unter Druck steht, schlug er vor, Sandra zu entlassen. Den anderen 16 Mitarbeitern bot er für diesen Fall eine einmalige Prämienzahlung von 1000 Euro pro Person an. Unter dem Einfluss des Vorarbeiters Jean-Marc (Olivier Gourmet) votierten alle bis auf Juliette und Robert (Gianni La Rocca) für die Prämie – also für Sandras Entlassung.

Manu und Juliette drängen Sandra, sich das nicht gefallen zu lassen. Die beiden Frauen passen Monsieur Dumont am Firmenparkplatz ab und überreden ihn, die Abstimmung am Montagmorgen zu wiederholen.

Noch am Freitagabend beginnt Sandra, Adressen von Kolleginnen und Kollegen herauszusuchen, bei ihnen anzurufen und zu klingeln. Die Bemühungen setzt sie am Wochenende fort. Mehrmals will sie aufgeben, aber Manu gelingt es ebenso häufig, sie zum Weitermachen zu motivieren. Nachdem sie aus Verzweiflung eine ganze Handvoll Antidepressiva geschluckt hat, bringt Manu sie ins Krankenhaus, und nach einem kurzen Aufenthalt dort schöpft sie neue Hoffnung.

Sandra bettelt nicht und versucht auch niemanden zu überreden. Die Reaktionen der Kolleginnen und Kollegen sind recht unterschiedlich. Kader (Ben Hamidou) verspricht am Telefon, am Montag für sie zu stimmen. Nadine (Fabienne Sciascia) lässt sich von ihrer Tochter an der Gegen­sprech­anlage verleugnen. Der Afroamerikaner Alphonse (Serge Koto) befürchtet, von den anderen angefeindet zu werden, wenn er für Sandra stimmt. Timur (Timur Magomedgadzhiev) schämt sich, weil er am Freitag für die Prämie votierte und will es wieder gutmachen. Alle könnten sie die Prämie gut gebrauchen. Willy (Alain Eloy) und seine Frau (Lara Persain) wüssten nicht, wie sie ohne das Geld das Studium ihrer Tochter finanzieren könnten. Yvon (Philippe Jeusette) und sein Sohn Jérôme (Yohan Zimmer) arbeiten beide in der betroffenen Abteilung. Als Yvon Verständnis für Sandra zeigt, rastet Jérôme aus und schlägt ihn zu Boden. Ähnlich ist es bei der Kollegin Anne (Christelle Cornil): Sie wird von ihrem Ehemann (Donovan Deroulez) zurück ins Haus gezerrt, als sie mit Sandra reden will. Aber sie trennt sich daraufhin von ihm und unterstützt Sandra.


Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.


Bei der Abstimmung am Montag, an der weder Sandra noch der Vorarbeiter Jean-Marc teilnehmen, votieren acht Personen für die Prämie und acht gegen Sandras Entlassung.

Obwohl Sandra damit eine Mehrheit für ihren Verbleib im Unternehmen verfehlt hat, zeigt sich Monsieur Dumont beeindruckt. Er bietet ihr deshalb an, sie in ein paar Monaten, wenn Alphonses befristetes Arbeitsverhältnis ausläuft, wieder einzustellen, statt dessen Vertrag zu verlängern. Sandra will jedoch ihrem Kollegen nicht schaden und verzichtet darauf.

Trotz der Entlassung fühlt sie sich nicht niedergeschlagen, denn sie ist froh, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.

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Mit einer einfachen Versuchsanordnung veranschaulichen die Brüder Jean-Pierre Dardenne und Luc Dardenne in dem Sozialdrama „Zwei Tage, eine Nacht“ die Entsolidarisierung in der neoliberalen Gesellschaft. (Dass in einem Industriebetrieb die Mitarbeiter darüber abstimmen, ob eine Kollegin entlassen werden soll und man ihnen für eine mehrheitliche Zustimmung eine Prämie verspricht, wäre allerdings zumindest in Deutschland nicht mit geltendem Recht vereinbar.)

„Zwei Tage, eine Nacht“ ist ein bewusst schlichter Film, mit dem die Brüder Dardenne das moderne Wirtschafts- und Wertesystem als inhuman anprangern. Gleichzeitig nutzen sie Sandras Odyssee für ein Panorama verschiedener kleinbürgerlicher Verhältnisse.

Getragen wird „Zwei Tage, eine Nacht“ von der Hauptdarstellerin Marion Cotillard.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2015

Jean-Pierre und Luc Dardenne (Kurzbiografie / Filmografie)

Jean-Pierre und Luc Dardenne: Der Sohn
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Jonathan Littell - Die Wohlgesinnten
Das Besondere an dem Roman "Die Wohlgesinnten" ist neben der Täterperspektive die ungeheure Fülle von Tatsachen, die Jonathan Littell in die Handlung eingewebt hat. Damit liefert er ein monströses Panorama.
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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.