Mord in Barcelona

Mord in Barcelona

Mord in Barcelona

Mord in Barcelona – Originaltitel: Un papillon sur l'épaule – Regie: Jacques Deray – Drehbuch: Jean-Claude Carrière und Tonino Guerra nach dem Roman "The Velvet Well" von John Gearon – Kamera: Jean Boffety, Jean Charvein – Schnitt: Henri Lanoë – Musik: Claude Bolling – Darsteller: Lino Ventura, Claudine Auger, Paul Crauchet, Jean Bouise, Nicole Garcia, Roland Bertin, Xavier Depraz Xavier Depraz, Dominique Lavanant, José Lifante, Jacques Maury, Laura Betti u.a. – 1978; 95 Minuten

Inhaltsangabe

Nach zwei Monaten auf See will Roland Fériaud ein paar Tage mit seiner Frau Sonia in Barcelona verbringen. Im benachbarten Hotelzimmer entdeckt er ein Mordopfer, aber bevor er etwas unternehmen kann, erhält er einen Schlag auf den Kopf. Als er wieder zu sich kommt, erklärt ihm ein Arzt, man habe ihn überfallen und ausgeraubt, alles andere bilde er sich ein. Der Arzt und geheimnisvolle Anrufer fragen ihn immer wieder nach einem Handkoffer, von dem er nichts weiß. Vergeblich versucht Fériaud, die Situation zu durchschauen ...
mehr erfahren

Kritik

Bei "Mord in Barcelona" handelt es sich um die Verfilmung des Romans "The Velvet Well" von John Gearon. Jacques Deray verblüfft die Zuschauer bis zum Schluss durch ebenso unerwartete wie rätselhafte Wendungen.
mehr erfahren

Nach zwei Monaten auf See geht der französische Matrose Roland Fériaud (Lino Ventura) in Barcelona an Land. Bis zum nächsten Auslaufen des Schiffs will er eine Woche in der katalanischen Stadt verbringen. In drei Tagen erwartet er auch seine Frau Sonia (Nicole Garcia).

In der Hotelhalle fällt ihm eine blonde Frau auf (Claudine Auger). Bevor er einen Stadtbummel macht, will er nur kurz sein Gepäck ins Zimmer bringen, aber als er aus dem Nebenzimmer ein Stöhnen hört, schiebt er die Tür auf und sieht einen Mann auf dem Bett liegen, der soeben gestorben ist. Augenscheinlich wurde er ermordet. Bevor Fériaud etwas unternehmen kann, erhält er von hinten einen heftigen Schlag auf den Kopf.

In einem Sanatorium kommt er wieder zu sich. Ein Arzt (Jean Bouise) fragt ihn aus, behauptet jedoch, Fériaud leide aufgrund der Kopfverletzung unter Wahnvorstellungen. Er sei im Hotel gar nicht in einem anderen Zimmer als seinem eigenen gewesen und habe ohnmächtig auf dem Korridor gelegen, als man ihn fand. Offenbar handele es sich um einen Raubüberfall. Fériaud könne im Hotel anrufen und man werde ihm bestätigen, dass es keinen Toten und schon gar keinen Mord gegeben habe. Mehrmals fragt der Arzt nach einem Handkoffer, aber Fériaud besitzt keinen.

Er geht durch das Sanatorium. Außer dem Arzt, einer Krankenschwester und ihm scheint niemand da zu sein. In einem Krankenzimmer liegt eine lebensgroße Puppe im Bett. Während Fériaud sich darüber wundert, tritt ein Patient hinter einem Wandschirm hervor und beschwert sich über den Eindringling. Der Arzt, der ins Zimmer kommt, stellt die Herren einander vor. Der andere Patient heißt Raphaël (Paul Crauchet) und spricht mit einem Schmetterling, von dem er glaubt, er sitze auf seiner Schulter.

An dem Tag, für den Sonia Fériaud ihre Ankunft in Barcelona angekündigt hat, wird Roland Fériaud aus dem Sanatorium entlassen, und die Krankenschwester fährt ihn zum Bahnhof, damit er seine Frau abholen kann. Er nimmt nun allerdings mit ihr ein anderes Hotelzimmer. Sonia fragt, was mit ihm los sei, aber er erzählt ihr nichts von seinen seltsamen Erlebnissen. Stattdessen bricht er auf, um seine Sachen aus dem ersten Hotel zu holen.

Während er an der Rezeption steht, hört er eine Señora Carrabo (Laura Betti) nach ihrem Ehemann Miguel (Xavier Depraz) fragen. Der habe sich hier im Hotel ein Zimmer genommen, sagt sie, und sich seither nicht mehr gemeldet. Der Angestellte am Empfang schaut in den Unterlagen nach und erklärt ihr dann, ein Miguel Carrabo sei nie hier aufgetaucht. Fériaud eilt der Frau auf der Straße nach und lässt sich den Vermissten beschreiben. Dann rät er ihr, zur Polizei zu gehen, denn er ist sicher, dass es sich um den Toten handelt, den er im Nebenzimmer sah. (Das verrät er ihr jedoch nicht.)

Zurück im Hotel, heißt es, ein Gast habe nach ihm gefragt. Fériaud geht hinauf in das angegebene Zimmer – und stößt auf ein weiteres Mordopfer. Das Telefon klingelt. Man sagt ihm, er solle mit dem Handkoffer auf die Straße kommen und in den bereitstehenden Mercedes steigen. Verwechselt man ihn mit dem Toten? Fériaud nimmt den Lieferantenausgang. Tatsächlich parkt ein Mercedes vor dem Hotel. Auch ein Mann, der im Treppenhaus das Geländer und Spiegel putzte, wartet offenbar auf ihn. Neben Fériaud hält die blonde Frau, die ihm beim ersten Betreten des Hotels auffiel und fordert ihn zum Einsteigen in ihren Wagen auf. Während der Fahrt fragt sie ihn, wohin er wolle, und er lässt sich von ihr zur Präfektur bringen, um zwei Morde zu melden.

Aber der Kommissar (Jose Ruiz Lifante) scheint ihm nicht zu glauben.

Von einer Telefonzelle aus ruft Fériaud Sonia im Hotelzimmer an. Sie solle sofort packen, sie müssten so schnell wie möglich weg, meint er. Da klopft es an ihrer Tür. Sonia legt kurz den Hörer weg, um zu öffnen – und meldet sich dann nicht mehr.

Als Fériaud hinkommt, erfährt er, dass Sonia das Hotel in Begleitung einer anderen Frau und eines Mannes verließ und in einen Krankenwagen stieg. Ein Anruf bestätigt Fériauds Verdacht, dass sie entführt wurde: Im Austausch gegen seine Frau verlangt man von ihm seinen Handkoffer.

Fériaud kehrt in das Sanatorium San José zurück. Raphaël beschwert sich darüber, dass man ihn ganz allein gelassen habe und fordert ihn auf, in den Keller zu gehen. Dort liegt eine der beiden Leichen, die Fériaud im Hotel entdeckte.

Da er hörte, in welchem Hotel Señora Carrabo wohnt, fällt es ihm nicht schwer, sich mit ihr in Verbindung zu setzen und sich mit ihr zu treffen. Seinen Rat, zur Polizei zu gehen, hat sie nicht befolgt. Das sei besser so, meint sie, denn Miguel war als Kurier unterwegs. Vor ein paar Tagen kam sie mit ihm in Barcelona an, und bevor Miguel am Bahnhof in ein Taxi stieg, überließ er ihr seinen Handkoffer, den sie dann in ein Schließfach stellte. Der Handkoffer! Fériaud will nachsehen, was er enthält. Weil Señora Carrabo befürchtet, dass sie observiert werden, vereinbart sie mit ihm, dass sie getrennt zum Bahnhof fahren.

Fériaud ist vor ihr dort. Er sieht sie kommen, aber sie betritt den Bahnhof nicht. Drei kleine Jungen bringen ihm den Schließfachschlüssel. Als Fériaud wieder hinausschaut, sieht er, wie Señora Carrabo von einem Auto totgefahren wird.

Nachdem Fériaud den Handkoffer aus dem Schließfach und mit ins Hotel genommen hat, wird ihm eine Adresse genannt, wo er ihn abgeben soll. Dort fordert ihn jemand auf, den Koffer auf den Boden zu stellen und zu gehen. Stattdessen schleudert Fériaud den Koffer durchs Fenster. Man schlägt ihn nieder. Als er nach wenigen Augenblicken wieder zu sich kommt und aus dem Fenster schaut, sieht er jemanden mit dem Koffer in ein Auto steigen und davonrasen. Zwei weitere Autos stehen mit aufgerissenen Türen da, und es liegen Tote bzw. Sterbende auf dem Boden. Auch der Arzt und die blonde Frau, die Fériaud nach der Entdeckung der zweiten Leiche im Auto mitnahm, sind darunter.


Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.


In einem Krankenwagen findet Féraud seine Frau.

Sie wenden sich an den französischen Konsul (Roland Bertin). Der stellt ihnen Señor Goma (Jacques Maury) vor, der die Ermittlungen leitet. Féraud hat seine Aussage zuvor auf Band aufgenommen. Nach dem Abspielen wird Sonia befragt. Sie sagt, ein mit einem Revolver bewaffneter Mann und eine Frau hätten sie gezwungen, mit ihnen das Hotel zu verlassen und in einen Krankenwagen zu steigen. Dann habe sie das Bewusstsein verloren und sei erst wieder zu sich gekommen, als ihr Mann die Tür aufriss. Goma zeigt deutlich, dass er das nicht glaubt. Außerdem erklärt er Féraud, dass es sich bei der Institution San José weder um ein Sanatorium noch um eine psychiatrische Klinik handele, sondern um ein vor längerer Zeit aufgegebenes Entbindungsheim. Der Konsul meint, Féraud habe sich das alles aufgrund des Schlages auf den Kopf eingebildet. Bevor er die beiden Besucher entlässt, nimmt er allerdings das Tonband an sich.

Ein Hotelgast, der fortwährend seine Begleiterin beschimpfte, eilt mit dem Handkoffer zum Bahnhof, verabschiedet sich von ihr und fährt weg.

Raphaël irrt im Schlafanzug durch die Straßen.

Féraud bringt Sonia zum Zug nach Frankreich. Er hat jemanden gefunden, der auf dem Schiff für ihn einspringt und will in ein oder zwei Tagen nachkommen.

Aber in einer Straße wird an diesem 17. März auf ihn geschossen. Passanten gehen stundenlang an dem Toten vorbei, ohne ihn weiter zu beachten. Die Ermittlungen werden nach vier Tagen eingestellt.

nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)

Unter dem Titel „Un Papillon sur l’épaule“ – deutsch: „Mord in Barcelona“ – verfilmte Jacques Deray den 1946 von dem amerikanischen Schriftsteller John Gearon (1885 – 1970) veröffentlichten Roman „The Velvet Well“.

Es scheint sich um einen Thriller zu handeln, aber wer davon ausgeht, dass am Schluss wie üblich eine Auflösung erfolgt, wird enttäuscht sein. Zwei verschiedene Gruppen, von denen zumindest eine bis in höchste Kreise vernetzt ist, scheuen keine Verbrechen, um in den Besitz eines bestimmten Handkoffers zu gelangen, aber wer dazu gehört bleibt ebenso unklar wie der Grund dafür, zumal wir nicht einmal erfahren, was sich in dem Handkoffer befindet, um den sich alles dreht. Das Ende von „Mord in Barcelona“ ist verstörend.

Jacques Deray entwickelt die kafkaeske Handlung ruhig und unaufgeregt. Immer wieder verblüfft er die Zuschauer durch ebenso unerwartete wie rätselhafte Wendungen. Ratlos verfolgen sie, wie der von Lina Ventura überzeugend gespielte Protagonist Roland Fériaud vergeblich versucht, die Situation zu begreifen.

„Mord in Barcelona“ besticht nicht zuletzt durch eine mysteriöse Atmosphäre, eine elegant bewegte Kamera, kunstvolle Schnitte und eine kongeniale Musikuntermalung.

nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)

Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2014

Jacques Deray: Der Swimmingpool
Jacques Deray: Killer stellen sich nicht vor
Jacques Deray: Der Anwalt

Nikos Kazantzakis - Alexis Sorbas
"Alexis Sorbas" ist ein weiser, tragikomischer, wunderbarer Schelmenroman von Nikos Kazantzakis.
Alexis Sorbas

 

(Startseite)

 

Nobelpreis für Literatur

 

Literaturagenturen

 

Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.