Der Totmacher
Der Totmacher
Inhaltsangabe
Kritik
Fritz Haarmann wurde am 15. April 1925 in Hannover enthauptet. Der ehemalige Metzger hatte 24 junge Männer ermordet und ihre Leichen zerstückelt.
In dem Film „Der Totmacher“ ist zu sehen, wie sich Medizinalrat Prof. Dr. Ernst Schultze (Jürgen Hentsch) in mehreren Sitzungen ein Bild von dem in einer Irrenanstalt eingesperrten Serienmörder (Götz George) zu machen versucht, um ein psychiatrisches Gutachten über ihn erstellen zu können.
Die Selbstgerechtigkeit des Wissenschaftlers (und des Zuschauers) wankt in der Konfrontation mit dem ungehobelten Mann, der seine erotischen Sehnsüchte mit Strichjungen zu befriedigen versuchte und nun arglos von seinen Bluttaten erzählt. Wenn er einen von ihnen in der sexuellen Erregung umgebracht hatte und am nächsten Morgen neben der Leiche aufwachte, kochte er erst einmal Kaffee, bevor er den Körper in tagelanger Arbeit zerlegte und die Stücke aus dem Haus schaffte. Über die Gesichter der Toten legte er ein Taschentuch, weil er den Anblick der Augen nicht ertragen konnte.
Ein Spiel mit den Augen initiiert Fritz Haarmann während der Vernehmungen mit dem Stenografen (Pierre Franckh), der die Gespräche zu protokollieren hat. Zwar sagt der schüchterne Büromensch kein Wort, aber die um Aufmerksamkeit werbenden Blicke des Mörders zeigen durchaus Wirkung.
Wenn Haarmann und Prof. Schultze sich zum letzten Mal gegenübersitzen, wurde der Mörder bereits zum Tod verurteilt. Der Medizinalrat erkundigt sich nach Haarmanns letztem Wunsch, und der antwortet gut gelaunt: „Ein schönes Käsebrot, eine schöne Tasse Kaffee und eine schöne Zigarre. Wenn wir dann Kaffee getrunken haben, dann können wir schon gehen “
Eine Bestie, gewiss, aber auch ein hilfloser Debiler, ein gutmütiger Mensch, der eigentlich niemand etwas zu Leide tun möchte. Ihm gegenüber ein Psychiater, dessen Gefühle zwischen Abscheu und Mitleid wechseln.
nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)Das fast zwei Stunden lange Kammerspiel „Der Totmacher“ wurde in einer Amtsstube gedreht. Es ist wie eine nüchterne Fallstudie angelegt. Die Dialoge entstammen weitgehend den Gerichtsprotokollen vom August und September 1924; es gibt keine Rückblenden, kein Blut, nichts, nur den Mörder, den Psychiater und den Stenografen. Mit diesen kargen Mitteln gestaltete der Münchner Regisseur Romuald Karmakar einen packenden Film, in dem der Mensch in seiner Vielschichtigkeit und Widersprüchlichkeit gezeigt wird.
Unglaublich sensibel, nuanciert und intensiv verkörpert Götz George den Serienmörder Fritz Haarmann. Es ist seine bisher beste Rolle. Bei der Biennale in Venedig wurde er dafür 1995 mit einem „Goldenen Löwen“ ausgezeichnet.
Die Wirkung des fesselnden Psychogramms – eine Mischung aus Abscheu und Faszination – ist aber nicht allein den hervorragenden Darstellern zu verdanken, sondern auch einer durchdachten Kameraführung und ebenso wohlüberlegten Schnitten.
„Der Totmacher“ wurde bei der Academy of Motion Picture Arts and Sciences eingereicht, aber am Ende doch nicht für einen „Auslands-Oscar“ nominiert.
Romuald Karmakar wurde am 15. Februar 1965 als Sohn einer Französin und eines Iraners in Wiesbaden geboren und erhielt die französische Staatsbürgerschaft. Nach einem fünfjährigen Aufenthalt in Athen kehrte er 1982 nach Deutschland zurück und legte zwei Jahre später in München die Reifeprüfung ab. Der Durchbruch als Filmregisseur gelang ihm 1995 mit „Der Totmacher“.
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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2002
Fritz Haarmann (Kurzbiografie)
Götz George (Kurzbiografie)
Romuald Karmakar: Manila
Romuald Karmakar: Das Himmler-Projekt
Romuald Karmakar: Die Nacht singt ihre Lieder