W. Somerset Maugham : Silbermond und Kupfermünze

Silbermond und Kupfermünze
Originalausgabe: The Moon and Sixpence, 1919 Silbermond und Kupfermünze Deutsche Erstausgabe: 1927 Übersetzung: Hans Kauders Alfred Scherz Verlag, Bern / Stuttgart 1963 Neuübersetzung: Susanne Feigl Diogenes Verlag, Zürich 1982 ISBN 978-3-257-20087-4, 220 Seiten
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Im Alter von 40 Jahren verlässt der Londoner Börsenmakler Charles Strickland unvermittelt seine Familie, gibt seinen Beruf auf und zieht nach Paris, um zu malen. Rücksichtslos gegen sich und andere Menschen, gesellschaftliche und künstlerische Konventionen missachtend, lebt er nur noch für die Kunst. Auf der Suche nach dem Paradies wandert er nach Tahiti aus ...
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Kritik

Auch wenn Charles Strickland und Paul Gauguin viele Ähnlichkeiten aufweisen, hat W. Somerset Maugham keine Gauguin-Biografie geschrieben, sondern einen Künstlerroman über den Konflikt zwischen einem Genie und der bürgerlichen Gesellschaft: "Silbermond und Kupfermünze".
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Bei einer Teegesellschaft der Schriftstellerin Rose Waterford lernt ein dreiundzwanzigjähriger Autor Mrs Strickland kennen, die ihn kurz darauf zum Lunch einlädt und bei einer anderen Gelegenheit ihrem Ehemann vorstellt: Charles Strickland, ein Börsenmakler Ende dreißig. Das Ehepaar hat einen Sohn und eine Tochter, die beide in auswärtigen Internaten untergebracht sind.

Als der Autor aus der Sommerfrische nach London zurückkehrt, erfährt er von Rose Waterford, dass Charles Strickland seine Frau verlassen hat. Der Autor sucht Mrs Strickland auf und findet bei ihr auch ihren Schwager vor: Oberst Fred MacAndrew. Die beiden nehmen an, dass Strickland nach siebzehn Jahren Ehe mit einer Geliebten nach Paris durchgebrannt sei. Fred beabsichtigt, ihm nachzureisen und ihn zur Rechenschaft zu ziehen, aber Mrs Strickland befürchtet, der Oberst werde alles nur viel schlimmer machen und ersucht den Autor, statt seiner nach Paris zu fahren.

Widerstrebend reist er nach Paris und erkundigt sich nach dem „Hôtel des Belges“, in dem Charles Strickland abgestiegen sein soll. Verwundert stellt er fest, dass es sich um ein schäbiges Quartier handelt und offensichtlich keine Frau im Spiel ist.

„Ja, um Himmels willen, warum haben Sie dann Ihre Frau verlassen?“
„Ich will malen.“
[…] „Aber Sie sind doch vierzig Jahre alt!“
„Ja, eben darum fand ich, dass es höchste Zeit sei, mit Malen anzufangen.“

Strickland hat kein Interesse an einer Liebschaft:

„Ich habe für solchen Unsinn keine Zeit. Das Leben ist nicht lang genug für beides, Kunst und Liebe.“

Der Autor macht sich keine falschen Hoffnungen: Strickland ist besessen von dem Drang zum Malen und wird nicht mehr zu seiner Frau zurückkehren.

[…] hier war ein Mann, der sich wirklich nicht darum kümmerte, was die Leute von ihm dachten, und deshalb hatte die Konvention keine Macht über ihn.

Zurück in London erstattet der Autor Mrs Strickland Bericht. Ihre Schwester Dorothy und Oberst Fred MacAndrew sind ebenfalls anwesend. Sie können es kaum glauben, dass Strickland seine Frau nicht wegen einer anderen verlassen hat. Mrs Strickland meint, einen Seitensprung hätte sie ihm verzeihen können, aber nun fühle sie sich tief gekränkt und hasse ihren Mann.

Fred und Dorothy MacAndrew übernehmen den Unterhalt der Kinder, denn Mrs Strickland hat es schwer genug, sich selbst durchzubringen.

Fünf Jahre später geht der Autor für einige Zeit nach Paris. Zwei Wochen nach seiner Ankunft besucht er seinen Freund Dirk Stroeve, bei dem es sich um einen – allerdings schlechten – Maler handelt, und es stellt sich heraus, dass dieser inzwischen Charles Strickland kennen lernte und ihn für ein Genie hält, obwohl er noch kein Bild verkauft hat.

Als Strickland schwer erkrankt, will Stroeve ihn bei sich aufnehmen und gesund pflegen. Seine Frau Blanche, die Strickland nicht leiden kann, hat dabei ein ungutes Gefühl und befürchtet eine schlimme Wendung, lässt sich aber dann doch überreden. Das Ehepaar kümmert sich um den Kranken. Als er aufstehen kann, stellt ihm Stroeve sein Atelier zur Verfügung. Bald darauf verlässt Blanche ihren Mann, um Strickland zu folgen, obwohl dieser ihr keine Hoffnung macht, es lang mit ihr auszuhalten. Stroeve ist verzweifelt, aber er kann Blanche nicht umstimmen. Einige Zeit später nimmt sie sich das Leben. Bevor Stroeve nach Amsterdam zieht, findet er in seinem Atelier einen von Strickland gemalten Akt seiner Frau. In einem Wutanfall stürzt er sich auf das Gemälde, aber dann wird ihm bewusst, dass es sich um ein wirkliches Kunstwerk handelt, und er bringt es nicht fertig, das Bild zu zerstören.

Noch ein einziges Mal begegnen der Autor und Strickland sich in Paris. Eine Woche später heißt es, Strickland sei nach Marseille abgereist.

Fünfzehn Jahre danach hat der Autor in Tahiti zu tun. Er weiß, dass Charles Strickland hier vor neun Jahren starb und spricht in Papeete mit Menschen, die ihn gekannt haben.

Captain Nichols brachte Strickland damals in Marseille auf die Idee, sich nach einer Prügelei in die Südsee abzusetzen. Der Künstler nahm die Stelle eines in einem Anfall von Delirium tremens vor Gibraltar von Bord gesprungenen Heizers auf einem Dampfer ein, der nach Australien unterwegs war.

Tiaré Johnson, die etwa fünfzigjährige Tochter einer Eingeborenen und eines englischen Schiffskapitäns, der das „Hôtel de la Fleur“ in Papeete gehört, in dem der Autor wohnt, erinnert sich, wie Strickland alle zwei, drei Monate in die Hauptstadt kam, um Tabak und Farben zu besorgen. Sie hatte damals eine siebzehnjährige Waise als Zimmermädchen und verkuppelte die beiden: Strickland zog in das abgelegene Haus seiner tahitianischen Frau Ata und verbrachte dort drei glückliche Jahre.

Capitain René Brunot, der Strickland in dem Haus besucht hatte, bringt den Autor zu Dr. Coutras. Der war einmal nach Taravao gefahren, um nach einer alten, kranken Häuptlingsfrau zu sehen. Da trieb sich ein Mädchen ängstlich herum, das immer wieder verscheucht wurde, aber den Arzt schließlich doch bitten konnte, zu Strickland zu kommen. Dr. Coutras war davon wenig begeistert, denn um zu dem Haus des englischen Malers zu kommen, musste er sieben Kilometer weit gehen. Als er dort eintraf, sah er auf den ersten Blick, dass Strickland an Lepra erkrankt war. Vier Jahre später kam Dr. Coutras noch einmal hin. Da war Strickland bereits tot. Ata erfüllte den letzten Wunsch ihres verstorbenen Mannes und brannte das Haus nieder – mitsamt den herrlichen Wandmalereien des Künstlers, die Dr. Coutras noch gesehen hatte. Dann zog sie zu Verwandten, die auf den Marquesas-Inseln wohnten.

Kurz nach seiner Rückkehr sagt der Autor sich in London für einen Besuch bei Mrs Strickland an. Dazu lädt sie auch den amerikanischen Kunstkritiker Van Busche Taylor ein, der die Überzeugung äußert, Charles Strickland sei ein Genie gewesen. Diese Erkenntnis setzt sich erst allmählich durch, nicht zuletzt durch Bücher wie „A Modern Artist. Notes on the Work of Charles Strickland“ (1917) von Edward Leggatt und „Karl Strickland, sein Leben und seine Kunst“ (1914) von Hugo Weitbrecht-Rotholz. Der Autor entschließt sich, ebenfalls ein Buch über Charles Strickland zu schreiben, denn er kannte ihn näher als die meisten anderen Menschen.

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Das Leben der Romanfigur Charles Strickland weist viele Übereinstimmungen mit dem des französischen Malers Paul Gauguin auf, aber William Somerset Maugham schrieb keine Gauguin-Biografie, sondern ihm ging es um den Konflikt zwischen einem Genie und der bürgerlichen Gesellschaft mit ihren Konventionen. „Silbermond und Kupfermünze“ ist ein Künstlerroman über einen genialen und kompromisslosen Maler, der alles über Bord wirft und sich bedingungslos der Kunst hingibt.

William Somerset Maugham erzählt die Geschichte chronologisch aus der Sicht eines angeblichen Zeitzeugen mit einer ambivalenten Einstellung gegenüber Charles Strickland. Dieser Autor gibt vor, über eigene Begegnungen mit Strickland zu berichten und einiges aus Gesprächen mit anderen Bekannten des Künstlers rekonstruiert zu haben. Kritiker haben W. Somerset Maugham vorgeworfen, Charles Strickland psychologisch nicht genügend durchleuchtet zu haben, aber das Unverständliche an diesem Genie macht die Figur faszinierend, und der fiktive Buchautor erklärt dazu:

Wenn ich, statt die mir bekannten Tatsachen über eine merkwürdige Persönlichkeit zu berichten, einen Roman schriebe, würde ich so manches erfunden haben, das geeignet wäre, diese Wandlung zu erklären.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2005
Textauszüge: © Alfred Scherz Verlag

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