Vier im roten Kreis

Vier im roten Kreis

Vier im roten Kreis

Vier im roten Kreis – Originaltitel: Le cercle rouge – Regie: Jean-Pierre Melville – Drehbuch: Jean-Pierre Melville – Kamera: Henri Decaë – Schnitt: Marie-Sophie Dubus, Jean-Pierre Melville – Musik: Eric De Marsan – Darsteller: Alain Delon, André Bourvil, Gian Maria Volonté, Yves Montand, Paul Crauchet, Paul Amiot, Pierre Collet, André Ekyan u.a. – 1970; 140 Minuten

Inhaltsangabe

Während einer Überstellung gelingt dem Häftling Vogel die Flucht. Durch Zufall trifft er mit dem gerade aus dem Gefängnis entlassenen Einbrecher Corey zusammen. Der überredet ihn zu einem nächtlichen Raubüberfall auf ein exklusives Juweliergeschäft in Paris. Weil sie zur Ausschaltung der Sicherheitsanlage einen Präzisionsschützen benötigen, beteiligen sie auch den Ex-Polizisten Jansen an dem Coup. Aber sie müssen mit Kommissar Mattheï rechnen, der alles daran setzt, Vogel wieder festzunehmen ...
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Kritik

"Vier im roten Kreis" ist ein düsterer, als Klassiker geltender Gangsterfilm über Freundschaft und Loyalität, Schuld und Verrat. Jean-Pierre Melville lässt sich viel Zeit, die Geschichte mit einem Minimum an Dialogen zu entwickeln.
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Der Häftling Vogel (Gian Maria Volonté) wird von vier Polizisten bewacht im Auto zum Bahnhof Marseille-Blancard gebracht. Oberkommissar François Mattheï (André Bourvil) steigt mit ihm in den Nachtzug nach Paris und fesselt ihn mit Handschellen ans obere Bett eines Schlafwagens. Rücksichtsvoll verzichtet Mattheï darauf, zu rauchen, weil er annimmt, dass Vogel schläft. Tatsächlich biegt der Gauner eine Nadel zu einem Haken und öffnet damit unbemerkt die Handschellen. Als der Zug bei Chalons-sur-Saone langsamer fährt, zertritt er plötzlich die Fensterscheibe und springt ins Freie. Mattheï zieht sofort die Notbremse und verfolgt den Flüchtigen im Wald. Aber auch ein rasch zusammengestelltes großes Polizeiaufgebot mit Spürhunden vermag Vogel nicht wieder aufzugreifen.

Der entkommene Häftling schlägt sich zu einer Raststätte durch und versteckt sich dort im Kofferraum eines geparkten Autos.

Den Wagen hat Corey (Alain Delon) erst an diesem Morgen nach seiner vorzeitigen Entlassung aus dem Gefängnis gekauft. Corey war als Erstes zu seinem früheren Komplizen Rico (André Eykan) gegangen und hatte ihn aus dem Bett geklingelt. Rico war bei dem Raubüberfall dabei gewesen, für den Corey gerade fünf Jahre Haft verbüßt hatte. Nun versuchte er Corey hinzuhalten, indem er ihm die Auszahlung seines Anteils an der Beute nach Öffnung der Banken versprach. Aber der wortkarge Besucher wollte erst einmal nur einige Tausend Francs. Rico behauptete, so gut wie kein Bargeld in der Wohnung zu haben. Corey brachte ihn dazu, den Wandtresor zu öffnen. Darin lag eine Pistole auf einem dicken Bündel Banknoten. Bevor Rico die Waffe herausnehmen konnte, nahm Corey sie und das Geld an sich. Dann ging er grußlos.

Von den Männern unbemerkt lauschte eine nackte Frau (Anna Douking) auf der anderen Seite der Schlafzimmertüre. Sie war früher Coreys Geliebte und ist jetzt mit Rico zusammen.

In einem Billard-Salon wurde Corey von zwei Männern angegriffen, die Rico auf ihn gehetzt hatte. Einer der beiden, Paul (Jean-Pierre Janic), zog eine Pistole, aber in dem Handgemenge erschoss er statt Corey seinen Kumpan. Corey entkam unverletzt und kaufte sich gleich darauf einen Wagen, um nach Paris zu fahren.

Während Corey in einer Raststätte frühstückt, beobachtet er durchs Fenster, dass jemand in seinen Kofferraum klettert. Aufgrund einer Fahndungsmeldung in den Nachrichten ahnt er, dass es sich um den aus dem Nachtzug entflohenen Gangster Vogel handelt. Nachdem er bezahlt hat, fährt er los, als habe er nichts bemerkt. Ohne erkennbare Nervosität passiert er zwei Straßensperren, mit denen die Polizei verhindern will, dass Vogel das Gebiet verlässt.

Erst als keine Gefahr mehr droht, hält Corey auf einem Acker an und fordert Vogel auf, den Kofferraum zu öffnen. Vogel klettert mit einer der beiden Pistolen heraus, die er im Kofferraum fand. Zunächst misstraut er seinem Retter, aber nachdem dieser ihm seinen Entlassungsschein gezeigt und eine Zigarette angeboten hat, steckt er die Waffe ein.

Für die Weiterfahrt klettert Vogel wieder in den Kofferraum. Kurz vor Paris werden sie von einem anderen Wagen überholt und zum Anhalten gezwungen. Paul setzt sich mit vorgehaltener Pistole auf den Beifahrersitz und zwingt Corey, in einen Waldweg einzubiegen. Sein Komplize fährt voraus. Die beiden von Rico beauftragten Killer führen Corey ein paar Meter weiter in den Wald hinein. Dann nehmen sie ihm das Geldbündel ab und wollen ihn erschießen. Aber da taucht Vogel hinter ihnen auf. Er wirft Corey die zweite Pistole aus dem Kofferraum zu, nimmt den Auftragsmördern die Waffen ab und erschießt sie nacheinander, jeweils mit der Pistole des Komplizen. Es sieht also so aus, als hätten sie sich gegenseitig umgebracht. Das Geldbündel ist voll Blut und nicht mehr zu gebrauchen.

Corey nimmt Vogel mit in seine Wohnung in Paris. Am anderen Morgen erzählt er ihm von einem Tipp, den der in der Nacht vor seiner Entlassung von einem Gefängniswärter (Pierre Collet) bekam. Es geht um den exklusiven Juwelier Mauboussin an der Place Vendôme. Um dort die Sicherheitsvorrichtung ausschalten zu können, benötigen sie einen Präzisionsschützen. Vogel schlägt den früheren Polizei-Scharfschützen Jansen (Yves Montand) vor, der wegen seiner Alkoholkrankheit den Dienst quittieren musste. Corey verabredet sich mit Jansen in einem Nachtklub.

Während die beiden dort miteinander reden, wird der Besitzer Santi (François Perier) festgenommen und zu Mattheï gebracht. Der Kommissar ist unter Druck, denn der Generalinspekteur der Pariser Polizei (Paul Amiot) drohte ihm Konsequenzen für den Fall an, dass er Vogel nicht wieder aufgreifen würde. Seit seiner Rückkehr nach Paris befragt Mattheï seine Informanten in der Unterwelt nach dem Flüchtigen. Weil ein Foto beweist, dass Santi und Vogel sich kennen, setzt er seine Hoffnungen vor allem auf den Nachtklubbesitzer.

In dem Juweliergeschäft Mauboussin tut Jansen so, als wolle er ein Armband oder eine Uhr kaufen. Während ihm ein Verkäufer (Robert Favart) Schmuckstücke zeigt, schaut Jansen sich die Sicherheitsvorrichtungen an.

Währenddessen sucht Corey einen Hehler (Paul Crauchet) in dessen Villa auf und einigt sich mit ihm auf das Vorgehen bei der Übergabe der Beute und den Prozentsatz des Warenwertes, den der Hehler bezahlen soll.

In der Nacht nähern Corey und Vogel sich dem Juweliergeschäft über die Dächer der Nachbarhäuser und klettern über eine mitgebrachte Strickleiter zum Toilettenfenster. Dort schneiden sie ein Loch in die Scheibe, öffnen das Fenster und steigen ein. Den überrumpelten Wachmann legen sie geknebelt und gefesselt auf eine Pritsche.

Dann öffnen sie Jansen die Türe. Jansen sagte der Concierge, er wolle zu Plouvier im Obergeschoss. Nachdem er deutlich hörbar hinaufgegangen war, hängte er sich die Schuhe um den Hals und schlich sich wieder hinunter zu der Etage des Juweliergeschäfts. Mit einer eigens für diesen Zweck gegossenen Kugel zerschießt er den zentralen Knopf der Sicherheitsanlage. Dadurch öffnen sich die Verriegelungen der Vitrinen, und die Alarmanlage wird abgeschaltet. Während Jansen den ein paar Straßen weiter geparkten Wagen holt, raffen Corey und Vogel alles Wertvolle zusammen.

Mattheï schaut sich die Aufzeichnung der Überwachungskameras an, aber die Einbrecher waren vermummt und sprachen kein Wort.


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Corey bringt die Beute zum Hehler. Der erklärt ihm jedoch, er habe von dem Einbruch in der Zeitung gelesen und die Sache sei ihm zu heiß. Wortlos geht Corey. Dass Rico im Nebenraum lauschte, ahnt er nicht.

Um einen neuen Hehler zu finden, wendet Corey sich an Santi. Der arbeitet inzwischen mit der Polizei zusammen. Mattheï ließ nämlich den sechzehnjährigen Sohn (Jean-Marc Boris) des Nachtklubbesitzers unter dem Vorwand eines Drogendelikts verhaften, um Santi erpressen zu können. (Dass der Junge aufgrund der Anschuldigung einen Selbstmordversuch unternehmen würde, war allerdings nicht geplant.) Santi verspricht Corey, ihm einen anderen Hehler zu vermitteln und vereinbart ein Treffen im Nachtklub.

Bei dem angeblichen Hehler, der Corey dort gegenübertritt, handelt es sich um Mattheï. Zur Übergabe der Beute verabredet er sich mit Corey in einer schlossartigen Villa bei Louveciennes.

Corey wird in ein Arbeitszimmer gebeten. Als er dort die ersten Juwelen aus der Reisetasche nimmt, zersplittert die Terrassentüre. Vogel schreit: „Nimm die Tasche! Hau ab!“ Er hat die Täuschung inzwischen durchschaut. Corey und Vogel rennen los. Draußen ist auch Jansen, der Corey bereits gesagt hatte, er verzichte auf seinen Anteil, denn es sei ihm wichtiger, dass er durch den Coup vom Alkohol loskam. Die Verbrecher haben keine Chance. Alle drei werden erschossen.

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„Vier im roten Kreis“ ist ein düsterer Gangsterfilm über Freundschaft und Loyalität, Schuld und Verrat.

Jean-Pierre Melville lässt sich viel Zeit, die Geschichte des nächtlichen Raubüberfalls auf ein stark gesichertes Juweliergeschäft in Paris zu entwickeln. In allen Einzelheiten schildert er die Vorbereitung und Durchführung des Coups. Dabei wird fast eine halbe Stunde lang nichts gesprochen. Auch sonst artikulieren sich die Figuren weniger durch verbale Äußerungen als durch Mimik und Gestik.

Ungeachtet der vermeintlichen Präzision der streng stilisierten Darstellung bleiben einige Zusammenhänge unplausibel. So ist es beispielsweise nicht realistisch, wenn ein zittriger Alkoholkranker, der gerade noch davon träumte, bereits im Delirium tremens zu sein und das Klingeln des Telefons kaum ertragen konnte, innerhalb weniger Tage wieder als Scharfschütze tätig wird.

Trotzdem war „Vier im roten Kreis“ sowohl in Europa als auch in den USA sehr erfolgreich und gilt heute als stilbildender Klassiker unter den Gangster-Filmen.

Der Titel bezieht sich auf einen Ausspruch Buddhas. Er zeichnete mit roter Kreide einen Kreis und sagte: „Wenn Menschen, selbst wenn sie sich nicht kennen, eines Tages einander begegnen sollen, was immer jedem von ihnen auch zustoßen mag und wie verschieden auch ihre Wege sein mögen, so werden sie unweigerlich an diesem Tag im roten Kreis zusammentreffen.“

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2011

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