Die Reifeprüfung

Die Reifeprüfung

Die Reifeprüfung

Die Reifeprüfung - Originaltitel: The Graduate - Regie: Mike Nichols - Drehbuch: Buck Henry und Calder Willingham, nach dem Roman "Die Reifeprüfung" von Charles Webb - Kamera: Robert Surtees - Schnitt: Sam O'Steen - Musik: Dave Grusin und Paul Simon - Darsteller: Dustin Hoffman, Anne Bancroft, Katharine Ross, Murray Hamilton, William Daniels, Elizabeth Wilson, Brian Avery u.a. - 1967; 105 Minuten

Inhaltsangabe

Nach dem glänzend bestandenen College-Examen kehrt Benjamin Braddock zu seinen Eltern zurück, die eine Party für ihn geben. Spätabends muss er Mrs Robinson nach Hause fahren, und die Familienfreundin, die zwar doppelt so alt, aber noch sehr attraktiv ist, will ihn verführen. Ben sträubt sich, fügt sich letztlich aber doch aufgrund seiner guten Erziehung den Anordnungen – bis Mr Robinson unerwartet nach Hause kommt ...
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Kritik

In der von Mike Nichols verfilmten Gesellschaftssatire "Die Reifeprüfung" (Autor: Charles Webb) geht es um einen verunsicherten College-Absolventen, der von korrumpierten Erwachsenen verführt, fehlgeleitet und betrogen wird – bis er sein Leben selbst in die Hand nimmt.
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Nach dem glänzend bestandenen College-Examen kehrt Benjamin („Ben“) Braddock (Dustin Hoffman) eine Woche vor seinem 21. Geburtstag zu seinen in Los Angeles wohnenden Eltern (William Daniels, Elizabeth Wilson) zurück. Verloren sitzt er im Flugzeug, und im Flughafen bleibt er passiv auf dem Laufband stehen. Zur Feier des Examens geben seine Eltern für ihn eine Party, an der die Familienfreunde teilnehmen: alles Leute, die der Generation der Eltern angehören. Eigene Freunde hat Ben offenbar keine. Ihm ist auch gar nicht nach Feiern zumute, denn er fühlt sich verunsichert: Bisher hatte er seinen Eltern gefolgt, aber jetzt macht er sich Gedanken über seine Zukunft, und die soll „anders“ sein, ohne dass er eine Idee hat, was er erreichen möchte.

Als er sich in sein Zimmer zurückzieht, um nachzudenken, kommt Mrs Robinson (Anne Bancroft) herein. Angeblich hat sie sich bei der Suche nach dem Badezimmer in der Tür geirrt, aber sie bittet Ben darum, sie nach Hause zu fahren, weil ihr Mann (Murray Hamilton) geschäftlich unterwegs sei und den Wagen habe. Ben will ihr die Schlüssel des feuerroten Alfa Romeo Spiders geben, den seine Eltern ihm fürs bestandene Examen schenkten, aber Mrs Robinson besteht darauf, dass er sie chauffiert. Unter dem Vorwand, sich zu fürchten, lockt sie ihn in ihr Haus. Ben merkt, dass sie ihn verführen möchte, sträubt sich dagegen, einen Drink anzunehmen, aber die erfahrene Frau weiß genau, wie sie den gut erzogenen jungen Mann durch klare und unterkühlt geäußerte Anordnungen lenken kann. Widerstrebend tut er, was sie von ihm verlangt und öffnet ihr schließlich auch im Zimmer ihrer Tochter Elaine (Katharine Ross) den Reißverschluss am Rücken ihres Kleides. Als sie nackt vor der Tür steht und sich weigert, ihn aus dem Zimmer zu lassen, hören sie Mr Robinson nach Hause kommen. Da läuft Ben ins Wohnzimmer und tut so, als habe er hier allein gesessen und auf Mr Robinson gewartet, damit die ängstliche Mrs Robinson nicht allein im Haus zu sein brauchte.

Lang kann Ben der Verlockung der zwar doppelt so alten aber noch sehr attraktiven Frau nicht widerstehen: Er ruft sie an, und sie verabreden sich im „Taft“-Hotel. Unter dem Namen „Gladstone“ nimmt er ein Zimmer. Als Mrs Robinson sich auszuziehen beginnt, kriegt er Angst und schlägt vor, lieber ins Kino zu gehen. Da merkt sie, dass es für ihn das erste Mal ist, aber er leugnet es heftig und tut so, als habe er schon mit vielen Frauen geschlafen.

Monatelang trifft Ben sich regelmäßig mit Mrs Robinson in dem Hotel. Seine Mutter macht sich Sorgen, wo er sich jede Nacht herumtreibt, und sein Vater ermahnt ihn, allmählich ans Studium zu denken.

Offenbar nur an Sex interessiert, zieht Mrs Robinson sich im Hotelzimmer jedes Mal wortlos aus und geht mit Ben ins Bett. Schließlich protestiert Ben: Er möchte sich zwischendurch auch einmal mit Mrs Robinson unterhalten, zum Beispiel über Kunst. Aber sie macht sich nichts aus Kunst – obwohl sie Kunst studierte. Unvermittelt nimmt sie Ben – der sie noch immer nicht beim Vornamen zu nennen wagt – das Versprechen ab, sich von ihrer Tochter Elaine, die bald für ein paar Tage aus Berkeley kommen werde, fernzuhalten.

Mr Braddock ermahnt Ben, es gehöre sich, die Tochter der Familienfreunde auszuführen, und weil Ben nichts davon hören will, schlägt seine Mutter vor, die Robinsons mit ihrer Tochter einzuladen. Da zieht Ben es vor, mit Elaine zum Essen zu gehen. Als Ben kommt, um Elaine abzuholen, beteuert er Mrs Robinson unter vier Augen, er sei von seinen Eltern dazu gezwungen worden, aber sie lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass sie das Rendezvous missbilligt.

Wegen seines schlechten Gewissens Mrs Robinson gegenüber versucht Ben in keiner Weise, Elaine zu gefallen, und nach dem Essen führt er sie bewusst in einen Nachtklub, doch als sie sich demonstrativ mit dem Rücken zu der Stripperin (Lainie Miller) hinsetzt, dann weinend hinausläuft und sich darüber beklagt, dass er sie offenbar nicht leiden könne, entschuldigt Ben sich für sein Benehmen, küsst sie und beichtet ihr, er habe sie nur auf Wunsch seiner Eltern ausgeführt und sei deshalb so eklig zu ihr gewesen. Elaine schlägt vor, an der Bar im „Taft“-Hotel noch etwas zu trinken – und wundert sich, wieso Ben hier offenbar allen Hotelangestellten bekannt ist, aber von ihnen als „Mr Gladstone“ gegrüßt wird. Ben gesteht Elaine, er habe ein Verhältnis mit einer verheirateten Frau gehabt und versichert, das sei jetzt vorbei.

Die beiden jungen Leute, die Gefallen aneinander gefunden haben, verabreden sich gleich wieder für den nächsten Tag. Doch als Ben vor dem Haus hält, steigt Mrs Robinson zu ihm ins Auto und droht ihm, alles zu verraten, wenn er Elaine nicht in Ruhe lasse. Da läuft er ins Haus und sagt Elaine selbst, dass es sich bei der verheirateten Frau, mit der er eine Affäre hatte, um ihre Mutter handelte. Entsetzt wirft Elaine ihn hinaus und kehrt bald darauf nach Berkeley zurück, um ihr Studium fortzusetzen.

Mit der Absicht, Elaine zu heiraten, fährt Ben nach Berkeley. Elaine ist noch immer wütend auf ihn, zumal ihre Mutter ihr erzählte, Ben habe sie regelrecht vergewaltigt. Außerdem geht Elaine mit dem Medizinstudenten Carl Smith (Brian Avery). Enttäuscht kehrt Ben nach Los Angeles zurück.

In seinem Zimmer wartet Mrs Robinson auf ihn und droht ihm gerichtliche Schritte an.

Ben lässt sich nicht mehr einschüchtern. Er fährt erneut nach Berkeley, aber Elaine ist inzwischen abgereist. Da fängt der bisher so unentschlossene und unbeholfene junge Mann zu kämpfen an: Er rast zurück und dringt in das Haus der Robinsons ein. Mrs Robinson kündigt ihm triumphierend Elaines bevorstehende Hochzeit an, ruft die Polizei an und behauptet, einen Einbrecher gestellt zu haben. Wieder in Berkeley, erkundigt Ben sich nach Carl und erfährt, dass dieser in Santa Barbara sei. Dort gibt Ben sich als der Geistliche aus, der die Trauung durchführen soll und fragt sich auf diese Weise zu der Kirche durch, in der die Zeremonie stattfindet. Elaine und Carl stehen bereits vor dem Altar. Im letzten Augenblick macht Ben sich bemerkbar, und als Elaine sich umdreht und ihn erblickt, lässt sie Carl und ihre wütende Mutter stehen, rafft den langen Rock ihres weißes Brautkleids hoch und rennt mit ihm aus der Kirche. Sie steigen in den Bus, der gerade hält und gehen durch die Reihen der verblüfften Fahrgäste nach hinten durch.

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Aufgebracht durch den Vietnam-Krieg und abgestoßen von der Heuchelei und Doppelmoral der Erwachsenen, wollten die Kinder in der zweiten Hälfte der Sechzigerjahre nicht mehr so werden wie ihre Eltern – aber sie wussten auch nicht, welches ihre Ziele sein sollten. In der Gesellschaftssatire „Die Reifeprüfung“ („The Graduate“) von Charles Webb geht es um einen verunsicherten College-Absolventen, der von korrumpierten Erwachsenen verführt, fehlgeleitet und betrogen wird – bis er sein Leben selbst in die Hand nimmt.

Mike Nichols‘ Verfilmung der literarischen Vorlage war 1967 ein großer Erfolg und lieferte das Vorbild für spätere „Coming-of-Age“-Komödien. Dustin Hoffman, der den College-Absolventen spielte, obwohl er bei den Dreharbeiten bereits neunundzwanzig Jahre alt war, schaffte damit den Durchbruch zum Weltstar.

Im 21. Jahrhundert wirkt „Die Reifeprüfung“ inhaltlich und stilistisch etwas altbacken und als Kultfilm überbewertet, aber es handelt sich immerhin um gute Unterhaltung mit gesellschaftskritischem Unterton.

Die Filmmusik ist auf jeden Fall hörenswert. Der Song „Mrs Robinson“ wurde einer der bekanntesten Hits von „Simon & Garfunkel“.

Für die Regie (Mike Nichols) gab es 1967 einen „Oscar“. Nominiert hatte man „Die Reifeprüfung“ auch in den Kategorien „Bester Film“, Drehbuch (Buck Henry und Calder Willingham), Kamera (Robert Surtees), Hauptdarsteller (Dustin Hoffman), Hauptdarstellerin (Anne Bancorft) und Nebendarstellerin (Katherine Ross).

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2005

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