Tropfen auf heiße Steine

Tropfen auf heiße Steine

Tropfen auf heiße Steine

Tropfen auf heiße Steine - Originaltitel: Gouttes d'eau sur pierres brûlantes - Regie: François Ozon - Drehbuch: François Ozon, nach dem gleichnamigen Theaterstück von Rainer Werner Fassbinder - Kamera: Jeanne Lapoirie - Schnitt: Laurence Bawedin - Darsteller: Bernard Giraudeau, Malik Zidi, Ludivine Sagnier, Anna Thomson - 2000; 90 Minuten

Inhaltsangabe

Der 50-jährige Leopold Blum spricht den 19-jährigen Franz auf der Straße an und nimmt ihn mit in seine Wohnung. Obwohl Franz mit seiner Verlobten Anna verabredet ist, bleibt es nicht bei einem Drink. Es ist der Beginn einer eheähnlichen Gemeinschaft. Während Leopold als Handlungsreisender für den Lebensunterhalt sorgt, kümmert Franz sich ums Putzen und Kochen ...
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Kritik

Kongeniale Verfilmung des Kammerspiels "Tropfen auf heiße Steine" von Rainer Werner Fassbinder. In dieser tragischen Groteske geht es um die Ausbeutung von Gefühlen und Begierden, um Macht, Abhängigkeit und Unterdrückung.
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Der fünfzigjährige Leopold Blum (Bernard Giraudeau) spricht den neunzehnjährigen Franz (Malik Zidi) auf der Straße an und nimmt ihn mit in seine Wohnung. Obwohl Franz mit seiner Verlobten Anna (Ludivine Sagnier) verabredet ist, bleibt es nicht bei einem Drink. Es ist der Beginn einer eheähnlichen Gemeinschaft. Während Leopold als Handlungsreisender für den Lebensunterhalt sorgt, kümmert Franz sich ums Putzen und Kochen.

Aus Leidenschaft wird alltägliche Routine. Leopold kommt frustriert nach Hause, weil die Geschäfte nicht gut laufen und sich einer seiner Kunden, den er zu einer sinnlosen Geldausgabe überredete, das Leben nahm. Längst hat er die Fassade des verständnisvollen älteren Partners abgenommen und zeigt sich als launenhafter Tyrann. Die beiden Männer drohen sich gegenseitig mit Liebesentzug. Aber wenn Franz den Koffer packt, hält Leopold ihn wieder zurück.

Leopold ist einige Tage geschäftlich unterwegs. Da taucht Anna auf: Ein anderer Mann hat ihr einen Heiratsantrag gemacht, aber sie liebt nach wie vor nur Franz und möchte mit ihm darüber sprechen. Nachdem sie wieder miteinander geschlafen haben, redet Anna auf ihren Freund ein, Leopold zu verlassen und mit ihr mitzukommen. Franz zögert, denn er ist Leopold hörig – und genießt Annas Abhängigkeit.

Zufällig kommt Leopold einen Tag früher als geplant nach Hause und findet das Paar in seiner Wohnung. Es kommt zum Streit, doch als Franz nun endlich gehen will, möchte Anna noch etwas bleiben: Sie verfällt dem Charme des älteren Mannes.

Es klingelt an der Tür. Es ist eine Frau, die schon mehrmals vergeblich nach Leopold fragte. Diesmal öffnet er selbst – und erkennt die Besucherin kaum, obwohl er sieben Jahre lang mit ihr zusammen lebte: Vera (Anna Thomson) war früher ein Mann, doch als Leopold genug von ihm hatte, opferte er seine gesamten Ersparnisse und ließ eine Geschlechtsumwandlung vornehmen. Dadurch fachte er die Leidenschaft Leopolds neu an, aber auch das hielt nur bis der Reiz der Neuheit vorbei war.

Leopold schlägt vor, zu viert ins Bett zu gehen. Franz bleibt grübelnd im Wohnzimmer zurück, sieht sich dreifach gebrochen in Wandspiegeln und rezitiert Heinrich Heine: „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, dass ich so traurig bin …“ Als Vera merkt, dass Leopold sich nur für Anna interessiert, zieht sie sich wieder an und verlässt das Schlafzimmer. Inzwischen hat Franz Gift geschluckt und stirbt.

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Rainer Werner Fassbinder (1945 – 1982) schrieb das Theaterstück „Tropfen auf heiße Steine“ als 19-Jähriger. Es wurde erst drei Jahre nach seinem Tod in München uraufgeführt. Der 22 Jahre nach Fassbinder geborene Franzose François Ozon verfilmte es und schaffte es, ein deutsches Ambiente aus den Siebzigerjahren nachzubauen. Zugleich hauchte er dem Fassbinder-Stück etwas französische Leichtigkeit ein.

In dieser tragischen Groteske geht es um die Ausbeutung von Gefühlen und Begierden, um Macht, Abhängigkeit und Unterdrückung. Dem Tyrannen Leopold gelingt es, andere für sich zu gewinnen und sie so gefügig zu machen, dass sie sogar eine Geschlechtsumwandlung vornehmen lassen, um ihm zu gefallen. Anna setzt ihre körperlichen Reize ein, um Franz zurückzugewinnen. Der wiederum verzögert seine Entscheidung, um Annas Abhängigkeit auszukosten.

Das bewusst artifiziell inszenierte Kammerspiel in vier Akten kommt mit vier Figuren aus. Von der Außenwelt ist nichts zu sehen. Nur Leopold erzählt einmal von der brutalen Geschäftswelt.

François Ozon wurde am 15. November 1967 in Paris als eines von drei Kindern des Biologen René Ozon und dessen Ehefrau Anne-Marie, einer Französisch-Lehrerin, geboren. 1990 bis 1993 studierte er an der École Nationale Supérieure des métiers de l’image et du son (La fémis). Nachdem sich François Ozon bereits mit einigen Kurzfilmen einen Namen gemacht hatte, drehte er 1998 seinen ersten abendfüllenden Kinofilm: „Sitcom“.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2003

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Rainer Werner Fassbinder (Kurzbiografie)

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