Lulu on the Bridge

Lulu on the Bridge

Lulu on the Bridge

Lulu on the Bridge (Kino) / Lulu. Das Geheimnis einer Liebe (TV) – Originaltitel: – Regie: Paul Auster – Drehbuch: Paul Auster – Kamera: Alik Sakharov – Schnitt: Tim Squyres – Musik: John Lurie, Graeme Revell – Darsteller: Harvey Keitel, Mira Sorvino, Willem Dafoe, Mandy Patinkin, Gina Gershon, Vanessa Redgrave u.a. – 1998; 100 Minuten

Inhaltsangabe

Ein junger Mann stürmt in eine Bar und schießt um sich. Eines der Geschosse trifft den Jazz-Saxofonisten Izzy Maurer. Während der Misanthrop auf dem Rücken liegt, sieht er, wie sich ein kleines Stück Beton von der Decke löst. – Mit einem zerstörten Lungenflügel wird Izzy nie mehr spielen können. Nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus findet er bei einem auf der Straße erschossenen Mann einen blau leuchtenden Stein und die Telefonnummer der Kellnerin Celia Burns, die zum Film möchte. Er ruft sie an ...
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Kritik

Obwohl oder gerade weil Paul Auster in "Lulu on the Bridge" eine märchenhafte Geschichte erzählt, entschieden sich er und Alik Sakharov für eine unaufdringliche Kameraführung und unspektakuläre Bilder.
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Bei Izzy Maurer (Harvey Keitel) handelt es sich um einen einzelgängerischen und missmutigen Jazz-Saxofonisten in New York. Die Musik ist alles, was für ihn zählt. Andere Menschen mag er nicht. Auch die Band-Mitglieder Dave Reilly (Richard Edson) und Tyrone Lord (Don Byron) kommen nicht an ihn heran.

Während er in einer Bar gerade ein Solo spielt, stürmt ein junger Mann (Kevin Corrigan) herein, schießt in die Decke, dann auf eine Frau, die ihn offenbar verlassen hat. Während die Gäste schreien, spielt Izzy wie in Trance weiter, bis ihn eine Kugel unterhalb der Schulter trifft. Der Mann mit der Waffe tötet sich selbst. Izzy, der zu Boden gestürzt ist und auf dem Rücken liegt, blickt auf die Einschlagstelle eines der Geschosse am Plafond und sieht, wie von dort ein kleines Stück Beton auf ihn herunterfällt. Dann verliert er das Bewusstsein.

Mit einem zerstörten Lungenflügel und einer gebrochenen Hand wird Izzy nie mehr spielen können. Die behandelnde Ärztin (Peggy Gormley) im Krankenhaus meint, es sei entscheidend, dass Izzy den Schuss überlebte, aber der Musiker sieht das anders.

Bisher kannte man den Saxofonisten nicht. Jetzt, wo er keine Musik mehr machen kann, wird er durch die Medienberichte über die Schießerei berühmt, und eine eilig herausgebrachte CD verkauft sich gut.

Auch die in Pierre’s Café arbeitende und von einer Karriere als Schauspielerin träumende Kellnerin Celia Burns (Mira Sorvino) besorgt sich die CD.

Nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus wird Izzy von seiner Ex-Frau Hannah (Gina Gershon) angerufen, aber er geht nicht ans Telefon. In einem Café spricht ihn der Musiker Bobby Perez (Harold Perrineau) an und sagt, er freue sich darüber, dass Izzy lebe. Der hört ihn zunächst nicht und irritiert Bobby dann mit zwei, drei unverständlichen Sätzen.

Hannah, die mit dem Filmproduzenten Philip Kleinman (Mandy Patinkin) und dessen Tochter Sonia (Sophie Auster) eine Familie bildet, besucht Izzy und füllt ihm den Kühlschrank auf. Überrascht ist sie, als er ihrer Einladung folgt und zum Essen kommt. Mit am Tisch sitzt Catherine Moore (Vanessa Redgrave), die in Philips nächster Produktion, einer Neuverfilmung der Tragödie „Die Büchse der Pandora“ von Frank Wedekind, Regie führen wird.

Auf dem Heimweg stolpert Izzy über einen Toten mit einem Schussloch mitten in der Stirn. Er nimmt dessen Aktentasche an sich. Zu Hause packt er sie aus. Er findet Papiere auf den Namen Stanley Mar (Greg Johnson). Ein Päckchen enthält wie eine Matrjoschka-Puppe mehrere weitere Päckchen. Im innersten liegt ein Stück Beton. Nachts leuchtet dieser Stein bläulich und schwebt.

Der Aktentasche entnahm Izzy auch eine Papierserviette, auf der Stanley Mar eine Telefonnummer notiert hatte. Izzy wählt sie. Celia, die gerade die CD mit seiner Musik hört, hebt ab. Izzy lässt sich die Adresse geben, besucht sie sofort und fragt sie nach Stanley Mar, aber sie kann ihm dazu nur sagen, dass es sich um einen Gast in dem Café handelte, in dem sie bedient. Als Izzy ihr den leuchtenden Stein zeigt, nimmt sie diesen gegen seinen Rat in die Hand. Schließlich folgt er ihrem Beispiel. Ein Glücksgefühl durchströmt beide, und sie fühlen sich verbunden, obwohl sie sich erst seit ein paar Minuten kennen. Auf Izzys Bemerkung, er wäre bereit, für sie zu sterben, reagiert Celia allerdings verstört.

Nachdem er gegangen ist, läuft sie ihm nach. „Existierst du wirklich?“, fragt sie. Er zieht zu ihr, und um immer in ihrer Nähe sein zu können, lässt er sich von Pierre (Victor Argo) als Hilfskellner einstellen.

Als Izzy erfährt, dass Celia in der Neuverfilmung des Stücks „Die Büchse der Pandora“ mitspielen und deshalb am Vorsprechen teilnehmen möchte, sorgt er durch seine Bekanntschaft mit Philip Kleinman und Catherine Moore dafür, dass sie die Rolle der Lulu bekommt.

Die Dreharbeiten werden in Dublin stattfinden. Celia reist ab. Izzy gibt ihr zum Abschied den Stein mit. Er will noch seine Wohnung in New York auflösen und dann nachkommen.

Als er erstmals seit einiger Zeit in seine Wohnung kommt, wird er dort von drei Männern überfallen und zusammengeschlagen. Warum er Stanley Mar ermordet habe, fragen sie. Sie durchwühlen die Wohnung und verschleppen Izzy dann in ein Lagerhaus. Dort wird er eingesperrt.

Ein Fremder, der sich Dr. Van Horn (Willem Dafoe) nennt und behauptet, Anthropologe zu sein, verhört ihn immer wieder. Izzy, der davon ausgeht, dass es der Bande um den wundersamen Stein geht, verschweigt seine Bekanntschaft mit Celia, aber Van Horn scheint alles über ihn zu wissen, auch, dass er in Wirklichkeit Isaac heißt und einen drei Jahre älteren Bruder hat. Franz war als Kind immer erfolgreicher als Isaac. Beim Fangen von Glühwürmchen beispielsweise leuchtete Franz‘ Glas bereits wie eine Laterne, während Isaacs Glas dunkel blieb. Die Mutter brachte Franz schließlich dazu, seinem jüngeren Bruder die Hälfte der Glühwürmchen abzugeben. Vor sieben Jahren, bei der Beerdigung des Vaters, sahen sich die verfeindeten Brüder zum letzten Mal. Van Horn erinnert den Gefangenen auch noch an andere Situationen, in denen er sich schäbig benahm. Izzy beteuert, er sei zu einem anderen Menschen geworden.

Celia, die als Lulu in Irland vor der Kamera steht, ruft Izzy immer wieder an, erreicht jedoch immer nur die Mailbox. Sie wundert sich darüber, dass er sich nicht meldet und auch nicht in dem Flugzeug ist, mit dem er nach Dublin kommen wollte. In der Annahme, dass Izzy sich von ihr getrennt habe, nimmt sie schließlich den Stein und wirft ihn von einer Brücke in die Liffey.

Kurz darauf passt Van Horn sie auf der Straße ab und fordert sie auf, in sein Auto einzusteigen. Er werde sie zu Izzy bringen, sagt er. Zuerst freut Celia sich, aber dann fallen ihr zwei Männer (Brian McGuinness, Neil Donovan) auf, die offenbar zu dem Fremden gehören. Da vermutet sie, dass Van Horn es auf den Stein abgesehen hat. Sie wirft ihm deshalb die Handtasche hin und rennt weg. Während Van Horn die Tasche durchsucht, laufen die beiden Männer Celia nach. Auf der Brücke, von der sie den Stein ins Wasser warf, sperren die Verfolger ihr den Weg ab. Celia klettert aufs Geländer und springt in den Fluss.

Izzy kann sich befreien. Er fliegt nach Dublin. Dort erfährt er von Philip Kleinman, dass die Hauptdarstellerin am 13. Drehtag nicht mehr am Set erschien und seither spurlos verschwunden ist. Die Dreharbeiten mussten abgebrochen werden.

Im Hotelzimmer schaut Izzy sich die Videokassette an, die er von Philip erhielt. Sie enthält die bereits gedrehten und nun nutzlosen Szenen. Izzy weint, als er Celia in der Rolle der Lulu sieht.

Gleich befinden wir uns wieder in der Bar in New York. Nach den Schüssen herrscht Chaos. Izzy wird auf einer Trage in einen Krankenwagen geschoben. Während der Fahrt bemühen sich zwei Sanitäter (Socorro Santiago, O. L. Duke) um den Schwerverletzten, aber nach ein paar Minuten stellen sie fest, dass er tot ist. Daraufhin wird das Martinshorn abgestellt.

Celia ist in derselben Straße als Fußgängerin unterwegs. Als das Martinshorn verstummt, bleibt sie betroffen stehen und bekreuzigt sich.

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Es heißt, dass Sterbende ihr Leben noch einmal wie im Zeitraffer sehen. In „Lulu on the Bridge“ – TV-Titel: „Lulu. Das Geheimnis einer Liebe“ – erfindet dagegen ein Sterbender sein Leben neu. Dr. Van Horn wirkt in diesem Zusammenhang wie ein Engel des Jüngsten Gerichts, der Izzy mit seinen negativen Charaktereigenschaften konfrontiert. Izzy wird durch die Begegnung mit Celia geläutert. Ein wundersamer Stein bewirkt, dass sie sich verbunden fühlen und lieben. Das macht aus Izzy einen anderen Menschen.

An mehreren Stellen streut Paul Auster Sätze in die Dialoge, in denen Zweifel an der Realität des Erlebten geäußert werden. Am Ende kehrt er zum Anfang zurück und stellt klar, dass es sich bei allem, was dazwischen war, um Imagination handelte.

Obwohl oder gerade weil Paul Auster in „Lulu on the Bridge“ / „Lulu. Das Geheimnis einer Liebe“ eine märchenhafte Geschichte erzählt, entschieden sich er und Alik Sakharov für eine unaufdringliche Kameraführung und unspektakuläre Bilder.

Das Drehbuch von Paul Auster sollte ursprünglich von Wim Wenders verfilmt werden, aber der ermutigte den Autor, aus „Lulu on the Bridge“ sein Regiedebüt zu machen.

Die Dreharbeiten fanden von Oktober 1997 bis Anfang 1998 in Irland statt.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2013

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