Nick Hornby : About a Boy

About a Boy
About a Boy Erstausgabe: London 1998 About a Boy Übersetzung: Clara Drechsler und Harald Hellmann Kiepenheuer & Witsch, Köln 1998
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

"About a Boy" handelt von einem Pubertierenden, der ohne väterliches Vorbild und ohne wirkungsvolle Unterstützung seiner überforderten Mutter seinen Weg finden muss, und von einem 36-Jährigen, der erst durch den Kontakt mit dem Zwölfjährigen dazu gebracht wird, Verantwortung zu übernehmen und sich um andere Menschen zu kümmern.
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Kritik

"About a Boy" ist kein kopflastiges Buch, sondern ein amüsanter Unterhaltungsroman, dessen Handlung Nick Hornby über weite Strecken aus Dialogen entwickelt, die er mit viel trockenem Humor gewürzt hat.
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London im Herbst 1993. Der Single Will Freeman kann gar nicht verstehen, wie es die Leute zeitlich schaffen, arbeiten zu gehen. Mit Körperpflege, Friseurterminen, Flirts, Restaurantbesuchen, Einkäufen und Fernsehen habe man schon voll zu tun. Der 36-Jährige hat noch nie Geld verdienen müssen, weil er von den Tantiemen für die von seinem inzwischen verstorbenen Vater komponierte und viel gespielte Weihnachtsschnulze „Santa’s Super Sleigh“ gut leben kann. Ein befreundetes Ehepaar mit zwei Kleinkindern kann nicht begreifen, dass Will keine Familie gründen möchte. Aber der Egozentriker fühlt sich nicht einsam, hat er doch seit seiner Trennung von Jessica ständig wechselnde Gespielinnen. Und mit Kindern könnte er sowieso nichts anfangen, glaubt er.

Im Plattenladen „Championship Vinyl“ lernt er Angie kennen. Sie verabreden sich, und beim zweiten Rendezvous eröffnet sie ihm, dass sie eine fünfjährige Tochter und einen dreijährigen Sohn hat: Maisy und Joe. Will heuchelt Entzücken. Für sich denkt er:

Wann war er je mit einer Frau ausgegangen, die wie Julie Christie aussah? Menschen, die wie Julie Christie aussahen, gingen nicht mit Menschen wie ihm aus. Sie gingen mit Filmstars, mit englischen Peers oder mit Formel-1-Fahrern aus. Was ging hier vor? Er kam zu dem Schluss, dass es an den Kindern liegen musste; Kinder stellten einen Makel dar, wie ein Muttermal oder Fettleibigkeit, der ihm eine Chance eröffnete, die er sonst nie gehabt hätte. Möglicherweise demokratisierten Kinder schöne allein stehende Frauen.

Wie üblich, langweilt ihn die Beziehung nach sechs Wochen. Damit beginnt gewöhnlich eine unangenehme Phase: Will hasst die Szenen, die ihm die Frauen machen, wenn er mit ihnen Schluss macht. Aber diesmal geschieht etwas Unerwartetes: Angie versucht ihm schonend beizubringen, dass sie sich von ihm trennen müsse. Ihr Exmann leide unter ihrer neuen Beziehung, er habe die Trennung noch nicht verwunden, und sie fühle sich eigentlich auch noch nicht so weit. Sie weint ein bisschen.

Er hatte noch nie eine Frau weinen sehen, ohne sich verantwortlich zu fühlen …

Dass er sich ohne schlechtes Gewissen ins nächste Abenteuer stürzen kann, hat Will vorher noch nie erlebt. Er begreift, welche Chancen ihm allein stehende Mütter eröffnen. Auch wenn sie attraktiv sind, finden sie kaum Männer, weil sie wegen der Kinder nur selten ausgehen und deren Vorhandensein die meisten Schürzenjäger abschreckt. Obendrein sind die Frauen nach einer längeren Entbehrung beim Sex besonders leidenschaftlich.

Will besucht ein Treffen einer Gruppe allein erziehender Eltern: SPAT (Single Parents. Alone Together). Den erster Fehler macht er, indem er pünktlich eintrifft. Die anderen Teilnehmer verspäten sich alle, weil sie Schwierigkeiten mit den Babysittern haben. Außer ihm erscheinen nur Frauen: Frances, Sally, Moira, Lizzie, Helen, Susannah, Suzie, alle um die dreißig; nur Saskia ist zehn Jahre älter. Als die Reihe an ihm ist, erfindet er einen zweijährigen Sohn Ned und klagt darüber, dass seine Frau Paula ihn und das Kind im Stich gelassen habe. (Um die Geschichte zu untermauern, kauft er später eigens einen Kindersitz für sein Auto und zerbröselt darüber Chips und Schoko Crossies.)

Will und Suzie verabreden sich zu einem Ausflug in den Regent’s Park. Kurz vorher ruft Will an und lügt, seine Exfrau habe plötzlich darauf bestanden, ihren Sohn zu sehen und auch das Auto mitgenommen. Suzie hat ihre Tochter Megan dabei und Marcus, den zwölfjährigen Sohn ihrer Freundin Fiona, damit die sich mal ein wenig ausruhen kann.

Fiona Brewer trennte sich vor vier Jahren von Marcus‘ Vater Clive, einem Sozialarbeiter in Cambridge, und zog mit ihrem Sohn nach London. Die 37-jährige Musiktherapeutin leidet unter Depressionen und hat kaum ein Ohr für Marcus. Deshalb entgeht ihr auch, dass er weder von den Lehrern noch von seinen Mitschülern für voll genommen wird. Ständig geht ihm irgendeine Melodie durch den Kopf; hin und wieder singt er vor sich hin. Auch wegen seines altbackenen Haarschnitts und seiner unmodernen Kleidung wird er verspottet. Mit dem von anderen gehänselten Außenseiter wollen selbst seine anfänglichen Schulfreunde Mark und Nicky bald nichts mehr zu tun haben.

Fiona trägt Ethnoklamotten, isst vegetarisch und backt ihr Brot selbst. Für den Ausflug mit Suzie hat sie Marcus einen Laib davon mitgegeben, aber der zieht es vor, das steinharte Vollkornbrot an die Enten im Park zu verfüttern. Weil es ihm zu anstrengend ist, kleine Stückchen herauszureißen, wirft er den Laib ins Wasser — und trifft eine Ente. Tödlich! Gegenüber dem aufgebrachten Parkwächter, der den Jungen als Täter verdächtigt, tut Will so, als sei er der Ehemann von Suzie und Vater der beiden Kinder. Die Ente sei bereits tot gewesen, behauptet er, und weil die Kleine bei dem Anblick zu schreien begann, habe Marcus sie mit dem Brotlaib versenken wollen. Als Will den ungläubigen Blick des Parkwächters auf das im Buggy schlummernde Mädchen bemerkt, behauptet er geistesgegenwärtig, die Kleine habe sich in den Schlaf geweint.

Suzie und Will bringen Marcus nach Hause. Dessen Mutter hängt nach einem Selbstmordversuch mit Tabletten bewusstlos über der Couch. Im Krankenhaus wird Fiona gerettet, und nach ein paar Tagen kehrt sie in ihre Wohnung zurück.

Will überlegt, ob er ein onkelhaftes Interesse an Fiona und Marcus entwickeln soll, um ein wenig „Halt und Heiterkeit“ in ihr Leben zu bringen und die offenbar überforderte Mutter von einem weiteren Suizidversuch abzuhalten. Er ruft Suzie an und teilt ihr beiläufig mit, er könne mit Marcus ‚mal ‚was unternehmen. Gleich darauf ist Marcus am Telefon: Er hat von Suzie erfahren, was Will vorhat und ist gern bereit, das Angebot anzunehmen — vorausgesetzt, auch seine Mutter ist dabei.

Marcus denkt ebenfalls darüber nach, was er tun kann, damit sich seine Mutter nicht noch einmal das Leben zu nehmen versucht, und er hat eine glänzende Idee: Ein Mann muss her!

Seine Mutter war hübsch, und Will hatte Geld, also könnten sie mit Will und seinem Kind zusammenleben, dann wären sie zu viert, und vier waren doppelt so gut wie zwei. Und vielleicht könnten sie, wenn sie wollten, noch ein Baby bekommen. Seine Mutter war nicht zu alt. Sie war achtunddreißig. Mit achtunddreißig konnte man noch Kinder kriegen. Damit wären sie dann zu fünft, und es käme nicht so drauf an, ob einer von ihnen starb. Na ja, es käme schon drauf an, aber wenigstens würde dann keiner von ihnen, er oder seine Mutter oder Will oder Wills kleiner Junge, ganz alleine zurückbleiben.

Will lädt die beiden in einem Restaurant zum Essen ein. Vergeblich fordert Marcus die Erwachsenen auf, ein Gespräch miteinander zu führen. Sie passen einfach nicht zusammen und wissen nicht, worüber sie reden sollen. Immerhin erfährt Marcus auf diese Weise, dass seine Mutter gar nicht mit seinem Vater verheiratet war. Bisher nahm er an, dass nur Verheiratete Kinder kriegen.

Nach dem frustrierenden Abend reagiert Will nicht auf die Nachricht von Fiona auf seinem Anrufbeantworter und ruft auch Suzie nicht zurück, um nicht von ihr ermahnt zu werden, es noch einmal mit ihrer depressiven Freundin zu versuchen.

Zufällig entdeckt ihn Marcus auf der Straße. Er folgt ihm unauffällig, beobachtet ihn beim Einkaufen und klingelt dann bei ihm. „Du hast kein Kind, oder?“ Marcus drängt sich an Will vorbei in die Wohnung, sieht sich um und konstatiert dann: „Du hast nur ein Schlafzimmer, du hast kein Kinderspielzeug im Badezimmer, hier ist auch kein Spielzeug … Du hast nicht mal Fotos von ihm. […] Lass uns ein Geschäft machen. Ich sage meiner Mum nichts, wenn du mit ihr ausgehst.“

Will beabsichtigte, die Welt allein stehender Mütter zu betreten, aber er rechnete nicht damit, dass deren Kinder in seine Welt eindringen könnten.

Fast täglich schaut Marcus nach der Schule bei Will vorbei, um mit ihm eine Stunde Fernsehen zu gucken.

Damit Marcus sich nicht schon durch seine Halbschuhe von den Mitschülern unterscheidet, kauft Will ihm eines Tages Turnschuhe. Am nächsten Tag erscheint Marcus weinend und in klatschnassen Socken bei ihm: Zwei Mitschüler haben ihn seiner neuen Turnschuhe beraubt.

Durch diesen Vorfall erfährt Fiona, dass ihr Sohn fast jeden Nachmittag mit einem erwachsenen Mann verbringt, der vortäuschte, einen kleinen Sohn zu haben. Sie verdächtigt Will der Päderastie und stellt ihn aufgebracht zur Rede. Will gelingt es, sie von seiner Unschuld zu überzeugen und erklärt wütend, er wolle weder sie noch ihren Sohn jemals wiedersehen.

Kurze Zeit später ruft Fiona bei ihm an und möchte, dass er wieder etwas mit Marcus unternimmt, weil dieser sonst keine Ruhe gibt. Als Will sich sträubt, wirft sie ihm Unmenschlichkeit vor.

Weil Fiona sich in der Schule über den Raub der Schuhe beschwerte, wird Marcus zur Direktorin gerufen. Neben ihm wartet die drei Jahre ältere Eleanor („Ellie“) McCrae, die ständig etwas anstellt und wegen ihres Mundwerks und ihrer Fäuste von allen gefürchtet wird.

„Hallo, Ellie.“ […]
„Wieso kennt hier eigentlich jede dreckige kleine Rotznase meinen Namen?“ […] „Ey, ich rede mit dir. Sei gefälligst nicht so scheißunhöflich.“
„Verzeihung. Ich wusste nicht, dass du mit mir sprichst.“
„Siehst du hier noch eine andere dreckige kleine Rotznase?“

Die Direktorin, Mrs. Morrison, rät Marcus, den Übeltätern aus dem Weg zu gehen. Da platzt ihm der Kragen.

Hielten ihn denn alle für bescheuert? Glaubten sie, er würde morgens aufstehen und sich vornehmen, die Leute zu finden, die ihn beschimpften und terrorisierten und ihm die Turnschuhe klauten …?

Er springt auf, läuft aus ihrem Büro und schwänzt für den Rest des Tages die Schule.

Zufällig bemerkt Will ihn vom Auto aus, aber er hütet sich, ihn durch Hupen auf sich aufmerksam zu machen. Zwei Stunden später steht Marcus in seiner Wohnungstür und fragt ihn um Rat, wie er Eindruck auf Ellie machen könne. Will klärt ihn darüber auf, dass es sich bei Kurt Cobain, dessen Bild Ellie auf ihrer T-Shirt-Brust trägt, nicht um einen Sportler, sondern um den Leadsänger der Rockgruppe „Nirvana“ handelt.

Bei der nächsten Begegnung mit Ellie am Getränkeautomaten behauptet Marcus, ein Fan Kurt Cobains zu sein. Allmählich freundet Ellie sich mit ihm an. Die anderen Schüler wundern sich darüber. Dass Ellie sich mit ihm abgibt, verschafft ihm Respekt.

An Weihnachten sitzt Will gewöhnlich allein zu Hause, sieht ein Video nach dem anderen an und betrinkt sich. Diesmal folgt er Marcus‘ Einladung zur Weihnachtsfeier in Fionas Wohnung. Auch Marcus‘ Vater Clive ist mit seiner Freundin Lindsey und deren Mutter aus Cambridge gekommen. Später erscheint auch Suzie mit Megan. Sie hat natürlich von Wills Lügengeschichte über seinen angeblichen Sohn erfahren und ignoriert ihn deshalb, aber als Megan Weihnachtsgeschenke zum Verteilen bekommt und das erste Päckchen ausgerechnet Will hinstreckt, bricht das Eis.

Auf Suzies Silvesterparty staunt Marcus, denn Ellie ist auch da. Ihre Mutter ist mit Suzie befreundet. Die 15-Jährige führt mit ihm ein Gespräch, und Marcus kommt sich richtig ernst genommen vor. Dann zeigt Ellie ihm, wie sich ihre Mutter Katrina hinter dem Schuppen von Tim Porter befummeln lässt. Es sei jedes Jahr dasselbe; am Neujahrsmorgen finde sie es dann erbärmlich, aber bei der nächsten Silvesterparty gebe sie sich wieder mit Tim Porter ab.

Will besucht ebenfalls eine Silvesterparty und verliebt sich dabei in eine attraktive junge Frau namens Rachel. Normalerweise fühlt er sich in Gegenwart einer geistreichen, kultivierten und zielstrebigen Frau minderwertig, denn er weiß, dass er zwar auf den ersten Blick attraktiv wirkt, aber trotz seiner Redegewandtheit nur minutenlang darüber hinwegtäuschen kann, dass er selbst weder gebildet noch besonders intelligent oder ehrgeizig ist. Diesmal kommt es anders: Rachel äußert sich abfällig über eine Popmusikgruppe, und Will erwidert: „Ich kenne einen Zwölfjährigen, der dich dafür töten würde.“ Aus dieser Äußerung schließt sie darauf, dass er einen Sohn hat, fragt nach dessen Namen und erzählt von ihrem Sohn Alistair („Ali“). Als sie fragt, ob Marcus auch verrückt nach Rap und Skateboards sei, verdreht Will die Augen — und betoniert damit ihr Missverständnis, ohne explizit gelogen zu haben. Vor dem Abschied verabreden Will und Rachel sich, damit die Jungen sich kennen lernen.

Will bleibt nichts anderes übrig, als Marcus zu bitten, einen Nachmittag lang seinen Sohn zu spielen. Widerwillig begleitet Marcus ihn zu Rachel und Ali. Die beiden Jungen sollen in Alis Zimmer bleiben, während Will und Rachel sich im Wohnzimmer unterhalten. Kaum hat seine Mutter die Tür geschlossen, droht Ali seinem unerbetenen Besucher, ihn umzubringen, falls dessen Vater es wagen sollte, mit seiner Mutter auszugehen. Marcus flieht. Will findet ihn an der Bushaltestelle, holt ihn zurück, und Rachel sorgt dafür, dass Ali sich artig bei Marcus entschuldigt.

Bei einem weiteren Rendezvous mit Rachel möchte Will das Missverständnis behutsam korrigieren. (Aber es stellt sich heraus, dass es so ist, als ob England nach und nach auf Rechtsverkehr umstellen würde.) Als erstes gesteht er Rachel, dass er nicht Marcus‘ leiblicher Vater sei.

„Es ist halt so ein Vater-Sohn-Verhältnis. Ich bin alt genug, sein Vater zu sein. Er ist jung genug, mein Sohn zu sein. Also –“
„Du bist alt genug, um der Vater von so ziemlich jedem unter zwanzig zu sein …“

Zwischendurch fragt Will, ob das mit Rachel und Ali und dessen Vater auch so kompliziert sei. Sie antwortet:

„Nein. Ich habe mit seinem Vater geschlafen und Ali neun Monate später zur Welt gebracht. Das war alles. Ziemlich unspektakulär, aber so ist das normalerweise.“

Zur Zeit lebt Alis Vater in Kalifornien. Australien wäre ihr lieber, weil es weiter weg ist. Sie hört nur von ihm, wenn er umzieht, denn dann gibt er ihr seine neue Telefonnummer durch.

Es gelingt Will nicht, Rachel abzulenken. Sie insistiert:

„Tut mir Leid, wenn ich noch mal darauf zurückkomme, aber ich habe das immer noch nicht ganz kapiert. Du bist Marcus‘ Stiefvater, aber du lebst weder mit ihm noch mit seiner Mutter zusammen.“
„Ja, so kann man das wohl auch betrachten.“

Schließlich versteht Rachel, dass Will überhaupt nicht mit Marcus verwandt ist, aber das Missverständnis zuließ und später sogar mit Marcus zu ihr kam, weil er glaubte, sie als allein erziehender Vater beeindrucken zu können. Sie verrät ihm, dass sie ihn tatsächlich zunächst für uninteressant hielt und ihre Meinung erst änderte, als sie annahm, er habe einen Sohn. Als Will schon glaubt, alles sei zu Ende, sagt sie:

„Das mit Marcus ist keine reine Erfindung von dir. Du engagierst dich, dir liegt etwas an ihm. Und du verstehst ihn und machst dir Sorgen um ihn. Also bist du nicht der Mann, für den ich dich hielt, bevor du ihn erwähnt hast.“

Damit versucht sie ihn aufzumuntern, aber Will möchte nicht nur durch Marcus definiert werden, will sein eigenes Leben und seine eigene Identität haben und um seiner selbst willen interessant sein.

Um weiter mit Rachel zusammen sein zu können, vermeidet Will gegen seine Gewohnheit jede Anspielung auf Erotik. Doch eines Tages liegen sie sich plötzlich in den Armen und küssen sich; Rachel führt ihn an der einen Hand die Treppe hoch und knöpft mit der anderen ihr Jeanshemd auf.

Will brauche nicht nach einem Lebenssinn zu suchen, meint sie: „Man muss nämlich seelisch ziemlich stabil sein, um das zu tun, was du tust.“ Hat er ihr doch wieder etwas vorgelogen und erinnert sich nicht mehr daran? Will fragt nach. Nein, sie weiß, dass er nichts tut. Das sei es ja gerade: Andere suchen den Sinn ihres Lebens im Beruf oder in der Familie. Er habe das alles nicht und sei doch nicht verzweifelt. Also müsse er stark sein.

Als Clive bei Ausbesserungsarbeiten vom Fensterbrett fällt und sich das Schlüsselbein bricht, schlägt Fiona ihrem Sohn vor, er solle seinen Vater außer der Reihe besuchen. Marcus spricht mit Ellie darüber, und sie will ihn spontan begleiten.

Ausgerechnet am verabredeten Tag steht in allen Zeitungen, dass der 27-jährige Rockstar Kurt Cobain sich am 8. April 1994 mit einer Schrotflinte erschoss. Ellies Idol!

Währenddessen hat Will sich mit Fiona und Rachel in einem Pub verabredet und mit Rachel abgesprochen, dass er sich nach einer Weile unter einem Vorwand zurückzieht, damit sie von Frau zu Frau versuchen kann, Fiona von ihren Selbstmordgedanken abzubringen. Rachel hält die Verabredung bewusst nicht ein. Als Fiona sagt, sie brauche wohl einfach mal jemand zum Reden, beteuert Will, er sei dafür denkbar ungeeignet.

„Ich möchte helfen, weiß aber, dass es mir nicht möglich sein wird. Ich habe auf nichts eine Antwort.“
„Das ist so typisch männliches Denken, stimmt’s?“
„Was?“
„Dass es sich gar nicht erst lohnt, über irgendwas zu reden, solange man nicht sagen kann: ‚Oh, da habe ich einen Kumpel in der Essex Road, der dir das reparieren kann.'“

Fiona erzählt Will, dass sie sich deprimiert fühle, aber nicht wisse, woher die Niedergeschlagenheit komme. Er hört zu, nickt, stellt passende Fragen — alles ohne Hintergedanken — und merkt, dass es ihr gut tut.

Er bringt sie nach Hause und bleibt noch, bis sie den Anrufbeantworter abgehört hat, um sicher zu sein, dass mit Marcus alles in Ordnung ist. Doch Marcus hat nicht von seinem Vater aus angerufen, sondern von der Polizeiwache in Royston.

Unvermittelt wollte Ellie nicht mehr nach Cambridge. Sie stieg in Royston aus, und Marcus folgte ihr. Sie schlenderten durch die Straßen. In einem Plattengeschäft entdeckte sie eine große Pappfigur von Kurt Cobain und schrie: „Sieh dir das an. Die Schweine. Schon versuchen sie, Geld mit ihm zu scheffeln.“ Ellie zog einen Stiefel aus, schlug damit die Schaufensterscheibe ein und nahm das Bild heraus. Passanten hielten sie fest, bis die Polizei eintraf.

Clive wird telefonisch verständigt und steigt mit Lindsey ins Auto. Ellies Mutter Katrina ruft Fiona an. Will fährt die beiden Mütter nach Royston. Zuletzt trifft auch die Besitzerin des Plattenladens auf der Polizeiwache ein. Es handelt sich um eine nervöse Endzwanzigerin, die in ihrer ausgefallenen Aufmachung Ellie gleicht und ebenfalls Kurt Cobain verehrt. Die Pappfigur hatte schon seit langer Zeit in ihrer Auslage gestanden.

Einige Zeit später erfährt Will von Fiona, dass sie sich viel besser fühle und mit allem besser fertig werde. Will ahnt, an was es liegt: Marcus ist reifer geworden, selbständiger und kann auf sich selbst aufpassen. Dadurch fühlt sich seine Mutter entlastet und nicht länger überfordert.

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Nick Hornby (*1957) erzählt in seinen Romanen von Männern, die sich in Ersatzwelten zurückgezogen haben und gerettet werden müssen.

„About a Boy“ handelt eigentlich gar nicht von einem Jungen, sondern von zwei Unerwachsenen: Marcus und Will. Einerseits geht es um einen Pubertierenden, der ohne väterliches Vorbild und ohne wirkungsvolle Unterstützung seiner überforderten Mutter seinen Weg finden muss. Der andere ist zwar bereits 36 Jahre alt, aber er glaubt noch immer, das Leben aussperren zu können. Der beziehungsunfähige Egomane wird erst durch den Kontakt mit dem Zwölfjährigen dazu gebracht, Verantwortung zu übernehmen und sich um andere Menschen zu kümmern. Er lernt, dass nicht One Night Stands, sondern mitmenschliche Beziehungen dem Leben einen Sinn geben.

Geschickt wechselt Nick Hornby zwischen den Perspektiven der beiden Hauptfiguren und verknüpft die beiden anfangs von einander unabhängigen Handlungsstränge immer enger.

„About a Boy“ ist kein tief schürfendes Buch, sondern ein amüsanter Unterhaltungsroman, dessen Handlung Nick Hornby über weite Strecken aus Dialogen entwickelt, die er mit viel trockenem Humor gewürzt hat.

Paul und Chris Weitz verfilmten den Roman von Nick Hornby: „About a Boy“.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2003
Textauszüge: © Kiepenheuer & Witsch

Paul und Chris Weitz: About a Boy

Audur Ava Ólafsdóttir - Miss Island
Mit Ausnahme des Prologs lässt Audur Ava Ólafsdóttir in ihrem Roman "Miss Island" die Hauptfigur Hekla als Ich-Erzählerin auftreten. Die mit Verweisen auf andere literarische Werke gespickten Kapitel der Emanzipations-Geschichte sind kurz und lassen sich rasch lesen.
Miss Island