Hunger auf Leben

Hunger auf Leben

Hunger auf Leben

Originaltitel: Hunger auf Leben - Regie: Markus Imboden - Drehbuch: Scarlett Kleint - Kamera: Hans Grimmelmann - Schnitt: Ursula Höf - Musik: Annette Focks - Darsteller: Martina Gedeck, Kai Wiesinger, Ulrich Mühe, Heinrich Schmieder, Martin Feifel, Uwe Bohm u.a. - 2004, 95 Minuten

Inhaltsangabe

Brigitte Reimann wuchs als Tochter eines Journalisten in Burg bei Magdeburg auf. 1956 erschien ihre Erzählung "Die Frau am Pranger". Vier Jahre später zog die trotz ihrer Parteilosigkeit und kritischen Einstellung von der SED gefeierte Schriftstellerin nach Hoyerswerda und arbeitete im Braunkohlekombinat "Schwarze Pumpe", um den Kontakt zur Basis nicht zu verlieren. Die leidenschaftliche, viermal verheiratete Frau starb im Alter von 39 Jahren an Krebs.
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Kritik

Markus Imboden stellt die DDR ebenso sachlich-nüchtern dar wie das Leben der Schriftstellerin in den Jahren von 1955 bis 1973. Er setzt ganz auf die Hauptdarstellerin Martina Gedeck, die Brigitte Reimanns Leidenschaft, ihren "Hunger auf Leben" und ihre ambivalente Einstellung gegenüber dem Staat sehr intensiv zum Ausdruck bringt.
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Die Schriftstellerin Brigitte Reimann (Martina Gedeck) wohnt mit ihrem Ehemann Günther (Heinrich Schmieder) und ihrem ein Jahr jüngeren Bruder Lutz (Uwe Bohm) bei ihren Eltern (Jutta Wachowiak, Günter Junghans) in Burg bei Magdeburg. 1955 verlässt Günter sie, kehrt jedoch am Hochzeitstag mit einem Blumenstrauß zurück, und sie verspricht ihm, von jetzt an treu zu sein, nimmt sich auch fest vor, das Versprechen zu halten.

Am Tag darauf folgt sie einer Einladung des Verlags „Neues Leben“ und fährt nach Magdeburg. Ihr Lektor Johann Hensel (Ulrich Mühe) bringt sie auf Kosten des Verlags im Schriftstellerheim „Alexander Puschkin“ unter, wo sie nach seinen Ratschlägen mit der Überarbeitung ihres Romanmanuskriptes beginnen soll. Unvermittelt küsst sie ihn auf den Mund. Nachts schleicht er sich in ihr Zimmer.

Einige Zeit später fährt Hensel sie wieder nach Hause. Günter sieht zwar nicht den leidenschaftlichen Abschiedskuss der beiden, aber er hat inzwischen eine Schublade aufgebrochen und Brigittes Tagebücher mit den Notizen über ihre Seitensprünge gelesen. Sobald sie ins Zimmer kommt, schlägt er auf sie ein, bis ihr Bruder herbeieilt und ihn zurückreißt. Blind vor Zorn läuft Günter auf die Straße und beschimpft eine Streifenwagenbesatzung als „Voposchweine“. Dafür muss er ins Gefängnis.

Brigitte ist schwanger und freut sich auf das Kind, verliert es jedoch durch eine Fehlgeburt. Da schneidet sie sich mit einer Rasierklinge die Pulsadern auf und legt sich ins Bett. Ihr Bruder findet sie gerade noch rechtzeitig.

Nachdem sie sich wieder erholt hat, schließt sie ihre Erzählung „Die Frau am Pranger“ ab. Das Buch wird 1956 veröffentlicht. Während einer Signierstunde in Magdeburg spricht ein Herr sie an, stellt sich als Major Zürner vor und lädt sie in ein Café ein: Er arbeitet für die Staatssicherheit und möchte Brigitte Reimann überreden, ihm Informationen über Äußerungen der Mitglieder des Schriftstellerverbands zu liefern. (Sie trifft sich jedoch nur zweimal mit ihm und denunziert keinen ihrer Kollegen.)

Statt nach Hause zurückzukehren, besucht sie den Schriftsteller Siegfried („Daniel“) Pitschmann (Kai Wiesinger), den sie im Schriftstellerheim kennen gelernt hatte. Seine Erzählungen werden von den Verlagen nicht angenommen, weil es an positiven Helden fehlt und die führende Rolle der Partei nicht ausreichend gewürdigt wird. Er hat eine Narbe am Handgelenk wie Brigitte. Sie bleibt drei Wochen bei ihm in der Wohnung. Dann lädt sie ihn in ihr Elternhaus ein. Ausgerechnet an diesem Tag kommt Günter nach Hause: Er wurde vorzeitig auf Bewährung entlassen und glaubt zu wissen, dass er das der Berühmtheit seiner Frau verdankt, ahnt jedoch nichts von ihren beiden Treffen mit dem Stasi-Major.

Günter liebt seine Frau, aber sie hält es nicht mehr mit ihm aus, bittet ihn um die Scheidung und zieht zu Siegfried. Von ihm erfährt sie, dass Johann Hensel wegen staatsfeindlicher Hetze verhaftet wurde.

Wegen ihrer Unangepasstheit wird Brigitte Reimann 1958 beinahe vom Schriftstellerverband ausgeschlossen. Zwei Jahre später weist man ihr und Siegfried Pitschmann, den sie inzwischen geheiratet hat, eine Neubauwohnung in der „sozialistischen Wohnstadt“ Hoyerswerda zu: Bei körperlicher Arbeit im Braunkohlekombinat Schwarze Pumpe suchen sie den Kontakt zur Basis („Bitterfelder Weg“), und für ihre schreibenden Arbeitskollegen organisiert die Schriftstellerin einen Literaturzirkel. Zwischendurch schreibt das Paar ein gemeinsames Hörspiel, dessen Rundfunkübertragung von den Arbeitskollegen begeistert gefeiert wird. Brigittes erhält für ihr neues Buch „Ankunft im Alltag“, in dem sie ihre Eindrücke in Hoyerswerda verarbeitet, den Literaturpreis des „Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes“. Walter Ulbricht (Günter Junghans) will sie kennen lernen und fordert sie auf, endlich in die Partei einzutreten. Aber sie stellt keinen Aufnahmeantrag, obwohl sie an den Sozialismus glaubt und – im Gegensatz zu ihrem Bruder Lutz, der sich in den Westen abgesetzt hat – loyal mithelfen will, das Leben in der DDR zu verbessern.

Noch bevor Siegfried sich von ihr trennt und aus Hoyerswerda abreist, hat sie ihn bereits mit dem eigenwilligen Arbeitskollegen Jon (Martin Feifel) betrogen und ein Verhältnis mit ihm angefangen. Sie ahnt nicht, dass Jon sie im Auftrag von Major Zürner beobachtet. Als Gegenleistung stellt man die Lohnpfändung gegen ihn ein und löscht seine Vorstrafe wegen einer Unterschlagung aus seinen Akten. Siegfried hält es nicht lange ohne Brigitte aus, kehrt zu ihr zurück, aber die Ehebeziehung lässt sich nicht wieder herstellen.

Der bornierten Funktionäre in Hoyerswerda überdrüssig, zieht Brigitte Reimann Ende 1968 nach Neubrandenburg.

Kritik an der DDR-Architektur, die in den Plattenbausiedlungen nicht nur aus Kostengründen menschliche Bedürfnisse missachtet, steht im Mittelpunkt ihres neuen Buches. Es handelt von einer jungen, ehrgeizigen Architektin – Brigittes Alter Ego –, die mit ihren idealistischen Bauvorhaben scheitert. Sie bittet Johann Hensel, die ersten Kapitel des Romans „Franziska Linkerhand“ zu prüfen, obwohl er seit seiner Entlassung aus dem Gefängnis keine Romane mehr lektorieren darf, sondern für Ratgeber zuständig ist.

Brigitte entdeckt einen Knoten in ihrer Brust, und bei der medizinischen Untersuchung wird festgestellt, dass sich bereits Metastasen in ihrem Körper verteilt haben. Trotz der Schmerzen arbeitet sie angestrengt weiter, aber sie kann den Roman „Franziska Linkerhand“ nicht mehr vollenden und stirbt am 20. Februar 1973 im Alter von neununddreißig Jahren.

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Auf der Grundlage der von Brigitte Reimann hinterlassenen und vom Aufbau-Verlag veröffentlichten Tagebücher porträtiert Markus Imboden in dem episodischen Fernsehdrama „Hunger auf Leben“ die leidenschaftliche Frau und idealistische Schriftstellerin, die an den Sozialismus glaubte, es sich aber auch nicht nehmen lassen wollte, kritisch über das Leben in der DDR zu schreiben und rigoros Verbesserungen zu fordern.

Markus Imboden hält sich zurück und stellt die DDR ebenso sachlich-nüchtern dar wie die Protagonistin. Er setzt ganz auf die Hauptdarstellerin Martina Gedeck, die Brigitte Reimanns Leidenschaft, ihren „Hunger auf Leben“, ihre Selbstzweifel und ihre ambivalente Einstellung gegenüber dem Staat sehr intensiv zum Ausdruck bringt.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2004

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