Peer Gynt

Peer Gynt

Peer Gynt

Originaltitel: Peer Gynt – Regie: Uwe Janson – Drehbuch: Uwe Janson, nach dem Theaterstück "Peer Gynt" von Henrik Ibsen – Kamera: Philipp Sichler – Schnitt: Florian Drechsler – Musik: Edvard Grieg – Darsteller: Robert Stadlober, Susanne-Marie Wrage, Karoline Herfurth, Kathrin Angerer, Max Hopp, Ulrich Mühe, Henny Reents, Patrick Güldenberg, Bernhard Piesk, Pegah Ferydoni u.a. - 2006; 80 Minuten

Inhaltsangabe

Peer Gynt ist ein Taugenichts. Statt seiner verwitweten Mutter Aase beizustehen, treibt er sich herum und erzählt fantasievolle Lügengeschichten. Aus einer Laune heraus entführt er eine Braut, die in ihn verliebt ist, aber sobald das Abenteuer vorbei ist, langweilt sie ihn. Weil er sich nicht selbst findet, soll er wie eine missglückte Bleifigur umgegossen werden. Aber davor rettet ihn Solveig, die unbeirrbar auf ihn wartet ...
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Kritik

In den Text des Versdramas "Peer Gynt" von Henrik Ibsen hat Uwe Janson Formulierungen aus der Umgangssprache moderner Jugend-licher aufgenommen. Diese und andere Änderungen sind gelungen, weil sie die Frische des unterhaltsamen Stücks erhöhen, ohne es zu verfälschen.
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Weil der alkoholkranke Jon Gynt sein Gut heruntergewirtschaftet hatte, bevor er starb, weiß seine Witwe Aase (Susanne-Marie Wrage) kaum, wie sie sich und ihren Sohn Peer (Robert Stadlober) durchbringen soll, und an eine Renovierung des verfallenen Hauses ist gar nicht zu denken. Statt seiner Mutter beizustehen und sich Arbeit zu suchen, treibt Peer Gynt sich herum, prügelt sich mit anderen Jungen, läuft jedem hübschen Mädchen nach und erzählt seiner Mutter fantasievoll ausgeschmückte Lügengeschichten, wenn er nach tagelanger Abwesenheit heimkommt.

Ingrid (Henny Reents) hätte ihn wohl gern geheiratet, meint Aase. Das wäre eine Lösung der Misere gewesen, denn das Mädchen stammt aus einer reichen Familie. Peer will auf der Stelle zu Ingrid, aber seine Mutter klärt ihn darüber auf, dass Ingrid am nächsten Morgen mit Mads (Patrick Güldenberg) Hochzeit feiern wird. Das hält Peer nicht davon ab, sich auf den Weg zur Braut zu machen.

Unterwegs stößt er auf andere Jugendliche – darunter seinen Intimfeind Aslak (Bernhard Piesk) –, die ihn davor warnen, sich unter die Hochzeitsgäste zu mischen.

Peer Gynt tut es trotzdem und begegnet auf dem Fest einer anmutigen jungen Frau namens Solveig (Karoline Herfurth), die jedoch zu schüchtern ist, um mit ihm zu tanzen. Die Braut hat sich in einem Wohnwagen eingeschlossen und weigert sich, ihrem Bräutigam die Tür zu öffnen. Der bittet in seiner Verzweiflung Peer um Hilfe, aber der Abenteurer entführt daraufhin kurzerhand die Braut. Mit dem Motorboot ihres Vaters bringt er sie zu einer Hütte, aber nach kurzer Zeit langweilt sie ihn. Er wünscht alle Weiber bis auf Solveig zum Teufel. Als Ingrids Vater und ihr Bräutigam auftauchen, flieht Peer Gynt mit einem Boot weiter den Fluss hinunter.

Bei einer Rast am Ufer wird er vom Knopfgießer (Ulrich Mühe) angesprochen, der ihm ankündigt, dass er wie eine missglückte Bleifigur umgeschmolzen werden soll. Plötzlich wird Peer Gynt von drei frechen Mädchen umringt. Um ihnen zu entkommen, springt er ins trübe Wasser und taucht. Bei einem fremden Schiff kommt er wieder zur Oberfläche. An Deck sitzt ein eitles Mädchen in einem grünen Kleid (Kathi Angerer), das behauptet, ihr Vater sei König. Lachend erwidert Peer Gynt, das treffe sich gut, denn er sei ein Prinz und wohne in einem Schloss. Die Grüne öffnet plötzlich eine Luke, und sie purzeln beide ins Innere des Schiffes, mitten in eine Horde wilder Seeleute. Die Grüne ist die Tochter des Kapitäns (Max Hopp), der in Peer Gynt seinen Schwiegersohn sieht. Doch als der Gast die beiden Töchter des Kapitäns beleidigt, kommt es zum Streit. Obendrein ist der Bauch der Grünen bereits geschwollen: Sie erwartet ein Kind von Peer Gynt. Der rettet sich in einen seltsamen Raum, wo ihm Solveig erscheint. Bevor er weiterflieht, bittet er sie, ihn nicht zu vergessen.

Peer Gynt richtet sich in einem auf dem Trockenen liegenden Kahn ein. Solveig kommt zu ihm, um dort mit ihm zu leben, aber kurz darauf taucht auch die Grüne mit einem kleinen Jungen auf, von dem sie behauptet, es sei Peers Sohn. Da läuft Peer Gynt erneut davon.

Als er am Ufer eines Flusses liegt, wird er von einer exotisch aussehenden jungen Frau angesprochen. Sie heißt Anitra (Pegah Ferydoni) und nimmt ihn mit auf ihr Schiff. Die beiden lieben sich, aber dann wirft Anitra ihren Gast von Bord.

Obwohl er in seiner Heimat als vogelfrei gilt, wagt Peer Gynt sich nach Hause, um nach seiner Mutter zu sehen. Wegen des Brautraubs sind Haus und Garten verpfändet, und Aase liegt im Sterben. Liebevoll nimmt Peer sie in die Arme und macht ihr vor, sie befänden sich auf einer schönen Reise zum Himmelstor, wo Aase freundlich aufgenommen wird.

Der Knopfgießer, der ihn mehrmals daran erinnerte, dass er umgeschmolzen werden soll, verliert allmählich die Geduld. Peer Gynt sei nie er selbst gewesen, meint der Knopfgießer. Deshalb gelte der Guss, mit dem er erzeugt wurde, als unbrauchbar und man wolle es aufs Neue versuchen. Peer Gynt bittet um Aufschub, um die Anschuldigung widerlegen zu können, aber es gelingt ihm nicht, Zeugen dafür beizubringen, dass er sich selbst gefunden habe. Da hört er Solveig singen. Sie nähert sich auf einer unbefahrenen Teerstraße. Obwohl der Knopfgießer damit droht, ihm nachzukommen, läuft Peer Gynt freudig auf sie zu.

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Nach „Baal“ und „Lulu“ inszenierte Uwe Janson zum dritten Mal ein Theaterstück für den Film: „Peer Gynt“ von Henrik Ibsen.

Uwe Janson hat in den Text des 1867 von Henrik Ibsen geschriebenen und 1876 uraufgeführten Versdramas „Peer Gynt“, das in einer nicht näher definierten Zeit spielt, Formulierungen aus der Umgangssprache moderner Jugendlicher aufgenommen. Peer Gynt bewegt sich vorwiegend im Freien, und zwar entlang eines Flusses. Seeleute treten anstelle von Trollen auf. Außerdem straffte Uwe Janson das Stück, indem er die beiden letzten Akte bis auf die (vorgezogene) Szene mit Anitra und dem Schluss wegließ. Den Knopfgießer, der im Versdrama erst im 5. Akt vorkommt, lässt Uwe Janson immer wieder auftreten, sodass er wie ein Leitmotiv wirkt. Die Änderungen sind gelungen, weil sie die Frische des unterhaltsamen Stücks erhöhen, ohne es zu verfälschen.

Der fantasievolle Träumer Peer Gynt, der sich selbst genug ist, ohne dass es ihm gelingt, sich selbst zu finden, vergleicht sich einmal mit einer Zwiebel, die mehrere Schalen, aber keinen Kern aufweist. Liebe, Tod und Selbstverwirklichung sind die zentralen Themen der romantischen, surrealen und ironischen Theaterverfilmung. Peer Gynt wird von Robert Stadlober als rebellischer und ungestümer, egozentrischer und lebensgieriger Narr dargestellt, der beim Tod seiner Mutter beweist, dass er auch mitfühlend und zärtlich sein kann.

Die Dreharbeiten zu „Peer Gynt“ fanden auf Usedom statt.

Das Versdrama „Peer Gynt“ war bereits vorher mehrmals verfilmt worden, so zum Beispiel 1915 von Oscar Apfel, 1919 von Richard Oswald, 1934 von Fritz Wendhausen, 1941 von David Bradley, 1976 von John Selwyn Gilbert und 1988 von István Gaál.

Peer Gynt – Regie: Fritz Wendhausen – Drehbuch: Richard Billinger, nach dem Versdrama „Peer Gynt“ von Henrik Ibsen – Kamera: Carl Hoffmann – Schnitt: Carl Otto Bartning, Ella Ensink – Musik: Giuseppe Becce – Darsteller: Hans Albers, Lucie Höflich, Marieluise Claudius, Ellen Frank, Olga Tschechowa, Lizzi Waldmüller, Zehra Achmed, Richard Ryen, Hans Schultze, F.W. Schröder-Schrom, Leopoldine Sangora, Alfred Döderlein, O. E. Hasse u. a. – 1934; 120 Minuten

Peer Gynt – Regie: David Bradley – Drehbuch: David Bradley, nach dem Versdrama „Peer Gynt“ von Henrik Ibsen – Kamera: David Bradley, Robert Cooper, Richard Roth – Musik: Edvard Grieg – Darsteller: Charlton Heston, Betty Hanisee, Mrs. Hubert Hyde, Lucielle Powell, Sue Straub, Katharine Bradley, Charles Paetow, Morris Wilson, George B. Moll, Betty Barton u. a. – 1941; 100 Minuten

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2006

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