Lost Highway
Lost Highway
Inhaltsangabe
Kritik
Unruhig geht Fred Madison (Bill Pullmann) in seinem Haus hin und her. Als es läutet, drückt er auf den Knopf der Gegensprechanlage. Jemand sagt: „Dick Laurent ist tot.“ Er geht ans Fenster, aber draußen ist niemand zu sehen.
Fred spielt Tenorsaxophon in einem Jazzkeller. Zu seinem nächsten Auftritt will Renee (Patricia Arquette), seine Ehefrau, ihn nicht begleiten, sondern lieber zu Hause bleiben und lesen. Da sie kaum jemals etwas liest, nährt der Vorwand Freds Eifersucht.
Am nächsten Morgen holt Renee die Post herein und findet auf der Treppe ein großes Kuvert mit einer Videokassette. Sie sehen sich das Band gemeinsam an: Jemand hat gefilmt, wie er sich ihrer Haustür nähert. Sonst nichts.
Abends, vor dem Einschlafen, erzählt Fred Renee einen Traum: Er ist im Haus und hört, wie sie seinen Namen ruft. Zuerst kann er sie nicht finden, dann entdeckt er sie im Bett. Aber das ist nicht sie, die Fremde sieht nur aus wie sie. Für einen Augenblick denkt Fred auch jetzt, ein fremdes Gesicht neben sich im Bett zu sehen.
Wieder liegt bei Kuvert mit einer Videokassette auf der Treppe. Diesmal ist jemand in ihr Haus eingedrungen und hat sie beide gefilmt, wie sie im Bett liegen und schlafen! Sie alarmieren die Polizei. Zwei Beamte (Carl Sunstrom, John Solari) kommen vorbei, überprüfen Fenster und Türen, können aber nichts feststellen.
Auf einer Party beobachtet Fred eifersüchtig, wie Renee mit dem Gastgeber Andy (Michael Massee) flirtet. Er wird von einem seltsamen Mann (Robert Blake) angesprochen. Hat er dessen maskenhaftes Gesicht neulich neben sich im Bett gesehen? Der Fremde behauptet, jetzt gerade im Haus von Fred und Renee zu sein und fordert ihn auf, es durch einen Anruf zu überprüfen. Tatsächlich hebt der geheimnisvolle Mann das Telefon ab. – Nachdem Fred den Wagen geparkt hat, geht er zur Vorsicht erst einmal allein ins Haus, aber es scheint alles in Ordnung zu sein. Als Renee aus dem Bad kommt, findet sie Fred nicht und ruft ängstlich nach ihm.
Am anderen Morgen holt Fred die Post herein. Wieder liegt eine Videokassette auf der Treppe. Diesmal ist auf dem Band zu sehen, wie Fred seine Frau ersticht.
Wegen vorsätzlichen Mordes wird er zum Tod auf dem elektrischen Stuhl verurteilt.
In der Todeszelle leidet er unter Schlaflosigkeit und rasenden Kopfschmerzen. Entsetzliche Erinnerungsfetzen quälen ihn.
Eines Morgens sitzt statt Fred Madison ein jüngerer Mann in dessen Zelle und starrt schweigend vor sich hin. Rasch findet die Polizei heraus, dass es sich bei ihm um Pete Dayton (Balthazar Getty) handelt, der vor einiger Zeit wegen eines Autodiebstahls zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt worden war. Die Eltern (Gary Busey, Lucy Butler) holen ihren sichtlich verwirrten Sohn vom Gefängnis ab und bringen ihn zu sich nach Hause, wo er sich allmählich erholt.
Petes Freundin Sheila (Natasha Gregson Wagner) wundert sich: Er kommt ihr seltsam und irgendwie verändert vor.
Bald nimmt Pete seine Arbeit als Kfz-Mechaniker in Arnies (Richard Pryor) Werkstatt wieder auf. Der Gangsterboss Dick Laurent (Robert Loggia), der sich „Mr Eddy“ nennen lässt, kommt mit zwei Leibwächtern vorbei, freut sich, dass der versierte Mechaniker wieder da ist und hat auch gleich einen Auftrag für ihn: Bei einer Probefahrt soll Pete die Ursache eines Störgeräusches an dem schwarzen Mercedes herausfinden und abstellen. Als Mr Eddy auf einer kurvigen Gebirgsstrecke von hinten angehupt wird, winkt er den Drängler vorbei, fährt ihm dann von hinten auf, schiebt ihn ein Stück vor sich her und schließlich in den Graben. Während die beiden Leibwächter ihre Pistolen auf den vor Angst schlotternden Mann richten, belehrt Mr Eddy ihn, dass zu dichtes Auffahren gefährlich sei und prügelt und tritt auf ihn ein.
Als im Werkstattradio Fred Madison mit seinem Tenorsaxophon zu hören ist, schaltet Pete genervt auf einen anderen Sender um.
Erneut taucht Mr Eddie in der Werkstatt auf. Diesmal soll Pete seinen Cadillac warten. Begleitet wird Mr Eddie diesmal nicht von Bodyguards, sondern von einer attraktiven Blondine, die wie Renee Madison aussieht (Patricia Arquette). Sie heiße Alice Wakefield, sagt sie einige Stunden später, als sie allein im Taxi vorfährt, um den Cadillac abzuholen. Weil Pete Angst vor Mr Eddie hat, geht er nur zögernd auf Alices Avancen ein. Aber als der Bann gebrochen ist, verabreden sie sich jeden Tag in einem Hotelzimmer.
Mr Eddie kommt eigens zur Werkstatt, um Pete zu sagen, dass er Alice abgöttisch liebe und jeden Rivalen töten würde.
„Wenn wir nur genügend Geld hätten“, meint Alice, „dann könnten wir von hier fort.“ Sie hat auch bereits einen Plan und überredet Pete zu einem Raubüberfall auf einen reichen Gangster. Es handelt sich um Andy, auf dessen Party Fred dem seltsamen Fremden begegnet war. Alice wird mit Andy ins Bett gehen, die Hintertür seiner Luxusvilla offen lassen, und ihn um 23 Uhr unter dem Vorwand, noch etwas trinken zu wollen, nach unten schicken. Dort soll Pete ihn mit einem Schlag auf den Kopf betäuben. Zur vereinbarten Zeit kommt Andy tatsächlich die Treppe herunter. Pete schlägt ihn nieder. Alice vergewissert sich, dass bis hierher alles planmäßig gelaufen ist. Plötzlich kommt Andy zu sich und stürzt sich auf den Einbrecher. Der weicht aus, und Andy schlägt mit der Schläfe gegen die Kante der schweren Glasplatte eines Tisches. Er ist sofort tot.
Entsetzt stammelt Pete: „Wir haben ihn umgebracht!“ Alice korrigiert ihn: „Du hast ihn umgebracht.“ Während Pete völlig durcheinander ist, ordnet Alice kühl an, was zu tun ist. Sie fährt mit ihm und dem geraubten Schmuck zur einsamen Hütte eines Hehlers. Offenbar ist er nicht da. Pete und Alice warten auf ihn und lieben sich im Scheinwerferlicht des Autos auf dem Boden. „Ich will dich“, keucht Pete. „Du wirst mich niemals kriegen“, entgegnet Alice, springt auf und läuft nackt in die Hütte. Da taucht der Mann mit dem maskenhaften Gesicht auf und folgt ihr. Ist er der Hehler? Nicht Pete, sondern Fred erhebt sich aus dem Sand. Als er den Fremden nach Alice fragt, antwortet dieser: „Alice? Welche Alice? Ihr Name ist Renee!“ Mit der Videokamera filmt er, wie Fred zum Auto läuft und davonfährt.
Fred überfällt Mr Eddie, der gerade mit Renee im Bett war, schlägt ihn zusammen, zerrt den Bewusstlosen in den Kofferraum des schwarzen Mercedes und fährt in eine Wüstengegend. Sobald er den Kofferraum öffnet, springt Mr Eddie ihn an und reißt ihn zu Boden. Sie ringen miteinander. Da taucht plötzlich der seltsame Fremde auf und drückt Fred ein Messer in die Hand. Der sticht damit auf seinen Gegner ein, bis dieser umsinkt. Der geheimnisvolle Mann reicht dem Sterbenden ein Handy, über dessen Videoschirm Erinnerungsfetzen jagen. Dann erschießt er ihn. Im nächsten Augenblick steht Fred allein neben dem Toten und steckt die Pistole in den Gürtel seiner Hose.
Fred läutet an seiner Wohnungstür und sagt in die Sprechanlage: „Dick Laurent ist tot.“
Die beiden Polizeibeamten, die Pete bzw. Fred seit seiner Entlassung aus dem Gefängnis observierten, wollen ihn festnehmen. Aber er flieht im schwarzen Mercedes von Mr Eddie. Auf dem Highway verfolgen ihn Dutzende von Polizeistreifen mit eingeschalteten Sirenen und Warnleuchten.
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„Lost Highway“ ist der Albtraum eines Eifersüchtigen, ein verstörendes, geheimnisvolles Spiel mit Wahn und Wirklichkeit. Was wir sehen, ist nicht das, was tatsächlich geschieht. Stringent ist die Handlung nicht, aber sie scheint einer inneren Logik zu folgen. Auf keinen Fall sollte man versuchen, die Zusammenhänge rational erklären zu wollen.
In „Lost Highway“ ermordet Fred seine Frau Renee, weil er sie sexuell nicht befriedigen kann. Er erleidet darauf einen Nervenzusammenbruch und versucht, sich ein alternatives besseres Leben in seiner Imagination auszumalen – er erschafft sich neu als Pete, ein junger männlicher Bursche, der Alice trifft, die ihn haben will. Auch diese Fantasie aber bricht in sich zusammen, endet in einem Nachtmahr … (Slavoj Zizek in: „Süddeutsche Zeitung“, 2. April 2005)
Schwarzen Humor beweist David Lynch in „Lost Highway“ vor allem in der urkomischen Episode, in der Mr Eddie sich während der Probe- bzw. Spazierfahrt über den Drängler aufregt.
Während David Lynch beispielsweise den ersten Auftritt von Alice durch Aufnahmen in Zeitlupe hervorhebt, vermittelt er im Vor- und Nachspann durch das Stakkato der Mittelstreifen eines Highways im Scheinwerferlicht hektische Geschwindigkeit.
Den Horrortrip inszeniert David Lynch in düsteren, stilvollen Bildern, deren Ästhetik nichts mit glamourösen Werbefotografien gemein hat. Bei einigen Szenenwechseln bleibt die Leinwand längere Zeit dunkel. Schwarz sind sogar Renees Schlafmantel, Freds T-Shirts und die Bettwäsche. Nur vorübergehend – etwa als Pete sich bei seinen Eltern erholt und im Garten liegt – sind leuchtende Farben zu sehen. Da trägt Pete ein rotes Hemd, das Gras ist grün, und dazu ertönt melodische Hintergrundmusik. Aber das ist nach wenigen Sekunden vorbei.
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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2003
David Lynch (Kurzbiografie)
David Lynch: Der Elefantenmensch
David Lynch: Dune. Der Wüstenplanet
Davic Lynch: Blue Velvet
David Lynch: Wild at Heart
David Lynch: Twin Peaks
David Lynch: The Straight Story / Eine wahre Geschichte
David Lynch: Mulholland Drive. Straße der Finsternis
David Lynch: Inland Empire