Mata Hari


7. August 1876: Die Frau, die sich später »Mata Hari« nannte, wurde in Leeuwarden unter dem Namen Margaretha Geertruida Zelle als einzige Tochter und ältestes der vier Kinder von Adam und Antje Zelle geboren.

1882: Adam Zelle (1856 – 1928), ein großtuerischer Hutmacher, der sich gern als »Baron« ansprechen ließ, soll ihr zum sechsten Geburtstag eine von Ziegen gezogene Kutsche geschenkt haben.

1. Januar 1883: Die Familie zog in ein neu erworbenes Patrizierhaus um und stellte ein zusätzliches Dienstmädchen ein.

Anfang 1889: So schnell wie Adam Zelle durch Aktiengewinne reich geworden war, ging er aufgrund einer missglückten Börsenspekulation bankrott. Deshalb musste er mit seiner Familie aus seinem prächtigen Patrizierhaus in eine Mietwohnung umziehen.

Juni 1889: Adam Zelle zog allein nach Den Haag, fand aber auch dort keine Möglichkeit für einen wirtschaftlichen Neuanfang.

31. Mai 1890: Adam Zelle kehrte zu seiner Familie zurück.

September 1890: Adam und Antje Zelle trennten sich.

Frühjahr 1891: Adam Zelle ging allein nach Amsterdam.

9. Mai 1891: Antje Zelle starb an Tuberkulose.

Daraufhin holte Adam Zelle das elfjährige Zwillingspärchen Art Anne und Cornelis Coenrad nach Amsterdam, während Geertruida und ihr zwei Jahre jüngerer Bruder Johannes Henderikus von verschiedenen Verwandten aufgenommen wurden. Geertruida kam zu einem Patenonkel in Sneek, der sie gegen ihren Willen in ein Pensionat für angehende Kindergärtnerinnen in Leiden schickte.

Als dort Gerüchte über ein Verhältnis der Siebzehnjährigen mit dem dreimal so alten Schulleiter Wybrandus Haanstra aufkamen, musste sie die Schule verlassen.

27. Juni – 14. August 1894: Rudolph (»John«) MacLeod, ein achtunddreißigjähriger Kolonialoffizier aus Niederländisch-Indien, der wegen einer rheumatischen Erkrankung Heimaturlaub bekommen hatte, reiste nach Holland.

MacLeod stammte aus einer schottischen Familie. Einer seiner Vorfahren war zu Beginn des 18. Jahrhunderts nach Holland emigriert. Seit seinem 21. Lebensjahr diente John MacLeod in Niederländisch-Indien.

1895: Als Mata Hari bei ihrem Onkel Taconis in Den Haag lebte, las sie aufmerksam Heiratsanzeigen und meldete sich auf die Annonce, die ein Freund MacLeods für ihn aufgegeben hatte.

März 1895: John MacLeod und Geertruida Zelle verabredeten sich in Amsterdam, und ein paar Tage später verlobten sie sich.

13. Juli 1895: Die beiden heirateten.

Fürs Erste zogen sie zu einer verwitweten jüngeren Schwester Johns, die mit ihren beiden Töchtern in einem Haus in Amsterdam wohnte.

März 1896: MacLeods Heimaturlaub wurde um ein halbes Jahr verlängert.

September 1896: MacLeods Heimaturlaub wurde um ein weiteres halbes Jahr verlängert.

30. Januar 1897: Ein halbes Jahr nach der Hochzeit (!) brachte Geertruida einen Sohn zur Welt, der den Namen Norman John erhielt.

1. Mai 1897: John MacLeod ging mit Frau und Kind an Bord des Dampfers »Prinses Amalia«, der sie nach Java brachte, das zur Kolonie Niederländisch-Ostindien gehörte.

Dort kümmerte sich ein Kindermädchen um Norman, und Dienstboten nahmen Geertruida die Hausarbeit ab, aber sie langweilte sich nicht, denn die Europäer veranstalteten zahlreiche Empfänge, und schließlich trat sie in dem Schauspiel »Die Kreuzfahrer« von August von Kotzebue als Königin auf.

2. Mai 1898: Geertruida MacLeod gebar ihre Tochter Jeanne Louise (»Non«).

21. Dezember 1898: John MacLeod wurde nach Sumatra versetzt und dort zum Standortkommandeur ernannt.

Seine Frau musste er monatelang allein lassen, obwohl er eifersüchtig war, denn es gefiel ihr, wenn Männer sie umschwärmten, und sie galt als freizügig.

Mai 1899: MacLeod holte seine Frau und seine Kinder nach.

27. / 28. Juni 1899: In der Nacht starb der dreijährige Norman an einer Vergiftung.

Non erkrankte ebenfalls, aber das ein Jahr alte Mädchen überlebte den Anschlag, bei dem es sich möglicherweise um den Racheakt eines Hausmädchens handelte. Die Tat wurde nie aufgeklärt. Jedenfalls warf John MacLeod seiner Frau zu Recht vor, die Kinder vernachlässigt zu haben.

2. Oktober 1900: John MacLeod verließ die Armee nach achtundzwanzig Jahren im Rang eines Majors und im Alter von vierundvierzig Jahren. Er zögerte, Indonesien zu verlassen, denn dort war das Leben preiswerter als in Europa.

März 1902: Auf Drängen Geertruidas reiste MacLeod mit ihr und Non nach Amsterdam und zog vorübergehend wieder zu seiner Schwester.

Sommer 1902: MacLeod verließ die erst kürzlich eingerichtete Wohnung in Amsterdam und nahm das Kind mit.

27. August 1902: Geertruida MacLeod reichte die Scheidung ein.

30. August 1902: Ein Gericht in Amsterdam bestätigte die Trennung des Ehepaars und sprach der Mutter das Sorgerecht für Non zu.

10. September 1902: Die erste, vom Gericht angeordnete Alimente-Zahlung wurde fällig, aber MacLeod erklärte, mittellos zu sein und kam seiner Verpflichtung auch in Zukunft nicht nach.

Obwohl Geertruida das Sorgerecht übertragen worden war, schickte sie Non zu deren Vater und zog zu ihrem Onkel Taconis in Den Haag.

1903: Nach einer ersten Paris-Reise wohnte sie einige Zeit bei einem Onkel ihres Ex-Manns in Nimwegen, doch als John MacLeod davon erfuhr, drängte er seinen Verwandten, sie fortzuschicken.

1904: Geertruida MacLeod zog erneut nach Paris, das in der Belle Époque als Zentrum der Kunst und des Vergnügens galt. Ohne großen Erfolg bot sie sich Malern als Modell an. Allerdings fand sie reiche Verehrer, die sie ausführten und ihre Hotelkosten übernahmen.

Anfang 1905: Bei einer Tanzvorführung in einem der Salons der Pariser Gesellschaft wurde der Industrielle Émile Guimet auf »Lady MacLeod« aufmerksam.

13. März 1905: Die angebliche Bajadere debütierte in seinem Museum für orientalische Kunst.

Geertruida erfand nicht nur einen neuen Namen für sich – Mata Hari –, sondern auch gleich eine passende Biografie: »Ich wurde geboren in der heiligen Stadt Jaffnapatam. Mein Vater war ein hoch angesehener Brahmane, meine Mutter eine Tempeltänzerin, die mit vierzehn Jahren bei meiner Entbindung starb. Aufgewachsen bin ich in der Obhut von Tempelpriestern. Sie weihten mich Shiva, und ich wurde in die heiligen Mysterien der Liebe und der göttlichen Verehrung eingeführt.« Von klein auf habe sie die rituellen Tempeltänze erlernt, log sie.

1905: Die Pariser hatten zwar bereits frivolen Striptease gesehen, aber die exotisch-erotischen Darbietungen der angeblichen Brahmanentochter waren etwas Besonderes und sprachen sich rasch herum, was dazu führte, dass reiche Leute – wie zum Beispiel Baron Henri de Rothschild (1872 – 1946) – Mata Hari bei ihren Abendgesellschaften als Attraktion vorstellten. Sie trat sogar sechsmal im »Théâtre du Trocadéro« auf.

Der Rechtsanwalt Eduart Clunet überredete den mit ihm befreundeten Impresario Gabriel Astruc, sich für Mata Hari einzuetzen. Der verschaffte ihr beispielsweise ein Engagement im »Olympia«.

18. August 1905: Vorpremiere von Mata Hari im »Olympia«.

Ende 1905: Mata Hari streute das Gerücht, sie werde sich mit einem osteuropäischen Fürsten vermählen. Auf diese Weise blieb sie im Gespräch. Sie begriff sehr früh, wie wichtig Öffentlichkeitsarbeit für sie war.

Januar 1906: Mata Hari tanzte erstmals außerhalb von Frankreich, und zwar im Central-Kursaal in Madrid. Vermittelt hatten ihr das Gastspiel Maître Clunet und Jules Gambon, der französische Botschafter in Spanien.

17. Februar 1906: Mata Hari tanzte in Monte Carlo im dritten Akt der Oper »Le Roi de Lahore« von Jules Massenet als Salomé.

John MacLeod wurden Nacktfotos von Mata Hari zugespielt.

26. April 1906: Mata Hari wurde schuldig von John MacLeod geschieden.

15. Dezember 1906 – 16. Januar 1907: Mata Hari trat im »Apollo«-Theater in Wien auf.

30. März 1907: Während eines Aufenthalts in Rom bat Mata Hari Gabriel Astruc in einem Brief, sie bei der bevorstehenden Aufführung der Oper »Salomé« als Tänzerin einzuplanen und legte ihm ein Schreiben an den Richard Strauss bei, in dem sie den Komponisten um ein Treffen bat. Darauf bekam sie allerdings nie eine Antwort, denn Astruc legte den Brief ab, statt ihn an Richard Strauss weiterzuleiten

1907: Ihre Auftritte im »Wintergarten« in Berlin galten als Sensation, und man sagte ihr sogar eine Affäre mit dem Kronprinzen nach. Auf jeden Fall mietete der auf seinem Rittergut in Marienfelde lebende Junker und Husarenoffizier Alfred Kiepert eigens ein Apartment südlich des Kurfürstendamms für Mata Hari alias MacLeod, um sich ungestört mit ihr treffen zu können.

22. November 1907: John MacLeod heiratete die achtundzwanzig Jahre jüngere Elisabeth Martina Christina van der Mast. (Diese Ehe, aus der die Tochter Norma hervorging, zerbach 1912 und wurde 1917 offiziell geschieden.)

Winter 1907/08: Mata Hari kehrte nach Paris zurück. Dort wurde sie inzwischen von anderen Tänzerinnen imitiert, die sich noch lasziver entblätterten.

20. September 1908: In einer Ansprache bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung in Couilly-Pont-aux-Dames kritisierte Mata Hari die Darbietungen ihrer Konkurrentinnen »vom künstlerisch-wissenschaftlichen und vom ästhetischedn Standpunkt aus«.

6. Februar 1909: Mata Hari tanzte im »Théâtre Fémina« in Bordeaux.

7. Januar 1910: Mata Hari tanzte in Monte Carlo bei einer Inszenierung der sinfonischen Suite »Antar« von Nikolai Andrejewitsch Rimski-Korsakow.

Sommer 1910: Einer ihrer Liebhaber, der in Paris verheiratete Börsenmakler Xavier Rousseau, stellte ihr das von ihm gemietete Château de la Dorée in Esvres südöstlich von Tours zur Verfügung. An den Wochenenden besuchte der Siebenunddreißigjährige sie dort.

Dezember 1911: Mata Hari tanzte in der Mailänder Scala in der Oper »Armide« von Christoph Willibald Gluck.

Ende 1911: Bevor sie sich von Xavier Rousseau trennte, zog Mata Hari mit ihrer Vertrauten und Bediensteten Anna Lintjes in ein von ihm für sie gekauftes Haus in Neuilly-sur-Seine.

8. Februar 1912: Weil ihr das Geld für die Möbel fehlte, bat sie Gabrial Astruc, ihr einen Mäzen zu besorgen, aber das gelang dem Impresario wohl nicht.

Dass ihr Stern sank, wollte Mata Hari nicht wahrhaben.

März 1912: Mata Hari bewarb sich in Monte Carlo bei Sergei Diaghilev, der in den »Ballets Russes« die bedeutendsten Tänzerinnen und Tänzer seiner Zeit versammelte. Dass sie wie jede andere Bewerberin etwas vortanzen sollte, irritierte Mata Hari. Dann versetzte Diaghilev sie auch noch bei der Verabredung.

16. Mai 1912: Mata Hari drängte ihren Impresario, ihr Engagements zu verschaffen. Obwohl sie weiter im großen Stil lebte, befand sie sich in finanziellen Schwierigkeiten.

21. Juni 1912: Sie bat Gabriel Astruc, den Vertrag mit ihr aufzulösen.

14. Dezember 1912: Paul Olivier, der Musikkritiker der Zeitung »Le Matin«, hielt für die »Université des Annales« in Paris einen Vortrag über japanische, indische und javanische Tempelfeste. Dazu trat Mata Hari als Tänzerin auf.

18. April – 18. Mai 1913: Mata Hari wirkte bei einer Hochzeitsfeier im dritten Akt des erfolgreichen musikalischen Lustspiels »Le Minaret« von Jacques Richepin im »Théâtre de la Renaissance« in Paris mit.

Sommer 1913: Mata Hari tanzte als Habanera in den »Folies Bergère«.

September 1913: Mata Hari trat im »Trianon Palace« in Palermo auf.

Anfang 1914: Nachdem Mata Hari einem Reporter in Paris erzählt hatte, sie bereite ihr Comeback vor, reiste sie erneut nach Berlin.

Mai 1914: Mata Hari erhielt endlich wieder einen Vertrag: Vom Herbst an sollte sie ein halbes Jahr lang im »Metropol«-Theater in Berlin auftreten. Dazu kam es allerdings nicht mehr:

28. Juli 1914: Beginn des Ersten Weltkriegs.

6. August 1914: Mata Hari verließ Berlin mit ihrem ganzen Gepäck, um mit dem Zug in die Schweiz zu fahren. Aber die Einreise wurde ihr verweigert, weil sie kein gültiges Visum vorweisen konnte.

7. August 1914: Mata Hari traf wieder in Berlin ein – ohne Gepäck; das war unterwegs verloren gegangen.

Der niederländische Bankier Will van der Schalk, der aus geschäftlichen Gründen in Berlin war und dem sie im Hotel auffiel, beglich ihre offenen Rechnungen und besorgte ihr eine Bahnfahrkarte nach Holland.

14. August 1914: Mata Hari reiste von Berlin nach Frankfurt am Main.

15. August 1914: Dort erhielt sie vom niederländischen Konsulat ein Visum.

September 1914: Mata Hari versuchte, ihre Tochter Non wiederzusehen, aber John MacLeod vereitelte das Vorhaben. (Non starb in der Nacht auf den 10. August 1919 im Alter von einundzwanzig Jahren an einer Gehirnblutung.)

Herbst 1914: Mata Hari mietete ein Haus in Den Haag. Während es renoviert wurde, wohnte sie im Hotel.

14. Dezember 1914: Mata Hari trat in der Koninklijke Schouwburg in Den Haag auf.

18. Dezember 1914: Sie tanzte im Städtischen Theater in Arnheim.

Sommer 1915: Sie war noch dabei, ihr Haus in Den Haag einzurichten.

Ende Dezember 1915: Mata Hari reiste von Den Haag nach Paris. Obwohl sie in den Niederlanden ein Verhältnis mit Baron Edouard Willem van der Capellen (* 1863) hatte, begann sie in Paris eine Affäre mit dem Marquis de Beaufort.

März 1916: Mata Hari kehrte nach Den Haag zurück.


Dieter Wunderlich: AußerOrdentliche Frauen. © Piper Verlag 2009

Ein literarisches Porträt von Mata Hari finden Sie in dem Buch
„AußerOrdentliche Frauen. 18 Porträts“ von Dieter Wunderlich.
Piper Verlag, München 2009 – Leseprobe


Frühjahr 1916: Mata Hari ließ sich von den Deutschen als Spionin mit dem Agentennamen »H-21« anwerben und nahm von Karl H. Cramer, dem deutschen Konsul in Amsterdam, der während des Kriegs auch für den Geheimdienst arbeitete, 20 000 Französische Francs als Vorschuss in Empfang.

April / Mai 1916: Vergeblich bemühte sich Mata Hari um ein britisches Visum.

15. Mai 1916: Mata Hari erhielt einen neuen holländischen Pass.

24. Mai 1916: Mata Hari schiffte sich in Amsterdam auf der »Zeelandia« nach Vigo ein. (Weil Belgien seit August 1914 von den Deutschen besetzt war, konnte sie nur auf dem Umweg über Spanien nach Frankreich reisen.)

12. Juni 1916: Mata Hari traf in Madrid ein.

14. Juni 1916: Mata Hari verließ Madrid in der Absicht, mit dem Zug nach Paris zu reisen. Die Franzosen verweigerten ihr jedoch in Hendaye den Grenzübertritt. Darüber wollte sich Mata Hari bei ihrem Freund Jules Cambon beschweren, dem Generalsekretär des französischen Außenministeriums, aber sie schickte den Brief nicht ab, weil sie am nächsten Tag nach Frankreich einreisen durfte.

August 1916: Mata Hari beabsichtigte, ihren siebzehn Jahre jüngeren Geliebten, den russischen Hauptmann Vadime de Massloff, in Vittel zu besuchen. Die wegen des Krieges für eine Reise nach Vittel erforderliche Sondererlaubnis wollte sie im Militärbüro für Ausländer auf dem Boulevard Saint Germain in Paris beantragen. Angeblich irrte sie sich jedoch in der Tür. Jedenfalls kam sie mit George Ladoux ins Gespräch, dem Leiter der französischen Spionageabwehr, der Mata Hari seit 1915 beobachten ließ. Er forderte sie auf, für ihn zu arbeiten und besorgte ihr die Genehmigung für die Reise nach Vittel.

1. September 1916: Mata Hari traf in Vittel ein. Vadime de Massloff hatte inzwischen bei einem Giftgasangriff die Sehkraft seines linken Auges eingebüßt.

Mitte September 1916: Mata Hari kehrte nach Paris zurück.

Bei einer zweiten Unterredung mit George Ladoux erklärte sich Mata Hari zur Zusammenarbeit bereit und verlangte dafür 1 Million Francs. Für einen ersten Auftrag sollte sie nach Brüssel reisen und dort Instruktionen abwarten.

4. November 1916: Mata Hari scheint von den Deutschen 5000 Francs bekommen zu haben.

6. November 1916: Auf dem Weg von Paris nach Madrid überschritt Mata Hari die französisch-spanische Grenze.

9. November 1916: Mata Hari ging in Vigo an Bord des niederländischen Schiffes »Hollandia«.

11. November 1916: Vor Falmouth an der Küste von Cornwall kontrollierten Briten die »Hollandia«. Weil sie den Pass der Passagierin Margarethe Geertruida MacLeod-Zelle für gefälscht hielten und mit der deutschen Geheimagentin Clara Benedix verwechselten, nahmen sie Mata Hari fest und brachten sie nach London. Dort wurde sie vier Tage lang von Sir Basil H. Thomson (1861 – 1939) verhört, einem Assistant Commissioner von Scotland Yard, der zugleich für den MI 6 tätig war. Mata Hari konnte zwar glaubhaft machen, dass sie nicht Clara Benedix war, aber sie verriet, dass sie für den französischen Geheimdienst arbeitete.

25. November 1916: Das niederländische Außenministerium erkundigte sich bei der Londoner Botschaft nach dem Verbleib Mata Haris. Der Botschafter schickte am 1. Dezember einen Bericht nach Den Haag.

29. November 1916: Weil die Briten Mata Hari nicht trauten, erlaubten sie ihr nicht die Weiterreise nach Holland. Stattdessen bekam sie ein Visum für die Rückreise nach Spanien.

1. Dezember 1916: Mata Hari ging in Liverpool an Bord der „Araguaya“.

Während sie unterwegs war, wurde ein für die Alliierten spionierender Belgier von einem deutschen Agenten erschossen. Weil George Ladoux im Gespräch mit Mata Hari sechs Geheimdienstmitarbeiter erwähnt hatte, bei denen es sich mit Ausnahme des Ermordeten um Doppelagenten handelte, nahm er an, dass Mata Hari die Namen an die Deutschen weitergegeben hatte. Das wertete er als Beweis dafür, dass sie als Doppelagentin tätig war.

6. Dezember 1916: Mata Hari kam in Vigo an.

11. Dezember 1916: Sie traf in Madrid ein.

In ihrem Hotel wohnte sie neben Marthe Richard (1889 – 1982), einer französischen Prostituierte, die George Ladoux auf den deutschen Marineattaché Hans Baron von Krohn in Madrid angesetzt hatte.

13. Dezember 1916: Die Franzosen fingen einen deutschen Funkspruch aus Madrid ab, dem zufolge die Agentin »H-21« angekommen sei.

Mata Hari machte sich in Madrid an den deutschen Militärattaché Arnold von Kalle heran. Der durchschaute sie und versorgte sie mit Falschinformationen über deutsche und türkische U-Boote vor der Küste von Marokko, die sie prompt an den französischen Geheimdienst weitergab.

26. Dezember 1916: Arnold von Kalle funkte nach Deutschland, er habe »H-21« 3500 Peseten ausbezahlt.

2. / 3. Januar 1917: Mata Hari reiste von Madrid nach Paris.

Januar 1917: Vergeblich versuchte sie, mit George Ladoux zu sprechen.

16. Januar 1917: Mata Hari nahm beim Comptoir d’Escompte 5000 Francs in Empfang.

Anfang Februar 1917: Mata Hari bemühte sich um die Genehmigung einer Reise über die Schweiz und durchs Deutsche Reich nach Holland.

12. Februar 1917: Sie fragte nochmals nach den Papieren für die geplante Reise, wurde jedoch vertröstet.

13. Februar 1917: Mata Hari wurde im »Hôtel Champs-Elysées Palace« verhaftet und in das Frauengefängnis Saint Lazare gebracht.

In ihrem Hotelzimmer fand die Polizei ein Oxyzyanid enthaltendes Präparat. Eine von den Deutschen entwickelte Geheimtinte? Nein, erklärte Mata Hari, sie habe das Mittel zu empfängnisverhütenden Spülungen verwendet.

13. Februar – 21. Juni 1917: Hauptmann Bouchardon, ein sechsundvierzigjähriger Untersuchungsrichter, vernahm Mata Hari vierzehn Mal und legte mit Hilfe des Schreibers Manuel Baudouin eine etwa fünfzehn Zentimeter dicke Akte über sie an. Mata Haris Anwalt Eduart Clunet saß nur während den Vernehmungen am 13. Februar und am 21. Juni an ihrer Seite.

11. April 1917: Das niederländische Außenministerium, das noch nichts von der Festnahme Mata Haris wusste, erkundigte sich in Paris nach ihrem Verbleib.

21. Mai 1917: Mata Hari gestand, Karl H. Cramer habe sie im Frühjahr 1916 als Spionin anzuwerben versucht. Sie beteuerte, nie für die Deutschen spioniert zu haben, obwohl sie 20 000 Französische Francs von Cramer angenommen habe.

24. / 25. Juli 1917: Der Prozess gegen Mata Hari fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit vor einem Kriegsgericht in Paris statt. Neben dem Vorsitzenden, dem vierundsiebzigjährigen Oberstleutnant Albert Ernest Somprou, saßen sechs Militärs als Beigeordnete.

Verteidigt wurde Mata Hari von ihrem inzwischen vierundsiebzig Jahre alten Rechtsanwalt Eduart Clunet, der vor allem an das Mitgefühl des Richters, der Beisitzenden und der sieben Geschworenen appellierte, statt die von dem Ankläger Leutnant André Mornet vorgelegten Beweise gegen seine Mandantin zu entkräften. Diese Verteidigungsstrategie schlug fehl: Das Militärgericht folgte den Ausführungen des Anklägers, der Mata Hari – möglicherweise wider besseren Wissens – zur gefährlichen Spionin stilisierte. Um ein Exempel zu statuieren und kriegsmüde Franzosen von der Kollaboration mit dem Feind abzuschrecken, verurteilte das Gericht Mata Hari am 25. Juli – knapp zwei Wochen vor ihrem 41. Geburtstag – wegen Hochverrats zum Tod.

17. August 1917: Der Revisionsantrag wurde verworfen.

28. September 1917: Die Berufung wurde abgelehnt.

29. September 1917: Das niederländische Außenministerum bat die französische Regierung um die Begnadigung Mata Haris.

Staatspräsident Raymond Poincaré lehnte es jedoch ab, Mata Hari zu begnadigen.

15. Oktober 1917: Vor dem Morgengrauen erfuhr Mata Hari, dass sie in einer Stunde hingerichtet werden sollte. Man brachte sie in einem Auto zur Festung von Vincennes, wo ein aus zwölf marokkanischen Soldaten zusammengestelltes Erschießungskommando bereitstand. Weil sie nicht fest an den Pfahl gebunden werden wollte, legte ein Soldat den Strick nur lose um ihre Taille. Auf ihren Wunsch hin verzichtete der für die Hinrichtung verantwortliche Offizier darauf, ihr die Augen zu verbinden, bevor er den Säbel hob und das Peloton die Gewehre auf sie abfeuerte.

Weil niemand für ihre Bestattung aufkommen wollte, wurde der Körper der angeblichen Bajadere und Doppelagentin der medizinischen Fakultät der Sorbonne zur Verfügung gestellt.

Januar 1918: Ihre Habseligkeiten wurden versteigert. Den Erlös konfiszierte der französische Staat. John MacLeod, der ein Vierteljahr zuvor in dritter Ehe die fünfundzwanzigjährige Grietje Meyer geheiratet hatte, ging leer aus.

Filme über Mata Hari

  • Mata Hari (1920; Regie: Ludwig Wolff, mit Asta Nielsen)
  • Mata Hari, die rote Tänzerin (1927, Regie: Friedrich Fehér, mit Magda Sonja)
  • Mata Hari (1931, Regie: George Fitzmaurice, mit Greta Garbo)
  • Mata Hari, agent H 21 (1964, Regie: Jean-Louis Richard, mit Jeanne Moreau)
  • Der Fall Mata Hari (1966, Regie: Paul Verhoeven, mit Louise Martini)
  • Mata Hari (1985, Regie: Curtis Harrington, mit Sylvia Kristel)
  • Mata Hari. La vraie histoire (2003, Regie: Alain Tasmam, mit Maruschka Detmers)
  • Mata Hari. Tanz mit dem Tod (2017, Regie: Kai Christiansen, mit Natalia Wörner)

Literatur über Mata Hari

Kurzbiografie: © Dieter Wunderlich 2003/2008
Wichtigste Quellen:
Karin Feuerstein-Praßer: „Ich gehe immer aufs Ganze“
Sam Waagenaar: Sie nannte sich Mata Hari
Friedrich Wencker-Wildberg: Mata Hari
Dieter Wunderlich: AußerOrdentliche Frauen. 18 Porträts

Thomas Steinfeld (Hg.) - Hundert große Romane des 20. Jahrhunderts
In dem Buch sind alle so genannten Patentexte versammelt, mit denen die 100 Titel der zwei Romanreihen der "Süddeutsche Zeitung Bibliothek" 2004/2005 bzw. 2007/2008 jeweils samstags in der Süddeutschen Zeitung vorgestellt wurden.
Hundert große Romane des 20. Jahrhunderts