Andrew Morton : Angelina Jolie
Inhaltsangabe
Kritik
Andrew Morton (* 1953) gelang es nicht, Kontakt mit Angelina Jolie aufzunehmen, und sie äußerte sich m. W. auch nicht über seine Biografie. Das Material dafür sammelte der Journalist und Buchautor, der durch Enthüllungen über Prinzessin Diana von sich reden gemacht hatte („Diana.Ihre wahre Geschichte“), nach eigenen Angaben in zahlreichen Gesprächen mit Personen aus dem Umfeld von Angelina Jolie und mit Experten wie zum Beispiel einer Psychoanalytikerin.
Obwohl es über Angelina eine Fülle von Literatur gibt wie über kaum eine andere Berühmtheit unserer Zeit, habe ich mich größtenteils auf Originalrecherchen und Interviews mit Zeitgenossen gestützt oder zumindest versucht, Angelina Jolies eigene Worte in einen schlüssigen Rahmen einzuordnen. (Seite 473)
Nur hin und wieder nennt Andrew Morton im Hauptteil den Namen einer Zeugin bzw. eines Zeugen. Bei Zitaten aus Medien gibt er allenfalls den Namen der Zeitung an, nicht jedoch die Ausgabe. Einmal bezieht er sich vage auf „ein britisches Boulevardblatt“ (Seite 192), und meistens nennt er überhaupt keine Quellen. Was er unter der Überschrift „Danksagung und Quellennachweise“ anführt, sind Namen von zumeist unbekannten Personen, denen er Informationen verdankt. Ein überprüfbarer Quellennachweis sieht anders aus.
Weil ein Register ebenfalls fehlt, eignet sich das Buch nicht zum Nachschlagen.
Auf den ersten hundert Seiten beschäftigt Andrew Morton sich mit Angelina Jolies Großeltern und Eltern. Dabei scheint er von dem Ehrgeiz getrieben worden zu sein, die fehlende Absegnung seines Buches durch die Fülle der Daten und Fakten zu kompensieren. Auch bei einigen Nebenfiguren hält er sich zu lange auf, während er auf das Leben von Brad Pitt vor der ersten Begegnung mit Angelina Jolie so gut wie gar nicht eingeht.
Andrew Morton schreibt zwar, „Angelinas Geschichte [sei] eine Synthese aus Enthüllung und Deutung“ (Seite 472), aber es gibt wohl kaum etwas in der Biografie, das nicht schon bekannt gewesen wäre. Der Eigenleistung des Autors besteht darin, das Material einschließlich reißerischer Spekulationen in einer chronologischen, übersichtlichen und gut lesbaren Form zusammengetragen zu haben.
Ärgerlich sind Schludrigkeiten. Jenny Shimizu wurde 16. Juni 1967 in San José, Kalifornien, geboren. Sie war also im März 1995 nicht vierundzwanzig Jahre (wie es auf Seite 160 heißt), sondern siebenundzwanzig Jahre alt. Der Name der von Angelina Jolie in Beverly Hills besuchten High School lautet auf Seite 122 Moreno, zehn Seiten später jedoch Marengo. (Richtig ist Moreno.)
Die deutsche Übersetzung von Barbara Reitz, Bernhard Jendricke und Thomas Bertram wurde offenbar mit heißer Nadel gestrickt. Der deutsche Titel des Films „Coming Home“ lautet nicht „Sie kommen heim“ (Seite 73), sondern „Sie kehren heim“. Grammatikalisch falsch sind die folgenden Sätze:
Trotz ihrer Jahre in Beverly Hills und ihrem berühmten Vater fielen sie […] nicht weiter auf. (Seite 89)
Von Natur aus konkurrenzbetont, stahl sie in jeder Szene, in der sie auftauchte, selbst erfahrenen Kolleginnen wie Vanessa Redgrave und Whoopi Goldberg die Show, die von dieser Naturgewalt einfach hinweggefegt wurden. (Seite 234)
Dazu kommen Pleonasmen wie „Maschennetzgewebe“ (Seite 405) und „Cottage-Medi-Clinic-Krankenhaus“ (Seite 408).
Das Bild, das Andrew Morton von Angelina Jolie zeichnet, ist umfassend, mehrdimensional, farbig und lebendig. Was davon ihrem Charakter gerecht wird und was nicht, lässt sich allerdings nicht feststellen. Auf jeden Fall handelt es sich bei der Erklärung einiger wesentlicher Einstellungen und Verhaltensweisen von Angelina Jolie durch die angebliche Vernachlässigung im Säuglingsalter um Küchenpsychologie.
nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)Sie hatte viel mitgemacht – die instabile Beziehung ihrer Eltern, die sich mal verstanden und dann wieder nicht, eine Beziehung, die mal zu eng, mal zu distanziert war und schließlich in einer undurchschaubaren wechselseitigen Abhängigkeit mündete. Sie sah, wie ihr Vater, einst ein angeberischer Hollywood-Star, zu einem verarmten und bemitleidenswerten Suchenden wurde. Sie beobachtete das Drama zwischen Bill und ihrer Mutter, Schreiduelle und Türenknallen, ehe er in seinem Büro Asyl suchte. Aber letztlich gründeten ihre Gefühle in der Urangst, die sie während der einsamen Tage im Elfenbeinturm [der weiße Raum, in dem sie als Baby lag] erlebt hatte. Aus diesem Gefühl der Verlassenheit ging, wiewohl Angelina es nicht ahnte, alles andere hervor. Später erinnert sie sich: „Ich hatte von Kindheit an das Problem, dass ich keine Bindung an einen anderen Menschen hatte. Es ging immer um den Versuch, Kontakt herzustellen.“ (Seite 114)
Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2010
Textauszüge: © Droemer Verlag
Angelina Jolie (Kurzbiografie)
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