Wolfgang Schuller : Kleopatra
Inhaltsangabe
Kritik
Kleopatra (Kurzbiografie)
Mit dem Namen Kleopatra verbindet sich vor allem die Vorstellung einer sehr schönen, sehr reizvollen Frau, die die Geliebte bedeutender Römer war, die vom exotischen Reiz des alten Ägypten umweht ist und die durch einen spektakulären Selbstmord endete. (Seite 9)
Statt den Klischees zu folgen, beschäftigt Wolfgang Schuller sich in seiner Biografie kritisch mit widersprüchlichen Zeugnissen über Kleopatra und setzt daraus ein Bild zusammen. Aufgrund der lückenhaften Quellenlage und der
propagandistisch gefärbten Berichte lässt sich die Persönlichkeit dieser außergewöhnlichen Frau nur unvollständig erschließen. Wolfgang Schuller stellt sie im Schnittpunkt von drei Kulturen dar: Als letzte Ptolemäer-Herrscherin war sie Griechin, und in ihrer Residenzstadt Alexandria amtierte sie als griechische Königin, aber in Memphis galt sie als weiblicher Pharao, und Kleopatra huldigte denn auch den alten ägyptischen Göttern. Gleichzeitig übernahm sie als Geliebte zuerst von Caesar, dann von Antonius Elemente der römischen Kultur. Kleopatra lebte multikulturell.
Kleopatra wurzelte in den beiden Kulturen, in denen sie aufgewachsen war, und ging souverän mit ihnen um. Die dritte glaubte sie sich durch die beiden Männer dienstbar machen zu können, die sie liebte und von denen sie im selben Sinne geliebt wurde. (Seite 195)
Auch mit der Frage, ob Kleopatra sich nur aus Staatsräson mit Caesar und Antonius einließ oder die beiden Römer wirklich liebte, beschäftigt sich Wolfgang Schuller.
Spielt die Liebe wirklich die herausragende Rolle, die ihr im allgemeinen Bewusstsein wohl von Anfang an und bis zum heutigen Tage zugemessen wird? Hat Kleopatra, wie die ihr feindlich gesinnten Quellen nicht müde werden zu behaupten, Caesar und insbesondere Antonius zu Liebessklaven gemacht, ihre erotischen Künste also kühl zu politischen Zwecken eingesetzt? Hatte die Liebe Caesar und besonders Antonius blind gemacht und sie die Politik vergessen lassen? War die Liebe gegenseitig? Oder ist die jeweilige Liebesgeschichte eine übertriebene romantische Ausschmückung von Geschehnissen, die nur kalt und politisch zu erklären sind? (Seite 177)
Immer wieder zitiert Wolfgang Schuller Plutarch und andere antike Autoren, aber er übernimmt ihre Meinungen nicht ungeprüft.
„Kleopatra. Königin in drei Kulturen. Eine Biografie“ ist in drei Teile gegliedert. Auf den ersten fünfzig Seiten erklärt Wolfgang Schuller den Lesern prägnant die wichtigsten Grundlagen. Hier geht es um Ägypten, die Dynastie der Ptolemäer und Kleopatras Vater. Im Hauptteil erzählt er chronologisch von Kleopatra. Und der dritte Teil besteht aus resümierenden Querschnitt-Betrachtungen und Schlussfolgerungen.
Obwohl Wolfgang Schuller alles andere als eine Romanbiografie geschrieben hat und auch im erzählerischen Mittelteil immer wieder kritische Überlegungen einflicht, fesselt die Lektüre von „Kleopatra. Königin in drei Kulturen. Eine Biografie“ den Leser. Das liegt nicht zuletzt an der guten Verständlichkeit des Textes und der klugen Beschränkung auf das Wesentliche.
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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2010
Textauszüge: © Rowohlt Verlag
Kleopatra (Kurzbiografie)