Thomas Wolfe
Thomas Wolfe wurde am 3. Oktober 1900 in Asheville/North Carolina als jüngstes von acht Kindern von Julia Elizabeth Westall (1860 – 1945) und William Oliver Wolfe (1851 – 1922) geboren. Sein Vater stammte aus Pennsylvania, war Steinmetz und führte ein eigenes Geschäft. Die Mutter hatte irisch-schottische Wurzeln; sie handelte mit Immobilien und betrieb während der Weltausstellung 1904 in St. Louis eine Pension. Zwei Jahre später eröffnete sie eine Pension in Asheville.
Im Alter von 15 Jahren begann Thomas Wolfe, an der University of North Carolina in Chapel Hill Philosophie zu studieren. 1919 schrieb er sich für einen Theater-Kurs ein und verfasste den Einakter „The Return of Buck Gavin“, der von den Carolina Playmakers aufgeführt wurde. Thomas Wolfe gab die Studentenzeitung heraus, bis er im Juni 1920 seinen Abschluss machte. Ein Vierteljahr später fing er ein Studium für Dramatiker an der Harvard University an, das er 1922 mit einem Master beendete.
Weil es Thomas Wolfe nicht gelang, Stücke für den Broadway zu schreiben und sich als Dramatiker zu etablieren, arbeitete er ab Februar 1924 als Dozent für Englisch am Washington Square College der New York University.
1925, nach der ersten seiner sechs Europa-Reisen, begegnete er Aline Bernstein (1882 – 1955), einer 18 Jahre älteren Kostümbildnerin, die mit einem erfolgreichen Broker verheiratet war und zwei erwachsene Kinder hatte. Die Affäre der beiden dauerte fünf Jahre lang. Von Aline Bernstein ermutigt, gab Thomas Wolfe seine Dozenten-Tätigkeit 1929 auf, um sich ganz dem Schreiben widmen zu können.
In Europa hatte er angefangen, einen Roman mit dem Titel „O Lost“ zu schreiben. Nachdem das mehr als 1100 Seiten lange Manuskript von mehreren Verlagen abgelehnt worden war, erkannte der für den Verlag Charles Scribner’s Sons als Lektor arbeitende Max Perkins (1884 – 1947) die außergewöhnliche Begabung des 29-Jährigen. Er überredete den unerfahrenen Autor zu massiven Kürzungen und sorgte dann dafür, dass der Verlag den Debütroman von Thomas Wolfe unter dem Titel „Look Homeward, Angel. A Story of the Buried Life“ („Schau heimwärts, Engel! Eine Geschichte vom begrabenen Leben“) veröffentlichte. Thomas Wolfe widmete das Buch seiner Geliebten Aline Bernstein. Weil die Vorbilder der Figuren leicht zu erkennen waren, sorgte der autobiografische Roman in Asheville für Aufruhr, und Thomas Wolfe mied die Stadt bis Sommer 1937.
Nach vier Jahren Arbeit legte Thomas Wolfe ein 5000 Seiten dickes Manuskript vor. Es dauerte zwei Jahre, bis Thomas Wolfe, von Max Perkins beraten, das Werk so gekürzt hatte, dass es 1935 veröffentlicht werden konnte: „Of Time and the River“ („Von Zeit und Strom“). Dieses Buch widmete der Autor seinem Lektor.
Während der Olympischen Sommerspiele 1936 in Berlin war Thomas Wolfe in Europa und traf sich dort auch mit Ernst Rowohlt, dem Verleger der deutschsprachigen Ausgaben seiner Romane. Obwohl die Nationalsozialisten in dieser Zeit versuchten, die Gäste über die Verhältnisse in Deutschland zu täuschen, entging Thomas Wolfe die Judenverfolgung nicht, und er verarbeitete die Eindrücke in seinem 1940 posthum veröffentlichten Roman „You Can’t Go Home Again“ („Es führt kein Weg zurück“). Seine Bücher wurden in Deutschland verboten.
Ende 1936 wechselte Thomas Wolfe von Charles Scribner’s Sons zu Harper & Brothers, wo Edward Aswell sein neuer Lektor wurde.
1938 unternahm Thomas Wolfe eine Reise an die Westküste und besuchte dort elf Nationalparks. Im Juli erkrankte er in Seattle/Washington an einer Lungenentzündung und lag drei Wochen in einer Klinik. Seine Schwester Mabel reiste aus Washington, D. C., an und kümmerte sich um ihn. Als eine Gehirntuberkulose bei ihm diagnostiziert wurde, brachte man ihn Anfang September zu dem im Johns Hopkins Hospital in Baltimore/Maryland praktizierenden Neurochirurgen Walter Dandy. Aber Thomas Wolfe starb am 15. September 1938, weniger als drei Wochen vor seinem 38. Geburtstag.
Kurz bevor er ins Koma fiel, hatte er noch einen freundschaftlichen Brief an Max Perkins geschrieben.
Über die Freundschaft und Zusammenarbeit von Thomas Wolfe und Max Perkins drehte Michael Grandage den Kinofilm „Genius. Die tausend Seiten einer Freundschaft“.
© Dieter Wunderlich 2017
Max Perkins (kurze Biografie)
Michael Grandage: Genius. Die tausend Seiten einer Freundschaft