Manderlay

Manderlay

Manderlay

Originaltitel: Manderlay - Regie: Lars von Trier - Drehbuch: Lars von Trier - Kamera: Anthony Dod Mantle - Schnitt: Bodil Kjærhauge und Molly Marlene Stensgård - Darsteller: Bryce Dallas Howard, Isaach De Bankolé, Willem Dafoe, Danny Glover, Michaël Abiteboul, Lauren Bacall, Jean-Marc Barr, Virgile Bramly, Ruben Brinkmann, Doña Croll, Jeremy Davies, Llewella Gideon, Fredric Gildea, Mona Hammond, Chloë Sevigny, Udo Kier u.a. - 2005; 140 Minuten

Inhaltsangabe

Durch Zufall gelangen Grace und ihr Vater nach Manderlay in Alabama. Auf der Plantage werden immer noch Schwarze von Weißen wie Sklaven gehalten. Während ihr Vater weiterfährt, bleibt Grace in Manderlay zurück, um nach dem Tod der greisen Plantagenbesitzerin die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Afroamerikaner zu verbessern. Dabei stößt sie nicht nur auf den Widerstand der Weißen, sondern auch der Afroamerikaner, die mit Begriffen wie Freiheit und Demokratie nichts anfangen können ...
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Kritik

In "Manderlay" beschränkt Lars von Trier sich auf eine minimalistische Theaterdekoration in einem riesigen Filmstudio. "Manderlay" ist ein sarkastisches Lehrstück über die Frage, was Unterwerfung und Zwangsherrschaft bzw. Freiheit und Demokratie für die Betroffenen bedeuten.
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Nach der Zerstörung der Kleinstadt Dogville kehrt Grace Margaret Mulligan (Bryce Dallas Howard) mit ihrem Vater (Willem Dafoe) nach Denver zurück, aber aufgrund seiner längeren Abwesenheit hat der Gangsterboss dort inzwischen seine Macht eingebüßt. Deshalb suchen er und Grace einige Monate später mit ihrer Bande nach einem neuen Revier. Durch Zufall geraten sie während ihrer Fahrt vor das Tor der Baumwollplantage Manderlay in Alabama.

Eine junge Afroamerikanerin kommt angerannt und klopft verzweifelt an die Seitenscheibe, bis Grace aussteigt, ihr folgt und feststellt, dass in Manderlay immer noch Schwarze von Weißen wie Sklaven gehalten werden. Einer der Aufseher will gerade den jungen Afroamerikaner Timothy (Isaach De Bankolé) auspeitschen. Als Grace dem Weißen die Peitsche aus der Hand reißt, taucht die greise Besitzerin der Plantage (Lauren Bacall) mit einer Schrotflinte auf, aber Grace’s Bodyguard nimmt ihr die Waffe ab.

Bevor die alte Frau kurz darauf stirbt, bittet sie Grace, ein Buch zu verbrennen, in dem die Regeln handschriftlich niedergelegt sind, auf denen die bestehende Ordnung in Manderlay beruht. Grace missachtet jedoch den Wunsch der Sterbenden.

Ungeachtet der Warnungen des alten Haussklaven Wilhelm (Danny Glover) besteht Grace darauf, in Manderlay zu bleiben, um die Afroamerikaner von der Sklaverei zu befreien, ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen zu verbessern und sie zu lehren, was demokratische Selbstverwaltung bedeutet. Als Weiße fühlt sie sich für die Sklaverei verantwortlich: „Wir brachten sie hierher, missbrauchten sie und machten sie zu dem, was sie sind.“ Auch ihr Vater kann sie nicht überreden, wieder ins Auto zu steigen. Unwillig fährt er mit seiner Verbrecherbande weiter, lässt aber den Anwalt Joseph (Teddy Kempner) und vier Gangster zurück, die Grace Macht verleihen. Mit deren Hilfe setzt Grace die Familie der verstorbenen Plantagenbesitzern und den weißen Verwalter Stanley Mays (Rik Launspach) fest. Erst wenn sie ihre Schuld einsehen und bereuen, sollen sie freigelassen werden und Manderlay verlassen dürfen.

Die befreiten Sklaven murren zunächst, weil sie sich nun selbst um ihr Essen kümmern müssen. Grace wundert sich, warum sie nicht anfangen, ihre verwahrlosten Hütten auszubessern, obwohl diese ihnen jetzt gehören. Es gebe kein Bauholz, meint Wilhelm, aber Grace zeigt auf den Wald außerhalb der Siedlung und bringt die ehemaligen Sklaven dazu, ihn abzuholzen und aus den Stämmen Bretter für die Renovierung ihrer Behausungen herzustellen. Eigentlich wäre es an der Zeit, die Saat auszubringen, aber niemand fängt damit an, bis Grace auch in diesem Fall die Initiative ergreift und mit ein paar Freiwilligen die Felder bestellt.

Die Saat ist gerade aufgegangen, als der jedes Jahr um diese Zeit tobende Sandsturm das meiste davon und einen Großteil der Lebensmittelvorräte vernichtet. Der Schaden wäre weitaus geringer gewesen, wenn der schützende Wald noch stünde. Bald gibt es nicht mehr genügend zu essen in Manderlay. Der letzte Esel muss geschlachtet werden, aber das Fleisch reicht nicht für alle.

Obwohl Rose (Nina Sosanya) und Jack (Javone Prince) zugunsten ihrer kleinen Tochter Claire (Wendy Juel) auf Essensrationen verzichten, verhungert das Mädchen. Erst nach Claires Tod stellt sich heraus, dass die Greisin Wilma (Mona Hammond) die für Claire bestimmte Nahrung stahl, um selbst zu überleben. Die alte Frau wird deshalb am nächsten Tag in einer Gemeindeversammlung zum Tod verurteilt, und Grace nimmt es auf sich, das Urteil mit einem Revolver zu vollstrecken.

Die zwar geringe, aber hochwertige Baumwollernte bringt doch noch gutes Geld ein. Grace freut sich, dass sie es alle zusammen geschafft haben. Sie lässt die weiße Familie frei und schickt die Gangster zu ihrem Vater zurück. Den Erfolg feiert sie mit den ehemaligen Sklaven von Manderlay. Längst hat sie sich in Timothy verliebt, der sich allerdings bis jetzt feindselig gegenüber Grace verhielt. Erst jetzt, wo Grace mit den bewaffneten Begleitern ihre Machtstellung aufgegeben hat und er sich ihr überlegen fühlt, weil er ein Mann ist, ändert er sein Verhalten. Ohne lang zu fragen, zieht er sie aus und nimmt sie ohne jede Zärtlichkeit.

Am anderen Morgen brennen einige der Hütten; es werden zwei Tote gefunden, und die Einnahmen von der Ernte ist weg. Grace befürchtet, dass die Gangster das Geld raubten, aber es stellt sich heraus, dass Timothy, der als Schatzmeister dafür verantwortlich war, alles beim Spiel verlor. Er gehört gar nicht zum stolzen Stamm der Munsi, dessen Angehörige weder Alkohol trinken noch um Geld spielen, sondern zu dem erbärmlichen Stamm der Mansi. Grace hat sich in ihm getäuscht: Sie sah ihn so, wie sie sich ihn wünschte.

80 Prozent des Geldes bekommt Manderlay von Dr. Hector (Zeljko Ivanek) zurück, einem Falschspieler, der es Timothy abgewann, um es für die Plantage zu retten. Er behält nur eine Provision von 20 Prozent für sich.

Wie sie es von Grace gelernt haben, stimmen die Bewohner von Manderlay demokratisch darüber ab, wie es mit ihnen weitergehen soll. Sie beschließen, die alten Regeln wieder einzuführen, die in dem Buch der verstorbenen Plantagenbesitzern niedergelegt sind, und die übrigens nicht von der Weißen, sondern von dem Haussklaven Wilhelm erdacht und aufgeschrieben worden waren. In einer weiteren Abstimmung legen sie einstimmig fest, dass Grace ihre Herrin zu sein hat.

Grace beabsichtigt, zu fliehen. Kürzlich erhielt sie die Nachricht, dass ihr Vater an diesem Tag zu einer bestimmten Uhrzeit eine Viertelstunde vor dem Zaun von Manderlay im Auto auf sie warten wird. Um die Leute abzulenken, ordnet sie an, dass Timothy zur Strafe für sein Vergehen ausgepeitscht werden soll. Gegen ihre Absicht gerät sie in Wut und greift selbst zur Peitsche. Als sie zu der von ihrem Vater genannten Zeit aus Manderlay flieht, findet sie einen Zettel: Ihr Vater, der sah, wie sie einen Afroamerikaner auspeitschte, wartete eine Viertelstunde und fuhr dann weiter. Grace kommt zu spät, weil die durch eine demokratische Abstimmung festgelegte Uhrzeit in Manderlay von der außerhalb der Plantage geltenden um einige Minuten abweicht …

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„Manderlay“ ist der zweite Teil einer Trilogie über die USA, die Lars von Trier mit „Dogville“ begann und mit „Washington“ abzuschließen beabsichtigt. (In „Washington“ möchte er übrigens Nicole Kidman und Bryce Dallas Howard, die Hauptdarstellerinnen in „Dogville“ und „Manderlay“, als Schwestern auftreten lassen.)

Auf die Idee zu „Manderlay“ kam Lars von Trier durch das Vorwort, das Jean Paulhan unter dem Titel „Glück in der Sklaverei“ für den 1954 von Pauline Réage veröffentlichten Roman „Geschichte der O.“ geschrieben hatte. Laut Jean Paulhan wollten durch das gesetzliche Verbot der Sklaverei auf Barbados befreite Sklaven 1838, dass ihr Sklavenhalter die alte Ordnung wiederherstellte, und als er sich weigerte, ermordeten sie ihn und seine Familie, um in ihre Quartiere zurückkehren und ihr gewohntes Leben wieder aufnehmen zu können. Lars von Trier griff auch Motive aus dem erotischen Roman von Pauline Réage auf, der von einer masochistischen Mode-Fotografin in Paris handelt.

In dem Lehrstück „Manderlay“ geht Lars von Trier mit einer gehörigen Portion Sarkasmus der Frage nach, was Sklaverei, Unterwerfung und Zwangsherrschaft bzw. Freiheit und Demokratie für die Betroffenen bedeuten. Unübersehbar sind die Anspielungen auf den zweiten Irak-Krieg der USA im Jahr 2003, der offiziell mit dem Ziel geführt wurde, ein Gewaltregime zu beseitigen und den Irakern eine demokratische Staatsform zu geben. Lars von Trier zeigt, dass Menschen gern auf ihre Freiheit verzichten, wenn sie sich im Gegenzug um nichts kümmern müssen und die Verantwortung abgeben können. Es sei töricht – so Lars von Trier in „Manderlay“ –, diese Leute umerziehen zu wollen. Solange Grace die bewaffneten Gangster an ihrer Seite hat und Macht ausübt, gehorchen ihr die Bewohner von Manderlay, aber in dem Augenblick, in dem sie glaubt, darauf verzichten zu können, drehen die befreiten Sklaven das Rad zurück und stellen die alte Ordnung wieder her.

[Lars von Trier] erzeugt, jedes Mal aufs Neue, innere Unruhe – und das ist wahrlich nicht das Schlechteste, was man im Kino erreichen kann.
(Susan Vahabzadeh in „Süddeutsche Zeitung“, 10. November 2005)

Wie in „Dogville“, beschränkt Lars von Trier sich in „Manderlay“ in Anlehnung an das Epische Theater auf eine minimalistische Theaterdekoration in einem riesigen Filmstudio.

Die Dreharbeiten fanden 2004 in der schwedischen Stadt Trollhättan statt.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2005 / 2008

Episches Theater

Lars von Trier (kurze Biografie, Filmografie)
Lars von Trier: Europa
Lars von Trier: Breaking the Waves
Lars von Trier: Dancer in the Dark
Lars von Trier: Dogville
Lars von Trier: Antichrist
Lars von Trier: Melancholia
Lars von Trier: Nymphomaniac

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"Die russische Patientin" ist eine Komposition aus sehr verschiedenen Elementen. Deutlich wird, wie mühsam und schwierig es ist, sich einer Grenzgängerin wie Sabina Spielrein zu nähern, einer außergewöhnlichen Frau im Spannungsfeld zwischen Ost und West, Marxismus und Psychoanalyse, Juden und Nichtjuden.
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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.