Wolfgang Koeppen

Wolfgang Koeppen (eigentlich: Köppen) wurde am 23. Juni 1906 in Greifswald als uneheliches Kind der Näherin Maria Köppen und des Privatdozenten Reinhold Halben geboren. Als er drei Jahre alt war, zog seine Mutter mit ihm nach Thorn zu ihrer Schwester Olga, der Haushälterin und Lebensgefährtin des Baurats Theodor Wille, der seinen Wohnsitz um 1912 nach Ortelsburg in Masuren verlegte und Olga, Maria und Wolfgang mitnahm. Nach dem Abbruch des Schulbesuchs und einer nicht abgeschlossenen Buchhändlerlehre besuchte Wolfgang Vorlesungen über Literatur und Theaterwissenschaft, ohne sich immatrikulieren zu können, schlug sich mit Gelegenheitsarbeiten zum Beispiel als Schiffskoch oder Platzanweiser im Kino durch und volontierte beim Stadttheater in Greifswald. Seine Mutter starb 1925 an einem Gehirntumor.

1926/27 arbeitete Wolfgang Koeppen als Dramaturg und Regieassistent am Stadttheater in Würzburg. Dann zog er nach Berlin, wo er 1931 bis 1933 das Feuilleton des „Berliner Börsen-Courier“ leitete und innerhalb von zwei Jahren mehr als zweihundert Rezensionen, Reportagen und Essays veröffentlichte.

Nach Hitlers Machtergreifung verlor er seine Stellung, aber 1934 veröffentlichte der jüdische Verlag Bruno Cassirer in Berlin unter dem Titel „Eine unglückliche Liebe“ den ersten Roman von Wolfgang Koeppen. Im selben Jahr emigrierte er in die Niederlande, wo er Klaus und Erika Mann kennen lernte. Obwohl das NS-Regime noch immer an der Macht war, kehrte Wolfgang Koeppen 1938 nach Berlin zurück und schrieb Drehbücher für die Ufa. Um nicht eingezogen zu werden, versteckte er sich nach Kriegsbeginn monatelang im Keller eines Hauses am Starnberger See.

Nach dem Zweiten Weltkrieg lebte Wolfgang Koeppen in München, wo er Marion Ulrich kennen lernte und 1948 heiratete. Mit der gesellschaftkritischen „Trilogie des Scheiterns“ („Tauben im Gras“, 1951, „Das Treibhaus“, 1953, und „Der Tod in Rom“, 1954) schuf er eines der bedeutendsten literarischen Werke der Nachkriegszeit.

Drei Monate vor seinem 90. Geburtstag, am 15. März 1996, starb Wolfgang Koeppen in München.

In Greifswald ist man zu Recht stolz auf Wolfgang Koeppen: Die Universität erwarb seinen Nachlass, im Jahr 2002 wurde das Literaturzentrum Vorpommern mit dem Wolfgang-Koeppen-Archiv eröffnet, und die Stadt verleiht seit 1998 den Wolfgang-Koeppen-Preis für Literatur.

Koeppen ordnet sich erzähltechnisch in die Tradition der Moderne, von James Joyce, John Dos Passos und Alfred Döblin ein. Die Handlungsschicht seiner Nachkriegsromane Tauben im Gras (1951), Das Treibhaus (1953) und Der Tod in Rom (1954) wird von Assoziationsströmen überlagert; Montagen beziehen Schlager, Werbung und Radiosendungen in die Romantexte ein. Koeppen rechnet in ihnen die Kosten von Wirtschaftswunder-Mentalität und bundesdeutscher Verdrängung der Zeit des Nationalsozialismus für Mensch und Gesellschaft vor. Den überall herrschenden Marktgesetzen und der nackten Gewalt entgehen weder Liebe noch Sexualität, noch politisches Handeln. Allein für die Kunst lässt Koeppen Hoffnung aufscheinen, warnt aber zugleich vor der Gefährdung durch den Sog der Kulturindustrie. Seine melancholische Prosa wird so zum Rückzugsort einer Sehnsucht nach Alternativen, die sich in der Wirklichkeit nirgends abzeichnen. (Harenbergs Lexikon der Weltliteratur, Band 3, Dortmund 1989, Seite 1639f)

Was bleibt von Wolfgang Koeppen? Zunächst ein unverwechselbarer Sprachklang […] Wie Thomas Mann und Adorno, wie Rilke und Benn hat Koeppen einen spezifischen Sound geschaffen, der sich im Kopf des Lesers festsetzen und süchtig machen kann. Die Hypotaxe spielt keine Rolle, die Parataxe regiert. Kurze Sätze, die, verstärkt durch Parallelismen und Chiasmen, wie Hammerschläge fallen, wechseln ab mit ausschweifenden, asyndetischen Reihungen. Die Summe ist ein atemlos-elegischer Stil. In seinem prekären Ineinander von Hektik und Schwermut spiegelt er das Geschichtsverständnis des Autors wider. (Christoph Haas, Süddeutsche Zeitung, 23. Juni 2006)

Wolfgang Koeppen: Bibliografie (Auswahl)

© Dieter Wunderlich 2006

Wolfgang Koeppen: Tauben im Gras
Wolfgang Koeppen: Das Treibhaus
Wolfgang Koeppen: Der Tod in Rom

T. C. Boyle - Zähne und Klauen
Die 14 Erzählungen, die T. C. Boyle unter dem Titel "Zähne und Klauen" zusammengefasst hat, sind eine Satire auf die US-Gesellschaft. Aberwitzige und komische Szenen sorgen für Unterhaltung.
Zähne und Klauen

 

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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.