Aischylos : Die Perser

Die Perser
Die Perser Uraufführung: Athen, 472 v. Chr. Griechischer und deutscher Text Edition und Übersetzung: Kurt Steinmann Reclam Verlag, Stuttgart 2017 978-3-15-019467-6, 127 Seiten
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Der persische Großkönig Xerxes I. griff 480 v. Chr. die Griechen an, um deren Stadtstaaten seinem Reich einzuverleiben. Aischylos, der selbst auf griechischer Seite gekämpft hatte, schildert in der Tragödie die Invasion der Perser und die vernichtende Niederlage der Aggressoren bei Salamis.
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Kritik

In der 472 v. Chr. erstmals aufgeführten Tragödie "Die Perser" versetzt sich der Grieche Aischylos in die Lage der geschlagenen Perser. Er prahlt nicht mit dem Sieg über die Angreifer, sondern interpretiert Xerxes' Scheitern als Folge von Frevel und Selbstüberschätzung.
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Persische Fürsten berichten vor dem Palast in Susa, wie König Xerxes mit einer riesigen Armee gegen die Griechen zieht. Es gibt Nachrichten von ersten Siegen und dem Bau einer Schiffbrücke über den Hellespont. Ungeachtet dieser Erfolgsmeldungen sorgen sich Eltern und Ehefrauen um die in den Krieg gezogenen Männer.

Um die Heimkehr unseres Königes nun,
Um des goldenen Heers Heimkehr angstvoll
Vorahnend erbebt in der Brust mein Herz,
Von Bekümmernis voll.
Denn die Jugend des Reichs, denn Asias Kraft
Zog fort, nachjauchzt sie dem Jüngling;
Und es kommt doch zu Fuß, und es kommt doch zu Ross
Kein Bote zur persischen Heimat.

Xerxes‘ Mutter Atossa, die Witwe des gestorbenen Großkönigs Dareios, erzählt den Edelleuten von einem Traum, der ihr Angst gemacht hat. Sie sah zwei Jungfrauen ‒ eine persisch und eine dorisch gekleidet ‒ die sich stritten. Xerxes spannte sie beide vor seinen Wagen. Während die Eine sich unterordnete, zerrte die Andere an dem Gefährt, und Xerxes konnte nicht verhindern, dass es umkippte und er vor den Augen seines ebenfalls anwesenden Vaters zu Boden stürzte. Daraufhin zerriss er vor Zorn und aus Scham die Kleidung.

Unruhig riss die andre, mit empörter Hand
Zertrümmert wild sie seinen Wagen, zügellos
Schleift sie ihn gewaltsam mit sich und zerbricht ihr Joch.
Da stürzt mein Sohn hin; und es steht sein Vater nah,
Dareios, voll Betrübnis; als den Xerxes sieht,
Zerreißt er jammernd sich das Gewand um seinen Leib.

Weil Atossa befürchtet, dass der Traum Schlimmes für ihren Sohn bedeutet, bringt sie den Göttern ein Opfer. Dabei sieht sie einen Adler, der von einem Habicht angegriffen wird und sich dem eigentlich schwächeren Vogel ergibt.

Von den Fürsten lässt Atossa sich über Athen belehren. Dass die Griechen keinen Alleinherrscher wie die Perser haben, kann sie kaum glauben. Wie sollen sie da einen Krieg gewinnen?

Ein Überlebender des Kriegs gegen die Griechen überbringt die Nachricht von der persischen Niederlage. Zuerst ging ein Teil der Flotte unter, und nachdem die Griechen Hunderte von persischen Schiffen versenkt hatten, metzelten sie die Landstreitkräfte nieder. Nur wenige Perser entkamen zu Fuß, darunter auch Xerxes.

Weh euch, ihr Städte aller Lande Asias!
Weh, Perserland, dir, alles Reichtums stolzer Port!
Wie hat hinweg ein Schlag der Schätze Pracht gerafft!
Dahingesunken ist die Blüte Persiens!
Ach! Traurig Amt, der Trauer erster Bote sein!
Und doch, die Not will’s, Perser, dass ich alles Leid
Auffalte; umkam, weh! der Barbaren ganzes Heer!

Unterstützt von den Edelleuten ruft Atossa Dareios aus dem Totenreich. Der frühere Perserkönig, der den Griechen bei Marathon unterlegen war, prangert die Hybris und die frevelhafte Unvernunft seines Sohnes an, der den Meeresgott Poseidon herausforderte, indem er die See mit einer Brücke über den Hellespont bezwingen wollte. Gotteslästerlich war auch die Zerstörung von Heiligtümern der Griechen. Bevor Dareios sich wieder zurückzieht, bittet er Atossa, Xerxes trotz allem liebe- und respektvoll zu empfangen.

Die Fürsten preisen die Weisheit des gestorbenen Königs.

Xerxes trifft ein. Seine Kleidung ist zerrissen, und er beklagt sein eigenes Schicksal.

Weh mir!
Unseligster ich, dass so mein Haupt
Dies Los, das verhasst unerwartete, traf!
So sinnlos wild stürzt‘ sich der Dämon
Auf Persias Volk! Wie trag ich es, oh!
Hinschwindet die Kraft mir in Mark und Gebein!
Und seh ich dort die Getreuen des Volks –
Zeus, hätte doch fern mit dem anderen Heer,
Mit den Toten zugleich
Mich begraben des Todes Verhängnis!

Aber die Edelmänner weisen ihn darauf hin, dass die Besten des Reiches gefallen seien, und es kaum eine Familie gebe, die nicht einen Toten zu beklagen habe. Sie werfen dem König vor, durch unkluges Handeln die persische Streitmacht zerstört zu haben. Xerxes glaubt jedoch, die Götter hätten sich gegen ihn verschworen und sich auf die Seite der Griechen geschlagen.

 

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In der 472 v. Chr. erstmals aufgeführten Tragödie „Die Perser“ – dem ältesten erhaltenen Theaterstück  der Welt – thematisiert Aischylos den Sieg der Griechen über den Perserkönig Xerxes I. in der Schlacht bei Salamis 480 v. Chr., an der er selbst beteiligt war. Er tut dies aus der Perspektive der Perser und prahlt nicht mit dem Sieg der Griechen über die weit überlegende Streitmacht der Angreifer, sondern interpretiert Xerxes‘ Scheitern als Folge von Frevel und Selbstüberschätzung. Am Ende ist der Alleinherrscher geschlagen – aber sein Scheitern bedeutet auch, dass sich die demokratische Kultur erfolgreich verteidigte.

Das Stück „Die Perser“ wird durchgespielt, lässt sich aber in fünf Teile gliedern: Zunächst treten nur der Chor und der Chorführer auf. Dann kommen zunächst Atossa und später der Bote dazu. Im vierten Teil sehen wir Dareios, und zuletzt kehrt Xerxes aus dem Krieg zurück.

Johann Gustav Droysen übertrug Aischylos‘ Tragödie „Die Perser“ aus dem Altgriechischen ins Deutsche (1832). Die österreichische Schauspielerin Annie Rosar (1888 – 1963) rezitierte am 23. März 1916 in München eine Übersetzung von Lion Feuchtwanger. Andere Übersetzungen folgten, beispielsweise von Emil Staiger (1957), Wolfgang Schadewaldt (1983) und Durs Grünbein (2001). Heiner Müller überarbeitete 1991 Peter Witzmanns Übersetzung.

Zwei Komponisten, der Österreicher Klaus Lang und der US-Amerikaner Frederic Rzewski, machten aus der griechischen Tragödie „Die Perser“ Musiktheater-Stücke. Die beiden Opern kamen am 14. Juni 2003 in Aachen bzw. am 22. Juni 2003 in Bielefeld auf die Bühne.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2019
Textauszüge: Übersetzung von J. G. Droysen

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