Fack ju Göhte

Fack ju Göhte

Fack ju Göhte

Originaltitel: Fack ju Göhte – Regie: Bora Dagtekin – Drehbuch: Bora Dagtekin – Kamera: Christof Wahl – Schnitt: Charles Ladmiral, Zaz Montana – Musik: Michael Beckmann – Darsteller: Elyas M'Barek, Karoline Herfurth, Katja Riemann, Jana Pallaske, Alwara Höfels, Jella Haase, Max von der Groeben, Anna Lena Klenke, Gizem Emre, Aram Arami, Uschi Glas, Farid Bang, Margarita Broich, Christian Näthe, Bernd Stegemann u.a. – 2013; 115 Minuten

Inhaltsangabe

Als Zeki Müller aus der Haft entlassen wird, findet er heraus, dass seine Freundin die Beute aus seinem Bankraub an einer Stelle vergraben hat, an der inzwischen die Turnhalle der Goethe-Schule steht. Zeki hofft, als Hausmeister die Gelegenheit zu bekommen, einen Tunnel zu graben, aber durch ein Missverständnis wird er als Ersatzlehrer eingestellt. Die Referendarin Elisabeth Schnabelstedt durchschaut seine Hochstapelei und erpresst ihn, ihr die Problemklasse 10b abzunehmen, deretwegen sich kürzlich eine Lehrerin aus dem Fenster stürzte ...
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Kritik

Dass die Handlung von "Fack ju Göhte" vorhersehbar und unrealistisch ist, spielt keine Rolle. Entscheidend ist, dass Bora Dagtekin daraus eine bunte, grelle, turbulente, überspitzte und aber­witzige Schulkomödie gemacht hat.
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Nach 13 Monaten Haft kommt der Bankräuber Zeki Müller (Elyas M’Barek) in München aus dem Gefängnis. „Fick ’ne Nutte für mich mit“, ruft ihm einer seiner Knastbrüder nach. An einer Tankstelle kauft Zeki sich erst einmal Bier. Nachdem er die erste der zwölf Dosen ausgetrunken hat, taucht seine Freundin Charlie (Jana Pallaske) auf, die als Bardame in einem Stripclub arbeitet. Zur Begrüßung will sie ihn küssen, aber er weicht zurück: „Heb dir das Gelutsche für die Kundschaft auf. Wo ist die Kohle?“ Sie bringt ihn mit ihrem Wagen zum Parkplatz der Goethe-Gesamtschule und übergibt ihm ein GPS-Gerät, das den Ort anzeigt, an dem sie die Beute aus dem Banküberfall nach seiner Festnahme vergrub. Aber dort steht inzwischen die neue Turnhalle der Schule.

Um an das Geld heranzukommen, beabsichtigt Zeki, sich als Hausmeister der Schule anstellen zu lassen und vom Keller aus einen Tunnel zu graben. Weil vor ihm noch andere Bewerber warten und Zeki keine Lust hat, lange herumzusitzen, löst er Feueralarm aus und nutzt das Durcheinander, um von der gestressten Schuldirektorin Gudrun Gerster (Katja Riemann) als Nächster aufgerufen zu werden. Allerdings denkt sie nicht an den vakanten Hausmeisterposten, sondern sucht händeringend nach einem Ersatzlehrer und hält Zeki für einen entsprechenden Bewerber. Er bekommt die freie Stelle und wird aufgefordert, Papiere nachzureichen.

Zeki hat jedoch nicht einmal einen Hauptschulabschluss („da begann meine Crack-Phase“), geschweige denn ein Abitur oder eine pädagogische Ausbildung. Um sich wenigstens ein Zeugnis zu verschaffen, verabredet Zeki sich mit der idealistischen Referendarin Elisabeth Schnabelstedt (Karoline Herfurth), mischt ihr K.-o.-Tropfen in den Kräutertee und kopiert ihr Diplom als Vorlage für eine Fälschung.

Als Ingrid Leimbach-Knorr (Uschi Glas) sich aus Verzweiflung über den Psychoterror in der Problemklasse 10b aus dem Fenster stürzt und ins Krankenhaus gebracht wird, beauftragt Gudrun Gerster Elisabeth Schnabelstedt, die verwaiste Klasse zu übernehmen. Aber die Schüler haben eine Reihe von derben Scherzen für die ohnehin nicht vor Selbstsicherheit berstende Referendarin vorbereitet. Entnervt gibt Elisabeth nach wenigen Minuten auf.

Inzwischen hat sie gemerkt, dass Zeki ihr Zeugnis kopierte. Damit erpresst sie ihn, sich bei der Direktorin zu melden und die 10b zu übernehmen. Selbstverständlich versuchen die Schüler, auch ihn zu demoralisieren, aber da geraten sie an den Falschen: „Und jetzt Fresse halten und sitzen bleiben, bis die Stunde vorbei ist“, herrscht er die Klasse an. Dann setzt er sich und blättert in einem Prospekt für Werkzeug, das er für den Tunnelbau benötigt. Zu einer etwas korpulenten Schülerin, die an etwas knabbert, sagt er: „Friss nicht so viel. Oder willst du als Jungfrau sterben?“ Zur nächsten Stunde bringt er ein Paintball-Gewehr mit und schießt damit durchs Fenster auf Schüler, die sich noch auf dem Pausenhof herumtreiben. Weil die Schüler rasch merken, dass er noch brutaler sein kann, als sie es sind, geben sie die Machtprobe auf.

Während eines von Elisabeth beaufsichtigten Schwimmunterrichts fängt Daniel („Danger“) Becker (Max von der Groeben), der Anführer der Klasse 10b, mit einem anderen Schüler eine Prügelei an. Kurzerhand geht Zeki dazwischen, wirft Daniel ins Wasser und taucht ihn immer wieder unter, bis der Schüler befürchtet, ertränkt zu werden. Als Zeki ihn endlich aus dem Schwimmbecken klettern lässt, ist der vorlaute Schüler so mit den Nerven fertig, dass er wie ein Kind nach seinem Vater ruft.

Bei einer Exkursion mit der Klasse 10b sucht Zeki alte Bekannte auf, die er den Schülern als abschreckende Beispiele präsentiert: einen Junkie auf Entzug, ein Ehepaar, das von Hartz IV und den Einnahmen der Tochter als Prostituierte lebt und so weiter. Wenn sie nicht so werden wollten, erklärt Zeki den Schülern, sollten sie gefälligst mehr für ihre Bildung tun.

Einmal gerät Zeki in eine Probe der von Herrn Gundlach (Bernd Stegemann) seit Jahrzehnten geleiteten Theater AG für „Romeo und Julia“ und wundert sich über die veraltete Sprache Shakespeares. Das müsse man alles zeitgemäßer ausdrücken, meint er, und nachdem Herr Gundlach schimpfend die Leitung der Theater AG niedergelegt hat, übernimmt Zeki sie. Daniel Becker und Chantal Ackermann (Jella Haase) spielen die Hauptrollen. Da heißt es nun „Romeo, hast du meine SMS nicht bekommen?“ und „Lass mal chillen, Julia.“

Jede Nacht arbeitet Zeki an dem Tunnel.

Elisabeth bemüht sich, alle Vorschriften zu erfüllen und alles recht zu machen; sie ist erfüllt von ihrer Mission als Lehrerin. Doch wegen ihrer idealistischen Einstellung, ihrer Unsicherheit und Korrektheit bringt sie das notwendige Durchsetzungsvermögen nicht auf. Damit sie ihr Image verbessern kann, organisiert Zeki eine gemeinsame Spray-Aktion mit ihr und den Schülern. Sie besprühen einen Zug mit Graffiti. Einer der Schüler zeigt stolz auf sein Werk: „Fack ju Göhte“, steht da. Als die Polizei kommt, türmen die Sprayer.

Während einer Exkursion auf einen Bio-Bauernhof werden die Tiere mit Blasrohr-Pfeilen beschossen, die mit Sexualhormonen getränkt sind. Daniel zielt mit einem der Pfeile auf Chantal, trifft jedoch versehentlich Elisabeth in den Po, die sich daraufhin seltsam verhält und zu Hause in tiefen Schlaf fällt – ausgerechnet, als Isolde Sieberts (Margarita Broich) vom Jugendamt ihren Besuch angemeldet hat, um zu prüfen, ob Elisabeth das Sorgerecht für ihre jüngere Schwester Laura (Anna Lena Klenke) übertragen werden soll oder nicht. Schließlich kommt Elisabeth wieder zu sich und geht in die Küche. Dort sitzt Isolde Sieberts gut gelaunt mit Laura und Zeki. Die Frau vom Jugendamt ist von Zeki sehr angetan und meint begeistert, der Übertragung des Sorgerechts stehe nichts mehr im Wege, weil Elisabeth offenbar nicht mehr allein sei, sondern in einer festen Beziehung mit einem Pädagogen lebe.

Beim Graben des Tunnels stößt Zeki auf eine Zeitkapsel, in der Elisabeth – die früher selbst Schülerin der Goethe-Gesamtschule war – einige Sachen vergraben hat. Bald darauf erreicht er die Beute. Er zahlt seine Schulden zurück und gibt Charlie Geld für eine Brustvergrößerung.

Während des von Elisabeth geleiteten Turnunterrichts fällt eine Schülerin in ein mit einer Bodenmatte notdürftig kaschiertes Loch. Elisabeth schickt die Klasse aus der Turnhalle und klettert in den Schacht, der sich durch den Einbruch des Bodens über Zekis Tunnel bildete. Sie stößt auf Zeki, der gerade angefangen hat, alles wieder zuzuschaufeln und begreift schließlich, dass er nicht nur ein Hochstapler, sondern auch ein Bankräuber ist. Elisabeth beendet daraufhin die nach dem Besuch Isolde Sieberts‘ begonnene Beziehung mit ihm.

Nach der Enttarnung durch Elisabeth wagt Zeki sich nicht mehr in die Schule. Die Schüler wollen den coolen Lehrer jedoch nicht verlieren und erzählen Gudrun Gerster deshalb, sie hätten den Tunnel gegraben. Elisabeth, die nun wieder die 10b unterrichtet, findet in einer Mappe ihr von Zeki aufgehobenes Foto aus der Zeitkapsel. Kurz darauf kommt Charlie und bringt ihr das restliche Geld aus dem Banküberfall. Sie versichert, dass ihr platonischer Freund Zeki kein schlechter Mensch sei und vorhatte, nichts Kriminelles mehr zu tun, um mit Elisabeth zusammen sein zu können.

Weil er seine Hoffnung auf ein Leben mit Elisabeth verloren hat, ließ Zeki sich jedoch inzwischen von einem früheren Kumpel überreden, wieder bei einem Banküberfall mitzumachen. Die beiden Männer setzen im Auto gerade ihre Masken auf, als zwei Schüler an die Scheibe klopfen und Zeki bitten, Alkohol für sie zu kaufen: Am Abend findet nämlich der alljährliche Abschlussball der Goethe-Schule statt, und da möchten sie die Direktorin betrunken machen. Zeki sieht in diesem Augenblick den von ihm, Elisabeth und den Schülern mit Graffiti besprühten Zug vorbeifahren. Er steigt aus und folgt den Schülern.

Mit Handschellen gefesselt, klingelt er bei Elisabeth, die inzwischen bereits erfahren hat, dass er einen neuen Bankraub plante. Er tut so, als sei er der Polizei entflohen, übergibt ihr eine Reisetasche und bittet sie, diese für ihn aufzubewahren, während er voraussichtlich vier bis fünf Jahre im Gefängnis sitzen werde. Schluchzend verspricht Elisabeth nicht nur das, sondern auch, auf ihn zu warten. Sie glaubt, dass er wieder straffällig geworden sei und gibt sich die Schuld daran. Auf der Treppe schaut sie in die Tasche: Sie enthält keine Banknotenbündel, sondern ein Abendkleid für das Schulfest. Während sie es anzieht, öffnet Zeki seine Handschellen.

Gemeinsam gehen sie zur Schule. Gudrun Gerster hat gerade die Aufsätze der Klasse 10b gelesen und ist begeistert. Sie möchte, dass der Aushilfslehrer weitermacht, aber Zeki gesteht, nicht einmal einen Hauptschulabschluss zu haben. Daraufhin stellt ihm die Schuldirektorin kurzerhand ein Abiturzeugnis des Jahres 2006 aus.

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Die Handlung der Klamotte „Fack ju Göhte“ ist vorhersehbar, unrealistisch und dünn. Aber das ist unwichtig. Entscheidend ist die Art, wie Bora Dagtekin sie entwickelt und eine aberwitzige Komödie daraus macht. Er erzählt die Geschichte vorwiegend aus der subjektiven Perspektive der von Elyas M’Barek verkörperten männlichen Hauptfigur Zeki Müller, spielt mit Klischees und schreckt weder vor hemmungsloser Überspitzung noch vor groben Gags zurück. Für Lacher sorgen auch Slapstick-Einlagen. Mit bunten, grell leuchtenden Farben und rasanten Schnitten gibt Bora Dagtekin gleich zu Beginn den Ton vor. „Fack ju Göhte“ – schon der Titel ist Programm: Jugendsprache, Respektlosigkeit und Rechtschreibschwäche. „Achtet auf eure Ausdrucksweise, ihr Wichser!“, brüllt der zum Aushilfslehrer mutierte Ganove. Subtiler als dieser Zusammenprall von Lehrerdeutsch und Gossensprache ist beispielsweise ein Satz, den die Schülerin Chantal Ackermann zu Zeki Müller sagt: „Ganz ehrlich, Herr Müller, sind Sie geborderlinert oder was? Ey, Sie Geisterkranker!“ Die Ableitung der Partizip-Form eines Verbs vom Begriff Borderline Syndrom und GeisteRkranker statt Geisteskranker, das sind zwei Sprachwitze in einem Satz! Außerdem sind diese Wortbildungen und Lautverschiebungen charakteristisch für die Jugendsprache.

„Fack ju Göhte“ ist eine Schulkomödie. Es geht um die Schwächen des Bildungssystems, aus der Zeit gefallene Lehrpläne, überforderte Lehrkräfte, Schüler- und Lehrer-Mobbing, Veränderungen der Sprache und Schüler mit Migrationshintergrund. Zeki Müller ist allerdings kein Lehrer-Vorbild wie zum Beispiel John Keating (Robin Williams) in „Der Club der toten Dichter“. „Fack ju Göhte“ knüpft an vor Jahrzehnten in Deutschland gedrehte Paukerkomödien wie „Skandal um Eva“ (1930), „Die Feuerzangenbowle“ (1944) und „Die Lümmel von der ersten Bank“ (1967 – 1972) an. In „Fack ju Göhte“ haben am Ende sowohl Schüler als auch Lehrer etwas fürs Leben gelernt und sich weiterentwickelt.

Die Dreharbeiten fanden im Frühjahr 2013 vor allem in München und Berlin statt. Als Kulisse für die Goethe-Gesamtschule diente das Lise-Meitner-Gymnasium in Unterhaching bei München, das auch bereits in „Die Wolke“ (2006) zu sehen war. Die Gefängnisszene entstand im ehemaligen Untersuchungsgefängnis der „Deutschen Volkspolizei“ in der Keibelstraße in Berlin-Mitte, wo auch für „Männerpension“ (1996) und „Goodbye Lenin“ (2003) gedreht worden waren. Für die Hallenbadszene benutzte Bora Dagtekin die Sport- und Lehrschwimmhalle in Berlin-Schöneberg.

Die Premiere von „Fack ju Göhte“ fand am 29. Oktober 2013 im Mathäser Filmpalast in München statt. In die Kinos kam der Film am 7. November 2013. Bis zum Jahresende hatten ihn bereits 5,6 Millionen Besucherinnen und Besucher gesehen. „Fack ju Göhte“ erwies sich als einer der erfolgreichsten deutschen Filme seit 1968. Einen Namen hatte sich Bora Dagtekin bereits mit seinem Debütfilm „Türkisch für Anfänger“ gemacht.

Für Aufführungen in nicht deutschsprachigen Ländern ist übrigens der Titel „Suck Me Shakespeer“ vorgesehen.

Aufgrund des Erfolgs ist für Herbst 2015 eine Fortsetzung geplant.

Folgende Musikstücke sind in „Fack ju Göhte“ zu hören:
John Newman: „Cheating“, Djorkaeff: „Fack ju Göhte“, Madeline Juno: „Error“, Nonono: „Pumpin Blood“, Passenger: „Let Her Go“, Djorkaeff: „Hands Around the World“, Djorkaeff: „Benzin Beat“, D/R Period: „Move“, Smashproof: „Brother“, Nitro: „Ain’t No Fun“, Martin Solveig & The Cataracs (featuring Kyle): „Hey Now“, Neon Trees: „Everybody Talks“, Beckmann: „Das Ist Pimkie!“, Amanda Jenssen: „Dry My Soul“, Olly Murs: „Change Is Gonna Come“, Busted: „What I Go to School For“, Kodaline: „High Hopes“, Beckmann: „Zeitkapsel“, Parachute: „Can’t Help“, Thilo Brandt: „Deep Diving“, Djorkaeff: „Klassenzimmer Beat“, Beckmann: „Laura, sie redet mit dir!“, Djorkaeff: „Theater Beat“, Clea & Kim: „Balkan Bachata“, Samantha Fox: „Touch Me“, John Newman: „Cheating“.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2014

Bora Dagtekin: Türkisch für Anfänger

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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.