Anne Delbée : Der Kuss. Kunst und Leben der Camille Claudel

Der Kuss. Kunst und Leben der Camille Claudel
Originalausgabe: Une Femme Presses de la Renaissance, Paris 1982 Der Kuss. Kunst und Leben der Camille Claudel Übersetzung: Helmut Kossodo Albrecht Knaus Verlag, München 1995 Taschenbuch: btb-Verlag, München 2003 ISBN 3-442-73054-6, 415 Seiten
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Camille Claudel (1864 - 1943) setzt sich in den Kopf, Bildhauerin zu werden, obwohl man Frauen zu ihrer Zeit die Eignung für diesen Beruf abspricht. Als 30-Jährige bricht sie die seit zwölf Jahre bestehende Liebes- und Arbeitsbeziehung zu dem 24 Jahre älteren Bildhauer Auguste Rodin ab und versucht, als Künstlerin aus seinem Schatten herauszutreten ...
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Kritik

Die französischen Theaterregisseurin Anne Delbée legte eine einfühlsame, aber auch prätentiöse und pathetische Romanbiografie über Camille Claudel vor: "Der Kuss".
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Camille Claudel (1864 – 1943), die Tochter eines französischen Finanzbeamten, setzt sich in den Kopf, Bildhauerin zu werden, obwohl Frauen an der nationalen Kunstakademie in Paris nicht zugelassen sind und man ihnen eigene künstlerische Ideen abspricht. Vor allem für den Beruf der Bildhauerin, der eine dreidimensionale Vorstellung und handwerkliches Geschick voraussetzt, sind Frauen nach vorherrschender Meinung ungeeignet. Mit 18 begegnet Camille Claudel dem 42 Jahre alten Bildhauer Auguste Rodin, der ebenfalls keine Kunstakademie besucht hat, aber nach vielen harten Jahren gerade dabei ist, als Künstler anerkannt zu werden. Er wird ihr Lehrer und Geliebter. Doch obwohl er sie nach Kräften fördert, beutet er auch ihre Ideen aus und ist nicht in der Lage, sie als eigenständige Künstlerpersönlichkeit zu akzeptieren. Da er sich außerdem nicht zu einer Entscheidung zwischen der jungen Frau und seiner langjährigen, nur vier Jahre jüngeren Lebensgefährtin durchringt, bricht Camille Claudel nach elf Jahren die skandalöse Liebesbeziehung ab und versucht auch als Künstlerin aus Rodins Schatten herauszutreten. Dabei scheitert sie an der Engstirnigkeit der Gesellschaft. Ihre Familie lässt sie 1913 zwangsweise in eine Irrenanstalt einweisen. Dort verbringt sie die letzten dreißig Jahre ihres Lebens.

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Camille Claudel war eine außergewöhnliche Persönlichkeit und Künstlerin. Erschüttert liest man von der Tragödie ihres Lebens. Der französischen Theaterregisseurin Anne Delbée ist es gelungen, sich gut in die leidenschaftliche, unkonventionelle und unglückliche Frau einzufühlen. Sie schildert deren Leben – abgesehen von einigen deftigen Sexszenen – in Form eines nachdenklichen inneren Monologs. In den Strom der Reflexionen montiert Anne Delbée auf gewollt poetische Weise Rückblenden, Assoziationen und Zitate. (Die eingeschobenen Texte stammen aus Briefen, die Camille Claudel in der Irrenanstalt schrieb, Werken ihres Bruders Paul Claudel und anderen Quellen.) Die Darstellungsweise in „Der Kuss. Kunst und Leben der Camille Claudel“ wirkt an vielen Stellen prätentiös.

Beispielsweise schreibt Anne Delbée über Camille Claudels Ankunft Ende 1880 in Paris:

Camille denkt verträumt an das Meer, an die Hochseestürme, die sich am Strand in eine Liebkosung verwandeln und sanft ihre Füße umspülen. Paris umweht liebevoll die Beine des jungen Mädchens. Sie nimmt es erhaben hin, fühlt sich als Herrscherin dieser Stadt, die sie bereits bezähmt. Wortlos schaut sie, lernt, behält, speichert Eindrücke in sich auf. Zwischendurch ergreift sie eine unerklärliche Traurigkeit. Sie muss sich beeilen, muss wissen und begreifen, bevor man sie bestraft oder vom Anblick der Dinge wegreißt.

Oder über das erfolgreiche Jahr 1897:

Da ist sie. Fast am Gipfel. Der Riese ist nicht weit. Die Kritiker haben von Genie gesprochen, sie gehört dem Verein an, ist sogar Mitglied der Jury geworden. Der gerupfte Vogel nimmt seinen Ehrenplatz ein. Camille vergleicht sich mit dem alten zerrauften und struppigen Raben, der Rad schlägt und sich auf seiner Stange plustert. Auf einem Bein! Und der gar nicht merkt, dass er keine Federn mehr hat.
Der Winter ist da. Nach den blendenden Kritiken des letzten Salons bleiben ihr noch einige Verse und Komplimente von Meister Reineke, doch sie hat nicht einmal mehr ein Stück Käse, das er ihr abluchsen könnte. Es geht ihr wahrlich gut. Und dazu ist sie nun fast dreiunddreißig!
Aber sie darf sich nicht beklagen. Es sind ihr ja noch ein paar grüne Federn von der schönen Ente geblieben! Das Gerippe und ein paar schöne grüne Federn.

Nach der Trennung von Auguste Rodin träumt Camille Claudel von einem Zusammensein mit dem früheren Geliebten.

Vieles hat sie von ihm gelernt, die Zärtlichkeit, aber auch die Verheerung, Hingabe und Demütigung, das Warten. Alles das wird sie ihn in dieser Nacht an seinem Körper spüren lassen, denn auch sie ist eine große Bildhauerin der Männer. […] Zwei antiken Ringern gleichen sie – sie aufgerichtet, die Brust wie ein weißgoldener Panzer, er, das bronzene Schwert in der Hand, die suchende Klinge. Das helle Bett wie ein in gleißender Sonne ausgestorbener Sandstrand.

 

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2003
Textauszüge: © Albrecht Knaus Verlag

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