Natalia Ginzburg : So ist es gewesen
Inhaltsangabe
Kritik
Gleich zu Beginn gesteht die Erzählerin: „Ich habe ihm in die Augen geschossen.“ Nach dem Mord zieht sie den Regenmantel und die Handschuhe an, verlässt das Haus, trinkt in einer Bar einen Kaffee und setzt sich dann auf eine Anlagenbank. Dabei erinnert sie sich an das, was geschehen ist.
Sie ist die Tochter eines Landarztes in einem nahe gelegenen Dorf. Vor einigen Jahren, als sie noch an der Schule unterrichtete und während der Woche allein in einer Pension wohnte, lernte sie Alberto kennen. Er führte sie aus und unterhielt sich viel mit ihr. Dabei hörte er ihr meistens zu und verriet selbst kaum etwas über sich. Ihre Cousine Francesca kritisierte sie, denn er war bereits über 40 und sie erst 26. Aber Francesca ist ohnehin anders als sie. Sie denkt sich nichts dabei, mit immer wieder anderen Männern ins Bett zu gehen, will aber „keinen Mann, der mir dauernd im Weg ist“. Die scheue Erzählerin träumte dagegen von der Liebe: „Wenn ein Mädchen viel allein ist und ein recht gleichförmiges, mühevolles Leben führt, mit wenig Kleingeld in der Tasche und abgewetzten Handschuhen, geht es in der Fantasie vielen Dingen nach und ist schutzlos den Irrtümern und Gefahren ausgesetzt, die die Fantasie jeden Tag für alle Mädchen bereithält.“ Als sie die Initiative ergriff und Alberto gestand, dass sie ihn liebe, blickte sie in ein „erschrockenes, trauriges Gesicht“. Er machte ihr nichts vor, aber nach einiger Zeit ließ er sich auf die Heirat ein. Das war vor vier Jahren.
Sie zog in seine Villa. Seine Mutter, von der er das Haus geerbt hatte, war zu diesem Zeitpunkt bereits gestorben. Sie nahmen sich ein sechzehnjähriges Dienstmädchen namens Gemma. Aufgrund seines Vermögens brauchte sich Alberto nicht um den Lebensunterhalt zu kümmern. Auch seine Frau beendete ihre Berufstätigkeit. Er las fortwährend Rilke und schrieb Notizen an die Ränder der Seiten. Seiner Frau fiel auf, dass er seit der Hochzeit nicht mehr versuchte, ihr Gesicht halbwegs erkennbar zu zeichnen, sondern sich mehr auf Tiere und Züge verlegte. Eines Tages verreiste er. Sein langjähriger Freund Augusto werde ihn begleiten, hatte er behauptet. Aber seine Frau begegnete Augusto einige Tage nach Albertos Abreise auf der Straße. Auf diese Weise erfuhr sie, dass sie betrogen wurde. Die andere Frau ist verheiratet und hat einen Sohn. Sie heißt Giovanna. Die Affäre zwischen ihr und Alberto dauerte damals bereits elf Jahre.
Von Augusto erfuhr die Erzählerin, dass er und Alberto vor vielen Jahren in Giovanna verliebt gewesen waren. Damals hatten sie sich beide einen Revolver gekauft und beschlossen, sich in einer bestimmten Nacht — jeder in seiner eigenen Wohnung — zu erschießen. Sie hatten es beide nicht getan.
Auch als seine Frau schwanger war, setzte Alberto sein Verhältnis mit Giovanna fort. Ein Jahr nach der Hochzeit brachte die Erzählerin eine Tochter zur Welt. Überängstlich achtete sie darauf, dass dem Kind nichts geschah. Während sich ihr Leben gravierend veränderte, sorgte sich Alberto kaum um das Kind und wohnte „immer mehr nur im Arbeitszimmer“, wenn er zu Hause war — was auch immer seltener geschah.
Nachdem sie ihn einmal selbst mit Giovanna gesehen hatte, wollte er sich von seiner Frau trennen und begann einen großen Überseekoffer zu packen.
Alberto packte jeden Tag ein wenig, aber er zögerte seinen Auszug hinaus. Da fuhr seine Frau mit Francesca und dem Kind für eine Weile nach San Remo. Dort erkrankte die Tochter und starb. Um nächsten Morgen traf Alberto ein. Von da an blieb er zu Hause und kümmerte sich wieder um seine Frau. Er schwor, bei ihr zu bleiben und schien tatsächlich keinen Gedanken mehr an Giovanna zu verschwenden, die gerade mit ihrem Mann verreist war. Erschrocken stellte die Erzählerin fest, dass Alberto niemand außer sich selbst liebte und wohl selbst nicht wusste, was er eigentlich wollte. Wie sollte ihr da ein Neuanfang gelingen?
Als er beabsichtigte, erneut zu verreisen, schoss sie ihm in die Augen.
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Die 1916 in Palermo geborene Autorin Natalia Ginzburg erzählt in „So ist es gewesen“ die trostlose Geschichte einer gescheiterten Ehe aus der Sicht der Mörderin und in deren schnörkelloser, aus lakonischen Sätzen zusammengesetzten Sprache. Gerade in der Kargheit der Gestaltung liegt die Kunst Natalia Ginzburgs.
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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2002