Mark Haddon : Supergute Tage oder Die sonderbare Welt des Christopher Boone

Supergute Tage oder Die sonderbare Welt des Christopher Boone
Originalausgabe: The Curious Incident of the Dog in the Night-Time Jonathan Cape, London 2003 Supergute Tage oder Die sonderbare Welt des Christopher Boone Übersetzung: Sabine Hübner Karl Blessing Verlag, München 2003 ISBN: 3-89667-228-2, 283 Seiten Goldmann Taschenbuch, München 2005 ISBN: 978-3-442-46093-9, 283 Seiten
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Der 15-jährige Christopher lebt mit seinem Vater Ed Boone in Swindon. Weil er als Autist die Mimik und Gestik von Menschen kaum einschätzen kann, findet er sich nur mit logischen Schlussfolgerungen zurecht. Er weiß viel über Astronomie und glänzt bei Rechenaufgaben. Wenn alles seine Ordnung hat – wie in der Mathematik – fühlt Christopher sich wohl. Fremde irritieren ihn ebenso wie unbekannte Orte. Als er den Pudel einer Nachbarin von einer Mistgabel durchbohrt auffindet, nimmt er sich vor, den Täter zu finden ...
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Kritik

Es ist Mark Haddon gut gelungen, sich in die Gedankenwelt dieses autistischen Jungen zu versetzen. Obwohl "Supergute Tage" von einer Krankheit handelt, ist der Roman weder sentimental noch deprimierend.
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Christopher Boon ist fünfzehn. Vor zwei Jahren, im Frühjahr 1996, verlor er seine Mutter. Der Vater erzählte ihm, sie sei im Krankenhaus einem Herzanfall erlegen. Seither erzieht der selbstständige Heizungsmonteur Ed Boone seinen Sohn allein. Sie wohnen in Swindon westlich von London. Weil Christopher am Asperger-Syndrom leidet, besucht er eine Sonderschule. Zwar kann er die Mimik und Gestik von Menschen kaum einschätzen, aber er kann logisch denken, glänzt bei Rechenaufgaben und weiß viel über Astronomie.

„Wie viel ist 251 mal 864?“
Ich dachte eine Weile nach. „216 864.“ Das war kinderleicht, weil man nämlich nur 864 mit 1000 multiplizieren muss, und das ergibt 864 000. Dann dividiert man durch 4 und erhält 216 000, das ist 250 x 864. Wenn man jetzt einfach noch mal 864 hinzuaddiert, hat man 251 x 864. Und das gibt 216 864.

Wenn alles seine Ordnung hat – wie in der Mathematik – fühlt Christopher sich wohl. Beispielsweise müssen Brokkoli und Schinken auf seinem Teller streng getrennt sein. Falls sie sich berühren, kann er nichts davon essen. Fremde irritieren Christopher ebenso wie unbekannte Orte.

Ich sehe alles. Deswegen finde ich fremde Orte so schlimm.
Wenn ich an einem Ort bin, den ich gut kenne, zum Beispiel daheim oder in der Schule oder im Bus oder im Laden oder auf der Straße, habe ich fast alles schon einmal gesehen und muss nur noch die Dinge anschauen, die sich verändert oder wegbewegt haben.

Eines Nachts findet Christopher den Pudel der Nachbarin Mrs Shears tot in deren Garten vor. Eine Mistgabel ragt aus Wellingtons Fell. Christopher mag Hunde. Er zieht die Mistgabel heraus und drückt das tote Tier an sich. Da kommt Mrs Shears schreiend aus dem Haus. Sie verdächtigt ihn, den Hund umgebracht zu haben und ruft die Polizei.

In dem Tohuwabohu stürmen zu viele Informationen aus der äußeren Welt auf Christopher ein. Dann packt ihn der Polizist auch noch am Arm und reißt ihn hoch. Christopher lässt sich jedoch von niemandem anfassen, nicht einmal von seinem Vater. Deshalb schlägt er nach dem Polizisten. Der nimmt ihn daraufhin fest.

Ed Boone holt Christopher schließlich von der Polizeiwache ab.

Christopher nimmt sich zwei Dinge vor: Er will herausfinden, wer Wellington tötete und darüber ein Buch schreiben.

Als Erstes befragt er die Nachbarn. Das kostet ihn viel Überwindung. Mrs Alexander, eine einsame alte Dame, die froh ist, mal wieder mit jemandem reden zu können, erzählt ihm, sein Vater sei schlecht auf Mr Shears zu sprechen, weil dieser sehr eng mit Christophers Mutter Judy befreundet war. Christopher weiß, dass Roger Shears vor zwei Jahren fortzog und seine Frau Eileen allein zurückließ.

Weil Ed Boone seinem Sohn einschärfte, sich nicht um die Angelegenheiten anderer Leute zu kümmern, verheimlicht Christopher seine detektivischen Bemühungen. Unvorsichtigerweise lässt er jedoch das Buch herumliegen, in dem er aufschreibt, was er herausfindet. Als der Vater liest, was Christopher von Mrs Alexander erfahren hat, nimmt er ihm das Buch weg und ermahnt ihn nochmals, keine weiteren Nachforschungen über den Tod des Hundes anzustellen.

Auf der Suche nach dem versteckten Buch stößt Christopher im Zimmer seines Vaters auf einen Schachtel, in dem er nicht nur sein Buch, sondern auch ein Bündel Briefe findet. Offenbar schrieb seine Mutter ihm in den letzten beiden Jahren mehrmals aus London. In einem der Briefe räumt sie ein, nicht genügend Geduld mit ihm gehabt zu haben und erinnert ihn an einen Vorfall während ihrer Weihnachtseinkäufe, als er im Kaufhaus tobte und Küchengeräte von den Regalen riss, die sie dann bezahlen musste.

Christopher begreift, dass sein Vater ihn anlog, als er behauptete, Judy sei gestorben. Ed Boone kommt nach Hause, findet seinen Sohn verstört vor und sieht die geöffneten Briefe. Er gibt zu, gelogen zu haben und gesteht außerdem, den Pudel nach einem Streit mit Mrs Shears in einem Wutanfall getötet zu haben.

Daraufhin fühlt Christopher sich bei seinem Vater nicht mehr sicher. Er wartet, bis Ed schläft. Dann nimmt er die Scheckkarte seines Vaters – die PIN-Nummer kennt er, seit der Vater sie ihm einmal nannte – und schleicht sich mit seiner Ratte Toby aus dem Haus. Am Bahnhof schläft er ein. Ein Polizist weckt ihn. Christopher erzählt ihm, er sei unterwegs nach London zu seiner Mutter. Der Polizist klärt ihn über den Preis einer Fahrkarte auf und begleitet ihn zu einem Geldautomat, wo Christopher 50 Pfund zieht. Davon kauft er sich die Fahrkarte und steigt in den Zug.

Unmittelbar vor der Abfahrt kommt der Polizist zu ihm in den Zug und will ihn mitnehmen, denn inzwischen hat Ed Boone auf der Polizeiwache nach seinem Sohn gefragt. Bevor der Polizist mit Christopher aussteigen kann, fährt der Zug an. Dem Beamten bleibt nichts anderes übrig, als einen Streifenwagen zum nächsten Bahnhof zu bestellen. Unterwegs gelingt es Christopher jedoch, sich zu verstecken. So kommt er schließlich nach London.

Dort fragt er sich zu der von seiner Mutter auf den Briefkuverts angegebenen Adresse durch. Es ist niemand da. Christopher wartet vor der Tür, bis Judy Boone und Roger Shears nach Hause kommen.

Judy ist entsetzt, als sie erfährt, dass ihr Mann behauptete, sie sei gestorben und ihre Briefe an den Sohn unterschlug.

Ein Polizist fragt nach Christopher. Nachdem er sich vergewissert hat, dass es sich bei Judy um dessen Mutter handelt, lässt er den Jungen erst einmal bei ihr.

Mitten in der Nacht wacht Christopher auf. Nebenan hört er seinen Vater schreien. Ed streitet mit Judy.

Beim Frühstück meint Roger Shears, Christopher könne ein paar Tage bleiben. Der Junge könne so lange bleiben, wie nötig, entgegnet Judy. Vergeblich weist Roger darauf hin, dass sie beide berufstätig sind. Aber Christopher will ohnehin zurück nach Swindon, um dort in Kürze sein Mathe-Abitur zu machen.

Judy bringt ihn mit Rogers Auto hin.

Kurz darauf sieht Christopher durch ein Fenster seines Elternhauses, wie Roger Shears aus einem Taxi steigt, einen Karton mit Judys Sachen auf den Rasen wirft und in seinem eigenen Auto wegfährt.

Judy bleibt in Swindon und bekommt einen Job als Kassiererin in einer Gärtnerei. Ein Arzt verschreibt ihr ein Antidepressivum.

Ed kauft seinem Sohn einen zwei Monate alten Golden Retriever. Judy erklärt Christopher, für den Hund sei in dem möblierten Zimmer, das sie nun mit ihm zusammen bewohnt, kein Platz, aber der Vater werde sich um das Tier kümmern, und Christopher dürfe seinen Vater und den Hund besuchen, wann immer ihm danach sei.

Kurz darauf besteht Christopher das Mathe-Abitur mit einer glatten Eins.

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Mark Haddon schildert in seinem originellen Roman „Supergute Tage oder Die sonderbare Welt des Christopher Boone“ die Wahrnehmung eines fünfzehnjährigen Autisten (Asperger-Syndrom). Dabei lässt er den Protagonisten in der Ich-Form erzählen. Auf Erklärungen verzichtet er. Es ist Mark Haddon verblüffend gut gelungen, sich in die Gedankenwelt dieses Jungen zu versetzen, der sich nur mit logischen Schlussfolgerungen zurechtfindet, weil ihm aufgrund seiner Krankheit jegliche Fähigkeit zur Empathie fehlt. Obwohl „Supergute Tage oder Die sonderbare Welt des Christopher Boone“ von einer Krankheit handelt, ist der Roman weder sentimental noch deprimierend. Der Lebensmut des Protagonisten steckt an. Wie er Schwierigkeiten meistert, ist nicht selten komisch und durchgehend unterhaltsam.

Die Kapitel sind übrigens nicht durchnummeriert, sondern mit den Primzahlen von 2 bis 233 überschrieben.

Beim Originaltitel „The Curious Incident of the Dog in the Night-time“ handelt es sich um ein Zitat von Sherlock Holmes in „Silver Blaze“ (1892) von Arthur Conan Doyle.

Den Roman „Supergute Tage oder die sonderbare Welt des Christopher Boone“ von Mark Haddon gibt es auch als Hörbuch, gelesen von Rufus Beck (Musik: Parviz Mir-Ali, Köln 2004, 5 CDs, ISBN 3-89830-712-3).

 

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2011
Textauszüge: © Karl Blessing Verlag

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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.