Patrick Hamilton : Hangover Square

Hangover Square
Originalausgabe:Hangover Square, 1941 Übersetzung: Miriam Mandelkow Dörlemann Verlag, Zürich 2005 ISBN 3908777046, 380 Seiten
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

London 1939. George Harvey Bone schmachtet Netta an. Das Luder zieht durch die Pubs im Stadtteil Earl's Court und hofft, von einem Filmproduzenten entdeckt zu werden. Bone umschwirrt sie wie eine Motte das Licht, aber sie nutzt ihn nur eiskalt aus und verachtet ihn. Das erträgt Bone nur betrunken. Aber eine aggressive Seite seiner Persönlichkeit trägt sich mit Mordgedanken ...
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Kritik

Sarkastisch, aber mit viel Anteilnahme porträtiert Patrick Hamilton in seinem Roman "Hangover Square" den Tor George Harvey Bone und zugleich die Welt verrauchter Londoner Pubs unmittelbar vor dem Zweiten Weltkrieg.
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Wir befinden uns 1939 in London, und die Zeichen stehen auf Krieg. George Harvey Bone, ein törichter Müßiggänger ohne besondere Eigenschaften, hat sich heillos in ein launisches Luder verliebt, das Netta Longdon heißt. Netta träumt von einer Karriere als Filmstar, obwohl sie keine entsprechenden Talente hat. In der Hoffnung, von einem Filmproduzenten entdeckt zu werden, zieht sie mit ihrer kleinkriminellen Clique durch die düsteren Pubs im Londoner Stadtteil Earl’s Court. Bone schmachtet sie an und begehrt sie obsessiv; er umschwirrt sie wie eine Motte das Licht und darf ihre Drinks bezahlen, aber sie nutzt ihn eiskalt aus und lässt keinen Zweifel daran, dass sie ihn verachtet. Ohnehin zieht Netta One-Night-Stands einer festen Beziehung vor.

Bitte keine Kletten. Bitte keine Bones. Bone aber hängt mit pfeifendem Kopf im Magnetfeld ihrer hocherotischen Aura, und Netta schlägt daraus größtmögliches Kapital. Sie lässt ihn an ihrem schlanken linken Arm verhungern, zieht ihm derweil mit dem rechten Pfund um Pfund seines mühsam Ersparten aus der Anzugtasche, erniedrigt ihn nach allen Regeln des großen Ludereinmaleins, und ist er wieder mal ganz unten angekommen, gewährt sie ihm einen flüchtigen Kuss, um ihn wieder aufzupäppeln für die nächste Achterbahnfahrt hinab gen Liebeshölle. (Stephan Maus in „Süddeutsche Zeitung“, 16. November 2005)

Das hält Bone nur aus, indem er sich jede Nacht betrinkt. Jeden Morgen wacht er mit einem „Hangover“ auf und leidet dann noch mehr unter seiner zerstörerischen Liebe. Aber da ist auch noch eine andere Seite in ihm, eine aggressive, und wenn diese in „tumben Momenten“ die Oberhand gewinnt, stellt Bone sich vor, wie er das Luder umbringt. Danach wird er nach Maidenhead ziehen, wo er früher glücklich gewesen war und – befreit von seiner Liebesobsession – auch mit dem Trinken aufhören.

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Ohne Beschönigung, aber mit viel Anteilnahme stellt Patrick Hamilton in seinem Roman „Hangover Square“ dar, wie der Tor George Harvey Bone von dem verkommen Luder Netta gequält wird, nicht von ihr loskommt und mit einem Teil seiner schizoiden Persönlichkeit danach trachtet, sie zu töten. In diesem Verhältnis von Beschwichtigungsversuchen und psychotischer Aggression spiegelt sich die politische Lage in den Jahren 1938/39: Man weiß, dass es so nicht weitergehen kann und die Appeasement-Politik des britischen Premierministers Neville Chamberlain den Größenwahn und die Kriegslüsternheit Hitlers nicht aus der Welt schafft.

„Hangover Sqaure“ ist zugleich eine eindringliche Milieustudio aus der Welt verrauchter Londoner Pubs unmittelbar vor dem Zweiten Weltkrieg.

Patrick Hamilton hat die sarkastische, tragikomische Geschichte effektvoll und mit pointierten Dialogen in Szene gesetzt. Weniger gelungen sind die Perspektivwechsel.

Patrick Hamilton (1904 – 1962) war vor dem Zweiten Weltkrieg ein gefeierter Dramatiker. Zwei seiner Bühnenstücke wurden verfilmt: „Cocktail für eine Leiche“ von Alfred Hitchcock und „Gaslicht“ von George Cukor. Die Originalausgabe seines Romans „Hangover Square“ war zwar bereits 1941 erschienen, aber erst 2005 ließ der Dörlemann Verlag das Buch ins Deutsche übersetzen.

 

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2005

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