Wolfzeit

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Wolfzeit

Wolfzeit - Originaltitel: Le temps du loup - Regie: Michael Haneke - Drehbuch: Michael Haneke - Kamera: Jürgen Jürges - Schnitt: Monika Willi und Nadine Muse - Darsteller: Isabelle Huppert, Anaïs Demoustier, Hakim Taleb, Lucas Biscombe, Maurice Benichou, Patrice Chéreau, Béatrice Dalle, Olivier Gourmet, Rona Hartner, Florence Loiret-Caille, Brigitte Roüan, Branko Samarovski u.a. - 2003; 115 Minuten

Inhaltsangabe

Anna und Georges fahren mit ihren Kindern Eva und Ben zu ihrem Wochenendhaus, aber dort hat sich eine andere Familie eingenistet, und der Besetzer erschießt Georges. Anna und ihre Kinder schickt er fort, aber sie müssen das Auto und die mitgebrachten Lebensmittel dalassen. Obwohl man sie im nächsten Dorf von früheren Aufenthalten kennt, ist niemand bereit, Anna, Eva und Ben zu helfen ...
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Kritik

Während der Vorspann von "Wolfzeit" läuft – winzige weiße Buchstaben auf schwarzem Hintergrund –, bleiben die Lautsprecher stumm. Damit bereitet Michael Haneke die von Dunkelheit beherrschte, beklemmende Atmosphäre vor.
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Anna und Georges Laurain (Isabelle Huppert, Daniel Duval) fahren mit ihren Kindern Eva und Ben (Anaïs Demoustier, Lucas Biscombe) zu ihrem Landhaus mitten im Wald. Aber dort hat sich anderes Ehepaar (Pierre Berriau, Valérie Moreau) mit einem kleinen Jungen und einem Säugling eingenistet, und der Besetzer richtet ein Gewehr auf die Ankömmlinge. Georges bleibt besonnen, erreicht, dass Eva und Ben ins Freie dürfen und versucht, mit dem Mann zu verhandeln, aber der erschießt ihn unvermittelt. Statt danach die Zeugin ebenfalls zu töten oder zumindest einzusperren, schickt der Mörder Anna mit ihren beiden Kindern fort. Das Auto und die mitgebrachten Lebensmittel müssen sie dalassen. Nur ein Fahrrad dürfen sie mitnehmen.

Anna, die etwa vierzehnjährige Eva und deren jüngerer Bruder gehen zum nächsten Dorf, wo man sie von früheren Aufenthalten im Landhaus gut kennt. Aber niemand hilft ihnen; die meisten öffnen nicht einmal die Tür. Auf dem Marktplatz werden Kühe auf Scheiterhaufen verbrannt.

Die Flüchtlinge richten sich zum Übernachten in einer Scheune ein. Während es Anna doch noch gelingt, von einer Bäuerin ein paar Eier zu erbetteln, entkommt Ben der Wellensittich, den er in einem Käfig dabei hatte und flattert in der Scheune herum. Vor Aufregung kriegt der Junge Nasenbluten, und als Eva den Vogel wieder eingefangen hat, steckt Ben ihn unter seine Jacke. Aber beim Schlafen erdrückt er ihn.

Am nächsten Tag herrscht dicker Nebel. Anna, Eva und Ben ziehen weiter und suchen abends erneut eine Scheune. Mitten in der Nacht fällt Eva auf, dass ihr Bruder fort ist. Während Anna nach ihm sucht, soll Eva vor dem Heuschober ein Feuer in Gang halten, damit ihre Mutter in der Dunkelheit zurückfindet. Von Ben fehlt jede Spur. Das Feuer greift auf das Heu über, und die Scheune brennt nieder.

Ein jugendlicher Herumtreiber (Hakim Taleb) hat Ben gefunden und packt ihn an der Kehle, als Anna und Eva sich nähern. Erst nach einiger Zeit gelingt es Anna, ihn davon zu überzeugen, dass sie keine Bedrohung für ihn darstellen. Ein Hund hat den verwilderten Jungen in die Hand gebissen, und wie ein streunender Hund schließt er sich Anna und ihren Kindern an: Er begleitet sie, zieht einem Toten die dicke Jacke aus und gibt sie Eva, bleibt aber immer argwöhnisch auf Distanz.

Das Fleisch einer von Hunden gerissenen Schafherde ist voller Maden und daher für Menschen ungenießbar.

Die Gruppe folgt den Bahngleisen und gelangt zu einem Bahnhof, wo ein Dutzend Menschen darauf warten, dass ein Zug vorbeikommt und sie mitnimmt. Um ihn zum Anhalten zu zwingen, haben sie einen Waggon aufs Gleis geschoben, und nachts lassen sie auf dem Bahnsteig ein Feuer brennen.

Koslowski (Olivier Gourmet) heißt der selbst ernannte Anführer. Er setzt die Einhaltung der von ihm bestimmten Regeln durch, hat Kontakte zum nächsten Dorf geknüpft und bestellt die auf Pferden herumziehenden Wasserhändler. Aber nur, wer noch etwas zum Eintauschen hat, kriegt etwas ab. Von einigermaßen gut aussehenden Frauen wie Béa (Brigitte Roüan) lässt Koslowski sich auch auf andere Weise „bezahlen“. Anna, Eva und Ben dürfen bleiben, aber den Herumtreiber scheucht Koslowski fort. Der drückt sich von da an im Wald herum, und Eva bringt ihm heimlich etwas zum Essen – bis er die Ziegen tötet, die neben dem Bahnhof angebunden sind und deren Milch für die Säuglinge bestimmt war. Da machen die Männer Jagd auf den Dieb.

Unter den vielen Neuankömmlingen entdeckt Anna plötzlich den Mörder ihres Mannes und dessen Frau. Sie verlangt dessen Bestrafung, aber der Beschuldigte leugnet die Tat, und weil deshalb Aussage gegen Aussage steht, wird nichts weiter unternommen. Für einen Mord, der außerhalb dieser kleinen Notgemeinschaft geschehen ist, interessiert sich hier ohnehin niemand wirklich.

Eine junge Frau nimmt sich das Leben.

Zufällig hört Ben von einem Mythos: von den sechsunddreißig Gerechten, die sich nackt verbrennen, um die Menschheit zu retten. In der nächsten Nacht steht er heimlich auf, geht zu dem Feuer zwischen den Gleisen, wirft noch ein paar Äste hinein, damit es auflodert und zieht sich nackt aus. Im letzten Augenblick wird er von der Wache zurückgerissen.

Schlussbild: Wir schauen durchs Fenster aus einem fahrenden Zug auf die entvölkerte Landschaft.

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In seinem Endzeitdrama „Wolfzeit“ stellt Michael Haneke sich das Verhalten von Menschen in einem apokalyptischen Szenario vor, wenn zwischen ihnen Angst und Misstrauen herrschen, moralische Normen nicht mehr gelten und auf nichts mehr Verlass ist. Ein jugendlicher Herumtreiber schlägt sich lieber allein durch, aber die anderen Überlebenden rotten sich zusammen. In der Notgemeinschaft setzen sich einige als Führer durch und organisieren eine behelfsmäßige Versorgung, aber wer Wasser oder Lebensmittel haben möchte, muss etwas zum Eintauschen haben oder sich prostituieren.

Was geschehen ist, wodurch es zu der Katastrophe kam, erzählt Michael Haneke nicht; es spielt keine Rolle.

Während der Vorspann von „Wolfzeit“ läuft und die Mitwirkenden in winzigen weißen Buchstaben auf schwarzem Hintergrund gezeigt werden, bleiben die Lautsprecher stumm. Damit bereitet Michael Haneke die von Dunkelheit beherrschte, beklemmende Atmosphäre vor. Gefilmt wurde ohne Kunstlicht. Bei nächtlichen Szenen sind mitunter nur die Stimmen von Anna und Eva zu hören, aber die Leinwand bleibt schwarz.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2006

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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.