Clifford Irving : Der Fälscher

Der Fälscher
Originalausgabe: The Hoax The Permanent Press, 1981 Der Fälscher Übersetzung: Jutta Emcke Seeliger Verlag, Wolfenbüttel 2007 ISBN: 978-3-936281-18-7, 350 Seiten
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Der Schriftsteller Clifford Irving und sein Freund Richard Suskind heckten 1970 den Plan aus, eine gefälschte Autobiografie von Howard Hughes auf den Markt zu bringen. Dabei gingen sie davon aus, dass der exzentrische Milliardär, der sich völlig aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hatte, keinen Kommentar dazu abgeben würde. Der Verlag McGraw-Hill bezahlte viel Geld für das angeblich auf Tonbandprotokollen basierende Manuskript. Aber Howard Hughes ließ den Betrug auffliegen ...
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Kritik

Wäre "Der Fälscher" ein Roman, würde man die Handlung als unglaubwürdig abtun. Aber die Geschichte, die Clifford Irving hier erzählt, basiert zumindest in den Grundzügen auf überprüfbaren Tatsachen.

Clifford Irving wurde am 5. November 1930 in New York als Sohn des Zeichners Jay Irving und dessen Ehefrau Dorothy geboren. Nach dem Abschluss der High School of Music and Art in Manhattan (1947) studierte er an der Cornell University Englisch. In der zweiten Hälfte der Fünfzigerjahre schrieb er zwei Romane („On a Darkling Plain“, „The Losers“).

Seine Ehe mit Nina Wilcox wurde 1953 nach zwei Jahren geschieden. 1958 begegnete Clifford Irving auf Ibiza der Britin Claire Lydon. Die beiden heirateten im selben Jahr und ließen sich in Kalifornien nieder. Mit Fay Brooke, seiner dritten Ehefrau, ebenfalls einer Britin, und dem Sohn Josh zog er 1962 nach Ibiza. Drei Jahre später endete auch diese Ehe mit einer Scheidung. 1967 heiratete Clifford Irving zum vierten Mal, und zwar die deutsch-schweizerische Künstlerin Edith Sommer. Aus dieser Ehe stammen die Söhne Nedsky und Barnaby Irving.

Unter dem Titel „Fake! The Story of Elmyr de Hory the Greatest Art Forger of Our Time“ („Gefälscht. Das abenteuerliche Leben des größten Kunstfälschers unserer Zeit“, Übersetzung: Helga Künzel, Stuttgart 1970) veröffentlichte Clifford Irving 1969 die Biografie des Kunstfälschers Elmyr de Hory (1906 – 1976). Orson Welles verfilmte das Buch 1974: „F wie Fälschung“.

F wie Fälschung – Originaltitel: F for Fake / Vérités et mensonges – Regie: Orson Welles – Drehbuch: Orson Welles, Oja Kodar – Kamera: François Reichenbach – Schnitt: Marie-Sophie Dubus, Dominique Engerer – Musik: Michel Legrand – Darsteller: Orson Welles, Oja Kodar, Joseph Cotten, François Reichenbach, Richard Wilson, Paul Stewart, Sasa Devcic, Gary Graver, Andrés Vicente Gomez, Julio Palinkas, Christian Odasso, Françoise Widhoff, Peter Bogdanovich, William Alland, Elmyr de Hory, Laurence Harvey, Clifford Irving u.a. – 1976; 85 Minuten

1970 beschlossen Clifford Irving und sein Freund Richard („Dick“) Suskind (1925 – 1999) auf Ibiza, eine gefälschte (Auto-)Biografie des exzentrischen Unternehmers Howard Hughes auf den Markt zu bringen. Dabei gingen sie davon aus, dass der schrullige Milliardär, der sich völlig aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hatte, entweder gar nichts von dem Buch erfahren oder keinen Kommentar dazu abgeben würde. Je verrückter er den Bluff ausschmückte, desto leichter würden die Verlagsleute darauf hereinfallen, meinte Irving.

Nachdem sie zu recherchieren angefangen und handschriftliche Briefe von Howard Hughes gefälscht hatten, bot Clifford Irving das Buchprojekt dem Verlag McGraw-Hill in New York an. Er behauptete, Howard Hughes habe Kontakt mit ihm aufgenommen und ihm vorgeschlagen, auf der Grundlage von Interviews seine Autobiografie zu verfassen. Das Vorhaben müsse allerdings bis zur Veröffentlichung geheim gehalten werden. Bei McGraw-Hill hielt man die Briefe, die Clifford Irving vorlegte, für echt. Man war bereit, eine halbe Million Dollar Vorschuss zu bezahlen, 400 000 für Howard Hughes und 100 000 für Clifford Irving.

In den folgenden Monaten tat Clifford Irving so, als habe er in Mexiko und auf den Bahamas Gespräche mit dem Sonderling geführt und auf Tonband aufgenommen. Tatsächlich nutzte Irving die Reisen, um sich mit seiner Geliebten zu treffen, der seit 1960 mit dem dänischen Baron Frederik van Pallandt verheirateten Sängerin und Schauspielerin Baroness Nina van Pallandt (* 1932).

Es gelang Irving und Suskind, unbemerkt das von James Phelan verfasste Manuskript einer Autobiografie von Noah Dietrich (1889 – 1982) zu kopieren. Weil Noah Dietrich von 1925 bis 1957 für Howard Hughes gearbeitet hatte und Generalbevollmächtigter der Hughes Tool Company und Vizepräsident von Hughes Aircraft gewesen war, enthielt das zu diesem Zeitpunkt noch unveröffentlichte Manuskript viel Material für die beiden Fälscher. (Das Buch erschien 1972 unter dem Titel „Howard, the Amazing Mr Hughes“.)

Ende 1971 gab Clifford Irving das dem Verlag McGraw-Hill versprochene Manuskript ab. Das Buch sollte im Frühjahr 1972 erscheinen. „Life“ erwarb die Rechte für Vorabveröffentlichungen.

Der Verlag übergab Clifford Irving einen Scheck für „H. R. Hughes“ in Höhe von 750 000 Dollar. Damit flog Edith Irving in die Schweiz und eröffnete mit einem auf den Namen Helga R. Hughes gefälschten Ausweis ein Bankkonto.

Persönlichkeiten, die Howard Hughes kannten, meldeten Zweifel an der Authentizität der angekündigten (Auto-)Biografie an. Der Journalist Frank McCulloch, der 1958 für „Time“ das letzte Interview mit Howard Hughes geführt hatte, erhielt den Anruf eines Mannes, der behauptete, Howard Hughes zu sein und ihm versicherte, mit Clifford Irving niemals Kontakt gehabt zu haben. Allerdings wurden die von Clifford Irving vorgelegten handschriftlichen Papiere von einer darauf spezialisierten Firma mit echten Schriftproben von Howard Hughes verglichen und für authentisch befunden.

Am 7. Januar 1972 lud Howard Hughes sieben Journalisten zu einer Telefonkonferenz am übernächsten Tag ein, die auch im Fernsehen ausgestrahlt wurde. Der auf den Bahamas lebende Unternehmer erklärte, er habe zu keinem Zeitpunkt mit Clifford Irving gesprochen und auch keine Memoiren in Auftrag gegeben.

Irving versuchte sich mit der Behauptung zu retten, der in der Telefonkonferenz zu hörende Mann sei gar nicht Howard Hughes gewesen, aber der Rechtsanwalt Chester Davis verklagte ihn und den Verlag im Auftrag seines Mandanten Howard Hughes.

James Phelan entdeckte in Irvings Text Plagiate aus seinem eigenen Manuskript. Nachdem in der Schweiz das auf den Namen Helga R. Hughes eröffnete Konto überprüft worden war, befragte die Polizei Clifford Irving auf Ibiza. Er deutete

nun an, er sei wahrscheinlich auf einen Hochstapler hereingefallen. Aber das Lügengebäude war nicht mehr zu halten. Am 28. Januar 1972 gestanden Edith und Clifford Irving den Betrug. Das Gerichtsverfahren gegen sie und Richard Suskind begann am 13. März, und die Urteile wurden am 16. Juni gesprochen. Clifford Irving gab das erbeutete Geld zurück und wurde zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt. Nach 17 Monate kam er vorzeitig auf Bewährung frei. Sein Komplize Richard Suskind verbrachte fünf Monate hinter Gittern. Edith Irving kam in den USA mit einer Bewährungsstrafe davon, musste jedoch in der Schweiz für 14 Monate ins Gefängnis.

Ihre Ehe mit Clifford Irving wurde 1974 geschieden.

Schon 1972 veröffentlichten Clifford Irving und Richard Suskind das Buch „What Really Happened. His Untold Story of the Hughes Affair“ („Meine Howard-Hughes-Story“, Übersetzung: Jutta Emcke, Hannover 1975). Erfolgreicher war das Buch „The Hoax“ aus dem Jahr 1981. Darin schildert Clifford Irving ausführlich den Betrug. Lasse Hallström (Regie) und William Wheeler (Drehbuch) machten daraus den Kinofilm „Der große Bluff. Das Howard-Hughes-Komplott“.

Unter dem Titel „Der Scheck heiligt die Mittel“ versuchten Henry Kolarz (Drehbuch) und Peter Schulze-Rohr (Regie) das Geschehen in einer Mischung aus Dokumentation und Spielszenen nachzuvollziehen. Clifford Irving wurde dabei von Horst Frank dargestellt. Das ZDF strahlte den drei Stunden langen Fernsehfilm am 25./26. Mai 1974 in zwei Teilen aus.

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© Dieter Wunderlich 2012

Howard Hughes (kurze Biografie)

Lasse Hallström: Der große Bluff. Das Howard-Hughes-Komplott

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