Donna Leon : Ewige Jugend

Ewige Jugend
Originalausgabe: The Waters of Eternal Youth Atlantic Monthly Press, 2016 Ewige Jugend Übersetzung: Werner Schmitz Diogenes Verlag, Zürich 2016 ISBN: 978-3-257-06969-3, 322 Seiten ISBN: 978-3-257-60715-4 (eBook)
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Vor 15 Jahren rettete Pietro Cavanis die damals 15-jährige Manuela Lando-Continui aus einem Fluss in Venedig. Er behauptete zwar, sie sei von jemandem ins Wasser gestoßen worden, aber die Polizei glaubte ihm nicht, weil er stark betrunken war. Manuela ist seither geistig behindert. Ihre 86 Jahre alte Großmutter möchte vor ihrem Tod noch Gewissheit darüber erhalten, was damals geschah. Sie bittet Commissario Guido Brunetti, sich den längst ad acta gelegten Fall noch einmal anzuschauen ...
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Kritik

Wer einen spannenden Thriller erwartet, könnte von "Ewige Jugend" enttäuscht sein, denn die Krimi-Handlung ist banal und bietet kaum Überraschungen. Donna Leon erzählt eher humorvoll als effekthascherisch und nimmt sich Zeit für Einzelheiten.
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Der Fall

Die 86 Jahre alte, einen Palazzo in Venedig bewohnende Witwe Demetriana Contessa Lando-Continui ist mit Guido Brunettis Schwiegermutter Donatella Contessa Falier befreundet. Vor ihrem Tod möchte sie noch Gewissheit darüber erhalten, was ihrer Enkelin Manuela vor 15 Jahren widerfuhr. Die damals 15-jährige Tochter von Teodoro Lando-Continui und Barbara Magello-Ronchi wurde von einem Mann namens Pietro Cavanis aus dem Rio di San Boldo gerettet. Manuela überlebte, aber ihr Gehirn wurde durch den Sauerstoffmangel so geschädigt, dass sie sich zeitlebens wie ein siebenjähriges Kind verhalten wird.

Pietro Cavanis gab damals zu Protokoll, er habe gesehen, wie das Mädchen ins Wasser geworfen wurde. Weil er jedoch sturzbetrunken war, nahm die Polizei die Aussage nicht ernst und schloss den Fall als Unfall oder Suizidversuch ab.

Demetriana Contessa Lando-Continui ist überzeugt, dass ihre lebensfrohe Enkelin sich nicht das Leben nehmen wollte, und sie bezweifelt, dass Manuela, die als Kleinkind beinahe ertrunken wäre und deshalb panische Angst vor Gewässern hatte, in den Fluss gefallen sein könnte.

Commissario Guido Brunetti und seine Kollegin Claudia Griffoni gehen dem Verdacht der alten Dame nach, dass jemand Manuela ins Wasser gestoßen habe.

Die Ermittlungen

Als Brunetti den inzwischen 54-jährigen Zeugen Pietro Cavanis befragen möchte, findet er ihn mit einem im Hals steckenden Küchenmesser tot am Boden liegend vor. Der mit dem Alkoholkranken befreundete Lehrer Stefano dalla Lana berichtet dem Commissario, dass Pietro Cavanis neulich angekündigt habe, er werde bald in der Lage sein, seine Schulden zurückzuzahlen.

Claudia Griffoni, die inzwischen Manuelas Vertrauen gewonnen hat, ist mit ihr und ihrem Kollegen Brunetti im Regen unterwegs, als sie zwei Männern begegnen, deren Schirme durch einen Windstoß zerfetzt werden. Manuela weicht panisch schreiend zurück und starrt einen der beiden Männer an. Commissario Brunetti kennt ihn. Er sah ihn unlängst bei einem Empfang. Sandro Vittori-Ricciardi engagiert sich als Innenarchitekt und Restaurator für die von Demetriana Contessa Lando-Continui geleitete Stiftung Salva Serenissima.

Warum fürchtet sich Manuela vor Sandro Vittori-Ricciardi? Brunetti hebt dessen weggeworfenen Schirm auf und lässt ihn auf Fingerabdrücke untersuchen. Die sind jedoch wegen des Regens unbrauchbar.


Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.


Spoiler

Der Commissario findet allerdings heraus, dass der Verdächtige bis zwei Wochen vor Manuelas Sturz in dem Reitstall bei Preganziol gearbeitet hatte, in dem Manuelas Pferd Petunia untergebracht war. Enrichetta degli Specchi lebt dort erst seit ihrer Eheschließung mit dem inzwischen verstorbenen Besitzer vor zwölf Jahren. Aber in den Unterlagen findet sie noch das Kündigungsschreiben an Sandro Vittori-Ricciardi. Ihr Mann hatte ihn offenbar bereits nach einem halben Jahr entlassen, weil eine der Reitschülerinnen von ihm belästigt worden war.

Mit der Begründung, ihn wegen Manuela Lando-Continuis Reaktion auf der Straße befragen zu wollen, bittet der Commissario den Mann in die Questura und holt auch seine Kollegin Claudia Griffoni dazu. Sandro Vittori-Ricciardi kommt ohne Rechtsanwalt und erklärt sich mit einer Aufzeichnung des Gesprächs einverstanden. Er fühlt sich sicher, denn er glaubt, dass ihm die geistig behinderte Manuela kaum gefährlich werden kann.

Aber der Commissario weiß inzwischen, dass Pietro Cavanis kurz vor seiner Ermordung Sandro Vittori-Ricciardis Telefonnummer gewählt hatte. Unvermittelt darauf angesprochen, behauptet der Verdächtige, dass ihn der Anrufer wohl im Fernsehen gesehen habe und dabei auf die Idee gekommen sei, ihn mit der Drohung zu erpressen, er könne bezeugen, wer Manuela Lando-Continui vor 15 Jahren in den Rio di San Boldo stieß. Sandro Vittori-Ricciardi beteuert, er habe aufgelegt und sei dem absurden Anruf nicht weiter nachgegangen.

Brunetti erklärt ihm, dass er ihn zwar nicht wegen der bereits verjährten Straftat vor 15 Jahren vor Gericht bringen werde, aber wegen der Ermordung des Zeugen vor wenigen Tagen.

Nach der Verhaftung des Mörders machen Guido Brunetti und Claudia Griffoni mit Manuela Lando-Continui einen Ausflug nach Preganziol. Dort erleben sie gerührt mit, wie Manuela und ihr Pferd Petunia sich nach 15 Jahren gegenseitig erkennen.

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„Ewige Jugend“ lautet der Titel des 25. Romans, den Donna Leon über Commissario Brunetti in Venedig geschrieben hat. Guido Brunettis Ehefrau Paola arbeitet als Professorin für englische Literatur und stammt aus einer traditionsreichen Familie. Bei ihren Eltern handelt es sich um Orazio Conte Falier und Donatella Contessa Falier. Paola und Guido haben zwei Kinder: Chiara und Raffaele („Raffi“). Der Commissario untersteht dem aus Sizilien stammenden Vice Questore Giuseppe Patta, der nicht besonders klug ist und sich von Brunetti manipulieren lässt. Zu den in der ganzen Buchreihe wiederkehrenden Figuren gehört auch Signorina Elettra Zorzi, die Sekretärin des Vice Questore. die dem Commissario oft weiterhilft, wenn er auf dem Dienstweg nicht weiterkommt.

Wer einen spannenden Thriller mit Actionszenen erwartet, könnte von „Ewige Jugend“ enttäuscht sein, denn die Krimi-Handlung ist banal und bietet kaum Überraschungen. Donna Leon verwendet den Kriminalfall eher als Gerüst für den Roman. Ihr geht es vor allem darum, eine humorvolle, aus vielen eingehend beschriebenen Einzelheiten bestehende Geschichte unaufgeregt zu erzählen. Da gibt es allerdings auch Klischees, wie den schon fast tragikomischen Vice Questore. In früheren Bänden der Buchreihe hat Donna Leon sozialkritische Töne angeschlagen. Das ist in „Ewige Jugend“ nicht der Fall, und als Porträt der Stadt Venedig gibt der Roman auch zu wenig her.

Leseprobe:

Der Wachmann am Eingang der Questura teilte ihm mit, Signorina Elettra wünsche ihn zu sprechen. Und nein, der Vice-Questore sei noch nicht eingetroffen.
Schon auf der Schwelle spürte Brunetti, dass sie ihm etwas Unangenehmes zu sagen hatte. Sie grüßten einander, und er lehnte sich ans Fensterbrett. Heute keine Sonne, die ihm den Rücken wärmte. Wie jeden Dienstag hatte sie Blumen vom Markt mitgebracht, diesmal Tulpen: drei, nein vier Vasen – und zweifellos noch einige mehr in Pattas Büro.
Passend zum Herbst trug Signorina Elettra ein Wollkleid in dunklem Orange und eng um den Hals geschlungen ein Tuch im Ton tiefroter Chrysanthemen. Ihr kastanienbraunes Haar changierte rötlich. „Ich habe keine guten Nachrichten“, bestätigte sie Brunettis Vermutungen.

Den Roman „Ewige Jugend“ von Donna Leon gibt es auch als Hörbuch, gelesen von von Joachim Schönfeld (ISBN 978-3-257-80369-3).

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2018
Textauszüge: © Diogenes Verlag

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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.