Was?

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Was?

Was? - Originaltitel: Che? - Regie: Roman Polanski - Drehbuch: Gérard Brach und Roman Polanski - Kamera: Marcello Gatti und Giuseppe Ruzzelini - Schnitt: Alastair McIntyre - Musik: Claudio Gizzi nach Franz Schubert, Wolfgang Amadeus Mozart und Ludwig van Beethoven - Darsteller: Sydne Rome, Marcello Mastroianni, Romolo Valli, Hugh Griffith, Roman Polanski, Henning Schlüter, Guido Alberti, Gianfranco Piacentini, Christiane Barry, Brigitta Nilsson u.a. - 1973; 120 Minuten

Inhaltsangabe

Die junge unbedarfte amerikanische Touristin Nancy flieht vor drei Italienern, die sie zu vergewaltigen versuchen, in eine malerische Villa am Meer. Aber da wohnen einige Sonderlinge ...
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Kritik

Mit "Was?" macht Roman Polanski sich über das Genre der Sexfilme lustig, und es handelt sich dabei zugleich eine groteske Gesellschaftssatire. Den Klamauk hat Polanski mit Einfallsreichtum, viel Sinn fürs Komische, Liebe zum Detail und Gespür fürs Timing inszeniert.
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Die junge, unbedarfte Amerikanerin Nancy (Sydne Rome) wird während einer Italienreise von drei lüsternen Italienern im Auto mitgenommen. Als diese anhalten, um sie zu vergewaltigen und sich dabei mit heruntergelassenen Hosen gegenseitig in die Quere kommen, gelingt es ihr, in einen privaten Lift zu entkommen, der zu einer malerischen Villa am Meer hinunterfährt. Da schlafen bereits alle. Ein mürrischer Hausdiener, der durch das Kläffen des Hundes aufgewacht ist, schaut nach ihr, hört aber nicht zu, als sie ihm aufgeregt berichtet, oben auf der Straße habe man sie gerade zu vergewaltigen versucht und sie habe auf der Flucht ihr ganzes Gepäck zurücklassen müssen. Er geht mir ihr durch die labyrinthartigen Korridore, verläuft sich immer wieder, und zeigt ihr dann ohne weitere Erläuterungen ihr Zimmer. Gleich darauf kommt eine ältere Hausangestellte, bezieht das Bett und schimpft dabei, wieso man sie nicht rechtzeitig über die geplante Ankunft eines neuen Gastes unterrichtet habe. Als Nancy ihr zerrissenes T-Shirt auszieht, steht plötzlich Alex (Marcello Mastroianni), der Neffe des Hausherrn, vor ihrer Glastür auf der Veranda und schaut ihr zu.

Am nächsten Morgen fehlt ihr T-Shirt. Sie schlüpft ihn ihre Jeans und die hochhackigen Schuhe, hält sich ihr Tagebuch vor, um die nackten Brüste notdürftig zu verbergen und stakst wie Alice im Wunderland durchs Haus, bis sie auf der Terrasse einen langen gedeckten Frühstückstisch entdeckt. Da setzt sie sich und bindet sich eine Serviette um. Als sie sich eine Tasse Kaffee einschenkt, der in einem Sessel lehnende Alex gebieterisch die Hand danach aus.

Von einem Balkon weiter oben ist ein Pingpongspiel zu hören. Als das Klacken für ein paar Sekunden aussetzt, fragt der Macho das Mädchen: „Hören Sie es?“ Dann setzt das Geräusch wieder ein, und kurz darauf landet der Pingpongball vor seinen Füßen. Die beiden Spieler – sie heißen Giovanni (Romolo Valli) und Moskito (Roman Polanski) – beugen sich über den Balkon und fordern Nancy auf, ihn zurückzuwerfen, doch Alex zertritt ihn krachend. „Warum tun Sie das?“, fragt Nancy. „So etwas führt doch nur zum Streit.“ – „Ich weiß“, entgegnet der Angesprochene zerknirscht. „Aber das Geräusch gefällt mir so gut.“ Jimmy und Moskito schimpfen ihn „Coco mit der weichen Birne“. Ein schwuler und an Syphillis erkrankter Zuhälter sei er, rufen sie herunter.

Nancy lässt sich von Alex zum Nachmittagstee und von den jungen Männern zum Mittagessen einladen.

Sie kommt an einem Zimmer vorbei, aus dem ein lautes Stöhnen zu hören ist. In der offenen Tür liegt ein gebrauchter Pyjama. Nancy nimmt das Oberteil und wechselt es gegen die Serviette vom Frühstückstisch aus.

Giovanni und Moskito wohnen mit einem dritten jungen Mann namens Tony (Gianfranco Piacentini) zusammen, der – als Nancy zum Essen kommt – gerade eine Frau namens Lollipop bumst, zum vierten Mal an diesem Tag, wie Giovanni und Moskito ihrer verblüfften Besucherin erklären, zum fünften Mal, wie Lollipop richtig stellt, während Tony eifrig weitermacht und sich gleichzeitig mit Giovanni und Moskito darüber verständigt, ob im Zimmer oder auf dem Balkon gegessen werden soll.

Alex wohnt in einem alten Turm. Bei Nancys Besuch gibt er freimütig zu, sein Geld früher als Zuhälter verdient zu haben, aber er legt Wert darauf, weder schwul noch krank zu sein. Während er das Fell eines Tigers überzieht, den er selbst in Afrika erlegt haben will, fordert er Nancy auf, eine an der Wand hängende Peitsche zu nehmen und ihn zu „bändigen“. Sie glaubt zunächst, er meine es nicht ernst, aber er richtet sich auf, schaut aus seiner lächerlichen Verkleidung und fährt sie an: „Sehe ich vielleicht aus, als ob ich scherze?“

Ein gerade angekommenes Touristenpaar wundert sich nicht weiter darüber, dass ihr Zimmer bereits von Nancy bewohnt wird. Die junge Amerikanerin nimmt den von Alex geliehenen Wecker und legt sich am Strand schlafen. Nachts wacht sie frierend auf und vermisst ihre Jeans. Sie geht ins Haus und kauert sich in einen Sessel, um weiterzuschlafen. Plötzlich erwacht sie mit dem Kopf eines Fremden zwischen den Beinen. Der zeigt ihr seine arthritischen Finger, setzt sich ans Klavier und spielt, bis sie sich dazu setzt und mit ihm eine Klaviersonate zu vier Händen von Wolfgang Amadeus Mozart spielt.

Als Nancy zur nächsten Verabredung in den Turm geht, trifft sie dort auf drei Handwerker, die eine Wand dunkelgelb streichen. Sie halten Nancy für die Bewohnerin, missverstehen ihre Frage nach Alex und nehmen an, ihr gefalle die Farbe nicht. Wenn es nicht das Gelb sein soll, dann das Hellblau. Andere Farben haben sie nicht auf Lager. Sogleich beginnt einer der Männer mit hellblauer Farbe weiterzustreichen und erlaubt sich einen Scherz, indem er Nancys rechtes Bein einfärbt.

Am Abend setzen sich alle zusammen an die lange Tafel. Josef Noblart (Hugh Griffith), der offenbar todkranke Besitzer der Villa, dessen Stöhnen Nancy zwar schon gehört, den sie aber bisher noch nicht zu Gesicht bekommen hat, wird von Krankenschwester Gertrud im Rollstuhl an das eine Ende des Tisches geschoben. Weil er das Tischgebet des ihm gegenüber sitzenden Pfarrers nicht mitbekommen hat, verlangt er eine Wiederholung. Dann beschimpft er die anderen Bewohner, sie hätten es nur auf sein Erbe abgesehen, aber er werde ihnen einen Streich spielen und hundert, wenn nicht zweihundert Jahre alt werden. Nach einem Herzanfall entdeckt er Nancy in seinem Pyjama-Oberteil und steuert mit seinem Rollstuhl in halsbrecherischer Fahrt auf sie zu. Das Mädchen gefällt ihm.

Eine Yacht legt an. Ein halbes Dutzend Männer trägt ein riesiges Gemälde herauf, das jedoch durch keine der Türen passt. Ein Sekretär des Hausbesitzers schickt sie wieder fort: Herr Noblart ziehe inzwischen die Wirklichkeit den Abbildern vor.

Schließlich wird Nancy aufgefordert, in das Zimmer des Hausherrn zu kommen. Der alte Mann liegt im Bett und kann sich kaum noch aufrichten. Er bittet sie, näher zu kommen, damit er mit seinen Fingern prüfen kann, ob die blaue Farbe an ihrem Bein bereits trocken ist. Nachdem er ihr Bein befühlt hat, bittet er sie, ihm eine Brust zu zeigen. „Nur eine“, bettelt er. Verschämt öffnet sie das Pyjamaoberteil, entblößt kurz die linke Brust, dann überlegt sie es sich und zeigt Noblart beide Brüste. Das ermutigt ihn, ihr noch eine Bitte ins Ohr zu flüstern. Zuerst sträubt sie sich, dann steigt sie doch aufs Bett und stellt sich mit leicht gespreizten Beinen über den Kranken. Der lugt ihr unter das Pyjamaoberteil und ruft freudig: „Ich erinnere mich!“ Eine Kugel rollt ihm aus der Hand, und mit dem Ausruf „Halleluja!“ fällt ihm der Kopf aufs Kissen zurück. Er ist tot.

Verschreckt läuft Nancy durch die Korridore. Andere Hausbewohner verfolgen sie; nach und nach schließen sich alle an, ohne zu wissen, wieso. Nancy hat gerade den Aufzug erreicht, als Schwester Gertrud aus einem der Fenster schreit: „Er ist tot!“ Weil ihr der Hund das Pyjamateil vom Leib reißt, fährt sie splitternackt zur Straße hinauf. Dort springt sie auf die Ladefläche eines vorbeifahrenden Lastwagens. „Der Film müsse jetzt enden“, ruft sie Alex zu, der ihr bis auf die Straße gefolgt ist und ihr nachschaut.

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Mit „Tanz der Vampire“ verulkte Roman Polanski 1967 die Gattung der Vampirfilme; mit „Was?“ macht er sich sechs Jahre später über das Genre der Sexfilme lustig, und es handelt sich dabei zugleich eine groteske Gesellschaftssatire. Die absurde Handlung – sofern man überhaupt von einer Handlung sprechen kann – setzt sich aus viel Klamauk zusammen. Die einfallsreichen Episoden hat Polanski mit viel Sinn fürs Komische, Liebe zum Detail und Gespür fürs Timing inszeniert und dabei auch besonders auf die Geräusche geachtet. Unter den Darstellern ragt natürlich Marcello Mastroianni heraus.

Gedreht wurde „Was?“ übrigens in Cinecittà und in einer Villa des Produzenten Carlo Ponti.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2002

Roman Polanski (Biografie / Filmografie)

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