Der Ghostwriter

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Der Ghostwriter

Der Ghostwriter – Originaltitel: The Ghost Writer – Regie: Roman Polanski – Drehbuch: Robert Harris und Roman Polanski nach dem Roman "The Ghost" von Robert Harris – Kamera: Pawel Edelman – Schnitt: Hervé de Luze – Musik: Alexandre Desplat – Darsteller: Ewan McGregor, Pierce Brosnan, Olivia Williams, Kim Cattrall, James Belushi, Tom Wilkinson, Eli Wallach, Timothy Hutton u.a. – 2010; 125 Minuten

Inhaltsangabe

Ein New Yorker Verlag zahlt Adam Lang, dem früheren britischen Premierminister, 10 Millionen Dollar für seine Autobiografie. Die lässt er sich von Mike McAra schreiben. Als dieser unter mysteriösen Umständen stirbt, wird ein anderer Ghostwriter angeworben und auf die Insel Martha's Vineyard gebracht, wo er unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen zu arbeiten beginnt. Da wird die Nachricht verbreitet, Lang habe der CIA als Regierungschef vier als Terroristen verdächtigte britische Staatsbürger zur Folter überstellt ...
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Kritik

Der spannende Politthriller "Der Ghostwriter" ist ein Beispiel für die kongeniale Verfilmung eines brillanten Romans. Roman Polanski und Robert Harris entwickeln die Handlung bedächtig und sorgfältig. Allmählich setzen sich die Puzzle-Teile zu einem Bild zusammen, aber das kippt am Ende noch einmal um.
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Als die Fähre von Woods Hole/Massachusetts zur Insel Martha’s Vineyard anlegt und die Autos von Bord gefahren werden, bleibt eines davon stehen. Der Fahrer ist nicht aufzufinden. Bald darauf wird seine Leiche angespült. Bei dem Toten handelt es sich um Michael James („Mike“) McAra. Weil sein Blut viel Alkohol enthält, wird vermutet, dass er versehentlich über die Reling kippte. Es könnte sich jedoch auch um einen Selbstmord handeln.

Mike McAra war Berater und Redenschreiber des früheren britischen Premierministers Adam Lang (Pierce Brosnan) von der Labour Party. Nun sollte er dessen „Autobiografie“ schreiben. Für das Buch bezahlte der amerikanische Verlag Martin S. Rhinehart dem ehemaligen Regierungschef 10 Millionen Dollar. Um daran zu arbeiten, zogen sich Lang und McAra vor einiger Zeit in die Villa des New Yorker Verlegers auf der Insel Martha’s Vineyard vor Neuengland zurück.

Unverzüglich sucht der Verlag nach einem Ersatz. John Maddox (James Belushi), der Geschäftsführer des Verlags, fliegt mit dem Lektor Roy Quigley (Tim Preece) und Adam Langs Rechtsanwalt Sidney Kroll (Timothy Hutton) nach London, denn nur ein Engländer ist in der Lage, Adam Langs Ton zu treffen. Einer der Bewerber ist ein Ghostwriter, dessen Namen wir nicht erfahren (Ewan McGregor). Von seinem Literaturagenten Rick Riccardelli (Jon Bernthal) begleitet, stellt er sich den Amerikanern vor. Gegen den Rat des Lektors bietet John Maddox ihm den Vertrag an. Seine Aufgabe wird es sein, mit Adam Lang zusammen auf Martha’s Vineyard das von Mike McAra hinterlassene Manuskript fertigzustellen. Abgabetermin ist in vier Wochen. Bezahlt werden 250 000 Dollar plus Spesen.

Zum Abschied drückt Sidney Kroll dem Ghostwriter eine Plastiktüte mit einem Manuskript in die Hand. Ob er das mal durchsehen und ihm dann seine Meinung darüber sagen könne, fragt der Anwalt. Der Ghostwriter nimmt ein Taxi. Als er vor dem Haus, in dem er wohnt, ausgestiegen ist, wird er von zwei Männern niedergeschlagen. Sie rauben ihm weder die Brieftasche noch die Uhr, sondern lediglich die Tüte mit dem Manuskript. Nahmen sie an, es handele sich um das Manuskript der Memoiren des ehemaligen Premierministers?

Trotz seiner Bedenken lässt der Ghostwriter sich von Rick Riccardelli überreden, nach Amerika zu fliegen. In der Strandvilla des Verlegers wird er von Langs Assistentin Amelia Bly (Kim Cattrall) begrüßt. Sie stellt ihm die Sekretärinnen Lucy (Marianne Graffam) und Alice (Kate Copeland) vor. Außerdem legt sie ihm einen Geheimhaltungsvertrag zur Unterschrift vor. Barry (Tim Faraday) leitet den Personenschutz. Die Vietnamesin Dep (Soogi Kang) versorgt den Haushalt, und ihr Mann Duc (Lee Hong Thay) ist für die Sauberkeit der Außenanlagen zuständig. Adam Lang ist nicht da, er hat in New York zu tun. Seine Ehefrau Ruth (Olivia Williams) erzählt dem Neuankömmling, sie habe seine „Autobiografie“ des früheren Rockstars Christy Costello gelesen und ihn deshalb John Maddox empfohlen.

Amelia Bly holt das von Mike McAra hinterlassene Manuskript aus einer Kassette und legt es auf einen Schreibtisch. Es dürfe weder kopiert noch aus dem Raum gebracht werden, erklärt sie.

Als Adam Lang am nächsten Tag zur Verfügung steht, fragt ihn der Ghostwriter, warum er in die Politik gegangen sei. Lang erzählt, er sei 23 gewesen und habe in Cambridge studiert, als eines Morgens eine attraktive Studentin – Ruth Capel – im strömenden Regen vor der Tür stand und für die Wahl eines Kommunalpolitikers warb. Er habe sich damals nicht für Politik interessiert, sondern am Studententheater engagiert und von einer Karriere als Schauspieler geträumt. Erst durch die Begegnung mit Ruth im Jahr 1977 sei er davon abgekommen. Nachdem sie mit einem Fulbright-Stipenium ein Jahr lang in Harvard studiert hatte, heirateten sie 1979 in London.

In dem Gasthof, in dem der Ghostwriter wohnt, wird er von einem Engländer (David Rintoul) angesprochen und nach Adam Lang gefragt. Der Ghostwriter tut so, als wisse er nicht, ob sich der ehemalige britische Premierminister auf Martha’s Vineyard aufhält oder nicht. Als er zu seinem Zimmer kommt, ist die Türe nur angelehnt. Auf die Frage, wer in seinem Zimmer gewesen sein könnte, weiß die Rezeptionistin (Morgane Polanski) keine Antwort, denn er ist der einzige Gast.

Im Morgengrauen holt man ihn in die Strandvilla, denn der Gasthof wird inzwischen von Reportern belagert, die dem Gerücht nachgehen, Adam Lang halte sich auf der Insel auf. Amelia Bly teilt dem Ghostwriter McAras Zimmer zu, das noch gar nicht ausgeräumt wurde.

Die BBC berichtet, dass der inzwischen als Sonderbeauftragter für die Vereinten Nationen tätige frühere britische Außenminister Richard Rycart (Robert Pugh) seinen Ex-Chef Adam Lang beschuldigt, während des Irak-Kriegs vier als Terroristen verdächtigte britische Staatsbürger in Pakistan von der britischen Eliteeinheit Special Air Services (SAS) festnehmen und der CIA übergeben ließ, obwohl er wusste, dass man sie foltern würde. Richard Rycart hat den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag aufgefordert, die gegen Adam Lang erhobenen Vorwürfe zu untersuchen. Der von Adam Lang damals entlassene Außenminister beteuert, es gehe ihm nicht um Persönliches, sondern nur um die Sache.

Adam Lang lässt eine von seinem Ghostwriter formulierte Presseerklärung veröffentlichen, in der es heißt: „Der internationale Kampf gegen den Terror ist zu wichtig, als dass er für innenpolitiische persönliche Rachefeldzüge missbraucht werden darf.“

Sidney Kroll kommt mit zwei Mitarbeitern seiner Kanzlei – Josh (Nyasha Hatendi) und Connie (Daphne Alexander) – nach Martha’s Vineyard, um die Lage zu besprechen. Die Juristen erklären Lang, Folter sei nach Artikel Artikel 7 des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs von 1998 ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit und nach Artikel 8 ein Kriegsverbrechen. Auch die Beihilfe zu so einem Verbrechen ist strafbar. Kroll rät Lang, vorerst in den Vereinigten Staaten zu bleiben, denn hier sei er vor einer Auslieferung sicher. Die USA gehören nämlich zu den wenigen Staaten, die den Internationalen Strafgerichtshof nicht anerkannt haben. Lang soll mit ihm nach Washington, D. C., fliegen und dort angeblich vor längerer Zeit geplante Termine mit hohen amerikanischen Politikern wahrnehmen, so als lasse er sich durch die Beschuldigungen nicht von seinen Pflichten abhalten.

Kurz darauf gibt die Chefanklägerin in Den Haag (Angelique Fernandez) bekannt, sie werde Ermittlungen gegen den Ex-Premierminister einleiten. Und die britische Regierung beeilt sich, ihr uneingeschränkte Kooperation zuzusichern.

Aufgrund der neuesten Nachrichten ruft John Maddox den Ghostwriter an und zieht den Abgabetermin um zwei Wochen vor, denn er will von dem Medienhype profitieren.

Der Ghostwriter räumt sein Zimmer auf. Auf der Unterseite einer Schublade klebt ein großes Kuvert mit mehreren Fotos aus Adam Langs Studentenzeit und der Kopie eines 1975 ausgestellten Ausweises der Labour Party. Dass Adam Lang erst durch die Begegnung mit Ruth Capel begann, sich für Politik zu interessieren, ist offenbar eine Lüge. Warum versteckte Mike McAras das Material? Auf der Rückseite eines Fotos hat McAra mit Kugelschreiber eine Telefonnummer notiert. Der Ghostwriter wählt sie – und bricht die Verbindung gleich wieder ab, als sich Richard Rycart meldet.

Obwohl er nicht damit rechnet, am Fundort von McAras Leiche noch etwas zu entdecken, leiht er sich ein Rad und fährt zu Lambert’s Cove. Kurz bevor er den Strand erreicht, wird er von einem Wolkenbruch überrascht und stellt sich auf der Veranda eines einsamen Hauses unter. Der greise Bewohner (Eli Wallach) behauptet, ein Toter von der Fähre würde niemals hier angeschwemmt werden und erzählt, die Witwe Annabeth Wurmbrand habe in der Nacht, bevor die Leiche gefunden wurde, durchs Fenster ihres Hauses das Licht von Taschenlampen am Strand gesehen. Das habe sie auch bei der Polizei zu Protokoll gegeben. Inzwischen sei sie über die Treppe hinuntergestürzt und liege im Koma.

Später berichtet der Ghostwriter Ruth Lang, was er von dem alten Mann erfuhr. Offenbar wühlt sie das auf, denn sie unternimmt trotz des Unwetters eine Strandwanderung. Als sie zurückkommt, überrascht sie den Ghostwriter in dessen Zimmer und schläft mit ihm.

Der zieht am nächsten Morgen wieder in den Gasthof. Verbotenerweise nimmt er das Manuskript mit. Und er benutzt Mike McAras Auto, das auf der Fähre zurückblieb. Im Navigationssystem ist noch eine Zieladresse eingespeichert. Der Ghostwriter folgt den Angaben, nimmt die Fähre und gelangt in der Nähe von Belmont zu einer abgelegenen Villa im Wald. Das Anwesen gehört dem emeritierten Harvard-Professor Paul Emmett (Tom Wilkinson) und dessen Ehefrau Nancy (Desirée Erasmus). Als der Besucher sich als Mitarbeiter Adam Langs vorstellt und ein in Cambridge aufgenommenes Foto erwähnt, wird er eingelassen. Er zeigt Emmett die Bilder. Der Professor ist auf mehreren zu sehen; er war das älteste Mitglied der Studententheater-Gruppe. Jetzt interessiert er sich lebhaft dafür, woher sein Besucher die Fotos hat, behauptet jedoch, Mike McAra nicht zu kennen, und als der Autor meint, sein Vorgänger sei vor drei Wochen hier gewesen, streitet der Professor es ab. Zum Abschied warnt Paul Emmett den Ghostwriter davor, falsch abzubiegen, denn da könne er immer tiefer in den Wald geraten und werde vielleicht nie mehr gesehen.

Ein schwarzes Auto verfolgt ihn. Der Ghostwriter kann es zwar abhängen, aber als er seinen Wagen auf der Fähre nach Martha’s Vineyard abgestellt hat, tauchen die Verfolger wieder auf. Zwei Männer (Errol Harewood, Talin Lopez) steigen aus und fangen an, die Fähre nach ihm abzusuchen. Im letzten Augenblick springt er zurück ans Festland. Den Wagen lässt er auf dem Schiff.

Er nimmt sich ein Hotelzimmer, ruft Ruth Lang an und sagt ihr, er habe die letzte Fähre versäumt. Dann wählt er noch einmal Richard Rycarts Nummer. Der ehemalige Außenminister ist bereit, sich mit ihm zu treffen.

In einem Internet-Café googelt der Ghostwriter den Namen Paul Emmett. Er wurde 1949 in Chicago geboren, studierte in Yale und war als Rhodes-Stipendiat am St. John’s College in Cambridge. Von 1975 bis 1991 lehrte er in Harvard. Am 50. Jahrestag des Gipfeltreffens von Winston Churchill und Franklin D. Roosevelt in Placentia Bay auf Neufundland gründete er die Arcadia Institution in Washington und wurde ihr erster Präsident. 2007 zog er sich aus dem Amt zurück. Bei seiner Frau Nancy, einer geborenen Cline, handelt es sich um eine Militärexpertin aus Houston, Texas. Der Autor findet im Internet auch heraus, dass Adam Lang vor einem Jahr von der Hallington Group als strategischer Berater gewonnen wurde. Zwei Vorstandsmitglieder des Waffenkonzerns waren früher Abteilungsdirektoren der CIA. Zwei Tage nach der Verschleppung der vier britischen Staatsbürger in Peschawar soll ein Hallington-Jet ohne Firmenlogo auf der polnischen Militärbasis Stare Kiejkuty gesehen worden sein. Dort unterhielt die CIA angeblich ein geheimes Gefängnis, in dem Häftlinge mit Waterboarding zum Reden gebracht wurden. Der Kreis schließt sich, als der Ghostwriter auf das Gerücht stößt, Paul Emmett sei 1969 oder 1970 von der CIA angeheuert worden.

Richard Rycarts Bodyguard Frank (Jeff Burrell) holt den Ghostwriter ab. Der ehemalige Außenminister fragt seinen Gesprächspartner, woher er die Telefonnummer habe, und dieser sagt es ihm. Daraufhin vertraut Rycart ihm an, dass er das Belastungsmaterial gegen Adam Lang von Mike McAra bekommen habe, der über die Kriegsverbrechen des Premiers entrüstet gewesen sei. Beim letzten Telefongespräch vor seinem Tod kündigte McAra eine neue brisante Information an und sagte, für den Fall, dass ihm etwas zustoße, habe er das Wichtigste auf den ersten Seiten des Manuskripts versteckt. Rycart vermutet, dass Adam Lang in Cambridge von Paul Emmett für die CIA angeworben worden war und deshalb auch als Premierminister die Interessen der USA vertrat.

Während Rycart in dem Papierstapel des Manuskripts blättert, erhält sein Gegenüber einen Anruf. Lang hat von seiner Frau erfahren, dass sein Ghostwriter noch auf dem Festland ist. Nun will er ihn auf dem Rückflug von Washington bei einer Zwischenlandung in Boston mit an Bord des Privatjets der Hallington Group nehmen, der ihn nach Martha’s Vineyard zurückbringt.

Dem Ghostwriter bleibt nichts anderes übrig, als das Angebot anzunehmen und sich von Richard Rycart zum Flughafen fahren zu lassen.

Im Flugzeug durchschaut Adam Lang die Lüge seines Gegenübers, er sei bei John Maddox in New York gewesen. Da gibt der Ghostwriter zu, mit Paul Emmett gesprochen zu haben, und er beschuldigt den ehemaligen Premierminister, seit der Studentenzeit für die CIA zu arbeiten und die USA deshalb zum Beispiel im Irak-Krieg unterstützt zu haben. Das findet Adam Lang absurd, und er behauptet, Paul Emmett kaum gekannt zu haben.

Als sie das Flugzeug verlassen, wird Adam Lang von dem Briten erschossen, der den Ghostwriter vor einigen Tagen im Gasthof ansprach. Der Mörder glaubt, auf diese Weise seinen im Irak-Krieg gefallen Sohn rächen zu müssen.

Der Leichnam des Ex-Premierministers wird nach England gebracht, und dort findet ein Staatsbegräbnis statt.

John Maddox will Adam Langs Memoiren trotzdem auf den Markt bringen, und Rick Riccardelli überredet seinen widerstrebenden Autor, die Arbeit in London fortzusetzen und abzuschließen.


Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.


Amelia Bly nimmt den Ghostwriter mit zur Buchpräsentation in London. Dort wundert er sich darüber, Paul Emmett unter den Gästen und im Gespräch mit Ruth Lang zu sehen.

Spaßeshalber hat er Amelia Bly das Originalmanuskript seines Vorgängers als Geschenk eingepackt. Sie erklärt ihm, die Sicherheitsauflagen dafür seien nicht von Adams Leuten, sondern von den Amerikanern verlangt worden, die darin eine geheime Botschaft vermutet hätten. Als er das hört, denkt er an Richard Rycarts entsprechende Äußerungen, nimmt den Papierstapel noch einmal an sich, geht damit in einen Nebenraum und beginnt zu suchen. Nach einer Weile findet er heraus, nach welchem Muster sich im Text verstreute Wörter zu einem neuen Satz aneinanderfügen lassen, demzufolge Ruth Lang während ihres Harvard-Aufenthalts von Paul Emmett als CIA-Agentin angeworben wurde. Nicht Adam Lang, sondern seine ihm geistig überlegene Frau arbeitete für die CIA, und sie lenkte die Entscheidungen ihres Mannes nach ihren Vorgaben aus den USA!

Der Ghostwriter schreibt den Satz ab, faltet das Blatt Papier zusammen, adressiert den Zettel an Ruth und lässt ihn durch die Reihen der Gäste weitergeben. Ruth Lang beendet gerade ihre Ansprache, als man ihr den zusammengefalteten Zettel reicht. Als sie den Text liest, erstarren ihre Gesichtszüge. Der Ghostwriter prostet ihr aus dem Hintergrund mit einem Sektglas zu und geht. Ruth Lang will ihm nacheilen, aber Paul Emmett hält sie zurück und flüstert ihr etwas zu.

Der Ghostwriter verlässt das Gebäude mit dem Manuskript in der Hand. Er verschwindet rechts aus dem Bild. Da kommt von links ein Auto angerast. Nachdem es ebenfalls am rechten Bildrand nicht mehr zu sehen ist, hören wir das Geräusch eines Aufpralls. Dann bläst der Wind die Blätter des Manuskripts über die Straße.

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Bei der Verfilmung seines Romans „Ghost“ durch Roman Polanski arbeitete Robert Harris mit am Drehbuch. Bis auf den Schluss hält sich die Adaptation „Der Ghostwriter“ denn auch eng an die literarische Vorlage.

„Der Ghostwriter“ ist ein furioser und spannender Politthriller. Robert Harris und Roman Polanski zeigen uns ein pointiertes, zynisches Bild von Politik und Moral, Täuschung und Wirklichkeit. Sie unterstellen, dass London und Washington im „Krieg gegen den Terror“ nicht vor illegalen Mitteln zurückschreckten und kritisieren den Einfluss der USA auf befreundete Staaten, besonders auf das Vereinigte Königreich. Gleichzeitig ist „Der Ghostwriter“ ein Hieb gegen den Literaturbetrieb, in dem es nicht um Qualität und Wahrhaftigkeit, sondern ums Geschäft geht. Die Skrupellosigkeit, mit der Verlagsmanager Bestseller machen, spiegelt die bedenkenlose Verlogenheit von Politikern.

Bei Adam und Ruth Lang denkt man an Tony Blair, den britischen Premierminister von 1997 bis 2007, und dessen Ehefrau Cherie. Die hochintelligente Rechtsanwältin Cherie Booth erzielte als Absolventin der London School of Economics and Political Science in allen Prüfungsfächern die Bestnote. 1976 lernten sie und der damalige Rechtsassessor Tony Blair sich kennen; sie heirateten am 29. März 1980. Anders als Adam und Ruth Lang bekamen sie vier Kinder. Die eine oder andere Parallele gibt es auch zwischen Amelia Bly und Angela Margaret Jane („Anji“) Hunter, die von 1988 bis 2001 für Tony Blair tätig war, zuletzt als Director of Government Relations. Auch wenn Handlung und Figuren fiktiv sind, ist unverkennbar, dass Robert Harris und Roman Polanski in „Der Ghostwrite“ George W. Bushs „Krieg gegen den Terror“ und die britische Außenpolitik unter Tony Blair heftig kritisieren.

„Der Ghostwriter“ ist ein Beispiel für die kongeniale Verfilmung eines brillanten Romans. Roman Polanski entwickelt die Handlung aus der Perspektive des namenlosen Protagonisten ohne unnötige Eile und verzichtet auch auf jegliche Effekthascherei. Nach dem Vorbild von Alfred Hitchcock achtet er dabei auch auf Details und die düstere, von Regenwetter betonte Atmosphäre, die jedoch hin und wieder durch einen lockeren Spruch des Ghostwriters aufgehellt wird. Das mondäne Strandhaus wirkt dabei wie ein ultramodernes Hochsicherheitsgefängnis. Obwohl Roman Polanski nichts überstürzt und auch nicht versucht, die Dramatik durch hektische Schnitte zu steigern, hängt die Spannung an keiner Stelle durch. Das ist schon deshalb so, weil keine der Szenen unwichtig ist. Erst allmählich setzen sich die Puzzle-Teile zu einem Bild zusammen, aber das kippt am Ende noch einmal um.

Die Dreharbeiten fanden von Februar bis Mai 2009 statt. Außer im Studio Babelsberg wurde auf dem Flugplatz Strausberg bei Berlin, auf der Ostsee-Insel Usedom und auf den Nordsee-Inseln Rømø und Sylt gedreht. Die Inseln bildeten die Kulissen für die Szenen auf Martha’s Vineyard, denn in die USA konnte Roman Polanski nicht reisen, ohne seine Verhaftung wegen eines Sexualdelikts im Jahr 1977 zu riskieren. Die Außenaufnahmen von der Londoner Niederlassung des Verlags Martin S. Rhinehart entstanden in der Charlottenstraße in Berlin zwischen dem Gendarmenmarkt und Unter den Linden. Paul Emmetts Anwesen wurde in Stahnsdorf nachgestellt.

Am 26. September 2009, während der Postproduktion, wurde Roman Polanski am Flughafen Zürich dann doch verhaftet. Nachdem er am 4. Dezember aus dem Gefängnis entlassen worden war, stand er noch über ein halbes Jahr in seinem Schweizer Chalet unter Hausarrest. Dort überwachte er den Schnitt von „Der Ghostwriter“ anhand von DVDs, die ihm zugeschickt wurden.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2013

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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.