Roman Polanski
Roman Polanski (eigentlich: Rajmund Roman Liebling) wurde am 18. August 1933 in Paris als Sohn des polnischen Malers und Plastikherstellers Ryszard Liebling und dessen russischer Ehefrau Bula Katz-Przedborska geboren. Aus Sorge vor dem zunehmenden Antisemitismus in Westeuropa zog die jüdische Familie 1936 nach Krakau. Drei Jahre später wurde Polen von den Deutschen überfallen, und die Polanskis, wie sie sich dort nannten, mussten ins Getto umziehen. Romans Mutter war im sechsten Monat schwanger, als die Nationalsozialisten sie nach Auschwitz deportierten. 1942 wurde sie ermordet. Ihr Mann überlebte den Holocaust im Konzentrationslager Mauthausen. Dem damals zehnjährigen Roman Polanski gelang es 1943, aus dem Krakauer Getto zu fliehen und sich als katholischer Pole mit dem falschen Namen Roman Wilk zu tarnen.
Als Sechzehnjähriger wurde Roman Polanski von einem Mann in Krakau brutal vergewaltigt.
Er trat als Theaterschauspieler auf und spielte in Kinofilmen mit. Sein Studium an der Filmhochschule Lodz schloss er 1959 ab.
Im selben Jahr heiratete Roman Polanski die bekannte polnische Schauspielerin Barbara Lass (eigentlich: Basia Kwiatkowska, 1940 – 1995), mit der er im Jahr davor eine kleine Rolle in seinem Kurzfilm „Zwei Männer und ein Schrank“ besetzt hatte. Die Ehe wurde aber schon nach drei Jahren geschieden.
Mit „Das Messer im Wasser“ machte sich Roman Polanski auch im Westen einen Namen als Filmregisseur. Er verließ Polen 1963 und lebte einige Zeit in London. Dort heiratete er am 20. Januar 1968 die zehn Jahre jüngere texanische Schauspielerin Sharon Tate (1943 – 1969), die in seinem Film „Tanz der Vampire“ mitgespielt hatte. Bald darauf kehrte sie mit ihm zusammen in die USA zurück, und die beiden richteten sich in Los Angeles ein. Im Februar 1969 mieteten sie eine Villa am Cielo Drive im Stadtteil Bel Air. Zu diesem Zeitpunkt war Sharon Tate im dritten Monat schwanger.
In der Nacht zum 9. August 1969, wenige Tage vor dem errechneten Tag der Geburt ihres Kindes, wurden Sharon Tate und ihre Gäste in ihrer Villa von Susan Atkins, Charles („Tex“) Watson, Patricia Krenwinkel und Linda Kasabian („The Manson Family“) überfallen und bestialisch ermordet. Roman Polanski drehte zu diesem Zeitpunkt in Europa. Auf die Nachricht von dem Massaker hin eilte er verstört nach Los Angeles zurück.
1977 sollte Roman Polanski für „Vogue“ ein Mädchen fotografieren. Beim Shooting in der Villa von Jack Nicholson gab er der dreizehnjährigen Samantha Gailey (später: Geimer) Champagner zu trinken, stieg zu ihr in den Whirlpool und hatte Sex mit ihr. In der gerichtlichen Auseinandersetzung kam es zwischen Richter, Staatsanwalt und Verteidiger zu einem Deal: Roman Polanski gab zu, Sex mit einer Minderjährigen gehabt zu haben (statutory rape) und sollte nach neunzig Tagen Beobachtung in einer psychiatrischen Klinik ohne Haftstrafe davonkommen. Als er befürchtete, dass Richter Laurence Rittenband sich nicht an die Zusage halten würde, setzte er sich vor dem Gerichtstermin nach London ab und zog nach Frankreich. Die französische Staatsbürgerschaft besitzt Roman Polanski seit 1975. Er heiratete 1989 die Schauspielerin Emmanuelle Seigner. Das Paar hat zwei Kinder: Morgane und Elvis.
1995 sollen sich Roman Polanski und Samantha Geimer auf einen Vergleich geeinigt haben.
Weil Roman Polanski in den USA mit seiner Verhaftung rechnen musste, nahm er 2003 den „Oscar“ für seinen Film „Der Pianist“ nicht selbst entgegen.
Samantha Geimer erklärte in einem am 14. Augut 2008 von „Vanity Fair“ veröffentlichten Interview, sie habe Roman Polanski verziehen. Marina Zenovich zeigt in ihrer Dokumentation „Roman Polanski. Wanted and Desired“ Indizien dafür, dass der Richter und der Staatsanwalt voereingenommen waren und Roman Polanski deshalb keinen fairen Prozess bekommen hätte. Daraufhin bemühten sich seine Anwälte um die Einstellung des Verfahrens, aber das Gericht machte das persönliche Erscheinen des Regisseurs in Los Angeles zur Vorbedingung. Weil Roman Polanski in diesem Fall mit seiner Festnahme hätte rechnen müssen, ließ er sich nicht darauf ein.
Originaltitel: Roman Polanski. Wanted and Desired – Regie: Marina Zenovich – Drehbuch: Joe Bini, P. G. Morgan, Marina Zenovich – Kamera: Tanja Koop – Schnitt: Joe Bini – Musik: Mark De Gli Antoni – 2008; 100 Minuten
Während Roman Polanski mehrmals unbehelligt in der Schweiz Ski gefahren war, wurde er nach der Landung am 26. September 2009 im Flughafen Zürich aufgrund eines internationalen Haftbefehls aus dem Jahr 2005 festgenommen. Der Sechsundsiebzigjährige war gekommen, um beim Zurich Film Festival einen Preis für sein Lebenswerk entgegenzunehmen. Nachdem Roman Polanski am 4. Dezember aus dem Gefängnis entlassen worden war, stand er noch über ein halbes Jahr in seinem Schweizer Chalet unter Hausarrest, bis die Behörden am 12. Juli 2010 den Auslieferungsantrag der USA ablehnten und der Regisseur sich (außerhalb der USA) wieder frei bewegen durfte.
Roman Polanski: Filmografie (Auswahl)
- Fahrrad (1955, Kurzfilm)
- Zwei Männer und ein Schrank (1958, Kurzfilm)
- Das Messer im Wasser (1962)
- Ekel (1965)
- Wenn Katelbach kommt (1965)
- Tanz der Vampire (1967)
- Rosemaries Baby (1968)
- Macbeth (1971)
- Was? (1973)
- Chinatown (1974)
- Der Mieter (1976)
- Tess (1979)
- Piraten (1986)
- Frantic (1988)
- Bitter Moon (1992)
- Der Tod und das Mädchen (1994)
- Die neun Pforten (1999)
- Der Pianist (2002)
- Oliver Twist (2005)
- Der Ghostwriter (2010)
- Der Gott des Gemetzels (2011)
- Venus im Pelz (2013)
Literatur über Roman Polanski:
- F. X. Feeney und Paul Duncan (Hg.): Roman Polanski (Übersetzung: Heiko Fischer, Taschen, Köln 2005)
- Thomas Kiernan: Roman Polanski. Sein Leben, seine Filme, seine Affären (Übersetzung: Leni Sobez, Moewig, München 1980)
- Marion Kroner: Roman Polanski. Seine Filme und seine Welt (Roloff und Seesslen, Schondorf 1981)
- Roman Polanski: Autobiographie (Übersetzung: Günter Panske, Scherz, Bern / München / Wien 1984)
- Paul Werner: Roman Polanski (Fischer, Frankfurt/M 1981)
© Dieter Wunderlich 2009 / 2014