E. Annie Proulx : Brokeback Mountain

Brokeback Mountain
Originalausgabe: in: Close Range. Wyoming Stories Scribner, New York 1999 Brokeback Mountain Übersetzung: Oskar Halbsattel in: Weit draußen. Geschichten aus Wyoming Luchterhand Literaturverlag, München 1999 Diana Verlag, München 2006 ISBN: 978-3-453-35110-3, 368 Seiten
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Ennis und Jack treiben 1963 die Herde eines Schafzüchters zu den Weiden am Brokeback Mountain und hüten sie dort einen Sommer lang. Dabei entdecken sie ihre Leidenschaft für einander. Erst nach vier Jahre sehen sie sich wieder. Beide haben inzwischen geheiratet und Familien gegründet. Ohne ihren Frauen die Wahrheit zu gestehen, verabreden sie sich von da an regelmäßig. Jack träumt davon, sich scheiden zu lassen und mit Ennis ein neues Leben anzufangen ...
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Kritik

Annie Proulx erzählt die tragische Geschichte stringent und nüchtern, aufs Nötigste reduziert, ohne formale oder inhaltliche Schnörkel. Gerade deshalb ist "Brokeback Mountain" eine ergreifende Lektüre.
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Ennis del Mar wuchs auf einer kleinen Ranch bei Sage in Wyoming auf. Nachdem die Eltern bei einem Verkehrsunfall umgekommen waren, kümmerten sich die beiden älteren Geschwister um ihn.

Als die Ranch, auf der er gerade gearbeitet hat, Anfang 1963 von einem Grundstückshai übernommen wird, meldet er sich bei der Vermittlung für Farm- und Ranchpersonal. Er soll zusammen mit Jack Twist, der wie er noch keine 20 ist und ebenfalls keinen Highschool-Abschluss hat, bis zum Sommerende eine Schafherde auf dem Brokeback Mountain hüten. Der Schafzüchter Joe Aguirre erklärt den beiden, das Lager müsse zwar entsprechend den Bestimmungen des Forstamts errichtet werden, aber das sei viel zu weit weg von den Schafen. Da würden zu viele Tiere gerissen. Deshalb habe einer von ihnen in einem Einmannzelt und ohne Feuer bei der Herde zu übernachten und jeden Morgen seine Spuren zu beseitigen.

Die beiden wortkargen 19-Jährigen werden im Lauf der Zeit Freunde. Als Ennis an einem Abend im Sommer zu betrunken ist, um vom Lager zu den Schafen zu reiten, will er am Lagerplatz im Freien schlafen. Doch es ist zu kalt, und Jack holt ihn herein. Sie liegen nebeneinander. Unvermittelt nimmt Jack die linke Hand seines Partners und legt sie an seinen erigierten Penis. Ennis zuckt zurück, aber dann streift er die Hose hinunter, wälzt Jack so herum, dass dieser sich mit Knien und Ellbogen aufstützt und penetriert ihn. Das hat er noch nie zuvor getan.

Am anderen Morgen tun sie den Vorfall als einmaliges Fehlverhalten ab, denn sie sind beide überzeugt, nicht homosexuell zu sein. Doch es bleibt nicht bei dem einen Ereignis. Über ihrer Leidenschaft vernachlässigen sie die Schafe. Als Joe Aguirre einmal auf den Brokeback Mountain steigt, um ihnen eine Nachricht zu überbringen, beobachtet er sie durchs Fernglas beim Sex, erwähnt es dann aber nicht.

Weil sich der Winter früher als gewöhnlich ankündigt, soll die Schafherde bereits Mitte August statt erst im September ins Tal gebracht werden.

Im Dezember heiratet Ennis seine Verlobte Alma. Mitte Januar wird sie schwanger. Er wird Pferdetreiber auf der Elwood-Hi-Top-Ranch nördlich von Lost Cabin im Washakie County. Dort arbeitet er auch noch, als Alma jr. im September 1964 geboren wird. Weil die Ranch aufgegeben werden muss, zieht Ennis mit seiner Familie in eine kleine Wohnung über einer Wäscherei in Riverton/Wyoming und versucht sich im Straßenbau. Einige Zeit später bringt Alma noch eine Tochter zur Welt: Francine.

Obwohl Alma es nicht mag, verkehrt er häufig anal mit ihr.

1967 erhält Ennis eine Postkarte aus Childress/Texas, mit der Jack seinen Besuch ankündigt. Zur Begrüßung küssen die beiden Männer sich stürmisch, ohne zu ahnen, dass sie von Alma beobachtet werden. Die Nacht verbringen sie in einem Motelzimmer.

Jack verdiente zunächst auf Rodeos etwas Geld. Inzwischen ist er ebenfalls verheiratet, mit Lureen, der selbstbewussten Tochter eines reichen Landmaschinenhändlers in Texas, und die beiden haben einen acht Monate alten Sohn. Jack würde am liebsten mit Ennis ein neues Leben auf einer eigenen kleinen Ranch anfangen, aber sein Freund kommt von einem Trauma nicht los: Als er neun Jahre alt war, zeigte ihm sein Vater die Leiche eines schwulen Ranchers, den man an seinem Penis herumgeschleift hatte.

Am nächsten Morgen ruft Ennis seine Frau an und fährt dann mit Jack für ein paar Tage in die Berge.

Ein- oder zweimal im Jahr täuschen Jack und Ennis ihren Frauen von nun an einen Angelausflug vor, um ein paar Tage miteinander verbringen zu können.

Alma fällt allerdings nach einiger Zeit auf, dass die Angelausrüstung überhaupt noch nie verwendet wurde. Weil Ennis nicht genügend Geld verdient, sich aber auch nicht um eine feste Anstellung bemüht, sieht sie sich gezwungen, als Verkäuferin in einem Lebensmittelladen zu arbeiten. Schließlich lässt sie sich scheiden und heiratet ihren Arbeitgeber.

Als Jacks Schwiegervater stirbt, übernimmt seine geschäftstüchtige Frau das Unternehmen.


Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.


Bei einem Ausflug im Mai 1983 erzählt Ennis, er habe inzwischen etwas mit einer Kellnerin angefangen, aber es sei nichts Ernsthaftes. Jack hat etwas mit der Frau eines Ranchers. Dass Ennis erst im November wieder Zeit für Jack hat, gesteht er erst am letzten Tag. Darüber kommt es zum Streit.

Einige Monate später bestätigt Ennis den Novembertermin auf einer Postkarte, aber die kommt mit dem Vermerk „verstorben“ zurück. Lureen sagt Ennis am Telefon, beim Aufpumpen eines platten Autoreifens sei dieser zerplatzt und Jack samt der Felge ins Gesicht geschleudert worden. Er habe dann eine Weile bewusstlos auf dem Rücken gelegen und sei an seinem Blut erstickt. Ennis argwöhnt jedoch, dass Jack wegen seiner Homosexualität totgeschlagen wurde.

Lureen ließ die Leiche einäschern und einen Teil der Asche auf dem Friedhof bestatten. Den Rest schickte sie Jacks Eltern, denn ihr Mann hatte gesagt, seine Asche solle auf dem Brokeback Mountain verstreut werden.

Ennis fährt daraufhin zu Jacks Eltern nach Lightning Flat und bietet ihnen an, den letzten Wunsch seines Freundes zu erfüllen. Der verbitterte Vater John C. Twist erzählt ihm, Jack habe immer wieder davon gesprochen, dass er die Farm mit Ennis‘ Hilfe in Schwung bringen werde. In diesem Frühjahr habe er einen anderen Mann als Partner genannt, aber auch daraus sei nichts geworden. Der alte Mann besteht darauf, dass die Urne im Familiengrab beigesetzt und nicht auf den Brokeback Mountain gebracht wird.

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Im Mittelpunkt des Western-Melodrams, dessen Handlung sich über zwei Jahrzehnte erstreckt, stehen die tragische Liebesbeziehung von zwei Cowboys, ihre Lebenslügen, Ängste und unerfüllten Hoffnungen. Zugleich prangert Annie Proulx in „Brokeback Mountain“ die Intoleranz einer Gesellschaft an, in der Homosexuelle um ihr Leben fürchten müssen. Das geschieht jedoch ohne erhobenen Zeigefinger. Überhaupt hält Annie Proulx sich mit Wertungen zurück.

Sie erzählt die tragische Geschichte stringent und nüchtern, aufs Nötigste reduziert, ohne formale oder inhaltliche Schnörkel. Gerade deshalb ist „Brokeback Mountain“ eine ergreifende Lektüre.

Die Erzählung wurde am 13. Oktober 1997 in „The New Yorker“ veröffentlicht. Eine überarbeitete Version nahm Annie Proulx zwei Jahre später in die Anthologie „Close Range. Wyoming Stories“ auf („Weit draußen. Geschichten aus Wyoming“, Übersetzung: Oskar Halbsattel).

Gleich nach der ersten Publikation hatten Larry McMurtry und Diana Ossana die Geschichte in ein Drehbuch umgeschrieben, aber damals wagte es niemand, zwei schwule Cowboys auf der Leinwand zu zeigen. Deshalb ruhte das Projekt, bis Ang Lee im Juli 2004 mit den Dreharbeiten begann: „Brokeback Mountain“.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2012
Textauszüge: © Luchterhand Literaturverlag

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"Aller toten Dinge sind drei" ist kein rasanter Thriller, sondern eher gemütlich amüsant als atemraubend spannend – und passt damit zu der vermeintlichen Idylle des Landlebens. Weil der Plot einfach ist und die Entwicklung der Handlung gemächlich verläuft, erfordert die Lektüre keine besondere Konzentration. "Aller toten Dinge sind drei" ist deshalb recht gut als entspannende Urlaubslektüre geeignet.
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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon einen Monat, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte. Aus familiären Gründen reduziere ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik.