Der Krieger und die Kaiserin

Der Krieger und die Kaiserin

Der Krieger und die Kaiserin

Originaltitel: Der Krieger und die Kaiserin - Regie: Tom Tykwer - Drehbuch: Tom Tykwer - Kamera: Frank Griebe - Schnitt: Mathilde Bonnefoy - Musik: Reinhold Heil, Johnny Klimek und Tom Tykwer - Darsteller: Franka Potente, Benno Fürmann, Joachim Król, Lars Rudolph, Ludger Pistor, Jürgen Tarrach, Christa Fast, Natja Brunckhorst u.a. - 2000; 130 Minuten

Inhaltsangabe

Der "Krieger" führt einen schmerzhaften inneren Kampf gegen einen traumatischen Albtraum, und die "Kaiserin", die auch noch Sissi heißt, muss sich erst aus ihrem Reich – einer psychiatrischen Anstalt – ins Alltagsleben hinaus wagen, um ihre große Liebe zu finden. Die Liebe ist es schließlich, die alles verändert.
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Kritik

Gespielt werden der "Krieger" und die "Kaiserin" von zwei ausgezeichneten Hauptdarstellern: Franka Potente und Benno Fürmann. Ganz langsam entwickelt Tom Tykwer die vielschichtige Geschichte ihrer großen Liebe.
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Simone (Franka Potente) ist Pflegerin in der psychiatrischen Klinik Stiftung Birkenhof in Wuppertal. Man nennt sie Sissi. Sie hat gerade einen Brief erhalten von ihrer Freundin Meike (Natja Brunckhorst), die in einem einsamen Haus irgendwo am Atlantik wohnt. Meike schreibt, ihre Mutter sei kürzlich gestorben, aber sie wolle wegen der Erbschaft nicht „den weiten Weg zurück“ machen. Deshalb legt sie eine Vollmacht bei und bittet Sissi, damit zur Bank zu gehen.

Bodo (Benno Fürmann) haust mit seinem älteren Bruder Walter (Joachim Król) in einem einsamen Haus auf einem Hügel in Wuppertal. Er versucht sich als Sargträger, doch weil er am Grab weint, wird er gleich wieder entlassen. Walter hat inzwischen im Katasteramt Pläne besorgt und sich Gedanken darüber gemacht, wie sie die Bank ausrauben können, vor deren Haupttresor im Souterrain er Wache hält. Er kennt den Verlauf der Kanalisation und zeigt Bodo, wo dieser einen etwa zehn Meter langen Stollen bis vor seinen Schreibtisch graben kann.

Zu einer zufälligen oder schicksalhaften Begegnung von Bodo und Sissi – je nachdem, wie man es sieht – kommt es, als die Pflegerin mit dem blinden Patienten Otto (Melchior Beslon) einen Spaziergang macht. Die beiden überqueren gerade eine Straße, da nähert sich ein Lastwagen, dessen Fahrer durch eine Beobachtung im Rückspiegel abgelenkt ist. Sissi kann Otto gerade noch zur Seite stoßen, gerät aber selbst unter das Fahrzeug. Bodo, der vor irgendwelchen Männern flieht, versteckt sich unter dem am Unfallort stehen gebliebenen Wagen. Als er merkt, dass die neben ihm liegende Verletzte keine Luft kriegt, kriecht er unter dem LKW hervor, besorgt sich ein Messer, reißt einem Jugendlichen den Strohhalm aus dem Cola-Becher und rettet Sissi durch einen beherzten Luftröhrenschnitt vor dem Ersticken.

„Heute war ich nützlich“, erzählt er abends seinem Bruder, misst dem Vorfall aber weiter keine Bedeutung bei.

Sissi darf dreiundfünfzig Tage nach der Operation das Krankenhaus verlassen. Sie befürchtet, dass das Leben trotz des Unfalls weitergeht wie zuvor, aber sie hält das einschneidende Ereignis nicht für einen Zufall und macht sich auf die Suche nach dem ihr unbekannten Retter. An der Unfallstelle finden sie und Otto zunächst keine Spur des Mannes, aber dann erinnert der blinde Patient sich beim Klang einer Türglocke, dieses Geräusch schon einmal gehört zu haben, und zwar unmittelbar vor dem Unfall. Es handelt sich um ein Waffengeschäft. Schmatt (Jürgen Tarrach), der Besitzer, behauptet, bei ihm sei zum Zeitpunkt des Unfalls niemand gewesen, doch an einer Wand entdeckt Sissi ein Foto, auf dem sie ihren Retter wiedererkennt. Schmatt will nicht verraten, wie der Mann auf dem Foto heißt und versucht stattdessen, die beiden Besucher aus dem Laden zu drängen. Da flüstert Sissi dem Patienten etwas ins Ohr. Der öffnet daraufhin die Tür, wirft sich auf den Boden, zappelt und schreit. „Er wird sagen, Sie hätten ihn geschlagen“, droht Sissi – und erhält von Schmatt Namen und Adresse des Gesuchten.

Sie geht hinauf zu dem Haus und trifft die beiden Brüder an. „Ich wollte dich wiedersehen“, sagt sie zu Bodo. Er antwortet: „Ich dich aber nicht!“ Irritiert und enttäuscht macht Sissi kehrt, doch einige Stunden später klopft sie erneut an der Tür. Walter will sie zunächst nicht hereinlassen, aber sie bleibt stur. „Mein Bruder hat genug Probleme“, klagt Walter, „du bist eines zu viel.“ Während sie auf Bodo warten, erzählt Walter, sein Bruder komme nicht über den Tod seiner Frau hinweg. Während er in der Toilette einer Tankstelle war, explodierte draußen die Zapfsäule und seine Frau verbrannte. Deshalb müsse Bodo fort von hier, „runter vom Klo“. Sissi ahnt nichts von dem geplanten Bankraub. Das Geld braucht Walter, um seinen Bruder nach Sydney bringen zu können. Ein paar Minuten später kehrt Bodo zurück und wirft die ungebetene Besucherin erneut hinaus.

Am nächsten Tag geht Sissi endlich mit Meikes Vollmacht zur Bank. Während sie am Schalter steht, sieht sie Walter ins Souterrain gehen. Gleich darauf trifft ein Geldtransport ein. Die beiden Wachmänner (Sebastian Schipper, Armin Krug) tragen vier Geldkoffer in den Keller und öffnen im Beisein Walters mit zwei Schlüsseln den Haupttresor. In diesem Augenblick steigt Bodo mit einer übers Gesicht gezogenen Wollmütze aus einem von ihm gegrabenen Schacht. Mit vorgehaltener Pistole bringt er die Männer dazu, sich auf den Boden zu setzen und ihre Waffen wegzulegen. Dann drückt er Walter ein Fläschchen Äther mit einem Lappen in die Hand und tut so, als zwinge er ihn, die Wachmänner zu betäuben. Sobald die beiden umsinken, werfen die Bankräuber die Geldkoffer in das Loch, und Bodo klettert hinterher. Als Walter zu den Wachmännern zurückkehrt, um so zu tun, als gehöre er zu den Überfallenen, ist einer der beiden bereits wieder halb zu sich gekommen, hat eine im Stiefel versteckte zweite Pistole herausgeholt und zielt auf ihn. Bodo merkt, dass etwas schief läuft und eilt seinem Bruder zu Hilfe, aber der Wachmann löst trotz seiner Benommenheit mit einem Schuss auf den entsprechenden Knopf Alarm aus. Während die Kunden in der Schalterhalle gebeten werden, die Bank zu verlassen, schleicht Sissi ins Souterrain. Sie kommt dazu, wie ein Bankangestellter Walter in den Bauch schießt und Bodo mit der Waffe in Schach hält. Mutig stellt Sissi sich in die Schusslinie, bis Bodo den Mann niederschlägt. Zu dritt fliehen sie durch die Kanalisation. Die Geldkoffer lassen sie zurück. Schmatt steht mit einem Lieferwagen neben dem Kanalzugang, durch den sie herauskommen. Ungeachtet des Risikos besteht Bodo darauf, dass sie seinen Bruder in ein Krankenhaus bringen. Dann erst setzen sie die Flucht fort.

Sissi versteckt Bodo in ihrem Zimmer in der psychiatrischen Anstalt.

In der kleinen Schmuckkassette, die sie nach Vorlage der Vollmacht aus einem Bankschließfach geholt hat, findet Sissi unter anderem ein Medaillon mit dem Foto einer älteren Frau, und Bodo erinnert sich: So sah die Tote aus, bei deren Bestattung er weinen musste.

Während Sissi in der Anstalt zu tun hat, schleicht Bodo sich aus ihrem Zimmer. Einige der Patienten sitzen im Aufenthaltsraum vor einem Fernsehgerät. Gerade kommt die Nachricht von dem missglückten Banküberfall, und es heißt, dass der verletzte Bankräuber seiner Schussverletzung erlag. Da zertrümmert Bodo schreiend den Apparat und zerschlägt alles in seiner Reichweite, bis ihn Pfleger überwältigen und mit einer Injektion ruhig stellen.

Das Personal wundert sich über den Fremden. Wie kam er herein? Handelt es sich um einen Psychopathen, der sich selbst einliefern wollte?

Nach ein paar Stunden kommt Bodo wieder zu sich. Sissi kann ihm gerade noch zuflüstern, er solle so tun, als könne er sich nicht einmal an seinen Namen erinnern, dann versucht ein Psychiater herauszufinden, was es mit dem Neuzugang auf sich hat. Bodo hält sich an Sissis Rat und erweckt den Eindruck eines Schizophrenen.

Als Otto merkt, dass die von ihm angehimmelte Pflegerin jede freie Minute mit dem neuen Patienten verbringt und keine Zeit mehr für ihn hat, verbarrikadiert er sich in einem Zimmer, zerbricht eine Lampe und schluckt die Glasscherben. Gerade noch rechtzeitig kann er gerettet werden.

Bodo berichtet Sissi vom Tod seiner Frau: Sie hatten sich während der Fahrt gestritten. In der Tankstelle steckte er die Zapfpistole in den Tankstutzen und ging wütend zur Toilette. Das Benzin floss über, und als seine Frau ihre Zigarette auf den Boden warf, kam es zu der verheerenden Explosion. – Sissi erzählt ihm, ihre Mutter sei durch einen Föhn in der Badewanne ums Leben gekommen. Geworfen habe ihn ihr Vater, der sich hier unter den Patienten befinde.

Aus dem Fernsehnachrichten erfährt Sissi, dass die Polizei nach Bodo und einer unbekannten Helferin sucht. Das Phantombild ähnelt ihr. Sie müssen fliehen. Während Bodo noch ein Bad nimmt, überredet Sissi eine Kollegin, ihr das Auto zu leihen.

Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.

Inzwischen ruft der Patient Steinkohl (Lars Rudolph) die Polizei an und meldet, dass sich der gesuchte Bankräuber in der Stiftung Birkenhof versteckt. Gleich darauf entdeckt er Bodo in der Wanne und holt einen Toaster. Das Kabel steckt er ein, bevor er das Gerät wirft – aber Bodo, der auf der Stelle begreift, dass er Sissis Vater vor sich hat, fängt den Toaster geistesgegenwärtig auf und verfolgt den aufs Dach flüchtenden Patienten. Zwei Streifenwagen fahren vor. Die Beamten sehen Steinkohl, der an der Dachkante sitzt und mit Selbstmord droht. Sissi kommt zu Bodo und ihrem Vater aufs Dach. Die Polizisten eilen ebenfalls hinauf. Während Steinkohl sitzen bleibt, nehmen Bodo und Sissi sich bei der Hand und springen in die Tiefe.

Sie landen in einem Teich und fliehen mit dem Auto der Kollegin.

Der Tank ist bald leer. Ausgerechnet an der Tankstelle, an der Bodos Frau starb, füllen sie ihn auf. Bodo sieht sich selbst von der Toilette kommen und wie ein Double mit einsteigen. Unterwegs bringt er sich zum Anhalten, übernimmt das Steuer und lässt sein Spiegelbild stehen. Das traumatisierte Ich Bodos wartet an einem die Straße kreuzenden Feldweg auf einen Bus, der von Walter gefahren wird und nach dem Einsteigen verschwindet. Endlich hat Bodo das Trauma überwunden. Er fährt mit Sissi zu Meike ans Meer.

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Tom Tykwer erzählt eine Liebesgeschichte, die an eine zufällige oder schicksalhafte – je nachdem, wie man es sieht – Begegnung geknüpft ist. Aber „Der Krieger und die Kaiserin“ ist mehr als der Standardplot über zwei Liebende, die Hindernisse überwinden und am Ende zusammenkommen, schon weil es sich bei den beiden um besonders prägnante Figuren handelt. Der „Krieger“ führt einen schmerzhaften inneren Kampf gegen einen traumatischen Albtraum, und die „Kaiserin“, die auch noch Sissi heißt, muss sich erst aus ihrem Reich – einer psychiatrischen Anstalt – in den Alltag hinaus wagen, um dem Mann ihres Leben zu begegnen. Die Liebe ist es schließlich, die alles verändert.

Gespielt werden der „Krieger“ und die „Kaiserin“ von zwei ausgezeichneten Hauptdarstellern: Franka Potente und Benno Fürmann.

Ganz langsam entwickelt Tom Tykwer die Geschichte. Das Ende besteht – wie in „Winterschläfer“ – aus surrealen Szenen.

„Der Krieger und die Kaiserin“ spielt übrigens in Tom Tykwers Geburtsstadt Wuppertal.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2005

Tom Tykwer (kurze Biografie / Filmografie)

Tom Tykwer: Die tödliche Maria
Tom Tykwer: Winterschläfer
Tom Tykwer: Lola rennt
Tom Tykwer: Heaven
Tom Tykwer: Das Parfum. Die Geschichte eines Mörders
Tom Tykwer: The International
Tom Tykwer: 3
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Michel Houellebecq - Karte und Gebiet
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