The International

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The International

Originaltitel: The International – Regie: Tom Tykwer – Drehbuch: Eric Singer – Kamera: Frank Griebe – Schnitt: Mathilde Bonnefoy – Musik: Reinhold Heil, Johnny Klimek, Tom Tykwer – Darsteller: Clive Owen, Naomi Watts, Armin Mueller-Stahl, Ulrich Thomsen u.a. – 2009; 110 Minuten

Inhaltsangabe

Der New Yorker Interpol-Agent Louis Salinger und die Staatsanwältin Eleanor Whitman versuchen der International Bank of Business and Credit (IBBC) in Luxemburg kriminelle Machenschaften nachzuweisen. Es geht um Geldwäsche und Waffenhandel. Zwei Insider, die zur Zusammenarbeit mit Salinger bereit sind, werden ermordet, bevor sie berichten können, was sie über die IBBC und deren CEO wissen. Salinger begreift, dass der Bank mit rechtsstaatlichen Mitteln nicht beizukommen ist ...
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Kritik

Die ruhige, atmosphärisch dichte Inszenierung kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Handlung abstrus ist. Während die ersten Filme von Tom Tykwer innovativ waren, ist "The International" nur aufwändig und professionell.
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Seit Jahren versucht der New Yorker Interpol-Agent Louis Salinger (Clive Owen), der International Bank of Business and Credit (IBBC) in Luxemburg kriminelle Machenschaften nachzuweisen. Es geht um Geldwäsche und Waffenhandel im großen Stil. Einmal glaubte er kurz vor dem Ziel zu sein, aber im letzten Augenblick wurde das Verfahren eingestellt. Weil Salinger von der Notwendigkeit überzeugt ist, dass für Gerechtigkeit gesorgt werden muss, macht er entschlossen weiter. Dabei unterstützt ihn die New Yorker Staatsanwältin Eleanor Whitman (Naomi Watts).

Mit seinem Kollegen Thomas Schumer (Ian Burfield) fliegt er nach Berlin, um den Insider André Clement (Georges Bigot) zu treffen, der sich zur Zusammenarbeit bereit erklärt hat. Sie warten allerdings vergeblich auf den Informanten. Schumer bricht plötzlich zusammen und stirbt. Die Ärzte diagnostizieren einen Herzinfarkt, aber Salinger glaubt nicht an einen natürlichen Tod. Im Leichenschauhaus fallen ihm Veränderungen der Nasenschleimhaut auf, die auf eine Blausäure-Vergiftung schließen lassen, und im Nacken des Toten entdeckt er einen Einstich, den die Ärzte übersehen haben. Trotz dieser Indizien für einen Mord lehnt der zuständige Kriminalkommissar Klaus Diemer (Axel Milberg) eine Zusammenarbeit mit Salinger und der inzwischen ebenfalls nach Berlin gekommenen Staatsanwältin Whitman ab.

Neun Stunden nach Thomas Schumer stirbt auch André Clement. Er kommt bei einem Verkehrsunfall in Luxemburg ums Leben.

Im vorläufigen Protokoll einer Aussage von Jonas Skarssen (Ulrich Thomsen), dem CEO der IBBC, über ein Treffen mit dem Bankmanager Clement am Unfalltag entdeckt Salinger einen Widerspruch. Daraufhin lässt er sich einen Termin für ein Gespräch mit Skarssen in der Hauptverwaltung der Bank in Luxemburg geben. Statt von Skarssen wird er jedoch von dem Rechtsanwalt Martin White (Patrick Baladi) und einem Polizeibeamten empfangen. Sie zeigen ihm das endgültige Protokoll, in dem angeblich ein Übertragungsfehler korrigiert wurde. Damit ist auch der Widerspruch beseitigt.

Nach seiner Rückkehr aus Luxemburg findet Salinger seinen Verdacht bestätigt, dass die Wohnung des deutschen Kriminalbeamten Viktor Haas (Michel Voletti), den er auf den Widerspruch aufmerksam machte, verwanzt ist. Durch das Abhörgerät erfuhren die Gegenspieler rechtzeitig vor seinem Besuch in Luxemburg davon.

Louis Salinger und Eleanor Whitman verabreden sich in Mailand mit Umberto Calvini (Luca Giorgio Barbareschi), dem CEO eines der weltweit bedeutendsten Unternehmen der Waffenproduktion, das auch Geschäftsbeziehungen zur IBBC unterhält. Calvini ist bereit, mit ihnen zusammenzuarbeiten, denn André Clement war sein Freund, und er vermutet ebenfalls, dass der Unfall inszeniert wurde. Die IBBC versuche, durch internationale Waffengeschäfte die Schulden nicht nur von Weltkonzernen, sondern auch von Staaten zu kontrollieren, um auf diese Weise ihre Macht auszubauen, erklärt er seinen Besuchern, bevor er ans Rednerpult muss, um eine öffentliche Rede zu halten. Anschließend will er mit dem Interpol-Agenten und der Staatsanwältin weiterreden und ihnen berichten, was er über Skarssen und die Bank weiß.

Eine Minute nach Beginn seiner Rede wird Calvini jedoch erschossen. Die Polizei stürmt das Hotel, in dem der Scharfschütze vermutet wird. In einem Zimmer findet man eine leere Patronenhülse. Ein Offizier der Carabinieri legt unbemerkt eine zweite dazu. Der Täter flüchtet zu seinem Auto. Eleanor wird von ihm umgefahren, aber zum Glück nicht ernsthaft verletzt. Salinger rennt durch eine Nebenstraße, um dem Killer den Weg abzuschneiden und blockiert eine dreispurige Ausfallstraße. Aber als er das gesuchte Fahrzeug entdeckt, sitzt niemand mehr darin.

Die italienische Polizei macht die Roten Brigaden für den Mordanschlag gegen Umberto Calvini verantwortlich.

Mit Hilfe des kooperativen Polizeiinspektors Alberto Cerutti (Alessandro Fabrizi) gelingt es Salinger und Eleanor Whitman, durch die Absperrung zu kommen, sodass sie das Rednerpodest inspizieren können. Dabei finden sie heraus, dass Calvini von zwei Schüssen aus verschiedenen Winkeln getroffen wurde. Die Darstellung der italienischen Polizei, der entkommene Täter habe zweimal abgedrückt, ist also falsch. Es muss einen zweiten Killer gegeben haben, vermutlich auf dem Dach über dem Fenster, aus dem der andere schoss. Weitere Nachforschungen können Salinger und Eleanor Whitman nicht durchführen, denn Ceruttis Vorgesetzter sorgt dafür, dass sie von ihren Vorgesetzten zurückgerufen werden.

Weil am Tatort der Abdruck einer Sprunggelenksprothese gefunden wurde, gelingt es ihnen noch vor dem Abflug aus Mailand, den Killer anhand von Aufnahmen der Überwachungskameras am Flughafen zu identifizieren. Er heißt Timothy Sherwood (Brían F. O’Byrne) und sitzt nun in einem Flugzeug nach New York.

Über den Orthopäden Dr. Isaacson (Tibor Feldman) kommen Salinger und Elearnor Whitman dem Killer in New York auf die Spur. Aber die Adresse, die sie der Patientenkartei entnehmen, hilft ihnen nicht weiter, denn dort klafft eine Baulücke. Zufällig sehen sie Sherwood auf der Straße. Salinger folgt ihm ins Guggenheim Museum. Dort will er sich offenbar mit dem Bank-Berater Wilhelm Wexler (Armin Mueller-Stahl) treffen. (Als Zuschauer wissen wir, dass sich die beiden schon einmal in der Alten Nationalgalerie in Berlin vor Arnold Böcklins Gemälde „Beweinung unter dem Kreuz“ konspirativ verabredeten.) Plötzlich wird auf den Auftragskiller geschossen. Weil er eine kugelsichere Weste trägt, wirft ihn der Aufprall des Geschosses nur zu Boden. Er ringt nach Luft und lässt sich von Salinger dabei helfen, die beengende Weste abzulegen. Die Schießerei geht weiter, und bevor der Agent den Killer verhaften kann, wird dieser tödlich getroffen.

Immerhin gelingt es, Wexler festzunehmen.

Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.

Bei der Vernehmung durch Salinger weist Wexler, der als überzeugter Kommunist dreißig Jahre lang für die Stasi in der DDR gearbeitet hatte, darauf hin, dass die Bank mit legalen Mitteln nicht zur Rechenschaft gezogen werden könne. Falls er sich bereit erkläre, als Kronzeuge gegen Skarssen und die IBBC auszusagen, werde man ihn umbringen. Um etwas zu erreichen, müsse man die Grenzen des Rechtsstaats überschreiten und Kollateralschäden in Kauf nehmen.

Salinger lässt sich überzeugen: Der Plan, Wexler als Kronzeugen aussagen zu lassen, ist nicht realisierbar. Bevor er mit dem Berater Skarssens das weitere Vorgehen bespricht, überredet er Eleanor Whitman, aus dem Fall auszusteigen, denn im Gegensatz zu ihm ist sie verheiratet und hat ein Kind. Nur wenn er sie und ihre Familie nicht gefährdet, kann er weitermachen.

Nach Umberto Calvinis Ermordung versucht die IBBC, mit dessen Söhnen Enzo und Mario Calvini (Luca Calvani, Gerolamo Fancellu) ins Geschäft zu kommen. Martin White fliegt nach Mailand, um sich mit ihnen zu treffen. Die beiden versetzen ihn. Und White wird ermordet.

Wexler erklärt sich bereit, mit Salinger zusammenzuarbeiten. Nach seiner Freilassung begleitet er Skarssen zu Verhandlungen mit dem türkischen Waffenhändler Ahmet Sunay (Haluk Bilginer) nach Istanbul. Der Plan sieht vor, dass Salinger, der den beiden folgt, die von einem unter Wexlers Krawatte versteckten Mikrofon und einem Sender übertragenen Gespräche aufzeichnet. Bevor Skarssen jedoch mit Sunay die Yerebatan Zisterne betritt, fordert er Wexler auf, im Hof auf ihn zu warten. Salinger schleicht sich ins Gebäude, um Skarssen und Sunay zu belauschen, wird jedoch von Leibwächtern entdeckt und hinausgeworfen.

Als Skarssen wieder ins Freie kommt, sitzt Wexler tot auf einer Bank, und auf der anderen Seite des Hofes bemerkt Skarssen den Interpol-Agenten. Er flüchtet in den Großen Basar, dann über Hausdächer. Salinger folgt ihm mit gezogener Pistole. Skarssen hält es für undenkbar, dass Salinger ihn erschießt, aber er täuscht sich: Der Agent drückt ab. Im nächsten Augenblick spürt er den Lauf einer Pistole in seinem Nacken. Ein Unbekannter nimmt ihm die Waffe ab, vergewissert sich, dass Skarssen tot ist, bedankt sich spöttisch bei Salinger und verschwindet.

Skarssens Nachfolger bei der IBBC kann nach kurzer Zeit Rekord-Gewinne melden.

Die Staatsanwältin Eleanor Whitman übernimmt die Leitung einer neu gegründeten Ermittlungsbehörde, die Vorwürfe gegen die IBBC untersuchen soll.

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Bei der Inszenierung des Politthrillers „The International“ haben sich Eric Singer (Drehbuch) und Tom Tykwer (Regie) wohl von Klassikern wie „Z“ (Regie: Costa-Gavras) und „Die drei Tage des Condor“ (Regie: Sydney Pollack) inspirieren lassen. Die Darstellung, eine skrupellose Großbank könne versuchen, ihre Macht durch die Kontrolle der Schulden von Weltkonzernen und sogar Staaten auszubauen, wurde durch die während der Dreharbeiten ausgebrochene internationale Finanzkrise brisant. „The International“ unterstellt, dass die (Geschäfts-)Welt unmoralisch ist und bleibt.

Die ruhige, atmosphärisch dichte Inszenierung kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Handlung abstrus ist. Eine ganze Reihe von Zusammenhängen bleibt in „The International“ ungeklärt, und einige davon dienen auch nur dazu, den Zuschauer in die Irre zu führen. Auch die Komplexität wird nur vorgetäuscht.

Tom Tykwers Filme „Winterschläfer“, „Der Krieger und die Kaiserin“, „Heaven“ und vor allem „Lola rennt“ waren originell, innovativ; „Das Parfum“ und „The International“ sind nur noch aufwendig und professionell gemacht.

Übrigens wurde die Schießerei im Guggenheim Museum im Studio Babelsberg gedreht. Die Videoinstallationen von Julian Rosefeldt waren in New York nie zu sehen.

Angesichts des italienischen Geschäftsmanns Umberto Calvini erinnert man sich an Roberto Calvi, den zwielichtigen Präsidenten der Banco Ambrosiano, der im Juni 1982 in London ermordet wurde. Nach dem tödlichen Anschlag auf Calvini kommt die Polizei offiziell zu dem Ergebnis, dass es sich um einen Einzeltäter handelte, obwohl Indizien die Existenz eines zweiten Scharfschützen beweisen. Wer denkt da nicht an das Attentat auf John F. Kennedy am 22. November 1963 in Dallas?

Als Kulisse für Calvinis Schloss am Lago D’Iseo nordwestlich von Brescia diente das Ende 2005 eröffnete, von der aus dem Irak stammenden Architektin Zaha Hadid entworfene Phæno in Wolfsburg. Glasfassaden der VW-Autostadt gaben die Kulissen für das IBBC-Headoffice in Luxemburg.

Bei der IBBC in Luxemburg mögen die Filmemacher an die 1972 in Pakistan gegründete BCCI gedacht haben, die Bank of Credit and Commerce International, die in Waffengeschäfte verwickelt war und 1991 geschlossen werden musste.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2011

Tom Tykwer (kurze Biografie / Filmografie)

Tom Tykwer: Die tödliche Maria
Tom Tykwer: Winterschläfer
Tom Tykwer: Lola rennt
Tom Tykwer: Der Krieger und die Kaiserin
Tom Tykwer: Heaven
Tom Tykwer: Das Parfum. Die Geschichte eines Mörders
Tom Tykwer: 3
Tom Tykwer, Andy & Lana Wachowski: Cloud Atlas

Friedrich Ani - Bullauge
"Bullauge" ist ein düsterer Roman vor dem Hintergrund der Gruppierungen am rechten Rand, der Querdenker und "Spaziergänger". Friedrich Ani beschäftigt sich mit der psychischen Entwicklung der beschädigten Hauptfiguren. Deren Beziehung wirkt allerdings konstruiert und nicht lebensecht.
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