Christa Wolf : Blickwechsel
Christa Wolf
Blickwechsel
Inhaltsangabe
Kritik
Beim Verlassen des Luftschutzkellers nach einem alliierten Bomberangriff auf Berlin im Frühjahr 1945 warnt ein SS-Offizier Christa Wolfs Großmutter vor den „asiatischen Horden, die den Frauen die Brüste abschneiden“. Da verlädt die Großfamilie ihre Sachen auf zwei Handwagen und bricht nach Westen auf.
Der Gutsbesitzer Volk, bei dem sie unterwegs übernachten, schließt sich mit seinen Angehörigen und dem Gesinde an. Nun geht es mit Ochsen- und Pferdefuhrwerken weiter.
Nach einem Tieffliegerangriff sieht Christa Wolf ihren ersten Toten. Es ist der Landarbeiter Wilhelm Grund. Dieser Tod hat so gar nichts mit dem in den Schulbüchern gepriesenen Soldatentod gemein! Nur durch einen Zufall war Christa nicht bei ihm und seinem Gespann. Sein Sohn Gerhard ist genauso alt wie sie: sechzehn. Bei der nächsten Angriffswelle kann Christa Wolf die Gesichter der amerikanischen Piloten in ihren Maschinen erkennen. Nachdem sie abgedreht haben, muss der Ochse Heinrich, der einen Treffer abbekommen hat, ausgespannt werden, damit ihm einer der Männer den Gnadenschuss geben kann.
In einer Ortschaft wirbelt Papier durch die Luft: Akten aus gestürmten deutschen Amtsstuben.
Als der Treck auf die Hinterlassenschaft einer Versorgungseinheit stößt, rasten einige vor Gier aus.
Gleich darauf stoßen sie auf die ersten Menschen, die aus Konzentrationslagern geflohen sind. Unwillkürlich weichen Christa Wolf und die ihren vor ihnen zurück. Einen Augenblick erwartet das Mädchen, die Männer würden sich mit Gewalt Kleidung und Lebensmittel von ihnen nehmen, aber sie greifen nur nach den im Straßengraben liegenden Gewehren.
Kurz bevor der Treck Anfang Mai 1945 von Amerikanern kontrolliertes Gebiet in Mecklenburg erreicht, sammeln sich die polnischen Kutscher, um gemeinsam nach Osten zurückmarschieren. Der Gutsherr will sie mit der Peitsche daran hindern, aber man hält ihn zurück, und er muss einsehen, dass sich die Zeiten geändert haben.
Ein Jeep mit US-Soldaten kommt dem Treck entgegen. Verächtlich blicken die Amerikaner auf die Deutschen, kauen weiter ihre Kaugaummis und halten es nicht einmal für erforderlich, ihre Pistolentaschen aufzuknüpfen. Als einer von ihnen Christa Wolf durchsucht und nach ihrer Armbanduhr fragt, lügt sie schlagfertig, sein Kamerad habe sie ihr bereits abgenommen.
nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)Persönliche Erlebnisse am Ende des Zweiten Weltkriegs schildert Christa Wolf in der 1970 veröffentlichten Erzählung „Blickwechsel“, in der die Sachlichkeit der Sprache mit der Schrecklichkeit der Ereignisse kontrastiert.
Bei der „Deutschen Grammophon“ erschien 2004 ein Hörbuch mit einer Autorenlesung vom Juni 1980 in Berlin: Christa Wolf trägt ihren Text sehr passend auf spröde und nüchterne Weise vor.
nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2004
Christa Wolf (Kurzbiografie)
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