Colleen Hoover : Verity

Verity
Verity Self Publishing, 2018 Verity Übersetzung: Katarina Ganslandt dtv Verlagsgesellschaft, München 2020 ISBN 978-3-423-23012-4, 367 Seiten ISBN 978-3-423-43728-8 (eBook)
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Die Schriftstellerin Lowen Ashleigh soll die Buchreihe einer Bestseller-Autorin fertigstellen. Dazu ist Verity Crawford selbst nicht mehr in der Lage. Seit sie mit dem Auto gegen einen Baum prallte, liegt sie apathisch im Bett. Als Lowen Veritys Notizen und Handlungsskizzen sichtet, entdeckt sie ein Manuskript mit verstörenden Enthüllungen und glaubt bald, dass Verity ihre Bewegungsunfähigkeit nur vortäuscht.
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Kritik

Von Anfang an kündigt sich Unheil an, und bald werden wir mit unerklärlichen Ereignissen konfrontiert. Die Charaktere sind zwar flach und die Handlung ist unrealistisch, aber Colleen Hoover bietet mit "Verity" einen flott zu lesenden Spannungsroman mit unerwarteten Wendungen. Mindestens zweimal erweist sich das Bild, das man sich während der Lektüre vom Geschehen macht, als falsch.
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„The Noble Virtues“

Die 31-jährige New Yorker Schriftstellerin Lowen Ashleigh erhält eine Räumungsklage, weil sie mit der Miete im Rückstand ist. Gerade, als sie ausziehen muss und nicht weiß, wo sie wohnen soll, erhält sie ein überraschendes Angebot, mit dem sich ihre Probleme lösen lassen.

Pantem Press, der Verlag der Bestseller-Autorin Verity Crawford, schlägt ihr vor, die fehlenden drei einer auf neun Bände angelegten Buchreihe mit dem Titel „The Noble Virtues“ zu schreiben. Verity Crawford ist dazu nicht mehr in der Lage. Sie fuhr mit dem Auto gegen einen Baum. Zwar überlebte sie die Verletzungen und erwachte auch aus dem künstlichen Koma, aber sie ist bewegungsunfähig, nicht ansprechbar und starrt nur vor sich hin. Offiziell wird es heißen, dass Verity Crawford nun gemeinsam mit ihrer Kollegin Laura Chase – so das Pseudonym – an den restlichen Bänden arbeite.

Veritys Ehemann Jeremy Crawford hat Schlimmes durchgemacht. Vor knapp einem Jahr starb die Tochter Chastin an einem allergischen Schock, vor fünf Monaten ertrank Chastins acht Jahre alte Zwillingsschwester Harper, und nun muss er außerdem Veritys Unfall bzw. Suizidversuch verkraften. Der frühere Immobilienmakler umsorgt Verity mit Hilfe einer Pflegerin in seinem Haus in Vermont und kümmert sich außerdem um den fünfjährigen Sohn Crew.

Das Manuskript

Lowen fährt nach Vermont, um Veritys Notizen und Handlungsskizzen zu sichten. Das soll ihr helfen, die Buchreihe nahtlos fortzusetzen, deren Markenzeichen es ist, das Geschehen aus der Perspektive der Schurken darzustellen. Jeremy Crawford bringt sie im Gästezimmer unter und überlässt ihr das Arbeitszimmer seiner Frau.

In einer Schublade stößt Lowen auf ein fertiges Manuskript von Verity Crawford, das augenscheinlich nicht für „The Noble Virtues“ gedacht ist. Der Titel lautet „So sei es denn“. Ein weibliches Ich, das unschwer als Verity zu erkennen ist, erzählt von sich und Jeremy. Lowen redet sich ein, dass es bei der Konzeption der drei Bücher helfen könne, mehr über den Charakter der Bestseller-Autorin zu erfahren – und beginnt mit der Lektüre.

Das Manuskript beginnt, als sich Veritys und Jeremys Wege vor zehn Jahren kreuzten. Sie war 22, er fünf Jahre älter. Die beiden liebten sich aus ganzem Herzen und hatten fast täglich leidenschaftlichen Sex.

Alles ändert sich, als Verity mit Zwillingen schwanger ist und spürt, wie sich Jeremy auf die Kinder freut. Weil sie nicht die drittwichtigste Person in seinem Leben werden möchte, hofft sie auf eine Fehlgeburt und hilft auch mit einem Draht-Kleiderbügel nach. Aber die Zwillinge sind gesund, als sie durch einen Kaiserschnitt auf die Welt kommen. Chastin hat allerdings eine kleine Narbe an der Wange.

Jeremy erwartet, dass Verity die Zwillinge stillt, aber das lässt ihr Widerwille gegen die ungewollten Kinder nicht zu.

Sechs Monate nach der Geburt träumt Verity, wie Harper ihre Zwillingsschwester mit einem Kissen erstickt. Von da an glaubt sie, Chastin vor Harper beschützen zu müssen. Einmal schiebt sie Harper zwei Finger in den Schlund und hofft, dass es am Ende so aussieht, als sei das Kind an Erbrochenem erstickt. Aber Jeremy kommt ins Zimmer, und Verity kann gerade noch vertuschen, was sie vorhatte.

Als die Zwillinge drei Jahre alt sind, wird bei Harper das Asperger-Syndrom diagnostiziert. Das erklärt, warum sie viel stiller als ihre Schwester ist.

Geburtstag

Lowen hört das Bett knarzen, in dem Verity dahinvegetiert. Entsetzt fragt sie sich, ob Jeremy sich an seiner hilflosen Frau vergeht. Aber dann erfährt sie, dass Teile der Matratze regelmäßig durch einen Motor bewegt werden, um ein Wundliegen zu verhindern.

Am Vorabend ihres 32. Geburtstags backt Jeremy einen Kuchen für sie. Nachdem sie um Mitternacht eine Gabel voll gegessen haben, küssen sie sich und fangen an, sich zu entkleiden – bis Lowen zur Treppe blickt und dort Verity stehen sieht. Schockiert weicht sie zurück und überkreuzt die Arme vor den Brüsten. Als Jeremy nachsieht, liegt Verity wie immer leblos im Bett. Lowen muss sich etwas eingebildet haben.

Tote Zwillinge

Lowen liest weiter in der Autobiografie.

Verity und Jeremy haben inzwischen auch einen Sohn: Crew. Der ist vier Jahre alt, als seine beiden Schwestern bei ihrer Freundin Maria übernachten. Marias Mutter Kitty weiß von Chastins Erdnuss-Allergie und räumt alles weg, was gefährlich sein könnte. Aber am anderen Morgen ist Chastin tot. Die drei Mädchen standen nachts unbemerkt auf und naschten in der Vorratskammer. Chastin starb an einer Anaphylaxie.

Jeremy ist am Boden zerstört.

Verity glaubt, dass Harper absichtlich ihre Schwester dazu anstiftete, etwas mit Erdnüssen zu naschen. Chastin wurde von Harper ermordet!

Während Jeremy ein halbes Jahr nach Chastins Tod beim Einkaufen ist, paddelt Verity mit Harper und Crew im Kanu auf den See hinaus, an dem ihr Grundstück endet. In „So sei es denn“ schildert sie, wie sie das Kanu absichtlich zum Kentern bringt. Ohne auf die schreiende Harper zu achten, die nicht schwimmen kann, packt sie den strampelnden Jungen, bringt ihn ans Ufer und trägt ihm auf, sofort den Vater anzurufen. Dann springt sie ins Wasser zurück und tut so, als versuche sie, auch Harper zu retten, bis Jeremy und die Polizei eintreffen.

Lowen ist entsetzt und kann kaum glauben, was sie da gelesen hat. Wenn Jeremy wüsste, dass Harper von seiner Frau ermordet wurde!


Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.


Ein Albtraum

Während sich Jeremy im Obergeschoss um Verity kümmert und sie für die Nacht vorbereitet, sitzt Lowen mit Crew in der Küche. Der Junge schmiert sich Erdnussbutter auf einen Cracker, schleckt das Messer ab – und verletzt sich dabei ernsthaft. Jeremy fährt ihn sofort ins Krankenhaus.

Lowen holt ein Babyfon, das sie im Keller sah, und richtet die Kamera auf Verity. Inzwischen ist sie überzeugt, dass die Frau ihre Bewegungsunfähigkeit nur vortäuscht. Lange Zeit passiert nichts. Dann sieht Lowen auf dem Monitor, dass Verity neben dem Bett kniet. Vor Schreck schreit sie laut. Mit einem Küchenmesser in der Hand stürmt sie hinauf. Verity liegt wie immer im Bett. Lowen zerrt an ihr. Jeremy kommt herein, bringt Lowen nach unten und fordert sie auf, sofort das Haus zu verlassen.

Da drückt sie ihm das Manuskript „So sei es denn“ in die Hand.

Kurz darauf – Jeremy kann noch nicht viel gelesen haben – sieht sie auf dem Monitor, wie er Verity im Bett würgt. Sie eilt hinauf und hält ihn davon ab, weiter zuzudrücken. Crew käme in ein Heim, wenn man den Vater wegen Mordes verurteilen würde. Lowen rät Jeremy, Verity Finger in den Schlund zu schieben, damit sie sich übergibt und an ihrem Erbrochenen erstickt.

Neuanfang

Sieben Monate nach Veritys Tod nimmt Pantem Press Lowens Manuskript für den siebten Band von „The Noble Virtues“ an und bereitet die Veröffentlchung vor.

Lowen ist schwanger. Jeremy bietet das Haus zum Verkauf an und zieht mit ihr und Crew nach Southport in North Carolina.

Als sie noch einmal in Vermont sind, um das Haus dort auszuräumen, entdeckt Lowen einen Brief von Verity an Jeremy – und liest ihn.

Verity schreibt, sie sei mit Crew fort, wenn er den Brief finde. Er habe ihr keine Chance gegeben, ihn darüber aufzuklären, dass sie mit „So sei es denn“ einen Rat ihrer Lektorin Amanda Thomas befolgt habe. Um die Buchreihe aus der Perspektive des Bösen schreiben zu können, übte sie sich mit der aus Kursen über Creative Writing bekannten Methode des Antagonistic Journaling, versetzte sich also immer wieder in ein Alter Ego, das diametral anders fühlte als sie selbst es tat.

Aus dem Brief erfährt Lowen auch, dass Jeremy das vermeintlich autobiografische Manuskript bereits kannte, bevor sie ihm den Ausdruck gab. Er hatte es auf Veritys Laptop gelesen. Danach packte er sie an der Kehle und würgte sie, bis sie das Bewusstsein verlor. Als sie zu sich kam, saß sie neben ihm auf dem Beifahrersitz ihres Autos, mit Klebebändern gefesselt, den Mund verklebt und nicht angeschnallt. Sie bekam noch mit, wie er gegen einen Baum fuhr. Danach muss er die Klebebänder entfernt und sie auf den Fahrersitz gezogen haben, bevor er nach Hause ging und auf die Polizei wartete.

Sie überlebte schwerverletzt und wachte aus dem künstlichen Koma auf, tat aber so, als könne sich weiterhin nicht bewegen und nehme nichts wahr.

Wie würde Jeremy reagieren, wenn er wüsste, dass er eine Unschuldige ermordete? Lowen vernichtet den Brief und schweigt darüber.

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In ihrem Roman „Verity“ entwickelt Colleen Hoover eine bizarre Geschichte. Die bisher erfolglose Schriftstellerin Lowen Ashleigh erhält das Angebot, die unvollständige Buchreihe einer Bestseller-Autorin fertigzustellen. Dazu ist Verity Crawford selbst nicht mehr in der Lage. Bevor sie mit dem Auto gegen einen Baum prallte, kamen kurz nach einander ihre Zwillingstöchter ums Leben. Jetzt liegt sie bewegungslos im Bett und starrt vor sich hin. Der Ehemann Jeremy Crawford sorgt mit Hilfe einer Pflegerin für sie und den fünfjährigen Sohn. Als Lowen einige Zeit im Haus der Crawfords verbringt, um Veritys Notizen und Handlungsskizzen zu sichten, entdeckt sie ein augenscheinlich autobiografisches Manuskript mit verstörenden Enthüllungen und glaubt bald, dass Verity ihre Bewegungsunfähigkeit nur vortäuscht.

Von Anfang an kündigt sich Unheil an, und bald werden wir mit unerklärlichen Ereignissen konfrontiert. Die Charaktere sind zwar flach und die Handlung ist unrealistisch, aber Colleen Hoover bietet mit „Verity“ einen flott zu lesenden Spannungsroman mit unerwarteten Wendungen. Mindestens zweimal erweist sich das Bild, das man sich während der Lektüre vom Geschehen macht, als falsch.

Colleen Hoover lässt Lowen Ashleigh als subjektive Ich-Erzählerin auftreten. Eingefügt sind Kapitel aus einem unveröffentlichten Manuskript von Verity Crawford, das Lowen nach den ersten Sätzen für autobiografisch hält. Es beginnt damit, wie Verity und Jeremy sich kennenlernten und erzählt die gemeinsame Geschichte bis fast zur Gegenwart. Am Ende folgt auch noch ein Brief Veritys an ihren Mann. Die verschiedenen Darstellungen widersprechen sich, und daraus ergibt sich die spannende Frage nach der Wahrheit.

Den Roman „Verity“ von Colleen Hoover gibt es auch als Hörbuch, gelesen von Marlene Rauch und Lisa Stark.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2020

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Olga Tokarczuk spiegelt mit "Empusion" Thomas Manns Roman "Der Zauberberg" und legt den Männern misogyne Äußerungen in den Mund, die sie der Weltliteratur entnommen hat. Den Männern gegenüber stellt sie auf kunstvolle Weise die titelgebenden Empusen. Das sind Männerblut saugende Spukgestalten der griechischen Mythologie.
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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.