Wolfgang Bittner : Beruf Schriftsteller

Beruf Schriftsteller
Beruf: Schriftsteller Was man wissen muss, wenn man vom Schreiben leben will Originalausgabe: Rowohlt Taschenbuch 2002
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Aufgrund des Titels könnte man erwarten, dass es sich bei diesem Buch um einen der üblichen Ratgeber mit praktischen Tipps für angehende Autoren handelt. Aber dem ist nicht so. Der Inhalt des Buches besteht aus Gedanken, die sich ein erfahrener Schriftsteller über einige Aspekte seines Berufes macht.
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Kritik

Nachdem Wolfgang Bittner skizziert hat, wie man sich den Alltag eines Autors vorstellen kann und wie ein Text "gemacht" wird, präsentiert er ein etwas düster und plakativ gemaltes Bild der deutschen Kulturlandschaft im Allgemeinen und des Verlagsgeschäftes im Besonderen.

Aufgrund des Titels könnte man erwarten, dass es sich bei diesem Buch um einen der üblichen Ratgeber mit praktischen Tipps für angehende Autoren handelt. Aber dem ist nicht so. Der Inhalt des Buches besteht aus Gedanken, die sich ein erfahrener Schriftsteller über einige Aspekte seines Berufes macht. Weil dem promovierten Juristen mit zweitem Staatsexamen die Praxis der Rechtsprechung missfiel, verzichtete er auf eine Karriere als Rechtsanwalt und verlegte sich aufs Schreiben. Wolfgang Bittner verfasst nicht nur Bücher, sondern er arbeitet auch für Zeitungen und Rundfunkanstalten. Und das sei typisch, erklärt er: Nur wenige Schriftsteller können von ihren Büchern leben; die meisten freien Autoren verdienen ihren Lebensunterhalt durch Beiträge für Print- und Rundfunk-Medien. Aber auch bei Film und Fernsehen bekommen Schauspieler in der Regel höhere Honorare als Autoren. Heinrich Böll berichtete einmal von einem jungen Schriftsteller, dem der Sender für eine Sprecherrolle im Hörspiel eines anderen mehr zahlte als man für sein eigenes Hörspiel. „Wer heute vom Schreiben leben will, muss möglichst vielseitig sein, sich in den Medien auskennen, Kontakte haben und immer wieder neue herstellen.“ Um auf diesem Markt zu überleben, braucht ein Autor nicht unbedingt besser zu sein als seine Konkurrenten, aber er muss „interessanter“ erscheinen.

Nachdem Wolfgang Bittner skizziert hat, wie man sich den Alltag eines Autors vorstellen kann und wie ein Text „gemacht“ wird, beschäftigt er sich in dem Kapitel mit der Überschrift „Wie frei sind freie Schriftsteller?“ ausführlicher mit der Frage, welche Rolle diese in unserer Gesellschaft spielen.

Grundsätzlich findet Bittner es gut, wenn viele Menschen schreiben: „Wer etwas schreibt — und sei es einen Brief, Tagebuch oder ein Liebesgedicht — muss sich konzentrieren, Informationen zusammenfassen, eventuell nachfragen, sich kundig machen, seine eigene Psyche erforschen. Er hält seine Gedanken fest, kann sie rekapitulieren, überprüfen, gegebenenfalls berichtigen, weiterentwickeln. Das ist in einer Zeit der Worthülsen und der Oberflächlichkeit nicht hoch genug einzuschätzen, kann außerdem unterhaltsam und befriedigend sein.“

Wolfgang Bittner vermisst Autoren, die unbeeinflusst von gesellschaftlichen Zwängen ihre Meinung äußern. Er kritisiert, dass eine offizielle Zensur gar nicht erforderlich ist, weil zu viele Autoren die „Schere im Kopf“ mit sich herumtragen und man den Querköpfen die Grenzen schon deutlich macht. Egoismus und Erfolgsstreben überwuchern alles andere. Die Aufbruchstimmung von 1968 ist längst verebbt: „An den Schulen und Universitäten ist es jedenfalls ruhig. Man speichert Fakten, surft im Internet, trägt Markenkleidung und stöpselt sich die Ohren zu.“

Zur Verflachung des kulturellen Anspruchs tragen die Fernsehprogramme maßgeblich bei („Simplifizierung, mit anderen Worten: Verblödung“). Aber auch das Internet habe sich mittlerweile zu einer „gigantischen Müllhalde“ entwickelt, meint Bittner. Die zahlreichen englischen Ausdrücke, die in deutsche Sätze eingebaut werden, hält er für ein Symptom unserer Unterwerfung unter den US-amerikanischen „Kulturimperialismus“.

Viele Verleger ziehen es vor, nach New York zu fliegen, um amerikanische Erfolgstitel zu übernehmen. Diese Texte für wenig Geld ins Deutsche übersetzen zu lassen ist viel einfacher als Erfolg versprechende deutsche Manuskripte aus dem Wust von Einsendungen herauszusuchen, sie zu lektorieren und die Autoren zu fördern. Längst ist man davon abgekommen, durch ein paar Bestseller auch schwer verkäufliche Literatur im Programm zu finanzieren.

Veröffentlicht werden nur noch Titel, von denen sich die Verleger ein gutes Geschäft erwarten. Dabei geht es kaum noch um den Inhalt von Büchern, sondern um deren Verkäuflichkeit und Vermarktung. Schlimmer noch: Erstausgaben sind zu einer lästigen Vorstufe des Agenturgeschäfts verkommen; sie werden bloß noch als „kurze Werbeaktion“ benötigt. Das Geld verdient der Verlag dann mit Nebenrechten (Vorabdruck, Nachdruck, Ausland, Taschenbuch, Film und Fernsehen). Die Neuerscheinung selbst wird nach ein paar Monaten in „supermodernen Antiquariaten“ (Bernt Engelmann) verramscht. Gerade Debütromane junger Menschen eignen sich dafür hervorragend. Die Autorinnen und Autoren sind bald wieder vergessen. Das entspricht dem „Jugendwahn“.

Nach diesem düsteren und etwas plakativ gemalten Bild der deutschen Kulturlandschaft im Allgemeinen und des Verlagsgeschäftes im Besonderen führt Wolfgang Bittner die für Autoren wichtigsten Verbände und Organisationen auf. Und zum Abschluss folgen ein paar Zeilen über Autorenlesungen.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2002

Franziska Hauser - Die Gewitterschwimmerin
Die Kapitel des Familienromas "Die Gewitterschwimmerin" sind mit Jahreszahlen von 1889 bis 2017 überschrieben, aber Franziska Hauser entwickelt das Geschehen in zwei gegenläufigen Erzählsträngen, die sich 1960 kreuzen. Die Darstellung bleibt episodenhaft und anekdotisch.
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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon einen Monat, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte. Aus familiären Gründen reduziere ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik.