Rita Falk : Dampfnudelblues

Dampfnudelblues
Dampfnudelblues Originalausgabe: Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2011 ISBN: 978-3-423-24850-1, 256 Seiten
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Bei Niederkaltenkirchen wird ein Mann vom Zug getötet. Es handelt sich um den verhassten Schulrektor Höpfl. Der Gendarm Franz Eberhofer geht der Frage nach, ob es sich um Mord oder Suizid handelt. Das im Anus eines toten Junkies sichergestellte Sperma stammt einem DNA-Vergleich zufolge von Höpfl. Während Franz diesem Zusammenhang nachgeht, trennt sich seine Freundin Susi von ihm, und er fungiert als Babysitter seiner kleinen Nichte ...
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Kritik

Der Mordfall, von dem Rita Falk in "Dampfnudelblues" erzählt, ist einfallslos und grob gestrickt. Der Reiz des Provinzkrimis liegt in dem Humor, der sich daraus ergibt, dass der Dorfgendarm selbst erzählt.
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„Stirb, du Sau!“, hat jemand an die Fassade eines Hauses in Niederkaltenkirchen bei Landshut gesprüht. Es gehört Herrn Höpfl, dem bei Lehrern und Schülern gleichermaßen verhassten Rektor der Realschule. Bald darauf wird Höpfl von der Sekretärin der Schule als vermisst gemeldet. Der als Dorfgendarm in Niederkaltenkirchen tätige Eberhofer Franz ruft den Schlüsseldienst an. Zufällig schickt man den Sieglechner Bruno, den Franz seit zwanzig Jahren nicht mehr gesehen hat. In ihrer Jugend waren sie befreundet, aber als Angie ein Kind von Bruno erwartete, setzte dieser sich zur Fremdenlegion ab.

Im Haus entdeckt Franz nichts Verdächtiges. Er sucht Walburga Höpfl auf, die Schwester des Vermissten, die als Hebamme in Landshut arbeitet. Dass ihr Bruder verschwunden ist, hat sie noch gar nicht bemerkt. Die beiden stehen seit Jahren nicht mehr in Kontakt.

Als Franz noch einmal ins Haus des Rektors schaut, hört er Musik aus dem Bad und findet Höpfl in der Wanne. Bevor dieser sich in ein Handtuch hüllt, bemerkt Franz Hämatome an seinem Körper. Darauf angesprochen, behauptet Höpfl, an einer Hautkrankheit zu leiden.

Am selben Abend wird Franz zum Bahngleis gerufen. Ein Mann wurde von einem Zug erfasst. Der Körper des Toten ist zerfetzt, aber Franz findet den Kopf. Es ist der des Rektors. Die Leichenteile werden zur Gerichtsmedizin in München gebracht. Aufgrund der Aussage des Lokführers, der Mann habe auf dem Gleis gelegen, scheidet ein Unfall als Ursache aus. Handelt es sich um einen Suizid oder um ein Gewaltverbrechen? Die Frage kann auch nach der Obduktion nicht beantwortet werden.

Die Nachbarn des Toten berichten Franz, dass Höpfl ein Reinheitsfanatiker gewesen sei und beim Putzen nichts außer einer Schürze getragen habe. Von der Mooshammer Liesl erfährt Franz, dass Höpfl meistens allein in seinem Haus war. Nur freitags und samstags fuhren Taxis zu ihm, und zwar mitten in der Nacht. Franz erkundigt sich in der Taxizentrale, aber Höpfl bestellte keine Taxis.

Franz wohnt bei seiner Großmutter und seinem Vater, die beide verwitwet sind, auf einem nicht mehr bewirtschafteten Bauernhof in Niederkaltenkirchen. Weil der Vater fortwährend Platten von den Beatles auflegt und in voller Lautstärke abspielt, während er aus selbst angebautem Cannabis gedrehte Joints raucht, hat Franz sich im ehemaligen Saustall eingerichtet. Die Umbauten sind fast abgeschlossen.

Sein Bruder Leopold, der in Landshut eine Buchhandlung führt, wartet auf die Scheidung von seiner rumänischen Ehefrau Roxana, um endlich Panida heiraten zu können, eine gerade erst volljährig gewordene Thailänderin, die er aus dem Urlaub mitbrachte. Vor zehn Wochen gebar Panida eine Tochter, die eigentlich Uschi heißt, von Franz jedoch nur Sushi genannt wird.

Anders als sein Bruder ist Franz unverheiratet. Hin und wieder schläft er mit der Verwaltungsangestellten Susi. Sie hätte ihn gern geheiratet, aber das kommt für Franz nicht in Frage:

Heiraten! Soweit kommt’s noch.

Als Susi wieder einmal nach dem Orgasmus neben ihm schläft, betrachtet er den nackten Körper der knapp über dreißig Jahre alten Frau und entdeckt erste Anzeichen von Cellulitis. Susi schlägt die Augen auf.

„Was schaust du denn so?“, fragt sie und nimmt meine Hand von ihrem Oberschenkel. Weil ich natürlich weiß, dass für Frauen das Worte Cellulite ganz grauenhaft ist, lass ich es lieber bleiben. Stattdessen sag ich: „Du hast schon ein paar ganz schöne Dellen in den Haxerln, gell?“
„Du blöder Arsch!“, ist das letzte, was ich von ihr hör und seh. Sie grabscht sich die Klamotten vom Fußboden und rennt, nackt wie Gott sie schuf, durch die Tür.
„Jesus Christus!“, hör ich den Papa draußen schreien. Dann ist es ruhig.

Ein paar Tage später fliegt Susi mit ein paar Freundinnen nach Italien in den Urlaub.

Während Panida einen Intensivkurs in deutscher Sprache absolviert, passen ihr Schwiegervater, dessen Mutter und ihr Schwager auf das Baby auf. Vor allem bei ihrem Onkel fühlt „Sushi“ sich augenscheinlich wohl.

Max, der sechzehnjährige Sohn des Metzgers Simmerl und dessen Ehefrau Gisela, gesteht schließlich, zusammen mit einigen anderen Schülern „Stirb, du Sau!“ an Höpfls Hauswand gesprüht zu haben.

Die Frau in der Taxizentrale befragt ihre Fahrer und findet heraus, dass die Taxis, die nachts zu dem Haus fuhren, nicht von Höpfl bestellt wurden, sondern meistens vom Münchner Hauptbahnhof kamen. Offenbar ließ Höpfl sich Stricher kommen.

Diese Erkenntnis passt mit einem Obduktionsergebnis in einem anderen Fall zusammen: Marcel Buchheim, ein Junkie Anfang zwanzig, starb an einem „goldenen Schuss“. Man fand seine Leiche in einer Schrebergartensiedlung am Landshuter Bahnhof. Das in seinem Anus sichergestellte Sperma stammt einem DNA-Vergleich zufolge von Höpfl.

Der Schrebergarten, in dem der Tote lag, gehört einer Familie namens Sänger, deren Sohn gerade im Bezirksklinikum Mainhofen zum vierten Mal versucht, von den Drogen loszukommen. Franz fährt zu ihm und findet seinen Verdacht bestätigt, dass sich die jungen Männer das Geld für die Drogen durch Prostitution beschafften.

Erst bei Marcels Beerdigung stellt Franz fest, wer dessen Eltern sind: die Angie und der Sieglechner Bruno.

Franz besucht Angie in Landshut. Bruno sei seit einem halben Jahr wieder in Landshut, sagt Angie. Vor zehn oder elf Wochen habe er sich bei ihr gemeldet. Nachdem Franz erfahren hat, dass Bruno ganz in der Nähe wohnt, schaut er auch bei ihm vorbei. Der ehemalige Fremdenlegionär gibt zu, Höpfl verprügelt zu haben. Damit nötigte er den schwulen Rektor zu dem Versprechen, seine Finger von Marcel zu lassen. Auf seinen Sohn hatte Bruno keinen Einfluss, denn der warf ihm vor, sich zwanzig Jahre lang nicht um ihn gekümmert zu haben.

Franz bespricht den Fall auch mit seinem als Privatdetektiv in München arbeitenden Freund, dem Birkenberger Rudi.

Als Susi noch einmal allein nach Assenza fliegt, bittet er Rudi, ihr nachzuspionieren und erfährt auf diese Weise, dass sie den Inhaber einer Frühstückspension als Geliebten hat. Er heißt Andrea.

Während der Landshuter Fürstenhochzeit wird Franz von der Polizeiinspektion Landshut als Verstärkung angefordert und muss mit dem Stopfer Karl von der Spurensicherung zusammen auf Streife gehen. Zufällig laufen sie Walburga Höpfl über den Weg. Karl verliebt sich auf der Stelle in die Hebamme. Damit Franz ihm verspricht, ihn zu einem dienstlichen Besuch bei der Schwester des toten Rektors mitzunehmen, ist er bereit, in Höpfls Haus Fingerabdrücke zu sichern. Sie stammen von vier Personen: Höpfl, Franz, Marcel Buchheim und einem beziehungsweise einer Unbekannten.


Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.


Um Bewegung in die Sache zu bringen, fährt Franz zu Angie und behauptet, ihr Sohn habe Höpfl ermordet. Er sei von einem Zeugen am Bahngleis gesehen worden.

Ein paar Stunden später – Franz isst gerade von seiner Großmutter zubereitete Dampfnudeln – steht der Sieglechner Bruno bei ihm in der Türe. Als Franz sagt, man habe Brunos Fingerabdrücke überall in Höpfls Haus gefunden, gesteht dieser, dem Rektor den Hals umgedreht zu haben. Nur auf diese Weise glaubte er, Marcel von ihm fernhalten zu können. Während Bruno das Geständnis ablegt, nimmt er das bei Franz schlafende Baby in den Arm. Mit Angie und dem Säugling als Geisel werde er sich nach Frankreich absetzen, sagt er, und von dort eine Nachricht schicken, wo das kleine Mädchen zu finden sein wird.

In diesem Augenblick reißt der Birkenberger Rudi die Tür auf und schießt dem Mörder in die Beine.

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2010 veröffentlichte Rita Falk (* 1964) ihren Debütroman „Winterkartoffelknödel“. An den Erfolg knüpfte sie im Jahr darauf mit „Dampfnudelblues“ und „Schweinskopf al dente“ an.

Wer einen spannenden Thriller mit raffinierten Tätern und scharfsinnigen Ermittlern erwartet, wird enttäuscht sein. Der Mordfall, von dem Rita Falk in ihrem „Provinzkrimi“ (so der Untertitel) „Dampfnudelblues“ erzählt, ist einfallslos und grob gestrickt. Der Reiz des Romans liegt denn auch nicht in der Aufklärung eines Verbrechens, sondern im Drumherum. Rita Falk lässt den nicht besonders hellen Dorfgendarm selbst in der Ich-Form erzählen, und zwar in einem hochdeutsch frisierten Bayrisch. Erst aus dieser Perspektive und dieser Sprache ergibt sich der Humor. Allerdings ist der Reiz der Neuheit verflogen, der die Lektüre von „Winterkartoffelknödel“ zu einem Lesespaß machte.

Niederkaltenkirchen ist übrigens ein fiktiver Ort.

Den Roman „Dampfnudelblues“ von Rita Falk gibt es auch in einer gekürzten Fassung als Hörbuch, gelesen von Christian Tramitz (Regie: Angela Kübrich, Berlin 2011, 4 CDs, ISBN 978-3-86231-045-6).

Ed Herzog verfilmte den Roman: „Dampfnudelblues“.

 

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2011
Textauszüge: © Deutscher Taschenbuch Verlag

Ed Herzog: Dampfnudelblues

Rita Falk: Winterkartoffelknödel

Jean-Paul Sartre - Die Mauer
Jean-Paul Sartre schrieb "Das Zimmer", "Herostrat" und "Intimität" 1936. Diese drei Erzählungen drehen sich um psychische Störungen, Sexualität und das Streben nach freier Selbstbestimmung. Die beiden anderen Erzählungen entstanden 1938. Es ist bemerkenswert, dass Jean-Paul Sartre damit den Band beginnt und beendet, denn er thematisiert in "Die Mauer" und "Die Kindheit eines Chefs" den Faschismus.
Die Mauer

 

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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon einen Monat, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte. Aus familiären Gründen reduziere ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik.